Entscheidungsdatum: 23.11.2011
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 20. August 2010 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Rüge, das Landgericht habe die §§ 249 Abs. 2, 250, 251 Abs. 1 StPO durch Verlesen von Vernehmungsprotokollen diverser Zeugen verletzt, weil die Verteidigerin des Angeklagten K. ihr ursprüngliches Einverständnis nach der Anordnung der Beweiserhebung durch den Vorsitzenden, aber vor der Verlesung widerrufen hatte, ist unbegründet. Sie geht hinsichtlich der Mehrzahl der betreffenden Zeugen, die das Landgericht zusätzlich in der Hauptverhandlung vernommen hat, bereits ins Leere, da deren Vernehmung nicht durch die Verlesung einer Niederschrift im Sinne von § 251 Abs. 1 StPO "ersetzt" wurde. Soweit einzelne Vernehmungsprotokolle verlesen wurden, ohne dass das Gericht die Zeugen in der Hauptverhandlung vernommen hat, kann dahinstehen, ob ein Widerruf des Einverständnisses - wie die Revision meint - bis zur Verlesung der Niederschrift noch möglich ist, oder ob - wie der Generalbundesanwalt geltend macht - eine Bindung an diese Prozesshandlung bereits mit der Anordnung der Beweisverwendung nach § 251 Abs. 4 StPO eintritt. Denn das Landgericht hat die Niederschriften dieser Vernehmungen im Urteil nicht verwertet, so dass der Senat jedenfalls ausschließen kann, dass das Urteil auf dem gerügten Verfahrensfehler beruht.
Im Übrigen erscheint das Vorgehen des Landgerichts, die zwar der Strafkammer, nicht aber dem erkennenden Spruchkörper angehörende Richterin "zur Entlastung" des Berichterstatters "ebenfalls mitschreiben" zu lassen, unter dem Blickwinkel eines möglichen - hier von den Revisionen nicht gerügten - Verstoßes gegen § 261 StPO nicht unbedenklich. Anders als Ton- und Filmaufnahmen, die als Gedächtnisstütze des Gerichts grundsätzlich zulässig sind (vgl. Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. 2011 § 169 GVG Rn. 11), sind Auswahl und Inhalt der Mitschrift von Vorgängen in der Hauptverhandlung von den subjektiven Wahrnehmungen und Bewertungen des betreffenden Richters geprägt. Es handelt sich dabei um einen höchstpersönlichen Akt, der den "Inbegriff der Verhandlung" aufbereitet und konkretisiert und die Grundlage für die Beratung und Urteilsfassung bildet. In dieser Funktion obliegt die Anfertigung von Mitschriften gemäß § 261 StPO allein den Mitgliedern des erkennenden Gerichts und kann nicht auf Dritte delegiert werden.
Fischer Appl Schmitt
Berger Eschelbach