Entscheidungsdatum: 28.10.2010
Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und Auslandsdienstbezüge erhalten, haben Anspruch auf Gewährung des Auslandszuschlags wie verheiratete Beamte (§ 55 BBesG in der bis 30. Juni 2010 geltenden Fassung; § 53 BBesG in der seit 1. Juli 2010 geltenden Fassung).
Die Klägerin steht als Beamtin auf Lebenszeit im Dienst der Beklagten. Sie begründete am 15. April 2004 eine Lebenspartnerschaft im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (LPartG) vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266). Im September 2005 beantragte sie die Gewährung des verheirateten Beamten zustehenden Auslandszuschlags (Anlage VI f zu § 55 Abs. 5 BBesG) rückwirkend ab dem 15. April 2004. Zu dieser Zeit war sie an der Deutschen Botschaft Bischkek eingesetzt. Dort erhielt sie den Auslandszuschlag, den ledige Beamte erhalten, die einer anderen Person Unterkunft und Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich hierzu verpflichtet sind (Anlage VI g zu § 55 Abs. 5 BBesG a.F.). Seit dem 9. Juli 2010 ist sie nicht mehr im Ausland tätig. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, der Klägerin ab dem 15. April 2004 den Auslandszuschlag in derjenigen Höhe zu gewähren, die verheiratete Beamte erhalten. Der Anspruch ergebe sich aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000. Der Anwendungsbereich der Richtlinie sei eröffnet, der Umsetzungszeitraum abgelaufen. Lebenspartner befänden sich im Hinblick auf die gegenseitigen Unterhaltspflichten in einer mit Ehegatten vergleichbaren Situation. Denn der Auslandszuschlag werde nicht im Hinblick auf eine asymmetrische Einkommenssituation von Eheleuten gewährt, sondern um den typischerweise höheren materiellen Aufwand abzudecken, den häufige Wohnortwechsel und Repräsentationspflichten im Ausland mit sich brächten. Das Verwaltungsgericht hat die Sprungrevision gegen das Urteil zugelassen.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Juni 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin der beantragte Auslandszuschlag zusteht. Rechtsgrundlage hierfür ist für die Zeit bis zum 30. Juni 2010 § 55 Abs. 5 Satz 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020 <BBesG a.F.>) sowie für die Zeit zwischen dem 1. und dem 8. Juli 2010 § 53 BBesG in der Fassung des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160 <BBesG n.F.>, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens vgl. Art. 17 Abs. 9 des Gesetzes vom 5. Februar 2009), jeweils in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl EG Nr. L 303/16).
1. Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 BBesG erhalten Beamtinnen und Beamte, die ihren dienstlichen und tatsächlichen Wohnsitz im Ausland haben, Auslandsdienstbezüge. Dazu zählt u.a. der Auslandszuschlag nach § 55 BBesG a.F. bzw. § 53 BBesG n.F., dessen Höhe vom Dienstort und der Besoldungsgruppe sowie davon abhängig ist, in welcher Situation sich ggf. berücksichtigungsfähige Personen befinden. Gemäß § 55 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 und Anlage VI f BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 1 BBesG n.F. sind Ehepartner berücksichtigungsfähig. Gemäß § 55 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 3 und Anlage VI g BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 6 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 BBesG n.F. gilt dies auch für Personen, denen die Beamtin in ihrer Wohnung am ausländischen Dienstort Unterkunft und Unterhalt gewährt, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet ist oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedarf. Empfänger von Auslandsdienstbezügen, für die das Gesetz über den Auswärtigen Dienst gilt, erhalten höhere Auslandszuschläge nach § 55 Abs. 5 BBesG a.F. bzw. nach § 53 Abs. 6 BBesG n.F.
