Entscheidungsdatum: 28.02.2013
1. Das Oberverwaltungsgericht muss sich im Rahmen der Gesamtwürdigung eine eigene Überzeugung vom Nachweis der Pflichtverletzungen und der bemessungsrelevanten Umstände bilden; ein Verweis auf Sachverhaltsfeststellungen und -würdigung des Verwaltungsgerichts reicht nicht aus.
2. Die Schwere eines Verstoßes gegen das beamtenrechtliche Verbot der Vorteilsannahme hängt nicht davon ab, ob es sich bei dem Vorteil um eine Geld- oder Sachzuwendung handelt (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).
3. Ein Beamter, der sich wegen Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 StGB) strafbar macht, ist im Regelfall aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Gleiches gilt für die Strafbarkeit wegen Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB), wenn ein Beamter, der ein hervorgehobenes Amt oder eine besondere Vertrauensstellung innehat, für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder annimmt.
4. Die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK (juris: MRK) ist nicht als mildernder Umstand zugunsten des Beamten zu berücksichtigen, wenn die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist.
Der Beklagte steht als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A 8) im Dienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er wurde durch rechtskräftiges Strafurteil wegen Bestechlichkeit (§ 332 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Strafurteil enthält folgende tatsächliche Feststellungen:
Der Beklagte und ein Kollege hielten am 7. September 2003 während des Dienstes in einem Videoüberwachungsfahrzeug ein Fahrzeug an, weil die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn um 120 km/h überschritten war. Der Fahrer gab an, im Falle des zu erwartenden Fahrverbots drohe ihm der Verlust seiner Arbeitsstelle. Der Beklagte gab die Anzeige nicht in den Geschäftsgang. Stattdessen vereinbarte er telefonisch ein Treffen mit dem Fahrer, bei dem er anbot, gegen Zahlung von 200 bis 250 € an einen namentlich nicht genannten Dritten diesen als Fahrer anzugeben. Der Fahrer bat sich Bedenkzeit aus. Danach erstattete sein Anwalt Strafanzeige gegen Unbekannt, in der er den Vorgang schilderte.
Ein Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen des Vorwurfs, im November 2003 in einem Einkaufsmarkt ein Reinigungsmittel im Wert von weniger als 5 € eingesteckt zu haben, stellte die Staatsanwaltschaft wegen Geringfügigkeit ein.
Nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils im Juni 2006 hielt es das Innenministerium des Landes im Gegensatz zu dem Leiter der Polizeidirektion Neubrandenburg, der als Dienstvorgesetzter das Disziplinarverfahren führte, für geboten, im Wege der Disziplinarklage die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu erreichen. Der Personalrat und die Stufenvertretung stimmten der Klageerhebung nicht zu. Im November 2007 teilte das Innenministerium den Personalvertretungen mit, es halte an seiner Absicht fest. Im Juli 2008 wies es den Dienstvorgesetzten an, Disziplinarklage zu erheben. Daraufhin beauftragte dieser den Leiter der Rechtsabteilung des Landesamts für zentrale Aufgaben und Technik der Polizei mit der "Prozessvorbereitung und Prozessvertretung". Der Abteilungsleiter reichte im August 2008 als Prozessbevollmächtigter unter dem Briefkopf seiner Beschäftigungsbehörde die von ihm unterzeichnete Klageschrift unter dem Rubrum "Disziplinarsache des Landes Mecklenburg-Vorpommern, vertreten durch das Innenministerium, dieses endvertreten durch den Leiter der Polizeidirektion Neubrandenburg" beim Verwaltungsgericht ein. Dem Beklagten wurden Bestechlichkeit und Diebstahl zur Last gelegt.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat ihn in das Amt eines Polizeimeisters (Besoldungsgruppe A 7) zurückgestuft. In den Gründen des Berufungsurteils heißt es im Wesentlichen:
Die Klageschrift lasse erkennen, dass die Disziplinarklage von dem hierfür zuständigen Leiter der Polizeidirektion Neubrandenburg erhoben worden sei. An dessen Stelle als Kläger sei nach der Klageerhebung das Polizeipräsidium Neubrandenburg getreten. Die Mitwirkungsbefugnisse der Personalvertretungen seien gewahrt worden.
Aufgrund des rechtskräftigen Strafurteils stehe bindend fest, dass der Beklagte vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen habe, Vorteile in Bezug auf das Amt zu fordern. Ein derartiger Pflichtenverstoß wiege sehr schwer, weil bereits der Anschein, dass Beamte käuflich seien, unbedingt vermieden werden müsse. Er ziehe regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nach sich, wenn der Beamte wie im vorliegenden Fall Bargeld für die Vornahme einer pflichtwidrigen Amtshandlung gefordert habe.
Erschwerend falle ins Gewicht, dass der Beklagte die Initiative ergriffen habe. Auch falle ihm nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ein Ladendiebstahl zur Last. Die schwierige Lebenssituation des Beklagten im Tatzeitraum könne ihn nicht entlasten, weil sie keinen Bezug zu seinem Fehlverhalten aufweise.
