Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 24.02.2011


BVerwG 24.02.2011 - 2 C 58/09

Auslandsverwendungszuschlag; Soldat der Bundeswehr; Teilnahme an einem zweiwöchigen Lehrgang im Kosovo zur Vorbereitung auf den Einsatz bei dem deutschen KFOR-Kontingent im Kosovo


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
24.02.2011
Aktenzeichen:
2 C 58/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 23. September 2009, Az: 14 B 08.569, Beschlussvorgehend VG München, 31. Januar 2007, Az: M 9 K 05.2956, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 58aaF BBesG

Leitsätze

Ein Anspruch auf Auslandsverwendungszuschlag besteht nicht für die Teilnahme an einem Lehrgang bei dem Einsatzkontingent einer Auslandsmission im Einsatzgebiet, der der Vorbereitung auf künftige Auslandseinsätze dient.

Tatbestand

1

Der Kläger macht einen Anspruch auf Auslandsverwendungszuschlag für die Teilnahme an einem Lehrgang im Kosovo geltend.

2

Der Kläger war im Jahr 2005 als Soldat im Rang eines Stabsunteroffiziers bei einem Gebirgspionierbataillon in Bayern stationiert. In der Zeit vom 14. bis zum 28. April 2005 nahm er an dem Lehrgang "Neue Pioniermaschinen (Hydraulikbagger L.)" der Pionierschule Ingolstadt im Feldlager Prizren des Einsatzkontingents KFOR (Kosovo) teil. Der Lehrgang fand bei dem Einsatzkontingent statt, weil der Bagger nur dort zum Einsatz kam. Er sollte die Teilnehmer auf künftige Auslandseinsätze vorbereiten. Die Teilnehmer waren nicht zu dem Einsatzkontingent kommandiert worden, vielmehr waren Dienstreisen angeordnet worden.

3

Den Antrag des Klägers, ihm Auslandsverwendungszuschlag zu gewähren, lehnte die Truppenverwaltung ab. Auf die nach erfolgloser Beschwerde erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit des Lehrgangs Auslandsverwendungszuschlag in Höhe von insgesamt 1 185,75 € zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. In der Berufungsentscheidung heißt es im Wesentlichen:

4

Der Auslandsverwendungszuschlag solle die besonderen Belastungen des Dienstes im Rahmen einer Auslandsmission im Einsatzgebiet abgelten. Der Soldat müsse dem Einsatzkontingent zur Dienstleistung zugeteilt sein. Erforderlich sei die volle dienstliche Integration in das Einsatzkontingent. Hieran fehle es bei den Teilnehmern der dort stattfindenden Vorbereitungslehrgänge. Zwar unterstütze das Einsatzkontingent die Ausbildung. Die Lehrgänge seien jedoch nicht dazu bestimmt, dessen Einsatzbereitschaft sicherzustellen. Auch sei der Ausbildungsdienst der Lehrgangsteilnehmer nicht mit dem Dienst der Angehörigen des Einsatzkontingents vergleichbar. Ohne Kommandierung zu dem Einsatzkontingent unterstünden sie nicht der Befehlsgewalt seiner Führung. Die Teilnehmer seien daher nicht verpflichtet, über die Ausbildung hinaus an der Erfüllung der Aufgaben der Auslandsmission mitzuwirken.

5

Mit der Revision trägt der Kläger vor, er habe zusammen mit den Soldaten der Pionierkompanie des Einsatzkontingents Dienst geleistet und sei wie diese den besonderen Belastungen im Einsatzgebiet ausgesetzt gewesen.

6

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. September 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 31. Januar 2007 zurückzuweisen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Revisionsverfahren, um das Berufungsurteil zu verteidigen. Er trägt vor, für die Gewährung des Auslandsverwendungszuschlags sei die Eingliederung in die Organisations- und Kommandostruktur des Einsatzkontingents erforderlich.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht entschieden, dass Auslandsverwendungszuschlag nicht für die Teilnahme an einem Lehrgang zu gewähren ist, der bei dem Einsatzkontingent einer Auslandsmission im Einsatzgebiet stattfindet und der Vorbereitung auf einen künftigen Auslandseinsatz dient.

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Der Auslandsverwendungszuschlag gilt die Belastungen ab, die mit einer besonderen Verwendung im Ausland verbunden sind (§ 58a Abs. 2 Satz 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 - BBesG a.F. -, BGBl I S. 3020; § 56 Abs. 2 Satz 1 BBesG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <201>). Daraus folgt, dass sich die Gewährung nach denjenigen Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes richtet, die zur Zeit des Aufenthalts im Ausland in Kraft sind. Danach ist hier auf § 58a Abs. 1 und Abs. 2 BBesG a.F. abzustellen, weil diese Bestimmungen im April 2005 in Kraft waren. Soweit es hier von Bedeutung ist, unterscheiden sie sich inhaltlich nicht von den Nachfolgeregelungen des § 56 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG.