Nach dem Wortlaut dieser Vorschriften steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Denn Lebenspartnerinnen im Sinne des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft gehören im Unterschied zu Ehepartnern nicht zu den berücksichtigungsfähigen Personen, deretwegen der höhere Auslandszuschlag ohne weitere Voraussetzungen gewährt wird. Sie können zwar zu dem Personenkreis im Sinne des § 55 Abs. 3 Nr. 3 BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 4 Nr. 3 BBesG n.F. zählen, doch wird dadurch keine Gleichstellung mit Eheleuten verwirklicht, weil im Vergleich zu diesen zusätzliche Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung des Auslandszuschlags erfüllt sein müssen. Hiervon abgesehen ist der nach § 55 Abs. 3 Nr. 3 BBesG a.F. gezahlte Auslandszuschuss niedriger als der den verheirateten Beamten zustehende Zuschuss.
Einer verfassungskonformen Auslegung sind die genannten Vorschriften nicht zugänglich. Voraussetzung hierfür wäre, dass den Vorschriften durch Auslegung sowohl ein mit der Verfassung in Einklang stehender als auch ein verfassungswidriger Norminhalt entnommen werden könnte. In einem solchen Fall ist diejenige Auslegung zu wählen, die mit der Verfassung in Einklang steht. Allerdings scheidet eine verfassungskonforme Auslegung als Eingriff in den allein dem Normgeber vorbehaltenen Gestaltungsspielraum aus, wenn sie vom Wortlaut der Norm nicht mehr gedeckt ist oder dem Willen des Gesetzgebers nicht entspricht (Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <316> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 6, und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 22.07 - BVerwGE 131, 242 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 265). So liegt der Fall hier. Eine Auslegung, nach der den genannten Vorschriften ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung des Auslandszuschlags auch für ihre Lebenspartnerin zu entnehmen wäre, wäre weder mit dem Wortlaut der Normen noch dem Willen des Gesetzgebers in Einklang zu bringen. Denn die in Art. 3 § 10 Nr. 1 des Entwurfs des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom 4. Juli 2000 (BT-Drucks. 14/3751 S. 10) zunächst vorgesehene Gleichstellung von Ehe- und Lebenspartnern im Bundesbesoldungsgesetz hat im Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit gefunden, und auch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3396) hat trotz weiterer Angleichungen zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft im öffentlichen Dienstrecht keine völlige Gleichstellung im Besoldungsrecht bewirkt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - IÖD 2008, 165). Die Frage, ob die genannten Vorschriften mit der Verfassung in Einklang stehen, bedarf deshalb hier keiner Entscheidung.
Auch eine analoge Anwendung des § 55 BBesG a.F. bzw. § 53 BBesG n.F. auf Lebenspartnerschaften scheidet aus. Eine solche wäre nur zulässig, wenn eine vom Normgeber nicht beabsichtigte planwidrige Regelungslücke vorläge. Das ist indes, wie ausgeführt, nicht der Fall. Die dem Anspruch der Klägerin entgegenstehende Beschränkung des ohne weitere Voraussetzungen zu gewährenden Auslandszuschlags auf Ehepartner entspricht vielmehr ungeachtet des Umstands, ob sie verfassungsrechtlich haltbar ist, dem Willen des Gesetzgebers, so dass es an einer ausfüllungsbedürftigen Lücke fehlt.
2. Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung des Auslandszuschlags ergibt sich jedoch aus § 55 Abs. 5 BBesG a.F. bzw. § 53 Abs. 6 BBesG n.F. in Verbindung mit der Richtlinie 2000/78/EG.
2.1 Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG ist eröffnet. Der streitgegenständliche Anspruch nach § 55 BBesG a.F. bzw. § 53 BBesG n.F. fällt in den Geltungsbereich dieser Richtlinie, da es sich bei dem Auslandszuschlag um einen Bestandteil des Arbeitsentgelts nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie handelt. Unter Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift sind nach Art. 157 Abs. 2 AEUV (vgl. Erwägungsgrund 13 RL 2000/78) u.a. Gehälter und alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Dienstherr auf Grund des Dienstverhältnisses der Beamtin unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zuwendet. Der Auslandszuschlag als Teil der Auslandsdienstbezüge zählt zum Entgelt in diesem Sinne, da er im Rahmen des beamtenrechtlichen Dienstverhältnisses als Teil der laufenden Bezüge gezahlt wird, u.a. von der Besoldungsgruppe der Beamten abhängig ist und den Mehraufwand sowie die Belastungen abgelten soll, die mit der Erbringung der Arbeitsleistung im Ausland verbunden sind (zur Rechtsprechung des EuGH: Schlussanträge des Generalanwalts in der Sache C-267/06, Maruko, Rn. 53 ff. m.w.N.).