Ein durchgreifender Milderungsgrund ergebe sich jedoch aus der unangemessen langen Dauer des Disziplinarverfahrens. Es sei nicht mehr hinnehmbar, dass nach dem Abschluss des Strafverfahrens im Juni 2006 noch mehr als zwei Jahre bis zu der Erhebung der Disziplinarklage im August 2008 verstrichen seien, ohne dass Ermittlungen stattgefunden hätten. Hinzu komme, dass der Beklagte während des Disziplinarverfahrens Dienst geleistet habe.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 18. November 2011 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20. Mai 2010 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers ist mit der Maßgabe begründet, dass das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht, nämlich § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 sowie § 55 Abs. 1 und 3 des Disziplinargesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern - LDG MV - in der Fassung vom 4. Juli 2005 (GVBl S. 274), das hier nach § 88 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 LDG MV anwendbar ist. Der Senat kann nicht abschließend über die Disziplinarklage entscheiden, weil die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht ausreichen, um die Disziplinarmaßnahme zu bestimmen. Hinzu kommt, dass dem Berufungsurteil ein Verfahrensmangel anhaftet.
1. Die tatsächlichen Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils, die die Verurteilung des Beklagten wegen Bestechlichkeit tragen, sind im gerichtlichen Disziplinarverfahren bindend (§ 57 Abs. 1 Satz 1 LDG MV). Dies bedeutet, dass diese Feststellungen den Entscheidungen über die Disziplinarklage ungeprüft zugrunde zu legen sind. Daher steht für das vorliegende Verfahren fest, dass der Beklagte dem Fahrer angeboten hat, dessen Täterschaft an dem festgestellten Verkehrsverstoß durch die Eintragung eines Dritten in das Anzeigeformular zu vertuschen, wenn der Fahrer dem Dritten hierfür 200 bis 250 € bezahlen würde.
Durch dieses Angebot hat der Beklagte vorsätzlich seine Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung nach dem zur Tatzeit geltenden § 58 Satz 2 des Beamtengesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 12. Juli 1998 - LBG MV a.F. - (GVBl S. 708) verletzt. Diese Pflicht umfasst das Verbot, in Bezug auf das Amt Vorteile anzunehmen, zu fordern oder sich versprechen zu lassen (vgl. § 76 Satz 1 LBG MV a.F.).
Inhalt und Reichweite des beamtenrechtlichen Verbots der Vorteilsannahme sind nach dem Zweck der Dienstpflicht zu bestimmen. Die uneigennützige, nicht auf einen privaten Vorteil bedachte Amtsführung der Beamten stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Sie ist unverzichtbar, um das notwendige Vertrauen der Bevölkerung darauf zu erhalten, dass sich die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert. Dieses Vertrauen wird beeinträchtigt, wenn der Anschein entsteht, ein Beamter nutze seine Amtsstellung oder seine dienstliche Tätigkeit aus, um private Vorteile zu erzielen. Er muss jeden Eindruck vermeiden, dienstliche Tätigkeit oder Auftreten könnten beeinflusst werden. Daher darf sich ein Beamter nicht für einen Vorteil offen zeigen, wenn sich ein dienstlicher Bezug nicht ausschließen lässt (Urteile vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 2 C 27.94 - BVerwGE 100, 172 <175> = Buchholz 236.1 § 19 SG Nr. 1 S. 3; vom 20. Januar 2000 - BVerwG 2 C 19.99 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 9 S. 11; vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 Rn. 29; Beschluss vom 29. Januar 2009 - BVerwG 2 B 34.08 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 8 Rn. 9).
Dabei ist unter Vorteil jeder wirtschaftliche Wert zu verstehen, der dem Beamten oder einem von ihm bestimmten Dritten von anderer Seite als dem Dienstherrn zugewandt werden soll (Urteile vom 14. Dezember 1995 a.a.O. S. 175 bzw. S. 3; vom 20. Januar 2000 a.a.O. S.12 und vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11 S. 18). Ein Beamter verletzt die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung auch dann, wenn er einen Vorteil für einen Dritten annimmt, fordert oder sich versprechen lässt. Die Spende des Vorteils für einen gemeinnützigen Zweck kann allenfalls bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden (Urteile vom 21. September 1988 - BVerwG 1 D 140.87 - BVerwGE 86, 74 <77>; vom 1. September 1998 - BVerwG 1 D 63.97 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 7 S. 6 und vom 19. Juni 2008 - BVerwG 1 D 2.07 - juris Rn. 71).
Der Vorteil weist den erforderlichen Bezug zu dem Amt des Beamten auf, wenn er nach den erkennbaren Vorstellungen des Vorteilsgebers im Zusammenhang mit der Amtsstellung des Beamten gewährt oder versprochen wird. Anknüpfungspunkt können sowohl das Amt im statusrechtlichen Sinne als auch das Amt im konkret-funktionellen Sinn, d.h. der dienstliche Aufgabenbereich des Beamten, sein. Der Vorteil kann sich auf eine ganz bestimmte dienstliche Handlung, auf das dienstliche Verhalten, auf die Aufgabenerfüllung als solche, aber auch auf den Status des Beamten oder auf die Beamteneigenschaft beziehen. Es ist nicht erforderlich, dass ein Beziehungsverhältnis zwischen Vorteil und dienstlichem Verhalten besteht. Vielmehr reicht es aus, dass der Vorteil gefordert, gewährt oder in Aussicht gestellt wird, um den Beamten bei seinem dienstlichen Verhalten wohlwollend zu stimmen ("Pflege der Landschaft"). Private Kontakte zwischen Vorteilsgeber und Beamten schließen die Amtsbezogenheit des Vorteils nur dann aus, wenn er ausschließlich wegen der persönlichen Beziehungen gewährt wird (Urteile vom 14. Dezember 1995 a.a.O. S. 176 bzw. S. 4; vom 20. Januar 2000 a.a.O. S. 12; vom 20. Februar 2002 a.a.O. Rn. 18 f.; vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 18 und vom 19. Juni 2008 - BVerwG 1 D 2.07 - juris Rn. 30).
