Entscheidungsdatum: 14.11.2012
1. Über ein Befangenheitsgesuch, das sich gegen ein als Einzelrichter zur Entscheidung berufenes Mitglied des Spruchkörpers richtet, entscheidet der Spruchkörper.
2. Ein Befangenheitsgesuch ist rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich, wenn die Begründung des Gesuchs unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Ablehnung des Richters rechtfertigen kann und mit der Art und Weise der Anbringung ein gesetzeswidriger und damit das Instrument der Richterablehnung missbrauchender Einsatz dieses Rechts erkennbar wird (stRspr).
1. Über das mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 gegen Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B. angebrachte Ablehnungsgesuch des Klägers hat der Senat gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters in der bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung vorgesehenen Besetzung von drei Richtern zu entscheiden (§ 10 Abs. 3 VwGO). Der Senat als Spruchkörper ist auch dann zur Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch gegen eines seiner Mitglieder berufen, wenn diesem - wie hier bei einer Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG - die Entscheidung in der Sache als Einzelrichter obliegt (vgl. Meissner, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 23. Erg.Lfg. Januar 2012, § 54 Rn. 55; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 54 Rn. 113; v. Albedyll, in: Bader, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 54 Rn. 11; Kugele, VwGO, 2013, § 54 Rn. 20; teilweise m.w.N.).
2. Der Senat entscheidet in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung unter Mitwirkung von Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. A. (als Vertreter des abgelehnten Richters Dr. B.). Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. A. ist zur Mitwirkung an der Entscheidung berufen, weil das weitere unter dem 7. November 2012 angebrachte gegen ihn gerichtete Ablehnungsgesuch des Klägers rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn die Begründung dieses Gesuchs unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Ablehnung des Richters rechtfertigen kann und mit der Art und Weise seiner Anbringung ein gesetzeswidriger und damit das Instrument der Richterablehnung missbrauchender Einsatz dieses Rechts erkennbar wird (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38> = Buchholz 448.0 § 34 WPflG Nr. 48 S. 12; Beschluss vom 24. Januar 1973 - BVerwG 3 CB 123.71 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 13 S. 9 ff.; Meissner, a.a.O. § 54 Rn. 62 f. m.w.N.). Der hier in dem Ablehnungsgesuch vorgebrachte Umstand, dass der genannte Richter ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 28. April 2011 im Verfahren BVerwG 2 C 51.08 sich zu seiner Befugnis, die Sitzung als stellvertretender Vorsitzender des Senats zu leiten, auf den Beschluss des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2010 (und nicht auf den Geschäftsverteilungsplan des laufenden Geschäftsjahres) berufen habe, ist im vorstehenden Sinne offensichtlich ungeeignet, eine Besorgnis der Befangenheit des Richters zu begründen. Der angesprochene zu Protokoll gegebene Hinweis erklärt sich ohne Weiteres und für jedermann einsichtig daraus, dass damit derjenige Präsidiumsbeschluss mit Datum und Inhalt bezeichnet werden sollte, durch den der genannte Richter erstmalig zum stellvertretenden Senatsvorsitzenden berufen wurde. Diese Beschlusslage ist im weiteren Präsidiumsbeschluss vom 8. Dezember 2010 über den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts für das Jahr 2011, der allen Richtern des Gerichts in Abschrift übermittelt und auch dem genannten Richter bekannt war, fortgeschrieben worden. Angesichts dessen ist auch nicht ansatzweise zu erkennen, warum der im Ablehnungsgesuch angeführte Umstand "zwangsläufig zur Vertagung des Termins (hätte) führen müssen". Dass im Internetauftritt des Gerichts die Darstellung der personellen Zusammensetzung des Senats seinerzeit der Hinweis auf die Stellvertreterfunktion des genannten Richters versehentlich nicht ausgewiesen war, ist unerheblich, da diesem Internetauftritt keine rechtliche Bedeutung zukommt. Dem Kläger ist von der Präsidialverwaltung des Gerichts in mehreren (dem Senat zur Kenntnis gegebenen) Schreiben mitgeteilt worden, dass seine Einwände bzw. Mutmaßungen, denen zufolge die Bestellung des abgelehnten Richters zum stellvertretenden Senatsvorsitzenden fehlerhaft gewesen sei, jeder Grundlage entbehren und haltlos sind. Der Senat teilt diese Einschätzung.