11

Absatz 1 des § 58a BBesG a.F. ermächtigt das Bundesministerium des Innern, im Einvernehmen mit den genannten Bundesministerien und mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung die Gewährung eines Auslandsverwendungszuschlages an Beamte, Richter und Soldaten, die im Ausland im Rahmen von humanitären und unterstützenden Maßnahmen verwendet werden, nach Maßgabe der folgenden Absätze zu regeln. Nach § 58a Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F. wird der Aufwandsverwendungszuschlag für eine besondere Verwendung gewährt, die aufgrund eines Übereinkommens, eines Vertrages oder einer Vereinbarung mit einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung oder mit einem auswärtigen Staat auf Beschluss der Bundesregierung im Ausland oder außerhalb des deutschen Hoheitsgebietes auf Schiffen oder in Luftfahrzeugen stattfindet.

12

Diese gesetzlichen Regelungen legen die Voraussetzungen für die Gewährung des Auslandsverwendungszuschlags dem Grunde nach abschließend fest. Die Verordnungsermächtigung des § 58a Abs. 1 BBesG a.F. bezieht sich nur auf die Festlegung der Höhe des zu gewährenden Zuschlags, über die der Verordnungsgeber nach den Vorgaben des Absatzes 3 zu entscheiden hat. Nach Satz 1 dieses Absatzes wird der Zuschlag für jeden Tag der Verwendung gewährt und als einheitlicher Tagessatz für jede Verwendung festgesetzt. Diese Regelung ist Ausdruck der Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Teilnehmer einer Auslandsmission eine Belastungs- und Gefahrengemeinschaft bilden. Die einsatzbedingten Belastungen sollen einheitlich pauschal abgegolten werden (BTDrucks 12/4749 zu § 58a BBesG S. 9; vgl. Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 33.08 - BVerwGE 134, 108 = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 2 ). Davon ausgehend hat der Verordnungsgeber unterschiedliche Belastungsstufen und generelle Kriterien für die Zuordnung einer Auslandsmission zu einer Stufe aufzustellen, die Höhe des für eine Stufe geltenden Tagessatzes festzulegen und das Verfahren für die Festsetzung des konkreten Zuschlags zu regeln (vgl. Auslandsverwendungszuschlagsverordnung - AuslVZV - in der hier anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 27. März 2002, BGBl I S. 1243).

13

Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 des § 58a BBesG a.F. sehen übereinstimmend vor, dass der Auslandsverwendungszuschlag für eine besondere Verwendung im Ausland gewährt wird. Die Verwendung muss nach Absatz 1 im Rahmen einer humanitären oder unterstützenden Maßnahme, nach Absatz 2 aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung im Ausland stattfinden. Absatz 2 konkretisiert den Begriff der Maßnahme im Sinne des Absatzes 1, die eine Auslandsmission rechtfertigt.

14

Mit dem Begriff der Verwendung wird der dienstliche Aufgabenbereich bezeichnet, der dem Beamten oder Soldaten bei einer Behörde oder einem militärischen Verband übertragen ist. Der Beamte oder Soldat wird dort verwendet, wo sein Dienstposten, d.h. das Amt im konkret-funktionellen Sinne, eingerichtet ist (vgl. Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 ).

15

Nach dem Wortlaut der Regelungen des § 58a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F. ist die Gewährung des Auslandsverwendungszuschlags daran geknüpft, dass die Verwendung einen Bezug zu der Maßnahme aufweist: Die Verwendung muss im Rahmen einer Maßnahme (Absatz 1) bzw. aufgrund einer Vereinbarung (Absatz 2 Satz 1) stattfinden. Aus diesen Formulierungen ist zu schließen, dass nicht jede Verwendung ausreicht, die mit einem dienstlich veranlassten Aufenthalt im Einsatzgebiet der Auslandsmission verbunden ist. Vielmehr muss die Verwendung Teil der Maßnahme sein. Dies ist nur der Fall, wenn der dienstliche Aufgabenbereich des Beamten oder Soldaten der Maßnahme zugeordnet ist. Der Dienstposten (Amt im konkret-funktionellen Sinn) muss im Ausland bei dem Einsatzkontingent als demjenigen Verband angesiedelt sein, dem die Durchführung der Auslandsmission obliegt. Durch die Einrichtung der Dienstposten bei dem Einsatzkontingent gibt der Dienstherr zu erkennen, dass er die damit verbundenen Aufgaben als erforderlich ansieht, um die Maßnahme durchzuführen. Ein Beamter oder Soldat, der einen derartigen Dienstposten wahrnimmt, leistet durch seinen Dienst einen Beitrag zur Erfüllung der Maßnahme.