Der Beklagte hat angeboten, gegen Zahlung eines Geldbetrags eine rechtswidrige Diensthandlung vorzunehmen. Diese Bestechlichkeit stellt einen gravierenden Verstoß gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung dar.
2. Die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme durch das Oberverwaltungsgericht genügt den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG MV nicht. Diese Bestimmungen stimmen wörtlich mit § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG überein, sodass auf die hierzu ergangene Senatsrechtsprechung zurückgegriffen werden kann.
a) Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG MV kann das Verwaltungsgericht auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme erkennen. Dies bedeutet, dass es nicht an tatsächliche Feststellungen oder disziplinarrechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden ist. Vielmehr klärt das Verwaltungsgericht den Sachverhalt in Bezug auf die Handlungen, die dem Beamten in der Disziplinarklage zur Last gelegt werden, und in Bezug auf die bemessungsrelevanten Gesichtspunkte selbst umfassend auf und würdigt die Beweise (§ 58 Abs. 1 LDG MV, § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Hält das Verwaltungsgericht ein Dienstvergehen für erwiesen und steht dessen Sanktionierung kein rechtliches Hindernis entgegen, bestimmt es die Disziplinarmaßnahme nach § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG MV aufgrund einer eigenständigen Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden, d.h. aller erschwerenden und mildernden Umstände. Hierunter fallen alle Tatsachen, die im Einzelfall für die Schwere des nachgewiesenen Dienstvergehens, das Persönlichkeitsbild des Beamten und den Umfang der Beeinträchtigung des in ihn gesetzten Vertrauens bedeutsam sind. Demnach ist die Gesamtwürdigung rechtsfehlerhaft, wenn das Verwaltungsgericht einen bemessungsrelevanten Gesichtspunkt nicht oder nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht berücksichtigt hat. Darüber hinaus ist sie rechtsfehlerhaft, wenn das Verwaltungsgericht einen bemessungsneutralen Gesichtspunkt einbezogen, d.h. erschwerend oder mildernd berücksichtigt hat (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <255 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 16 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18 Rn. 18).
Ein Verstoß gegen das Gebot umfassender Sachaufklärung führt zwangsläufig dazu, dass die Bemessungsentscheidung unvollständig und damit rechtswidrig ist (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 17 und vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 30). Bei der Gewichtung der be- und entlastenden Gesichtspunkte sind der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Schuldprinzip zu beachten (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. Rn. 22, vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20 und vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 29).
In Bezug auf bemessungsrelevante Gesichtspunkte, die nach erschöpfender gerichtlicher Sachaufklärung im Ungewissen bleiben, findet der Grundsatz Anwendung, dass im Zweifel zugunsten des Beamten zu entscheiden ist ("in dubio pro reo"). Dieser Grundsatz, der im Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 und 3 GG und im Gebot freier richterlicher Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verankert ist, fordert, dass nur solche den Beamten belastenden Umstände bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden, an denen nach der gerichtlichen Überzeugung kein vernünftiger Zweifel besteht. Dies bedeutet, dass ein bemessungsrelevanter Gesichtspunkt, der den Beamten belastet, mit dem für ihn günstigsten Sachverhalt in die Gesamtwürdigung einzustellen ist, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen: Zum einen muss das Verwaltungsgericht die Möglichkeiten der Sachaufklärung erschöpft haben, ohne zu der Überzeugung zu gelangen, dass eine Sachverhaltsvariante zutrifft. Zum anderen müssen für die dem Beamten günstigste Variante hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte sprechen. Auch gilt der Grundsatz nicht für einzelne Elemente der Beweiswürdigung zu einem bemessungsrelevanten Gesichtspunkt (Urteile vom 13. Dezember 1979 - BVerwG 1 D 104.78 - BVerwGE 63, 319 <321>; vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>; vom 4. Mai 2006 - BVerwG 1 D 13.05 - juris Rn. 19; vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 30; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Oktober 2008 - 1 StR 292/08 - NStZ-RR 2009, 90).
Das gesetzliche Gebot der Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände trägt dem Zweck der Disziplinarbefugnis Rechnung. Dieser besteht nicht darin, begangenes Unrecht zu vergelten. Vielmehr geht es darum, die Integrität des Berufsbeamtentums und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung aufrechtzuerhalten. Daher ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, ob ein Beamter, der in vorwerfbarer Weise gegen Dienstpflichten verstoßen hat, nach seiner Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist und falls dies zu bejahen ist, durch welche Disziplinarmaßnahme auf ihn eingewirkt werden muss, um weitere Pflichtenverstöße zu verhindern (Urteile vom 5. Mai 1988 - BVerwG 1 D 12.97 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 16 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16; Beschlüsse vom 6. Juli 1984 - BVerwG 1 DB 21.84 - BVerwGE 76, 176 <177 f.>; vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 5 und vom 16. Mai 2012 - BVerwG 2 B 3.12 - NVwZ-RR 2012, 609 Rn. 5).