3. Das Ablehnungsgesuch gegen Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B. ist unbegründet.
a) Wegen Besorgnis der Befangenheit kann ein Richter abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 182/09 - BVerfGK 15, 111; BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 a.a.O. S. 38 f. bzw. S. 13, jeweils m.w.N.). Dass ein Richter bei der Würdigung des maßgeblichen Sachverhalts oder dessen rechtlicher Beurteilung eine andere Rechtsauffassung vertritt als ein Beteiligter, ist regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das gilt selbst für irrige Ansichten, solange sie nicht willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind und damit Anhaltspunkte dafür bieten, dass der Abgelehnte Argumenten nicht mehr zugänglich und damit nicht mehr unvoreingenommen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juli 2007 - 1 BvR 3084/06 - NJW-RR 2008, 72; BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10 - NJW-RR 2012, 61, jeweils m.w.N.).
b) Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich - auch in Ansehung seiner Stellungnahme zur dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters - kein Anhalt, der hier Anlass zu derartiger Besorgnis geben könnte. Der Kläger begründet sein Ablehnungsgesuch im Wesentlichen mit der seiner Auffassung nach (verfahrens- und materiellrechtlich) fehlerhaften Behandlung seines von ihm mit Schriftsatz vom 5. Juli 2011 erhobenen Rechtsbehelfs gegen den Beschluss des (früher zuständigen) Einzelrichters vom 25. Mai 2011 über die Erinnerung gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung vom 7. Februar 2011 (über 12 €). Der abgelehnte Richter habe in seinen rechtlichen Hinweisen vom 27. Juni 2012 und 18. Juli 2012 nicht zu erkennen gegeben, dass er beabsichtige, den mit dem vorbezeichneten Schriftsatz eingelegten Rechtsbehelf als Anhörungsrüge zu werten, was für ihn (den Kläger) überraschend gewesen sei.
Damit ist ein tragfähiger Grund für eine Besorgnis der Befangenheit nicht vorgebracht. Der abgelehnte Richter hat in seinem rechtlichen Hinweis vom 18. Juli 2012 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser Hinweis "nach vorläufiger Einschätzung" des Sach- und Streitstandes ergehe. Ebenso wie kein Verfahrensbeteiligter einen Anspruch darauf hat, dass ein Spruchkörper sich vor der abschließenden Beratung zu der voraussichtlichen Entscheidung in der Sache äußert (stRspr; vgl. Beschluss vom 28. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 S. 2 m.w.N.), konnte der Kläger hier nicht verlangen, dass der abgelehnte Richter seine - hiernach noch gar nicht abschließend gebildete - Meinung dazu verlautbarte, wie über den mit Schriftsatz vom 5. Juli 2011 erhobenen Rechtsbehelf des Klägers wohl zu entscheiden sei. Dass der Richter diesen Rechtsbehelf - trotz seiner Bezeichnung als "Gegenvorstellung" - sodann im Beschluss vom 30. August 2012 als Anhörungsrüge gewertet hat, betrifft den Kern richterlicher Entscheidungsfindung, mit der eine Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich - mit der erwähnten Ausnahme hier ersichtlich nicht gegebener Willkür - nicht begründet werden kann.
Im Übrigen erschöpfte sich die Begründung des erwähnten Schriftsatzes - ungeachtet seiner Überschrift - ausschließlich in der Rüge, dass über früheren (durch wörtliches Zitat gekennzeichneten) Vortrag des Klägers "hinweggegangen" und dieser Vortrag "nur verkürzt berücksichtigt" worden sei. Genau dies ist typischer Gegenstand einer Anhörungsrüge i.S.v. § 152a VwGO bzw. § 69a GKG. Dass Erklärungen, Anträge oder (wie hier) die Bezeichnung eines Rechtsbehelfs, auch wenn sie von einem Rechtsanwalt stammen, gegebenenfalls auslegungsfähig und -bedürftig sind, entspricht ebenfalls gesicherter Rechtsprechung (vgl. etwa Beschluss vom 13. Januar 2012 - BVerwG 9 B 56.11 - NVwZ 2012, 375 Rn. 7 f. m.w.N.).