Die Geltung der Richtlinie für den vorliegenden Fall wird auch nicht durch den Umstand ausgeschlossen, dass die Gewährung des Auslandszuschlags u.a. davon abhängt, in welchem Familienstand - unverheiratet, verheiratet oder verpartnert - die Beamtin lebt. Zwar soll die Richtlinie 2000/78/EG nach ihrem Erwägungsgrund 22 einzelstaatliche Rechtsvorschriften über den Familienstand und davon abhängige Leistungen unberührt lassen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass Rechtsvorschriften über die Gewährung von Leistungen, deren Höhe auch durch den Familienstand der Beamtin beeinflusst wird, vollständig der Anwendung des Unionsrechts entzogen wären. Die Verbindlichkeit und allgemeine Anwendung des Unionsrechts wären gefährdet, wenn die Mitgliedstaaten Regelungen über Entgeltbestandteile mit dem Ergebnis an den Familienstand binden könnten, dass sie dadurch dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot vollständig entzogen würden (EuGH, Urteil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Maruko - Slg. 2008, I-1757 Rn. 58 f.; vgl. auch Urteil vom 11. Januar 2000 - Rs. C-285/98, Kreil - Slg. 2000, I-69 Rn. 15 ff.). Im Übrigen liegt der Schwerpunkt der Regelungen über den Auslandszuschlag auf ihrer Eigenschaft als Entgeltbestandteil, denn er wird gewährt, um materiellen Mehraufwand sowie allgemeine und dienstortbezogene immaterielle Belastungen der Verwendung im Ausland abzugelten (§ 53 Abs. 1 BBesG n.F.). Deshalb spricht bereits Überwiegendes dafür, dass der Auslandszuschlag keine "vom Familienstand abhängige" Leistung im Sinne des Erwägungsgrundes 22 der RL 2000/78 ist.
2.2 Der Ausschluss einer Beamtin, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, von der Gewährung des Auslandszuschlags stellt gegenüber der Gewährung dieses Zuschlags an eine verheiratete Beamtin eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG dar. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt. Ob eine in diesem Sinne vergleichbare Situation gegeben ist, muss mit Blick auf die jeweils konkret in Rede stehende Vorschrift entschieden werden; dies zu beurteilen, ist Sache des mitgliedstaatlichen Gerichts (EuGH, Urteil vom 1. April 2008, a.a.O., Rn. 72 ff.).
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin als in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Beamtin im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung des Auslandszuschlags mit einer verheirateten Beamtin zu vergleichen. Die Klägerin wird gegenüber einer verheirateten Beamtin nachteilig behandelt, da ihr ein Auslandszuschlag nach 55 Abs. 5 i.V.m. Anlage VI f BBesG a.F. bzw. nach § 53 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 und Abs. 4 Nr. 1 BBesG n.F. nicht gewährt wird, während verheiratete Beamte den Zuschlag nach diesen Vorschriften erhalten. Die nachteilige Behandlung geschieht wegen der sexuellen Ausrichtung der Klägerin, da die Lebenspartnerschaft Personen gleichen Geschlechts vorbehalten ist, während die Ehe nur von Personen unterschiedlichen Geschlechts geschlossen werden kann; regelmäßig entspricht die Wahl des Familienstandes der sexuellen Orientierung der Partner. Der Umstand, dass die Klägerin einen Auslandszuschlag nach Anlage VI g BBesG erhält, ändert am Vorliegen einer nachteiligen Behandlung nichts. Denn sie muss hierfür das Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen - insbesondere Bestehen einer sittlichen oder rechtlichen Unterhaltspflicht im Einzelfall - nachweisen, während ein solcher Nachweis von einer verheirateten Beamtin nicht zu führen ist. Zudem ist der Auslandszuschlag nach § 55 Abs. 5 mit Anlage VI g BBesG a.F. niedriger als der von der Klägerin beantragte Zuschlag nach Anlage VI f.