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Diese durch den Wortlaut vorgegebene Auslegung des § 58a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F. wird durch den Normzweck bestätigt. Wie dargelegt wird der Auslandsverwendungszuschlag für die Zugehörigkeit zu der Belastungs- und Gefahrengemeinschaft gewährt, der die Durchführung der Maßnahme im Sinne von § 58a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F. im Ausland obliegt (BTDrucks 12/4749 zu § 58a BBesG S. 9; Urteil vom 28. Mai 2009 a.a.O.). Diese Gemeinschaft wird durch das Einsatzkontingent gebildet, sodass die Zugehörigkeit durch die organisatorische Eingliederung des dienstlichen Aufgabenbereichs in diesen Verband begründet wird. Ist der Beamte oder Soldat dem Einsatzkontingent zur Dienstleistung im Einsatzgebiet zugewiesen, so wirkt er durch seine dienstliche Tätigkeit an der Erfüllung der Aufgaben der Auslandsmission mit und ist Mitglied der Belastungs- und Gefahrengemeinschaft.

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Daher fehlt es an einer Verwendung im Rahmen einer Maßnahme im Sinne von § 58a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F., wenn sich ein Soldat oder Beamter bei dem Einsatzkontingent im Einsatzgebiet aufhält, um dort ein auswärtiges Dienstgeschäft wahrzunehmen. Er wird zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben tätig, die ihm bei seiner Behörde oder seinem militärischen Verband mit Sitz oder Standort im Inland übertragen sind. Der Soldat oder Beamte nimmt keine Aufgabe des Einsatzkontingents, sondern eine Aufgabe seines Dienstpostens im Inland außerhalb seines Dienstortes wahr. Er wird nicht im Rahmen der Maßnahme verwendet, weil er keine dem Einsatzkontingent obliegende Aufgabe wahrnimmt und aus diesem Grund keinen Beitrag zur Erfüllung der Auslandsmission leistet.

18

Die Teilnehmer an Lehrgängen, die bei dem Einsatzkontingent stattfinden, nehmen kein auswärtiges Dienstgeschäft ihres Dienstpostens im Inland wahr, wenn ihnen nach Gegenstand und Ausbildungsinhalt des Lehrgangs keine Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die ihnen bei der Erledigung der Aufgaben dieses Dienstpostens zugute kommen. So verhielt es sich bei dem Lehrgang vom 14. bis zum 28. April 2005 im Feldlager Prizren. Nach den tatsächlichen Feststellungen wurde das technische Gerät, mit dem die Teilnehmer vertraut gemacht wurden, damals nur bei Auslandsmissionen benutzt; im Inland stand es nicht zur Verfügung.

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Jedoch stellt die Teilnahme an derartigen Lehrgängen auch keine besondere Verwendung im Rahmen der Maßnahme bzw. aufgrund einer Vereinbarung im Sinne von § 58a Abs.1 und Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F. dar. Vielmehr werden die Teilnehmer auf eine künftige Verwendung dieser Art vorbereitet. Sie halten sich zu Ausbildungszwecken bei dem Einsatzkontingent auf. Die Lehrgangsteilnahme ist Ausbildungsdienst und stellt daher keinen Beitrag zur Erfüllung der Aufgabe der Auslandsmission dar. Die Teilnehmer sollen weder Mitglieder des Einsatzkontingents ablösen, d.h. deren Aufgabengebiet zu übernehmen, noch das Einsatzkontingent personell verstärken.

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Diese Beurteilung gilt unabhängig davon, ob der praktische Teil des Lehrgangs in den Dienstbetrieb des Einsatzkontingents integriert ist. Die Teilnehmer leisten dann zwar gemeinsam Dienst mit den Mitgliedern des Einsatzkontingents und kommen mit dessen Aufgaben in Berührung. Dies vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass die Teilnehmer keinen Dienstposten beim Einsatzkontingent innehaben. Sie sind für die Erfüllung der Aufgaben der Auslandsmission nicht vorgesehen. Vielmehr sollen sie die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten durch den Lehrgang erst erwerben.

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Dementsprechend sind die Lehrgänge organisatorisch nicht dem Einsatzkontingent, sondern der zuständigen Schule der Bundeswehr, im vorliegenden Fall der Pionierschule Ingolstadt, zugeordnet. Dieser obliegt die Planung und Durchführung der Lehrgänge; sie ist für die Ausbildungsinhalte verantwortlich. Das Einsatzkontingent ist Ausbildungsort, weil nur dort die für die Ausbildung erforderlichen Sachmittel vorhanden sind. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Lehrgänge zweckwidrig genutzt würden, um das Einsatzkontingent personell aufzustocken. Im vorliegenden Fall ergeben sich hierfür aus den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs keine Anhaltspunkte.

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Nach alledem entspricht es § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BBesG a.F., die Teilnehmer an Vorbereitungslehrgängen nicht durch Kommandierung zu dem Einsatzkontingent der Befehlsgewalt seiner Leitung zu unterstellen. Richtige Art der Entsendung zu derartigen Lehrgängen ist die Kommandierung der Teilnehmer zu der zuständigen Schule der Bundeswehr. Für die Lehrgangsteilnahme können Dienstreisen zu dem Einsatzkontingent angeordnet werden (Beschluss vom 26. Oktober 2006 - BVerwG 1 WB 9.06 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 39).