Im Berufungsverfahren stellt sich die Aufgabe der Gesamtwürdigung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG MV, d.h. der Sachverhaltsfeststellung und -würdigung sowie der Maßnahmebemessung, dem Oberverwaltungsgericht (§ 65 Abs. 1 LDG MV). Es muss sich insbesondere eine eigene Überzeugung vom Nachweis des Dienstvergehens und der bemessungsrelevanten Umstände bilden; ein Verweis auf die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts genügt nicht (Beschluss vom 20. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 86.11 - juris Rn. 7).
Die Gesamtwürdigung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG MV führt zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, wenn der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen hat und die Gesamtwürdigung ergibt, er werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung sei bei einem Fortbestehen des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das Dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose. Dies wird durch § 15 Abs. 2 Satz 1 LDG MV klargestellt, der wörtlich § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG entspricht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. Rn. 21 f. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 18).
Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 LDG MV (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BDG) ist die Schwere des Dienstvergehens richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 7 LDG MV (§ 5 BDG) aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 15 Abs. 1 Satz 3 und 4 LDG MV (BDG) im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 258 f. bzw. Rn. 22; vom 3. Mai 2007 Rn. 20 und vom 28. Juli 2011 Rn. 29).
Für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts generelle Maßstäbe für einzelne Fallgruppen entwickelt. Bestimmte innerdienstliche Pflichtenverstöße werden als so gewichtig eingestuft, dass grundsätzlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert ist. Derartige Regeleinstufungen dürfen aber nicht schematisch angewandt werden. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Schuldprinzip folgt, dass es im Einzelfall stets möglich sein muss, die von einer Regeleinstufung ausgehende Indizwirkung zu entkräften. Hierfür können insbesondere Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beamten Anlass geben. Das Gewicht der mildernden Umstände muss umso höher sein, je schwerer der Pflichtenverstoß nach den dafür bedeutsamen Merkmalen wiegt (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. Rn. 22; vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20 f.; vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4 Rn. 22 und vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 29 f.>).
b) Dem Verbot der Vorteilsannahme in Bezug auf das Amt kommt als Bestandteil der Dienstpflicht zur uneigennützigen Amtsführung herausragende Bedeutung zu. Ein Beamter, der hiergegen verstößt, zerstört regelmäßig das Vertrauen, das für eine weitere Tätigkeit als Beamter, d.h. als Organ des Staates, erforderlich ist. Eine rechtsstaatliche Verwaltung ist auf die berufliche Integrität des Berufsbeamtentums zwingend angewiesen. Jeder Eindruck, ein Beamter sei für Gefälligkeiten offen oder käuflich, beschädigt das unverzichtbare Vertrauen in die strikte Bindung des Verwaltungshandelns an Recht und Gesetz und damit die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Diese kann ihre Aufgaben nur erfüllen, wenn kein Zweifel daran aufkommt, dass es bei der Aufgabenwahrnehmung mit rechten Dingen zugeht (Urteile vom 22. Oktober 1996 - BVerwG 1 D 76.95 - BVerwG 113, 4 <5>; vom 24. Juni 1998 - BVerwG 1 D 23.97 - BVerwGE 113, 229 <232>; vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11 und vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 20).
Aus der herausragenden Bedeutung des Verbots der Vorteilsannahme folgt, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis jedenfalls dann indiziert ist, wenn sich der Beamte wegen Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat. Im Falle der Bestechlichkeit wird das Verbot der Vorteilsannahme in besonders schwerer Weise missachtet. Der Beamte erklärt sich bereit, als Gegenleistung für einen Vorteil eine rechtswidrige Diensthandlung vorzunehmen. Der Straftatbestand des § 332 Abs. 1 StGB ist bereits dann vollendet, wenn die sogenannte Unrechtsvereinbarung (rechtswidrige Diensthandlung gegen Vorteil) zustande gekommen ist. Die Vereinbarung muss nicht "erfüllt" worden sein. Weder müssen der Beamte oder der von ihm bestimmte Dritte den vereinbarten Vorteil erhalten noch muss der Beamte rechtswidrig gehandelt haben.
Der besonders schwere Unrechtsgehalt der Bestechlichkeit kommt im Strafrahmen des § 332 Abs. 1 StGB zum Ausdruck, der von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen bis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren reicht. Er wird zudem durch die Entscheidung des Gesetzgebers belegt, das Beamtenverhältnis nach der - hier allerdings nicht anwendbaren, weil zur Tatzeit noch nicht geltenden - Regelung des § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 - BeamtStG - (BGBl I S. 1010) bereits dann kraft Gesetzes zu beenden, wenn ein Beamter wegen Bestechlichkeit in Bezug auf eine Diensthandlung im Hauptamt rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird.