Diese unterschiedliche Behandlung der verpartnerten im Vergleich zu verheirateten Beamten stellt eine Diskriminierung dar, weil beide Gruppen sich im Hinblick auf die Gewährung des Auslandszuschlags in einer vergleichbaren Lage befinden. Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 ist nicht einschlägig, da die nachteilige Behandlung der Klägerin nicht erforderlich ist, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, Straftaten zu verhüten oder die Gesundheit oder Rechte und Freiheiten anderer zu schützen. Durch den Auslandszuschlag sollen - wie die Neufassung des § 53 Abs. 1 BBesG klarstellt - der materielle Mehraufwand sowie allgemeine und dienstortbezogene immaterielle Belastungen der Verwendung im Ausland abgegolten werden. Zu Grunde liegt u.a. eine standardisierte Dienstortbewertung im Verhältnis zum Sitz der Bundesregierung. Diesen Belastungen ist eine im Ausland eingesetzte und dort mit ihrer Lebenspartnerin lebende Beamtin in gleicher Weise ausgesetzt wie eine verheiratete Beamtin in einer im Übrigen gleichen Lebenssituation. Schließlich treffen auch die Verhältnisse im Gastland und die Folgen häufiger Umzüge (hierzu vgl. Beschluss vom 28. August 1998 - BVerwG 2 B 70.98 - Buchholz 240 § 55 BBesG Nr. 4) die Lebenspartnerin ebenso wie den Ehepartner der im Ausland eingesetzten Beamtin regelmäßig in gleicher Weise. Die Förderung einer bestimmten Form des Zusammenlebens, abhängig vom Familienstand, ist mit den Regelungen über den Auslandszuschlag hingegen nicht beabsichtigt; hinsichtlich der gegenseitigen Unterhalts- und Beistandspflichten bestehen insoweit keine maßgeblichen Unterschiede zwischen Lebens- und Ehepartnern.
2.3 Die Richtlinie 2000/78/EG ist unmittelbar anwendbar, sodass sich die Klägerin auf sie berufen kann.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nur unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt hat. Eine Unionsvorschrift ist unbedingt, wenn sie eine Verpflichtung normiert, die an keine Bedingung geknüpft ist und zu ihrer Durchführung oder Wirksamkeit auch keiner weiteren Maßnahmen der Unionsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf. Sie ist hinreichend genau, um von einem Einzelnen geltend gemacht und vom Gericht angewandt werden zu können, wenn sie in unzweideutigen Worten eine Verpflichtung festlegt (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - Rs. C-194/08, Gassmayr - EuGRZ 2010, 296, Rn. 44 f. m.w.N.). Eine Richtlinie ist auch dann unmittelbar anwendbar, wenn Umsetzungsmaßnahmen zwar in Kraft getreten sind, diese aber eine vollständige Anwendung der Richtlinie nicht tatsächlich gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6325 Rn. 23 ff.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Denn die Richtlinie 2000/78/EG ist im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Gewährung des Auslandszuschlags nicht vollständig in deutsches Recht umgesetzt. Auch sind die maßgeblichen Richtlinienvorschriften inhaltlich unbedingt und hinreichend genau. Die Umsetzungsfrist ist abgelaufen.
Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Der Mitgliedstaat hat bei der Umsetzung der Richtlinie in rechtstechnischer Hinsicht daher eine gewisse Wahlfreiheit, doch muss er jedenfalls sicherstellen, dass die vollständige und effektive Anwendung der Richtlinie in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet ist. Soweit die Richtlinie Ansprüche des Einzelnen begründen soll, muss insbesondere erreicht werden, dass die Begünstigten in der Lage sind, von ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen (EuGH, Urteil vom 30. Mai 1991 - Rs. C-361/88, Kommission / Deutschland - Slg. 1991, I-2567, Rn. 15, und vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947, Rn. 157 f.). Rechtsvorschriften, die der Richtlinie entgegenstehen, müssen daher aufgehoben bzw. geändert oder es muss auf andere rechtstechnisch geeignete Weise und für die von der Richtlinie Begünstigten erkennbar erreicht werden, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Rechtslage Bestandteil der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung wird.
Diesen Anforderungen wird die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG im Bereich der Regelungen über den Auslandszuschlag nicht gerecht. §§ 55 BBesG a.F. sowie 53 BBesG n.F. schließen die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Beamtin von der Gewährung des Auslandszuschlags nach den für Ehepartner geltenden Vorschriften aus. Insofern ist die Umsetzung der Richtlinie unvollständig geblieben; es wäre erforderlich gewesen, die einer Einbeziehung der Lebenspartnerschaften entgegenstehenden Vorschriften zu ändern und einen entsprechenden Anspruch im deutschen Recht zu verankern. Auch der Erlass des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) hat nicht zu einer vollständigen Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in deutsches Recht geführt. Zwar verfolgt es zur Umsetzung der Richtlinie das Ziel, Benachteiligungen aus den in § 1 AGG genannten Gründen - dazu zählen auch Benachteiligungen wegen der sexuellen Identität - zu verhindern oder zu beseitigen. Es begründet jedoch keine über die §§ 55 BBesG a.F. und 53 BBesG n.F. hinausgehenden Leistungsansprüche; eine bloße Gewährung von Sekundäransprüchen auf Entschädigung und Schadensersatz schöpft den Gehalt der Richtlinie nicht aus. Hiervon abgesehen hat die Klägerin derartige Ansprüche nicht geltend gemacht.
Die maßgeblichen Vorschriften der Richtlinie 2000/78/EG - insbesondere Art. 1 bis 3 und 16 - sind inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, so dass sie geeignet sind, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten; insbesondere ergibt sich aus Art. 16 Buchst. a zweifelsfrei die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, alle dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechtsvorschriften aufzuheben bzw. zu ändern. Schließlich ist auch die Umsetzungsfrist seit dem 3. Dezember 2003 abgelaufen (Art. 18 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG).
2.4 Als Folge der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG sind § 55 BBesG a.F. und § 53 BBesG n.F. insoweit unanwendbar, als diese Vorschriften mit Unionsrecht nicht in Einklang stehen. Der sich aus dem Wortlaut der Vorschriften ergebende Ausschluss der in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamtin von der Gewährung des Auslandszuschlags für Verheiratete kann dem Anspruch der Klägerin deshalb nicht entgegengesetzt werden. Vielmehr müssen beide Vorschriften als Rechtsgrundlage für die Gewährung des Auslandszuschlags so angewandt werden, dass sie nicht zu einer Diskriminierung von Beamten führen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und sich im Übrigen in einer mit Eheleuten vergleichbaren Situation befinden. Dies kann nur dadurch geschehen, dass verpartnerte Beamtinnen und Beamte so behandelt werden wie verheiratete. Dass dies über die bloße Nichtanwendung eines Teils des Normtextes (vgl. dazu Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - IÖD 2010, 125) hinausgeht und bedeutet, einen vom Normgeber geregelten Anspruch einer von ihm bewusst nicht erfassten Gruppe von Begünstigten zu gewähren, ist nicht zu beanstanden. Denn anders lässt sich im vorliegenden Fall die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG nicht herstellen.
Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (Art. 267 AEUV) bedarf es nicht, da der Rechtsstreit keine klärungsbedürftigen Fragen aufwirft, die noch nicht Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof waren (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, Cilfit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).