Darüber hinaus ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei strafbarem Verhalten nach § 331 Abs. 1 StGB (Vorteilsannahme im strafrechtlichen Sinne) im Regelfall angezeigt, wenn ein Beamter als Inhaber eines hervorgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für die Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil fordert oder annimmt. Auch in diesen Fällen muss eine Unrechtsvereinbarung zustande kommen, d.h. der Beamte muss eine Beziehung zwischen Vorteil und Dienstausübung herstellen. Seit der Erweiterung des Straftatbestandes des § 331 Abs. 1 StGB durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) muss sich diese Vereinbarung nicht mehr auf eine konkrete dienstliche Handlung beziehen. Es reicht aus, dass durch den Vorteil das allgemeine Wohlwollen des Beamten bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erkauft werden soll. Dies gilt auch dann, wenn der Beamte keine Bereitschaft zur Missachtung von Recht und Gesetz hat erkennen lassen (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 Rn. 29 f. und vom 19. Juni 2008 - BVerwG 1 D 2.07 - juris Rn. 61 f.).
Liegen die Voraussetzungen für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Regelmaßnahme vor, macht es keinen Unterschied, ob es sich bei dem unerlaubten Vorteil um Geld- oder Sachleistungen handelt. Der unbedingt zu vermeidende Anschein der Käuflichkeit in Bezug auf das Amt entsteht unabhängig von der Art des Vorteils. Es muss jedem Beamten klar sein, dass er die Grenze der Sozialadäquanz auch dann überschreitet, wenn er in Bezug auf das Amt eine wie auch immer geartete Sachleistung von einigem Wert fordert, annimmt oder sich versprechen lässt (vgl. Zwiehoff, in: jurisPR-ArbR 45/2005 Nr. 2). Daher führt der Senat die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter, wonach der Pflichtenverstoß schwerer wiegt, wenn eine Geldzuwendung in Rede steht (vgl. Urteile vom 22. Oktober 1996 - BVerwG 1 D 76.95 - BVerwGE 113, 4 <6 f.> und vom 24. Juni 1998 - BVerwG 1 D 23.97 - BVerwGE 113, 229 <232 f.>).
Auch wenn der Verstoß gegen das Verbot der Vorteilsannahme der Regeleinstufung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis unterfällt, gilt grundsätzlich, dass die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses davon abhängt, ob mildernde Umstände von einem Gewicht vorliegen, das die Schwere des Pflichtenverstoßes und sonstige belastende Umstände aufwiegt. Allerdings kann dies wegen der herausragenden Bedeutung der verletzten Dienstpflicht nur in Erwägung gezogen werden, wenn der Verstoß aufgrund erheblicher mildernder Umstände weniger schwer wiegt oder ein anerkannter Milderungsgrund wie etwa freiwillige Offenbarung eingreift. Liegt ein derartiger Grund nicht vor, kann von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur abgesehen werden, wenn dem Beamten lediglich ein einmaliger Pflichtenverstoß zur Last fällt, der aufgrund der besonders gelagerten Umstände des Einzelfalles eine großzügigere Bewertung rechtfertigt. Dies kann in Betracht kommen, wenn der Beamte kein hervorgehobenes Amt bekleidet und entweder der Wert des Vorteils eher gering ist oder der Vorteil dem Beamten aufgedrängt wird.
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen der Regeleinstufung schon deshalb erfüllt, weil sich der Beklagte wegen Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat. Da der Kläger dem Beklagten in der Disziplinarklageschrift nur einen einmaligen Pflichtenverstoß zur Last legt, hängt ein Verbleib des Beklagten im Beamtenverhältnis davon ab, ob zu seinen Gunsten mildernde Umstände von erheblichem Gewicht zu Buche schlagen, die geeignet sind, die belastenden Umstände zu kompensieren.
c) Die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Gesamtwürdigung des Oberverwaltungsgerichts genügt den dargestellten Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG MV nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat teilweise das Ergebnis der Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts zu bemessungsrelevanten Gesichtspunkten übernommen, anstatt sich eine eigene Überzeugung zu bilden. Zudem hat es sowohl bemessungsrelevante Umstände außer Acht gelassen als auch bemessungsneutrale Umstände in die Gesamtwürdigung einbezogen. Hierzu ist im Einzelnen zu bemerken:
Zugunsten des Beklagten spricht die relativ geringe Höhe des geforderten Geldbetrags. Zu seinen Lasten ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte als Polizeivollzugsbeamter eine Vertrauensstellung innehatte. Ihm oblag es, selbständig Anzeigen aufzunehmen und durch ihre Weiterleitung dafür zu sorgen, dass die festgestellten Verkehrsverstöße sanktioniert werden konnten. Weiterhin spricht gegen ihn, dass die Initiative zu dem Pflichtenverstoß von ihm ausgegangen ist. Er hat mit dem Fahrer Kontakt aufgenommen, um diesem seinen Plan zur Vertuschung der Täterschaft gegen Zahlung von 200 bis 250 € zu unterbreiten.
Es ist Sache des Oberverwaltungsgerichts festzustellen, ob dem Beklagten weitere mildernde Umstände zugute kommen und ob der Nachweis weiterer erschwerender Umstände erbracht ist. Im Anschluss daran hat das Oberverwaltungsgericht alle be- und entlastenden Umstände, die tatsächlich und rechtlich in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind, nach dem ihnen zukommenden Gewicht ins Verhältnis zu setzen, wobei es die Regeleinstufung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB zu beachten hat.
Das Oberverwaltungsgericht hat dem Beklagten zudem rechtsfehlerhaft einen Ladendiebstahl einer geringfügigen Sache im November 2003 angelastet. Es hat sich darauf beschränkt, die Einwendungen des Beklagten gegen die Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts, das den Ladendiebstahl für erwiesen gehalten hat, auf Plausibilität zu überprüfen. Das Berufungsgericht muss sich jedoch eine eigene Überzeugung vom Nachweis des Dienstvergehens und aller bemessungsrelevanten Umstände bilden. Es darf sich nicht darauf beschränken, auf die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts zu verweisen (Beschluss vom 20. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 86.11 - juris Rn. 7).
Den Gründen des Berufungsurteils lässt sich nicht entnehmen, ob das Oberverwaltungsgericht die Angaben des Beklagten, er habe bei dem Verstoß gegen das Verbot der Vorteilsannahme aus Mitleid gehandelt, für glaubhaft gehalten hat. Dies lässt darauf schließen, dass das Oberverwaltungsgericht dem Tatmotiv des Beklagten rechtsfehlerhaft keine bemessungsrelevante Bedeutung beigemessen hat. Die Motivlage, die den Beamten zu den nachgewiesenen Pflichtenverstößen veranlasst hat, ist ein bemessungsrelevanter Umstand. Daher müssen die Verwaltungsgerichte den Beamten zu seinen Motiven befragen und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben prüfen (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 38.10 - NVwZ-RR 2012, 479 Rn. 18; Beschluss vom 6. September 2012 - BVerwG 2 B 31.12 - juris Rn. 14).
Das Oberverwaltungsgericht hat den Angaben des Beklagten zu seinen Lebensumständen während der Tatzeit zu Unrecht von vornherein jede bemessungsrelevante Bedeutung abgesprochen. Eine so genannte negative Lebensphase während des Tatzeitraums kann je nach den Umständen des Einzelfalles mildernd berücksichtigt werden. Dies gilt allerdings nur für außergewöhnliche Verhältnisse, die den Beamten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (Urteile vom 18. April 1979 - BVerwG 1 D 39.78 - BVerwGE 63, 219 <220>, vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851 und vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 A 5.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17 Rn. 39, Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>, insoweit in Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 nicht abgedruckt). Dieser Rechtsprechung liegt die oben unter 2. a) dargestellte Erwägung zugrunde, dass die Frage, welche Disziplinarmaßnahme zu verhängen ist, insbesondere ob ein Beamter trotz eines gravierenden Dienstvergehens noch tragbar ist, nach dem Zweck der disziplinarrechtlichen Sanktionierung stets in Ansehung der gesamten Persönlichkeit zu beantworten ist.
Danach liegt die Berücksichtigung einer schwierigen, inzwischen überwundenen Lebensphase vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt (vgl. Urteil vom 27. Januar 2011 a.a.O. Rn. 39). Dies bedeutet aber nicht, dass eine schwierige Lebensphase während der Tatzeit in anderen Fällen generell außer Betracht zu bleiben hat.
Das Oberverwaltungsgericht hat zu Unrecht zugunsten des Beklagten bei der Maßnahmebemessung berücksichtigt, dass er während des Disziplinarverfahrens weiter Dienst geleistet hat. Entscheidungen über die weitere Verwendung eines Beamten während des Disziplinarverfahrens sind bemessungsneutral. Dies folgt daraus, dass es nach § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LDG MV Aufgabe der Verwaltungsgerichte ist, die erforderliche Disziplinarmaßnahme unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Bindung an Wertungen des Dienstherrn zu bestimmen. Daher kann der Dienstherr die Maßnahmebemessung nicht durch Entscheidungen für oder gegen den Einsatz des beschuldigten Beamten beeinflussen. Führt die verwaltungsgerichtliche Gesamtwürdigung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG MV zu dem Ergebnis, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, vermag daran die weitere Dienstausübung während des Disziplinarverfahrens nichts zu ändern. Das Vertrauensverhältnis, dessen Fortbestand für den Verbleib im Beamtenverhältnis erforderlich ist, bezieht sich auf den allgemeinen Status als Beamter, nicht auf die Dienstleistung (Urteile vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - BVerwGE 120, 33 <49 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 35 S. 76 und vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 26).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet ist, gravierende Pflichtenverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - juris Rn. 40
3. Die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2002 (BGBl II S. 1055) stellt keinen bemessungsrelevanten Umstand dar, der das Verwaltungsgericht berechtigt, von der gebotenen Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis abzusehen.
Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Rechtsprechung über den jeweils entschiedenen Fall hinaus Orientierungs- und Leitfunktion für die Auslegung der EMRK hat, entnimmt Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK einen Anspruch auf abschließende gerichtliche Entscheidung innerhalb angemessener Zeit. Die Angemessenheit der Dauer des Verfahrens ist aufgrund einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens der Parteien, der Vorgehensweise der Behörden und Gerichte sowie der Bedeutung des Verfahrens für die Parteien zu beantworten. Dies gilt auch für Disziplinarverfahren. Sie müssen innerhalb angemessener Zeit, d.h. ohne schuldhafte Verzögerungen, unanfechtbar abgeschlossen sein. Dabei sind behördliches und gerichtliches Verfahren als Einheit zu betrachten (vgl. nur EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 <1017>).
Die Konvention gilt als völkerrechtlicher Vertrag innerstaatlich nicht unmittelbar; sie genießt - im Gegensatz zum Unionsrecht - keinen Anwendungsvorrang vor dem abweichenden innerstaatlichen Recht. Allerdings ist die Bundesrepublik nach Art. 27 der Wiener Vertragsrechtskonvention (WRK) völkervertragsrechtlich verpflichtet, ihr innerstaatlich Geltung zu verschaffen. Der Bundesgesetzgeber hat die EMRK und ihre Zusatzprotokolle mit dem Rang eines Bundesgesetzes in die deutsche Rechtsordnung transformiert (Gesetz vom 7. August 1952, BGBl II S. 685; neue Bekanntmachung der EMRK in der Fassung des 11. Zusatzprotokolls, BGBl II 2002, S.1054).
Darüber hinaus ist die Bundesrepublik völkervertragsrechtlich verpflichtet sicherzustellen, dass die bundesdeutsche Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit mit der Konvention übereinstimmt. Das innerstaatliche Recht muss im Konfliktfall an die Konvention angepasst werden (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307 <322> = NJW 2004, 3407 <3409>). Auch folgt aus dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit, dass Verwaltung und Gerichte verpflichtet sind, das innerstaatliche Recht in Einklang mit der Konvention auszulegen, soweit dies nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation vertretbar erscheint (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 a.a.O. S. 323 f. bzw. S. 3409; Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 = NJW 2011, 1931
Es liegt nahe, dass für die konventionskonforme Auslegung diejenigen Regeln Anwendung finden, die für die verfassungskonforme Auslegung entwickelt worden sind. Demnach findet diese Auslegung ihre Grenze in dem eindeutigen Wortlaut der Norm sowie in dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers; sie darf Wortlaut und gesetzgeberischem Willen nicht widersprechen (BVerfG, Beschlüsse vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <81> und vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44, 48/92 - BVerfGE 95, 64 <93>; BVerwG, Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <316> und vom 26. Juni 2008 - BVerwG 2 C 22.07 - BVerwGE 131, 242 Rn. 25).
Für die innerstaatlichen Rechtsfolgen einer unangemessen langen Verfahrensdauer im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist zu beachten, dass diese Bestimmung nur Verfahrensrechte einräumt. Diese dienen der Durchsetzung und Sicherung des materiellen Rechts; sie sind aber nicht darauf gerichtet, das materielle Recht zu ändern. Daher kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer nicht dazu führen, dass den Verfahrensbeteiligten eine Rechtsstellung zuwächst, die ihnen nach dem innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht. Vielmehr kann sie für die Sachentscheidung in dem zu lange dauernden Verfahren nur berücksichtigt werden, wenn das materielle Recht dies vorschreibt oder zulässt. Ob diese Möglichkeit besteht, ist durch die Auslegung der entscheidungserheblichen materiellrechtlichen Normen und Rechtsgrundsätze zu ermitteln. Bei dieser Auslegung ist das Gebot der konventionskonformen Auslegung im Rahmen des methodisch Vertretbaren zu berücksichtigen (Beschluss vom 16. Mai 2012 - BVerwG 2 B 3.12 - NVwZ-RR 2012, 609 Rn. 12).
Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, einen inhaltlichen Bezug zwischen der überlangen Dauer eines Verfahrens und den geltend gemachten materiellrechtlichen Positionen herzustellen. Er hat die Verfahrensbeteiligten auf Entschädigungsansprüche nach Maßgabe der §§ 198 ff. GVG in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) verwiesen. Diese Vorschriften finden nach § 173 Satz 2 VwGO, § 3 LDG MV auch für Disziplinarverfahren Anwendung (Urteil vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - juris Rn. 85; Beschluss vom 16. Mai 2012 a.a.O. Rn. 14).
Daraus folgt für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme nach einem unangemessen lange dauernden Disziplinarverfahren:
Ergibt die Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 2 bis 4 LDG MV (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG), dass wegen eines schwerwiegenden Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist, so lässt sich der Verbleib im Beamtenverhältnis allein aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer nicht mit dem Zweck der Disziplinarbefugnis, nämlich dem Schutz der Integrität des Berufsbeamtentums und der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, vereinbaren. Diese Schutzgüter und der Grundsatz der Gleichbehandlung schließen es aus, dass ein Beamter, der durch gravierendes Fehlverhalten im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist, weiterhin Dienst leisten und als Repräsentant des Dienstherrn hoheitliche Befugnisse ausüben kann, weil das gegen ihn geführte Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat. Das von dem Beamten zerstörte Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf und damit auch nicht durch eine verzögerte disziplinarrechtliche Sanktionierung schwerwiegender Pflichtenverstöße wiederhergestellt werden.
Ergibt die Gesamtwürdigung dagegen, dass eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme ausreichend ist, steht fest, dass der Beamte im öffentlichen Dienst verbleiben kann. Hier kann das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis gemindert sein, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben. Unter dieser Voraussetzung kann eine unangemessen lange Verfahrensdauer bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd berücksichtigt werden (zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl. 2006, 1372 <1373>; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80; vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27 und vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - juris Rn. 84 f.; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 8; vom 26. August 2009 - BVerwG 2 B 66.09 - juris Rn. 11 und vom 16. Mai 2012 a.a.O. Rn. 9 f.).
Aus neuen Entscheidungen der für Beamtenrecht zuständigen Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich nichts anderes. Die unangemessen lange Dauer des Disziplinarverfahrens steht auch der Aberkennung des Ruhegehalts nicht entgegen, wenn der Beamte während seiner Dienstzeit die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verwirkt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12 - juris).
4. Das Berufungsurteil beruht auf einem Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil die Disziplinarklage nicht ordnungsgemäß erhoben und dieser Mangel nicht beseitigt worden ist.
Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens und der Disziplinarklageschrift im Sinne des § 55 Abs. 1 LDG MV, der wörtlich mit § 55 Abs. 1 BDG übereinstimmt, verpflichtet die Verwaltungsgerichte, im Disziplinarklageverfahren auf ihre Beseitigung nach § 55 Abs. 3 LDG MV hinzuwirken, wenn der Mangel noch heilbar ist. Ein Mangel ist wesentlich im Sinne des § 55 Abs. 1 LDG MV, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Berufungsurteil ausgewirkt haben kann (Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - BVerwGE 137, 192 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 6
Die Disziplinarklageschrift leidet an einem wesentlichen Mangel, wenn sie von einer unzuständigen Behörde oder einem Beamten erhoben wird, der nicht befugt ist, für die zuständige Behörde tätig zu werden (Beschlüsse vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 2 B 113.07 - juris Rn. 7
Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 LDG MV wird die Disziplinarklage durch die oberste Dienstbehörde erhoben. Diese kann ihre Befugnisse ganz oder teilweise auf den zuständigen Dienstvorgesetzten übertragen (§ 36 Abs. 2 Satz 2 LDG MV; § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG). Sie kann das Disziplinarverfahren jederzeit wieder an sich ziehen (§ 36 Abs. 2 Satz 3 LDG MV). Eine weitere Übertragung der Zuständigkeit durch den Dienstvorgesetzten ist ausgeschlossen, weil gesetzlich nicht vorgesehen.
Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat das Innenministerium als hier zuständige oberste Dienstbehörde die Zuständigkeit für die Klageerhebung auf die Direktoren der Polizeibehörden und Leiter der (damaligen) Polizeidirektionen übertragen. Damit war nach § 36 Abs. 2 Satz 2 LDG MV der Leiter der Polizeidirektion Neubrandenburg als Dienstvorgesetzter des Beklagten zuständig.
Der Behördenleiter muss die Aufgaben, die in die Zuständigkeit seiner Behörde oder in seine eigene Zuständigkeit als Amtsträger fallen, nicht selbst wahrnehmen. Vielmehr können diejenigen Beamten tätig werden, die nach den internen Regeln über die behördliche Organisation und Geschäftsverteilung mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabe betraut sind. Ein Beamter, der einer anderen als der zuständigen Behörde zur Dienstleistung zugewiesen ist, kann die Zuständigkeit nicht aufgrund einer Beauftragung durch den Leiter der zuständigen Behörde wahrnehmen (Beschlüsse vom 21. August 1995 - BVerwG 2 B 83.95 - Buchholz 237.95 § 4 SHLBG Nr. 1 und vom 26. Februar 2008 a.a.O. Rn. 17).
Nach diesen Grundsätzen wurde die Disziplinarklage gegen den Beklagten unter Verletzung der gesetzlich begründeten Zuständigkeit nach § 36 Abs. 2 Satz 2 LDG MV erhoben. Zwar hat das Oberverwaltungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, die Disziplinarklageschrift vom 31. August 2008 sei trotz des irreführenden Briefkopfes dem zuständigen Leiter der Polizeidirektion zuzurechnen. Die Klageschrift stammt aber weder von dem Leiter noch von einem bei der Polizeidirektion tätigen Beamten. Vielmehr hat sie ein Beamter einer anderen Behörde, nämlich der Leiter des Justitiariats des Landesamts für zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, unter dem Briefkopf dieser Behörde als Prozessbevollmächtigter unterzeichnet und beim Verwaltungsgericht eingereicht. Die Zuständigkeit nach § 36 Abs. 2 Satz 2 LDG MV ist nicht deshalb gewahrt, weil der zuständige Leiter den tätig gewordenen Beamten mit der Erhebung der Disziplinarklage beauftragt hatte. Die normativen Regelungen über behördliche Zuständigkeiten würden umgangen, könnten sie generell oder fallbezogen auf Angehörige anderer Behörden übertragen werden.
Der Mangel kann nach der Zurückverweisung der Sache im Berufungsverfahren durch Einreichen einer neuen Disziplinarklageschrift geheilt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Beklagten entgegen stehen. Dies setzt voraus, dass diese Klageschrift keine neuen belastenden Tatsachen und Beweismittel enthält (Beschluss vom 18. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 7
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die gesetzlichen Mitwirkungsbefugnisse der Personalvertretungen an der Erhebung der Disziplinarklage gewahrt worden sind (vgl. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <254 f.>).
5. Angesichts des im Revisionsverfahren dargelegten Gesundheitszustandes des Beklagten sieht der Senat Anlass, auf seine Rechtsprechung zur Fortsetzung des Disziplinarverfahrens gegen einen dauerhaft verhandlungsunfähigen Beamten und zu den Voraussetzungen eines verfassungsrechtlich fundierten Maßnahmeverbots hinzuweisen (Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 80.08 - BVerwGE 135, 24 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 4; Beschluss vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115). Die vom Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze finden auch Anwendung, wenn der Dienstherr einen Beamten, der dauerhaft verhandlungs- und dienstunfähig ist, bislang nicht in den Ruhestand versetzt hat.