Entscheidungsdatum: 21.04.2016
Bestandskräftige Bescheide über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst entfalten die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW (juris: DG BW) vorgesehene Bindungswirkung im sachgleichen Disziplinarverfahren nur dann, wenn der Beamte hierüber bereits im Verwaltungsverfahren über den Verlust der Besoldung - spätestens im Verlustfeststellungsbescheid selbst - belehrt worden ist.
Der Kläger wendet sich gegen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Der 1960 geborene Kläger trat 1981 in den Dienst des beklagten Landes. Er wurde 1997 zum Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9) ernannt. Vom 25. März bis zum 30. September 2008 war er dienstunfähig erkrankt. Ab dem 17. Juni 2009 verrichtete der Kläger keinen Dienst mehr. Ärztliche Atteste legte er für die Zeit bis zum 8. September 2009 vor, für die Folgezeit nicht. Vier mit dem Kläger vereinbarte Untersuchungstermine im Juni und Juli 2009 zur Feststellung seiner Dienstfähigkeit sagte der Kläger ab oder nahm sie nicht wahr. Auf drei Aufforderungen zur Stellungnahme bzw. zur Vereinbarung eines Termins beim polizeiärztlichen Dienst in den Monaten Juli, August und September 2009 reagierte der Kläger nicht.
Mit vier Bescheiden vom November 2009 sowie Februar, Mai und November 2010 stellte das Polizeipräsidium ... den Verlust der Dienstbezüge des Klägers wegen schuldhaften Fernbleibens vom Dienst für September 2009 bis Juli 2010 fest. Die ersten drei Bescheide enthielten u.a. folgenden Hinweis: "Eine disziplinarrechtliche Verfolgung ist nicht ausgeschlossen." Der Hinweis im letzten Bescheid lautete leicht verändert: "Eine disziplinarrechtliche Überprüfung bleibt davon unberührt." Die beiden ersten Bescheide hat der Kläger nicht angefochten. Die gegen die beiden letzten Bescheide erhobenen Klagen wies das Verwaltungsgericht Stuttgart ab.
Mit Disziplinarverfügung vom 16. November 2012 entfernte das Polizeipräsidium ... den Kläger aus dem Beamtenverhältnis. Die hiergegen gerichtete Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe ein schweres Dienstvergehen begangen, indem er im Zeitraum vom 9. September 2009 bis zum 20. Juli 2010 ohne Genehmigung dem Dienst ferngeblieben sei, obwohl er dienstfähig gewesen sei. Insoweit bestehe gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW eine Bindung an die tatsächlichen Feststellungen in den beiden bestandskräftigen Bescheiden des Polizeipräsidiums für September 2009 bis Januar 2010 sowie in den beiden rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Urteilen für Februar 2010 bis Juli 2010. Diese Vorschrift, die auch bestandskräftigen Verwaltungsentscheidungen eine Bindungswirkung beimesse, diene nach dem gesetzgeberischen Willen der Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz und solle die disziplinarrechtlichen Ermittlungen entlasten und beschleunigen. Da die Feststellung des Verlustes der Dienstbezüge ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst voraussetze und dieses Verhalten zugleich die Dienstpflicht zur Dienstleistung verletze, erscheine dem Gesetzgeber eine erneute Aufklärung in einem sachgleichen Disziplinarverfahren überflüssig. Die Voraussetzungen für eine Lösung von den bindenden tatsächlichen Feststellungen lägen hier nicht vor.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und beantragt,
die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. April 2014 und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Juni 2013 sowie die Disziplinarverfügung des Polizeipräsidiums ... vom 16. November 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die in § 38 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 2 Buchst. a), Nr. 3, § 31 Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg vom 14. Oktober 2008 (GBl. S. 343) - LDG BW - vorgesehene Zuständigkeit des Dienstvorgesetzten (als untere Disziplinarbehörde) mit Zustimmung der Ernennungsbehörde (als höhere Disziplinarbehörde) zur Verhängung der Höchstmaßnahme mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gem. Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist (1.). Es ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass das schuldhafte Fernbleiben eines Beamten vom Dienst ein schweres Dienstvergehen i.S.d. § 31 Abs. 1 LDG BW sein kann, das ggf. auch die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen kann (2.). Das Berufungsurteil verletzt mit § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW revisibles Recht aber dadurch, dass es eine Bindungswirkung von - ohne gerichtliche Überprüfung - bestandskräftig gewordenen Feststellungen in einem Bescheid über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst auch dann angenommen hat, wenn hierüber im Verwaltungsverfahren über den Verlust der Besoldung nicht belehrt worden war (3.). Eine solche Belehrung ist dem Kläger nicht erteilt worden; der Hinweis auf das Disziplinarverfahren in den Bescheiden über den Verlust seiner Besoldung war vielmehr sogar irreführend (4.). Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um abschließend über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Aufhebung der Disziplinarverfügung entscheiden zu können, sodass es der Zurückverweisung an das Berufungsgericht bedarf (5.).
1. Die in § 38 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 2 Buchst. a), Nr. 3, § 31 LDG BW geregelte Zuständigkeit des Dienstvorgesetzten (als untere Disziplinarbehörde) mit Zustimmung der Ernennungsbehörde (als höhere Disziplinarbehörde) zur Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Sie ist mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gem. Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar. Dies hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tag im Verfahren BVerwG 2 C 4.15 (Rn. 11 und 32 ff.) entschieden. Zur Begründung wird im vorliegenden Verfahren auf dieses Urteil Bezug genommen, das den Beteiligten bekannt ist.
2. Das schuldhafte Fernbleiben eines Beamten vom Dienst kann ein schweres Dienstvergehen i.S.d. § 31 LDG BW darstellen, das ggf. auch die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen kann. Das Gebot, zum Dienst zu erscheinen, ist Grundpflicht jedes Beamten. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von einem Beamten vor allem, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 25. September 2003 - 2 C 49.02 - Buchholz 240 § 9 BBesG Nr. 26 S. 41, vom 11. Oktober 2006 - 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 34 und vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 22). Wer dem Dienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die Dienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz und zur Befolgung dienstlicher Anordnungen (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2014 - 2 C 1.13 - BVerwGE 149, 117 Rn. 22). Nur die pflichtgemäße Dienstleistung der Beamten und anderer Beschäftigter setzt die Verwaltung in die Lage, die ihr gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben zu erfüllen. Das Erfordernis der Dienstleistung und die Bedeutung ihrer Unterlassung sind für jeden leicht zu erkennen. Setzt sich ein Beamter über diese Erkenntnis hinweg, zeigt er ein hohes Maß an Verantwortungslosigkeit. Je länger der Beamte schuldhaft dem Dienst fernbleibt, desto schwerer wiegt die hierin liegende Dienstpflichtverletzung. Nach der Rechtsprechung des Senats führt vorsätzliches unerlaubtes Fernbleiben vom Dienst regelmäßig zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, wenn es über Monate andauert oder in der Summe einen vergleichbaren Gesamtzeitraum erreicht (BVerwG, Urteile vom 22. April 1991 - 1 D 62.90 - BVerwGE 93, 78 <80 f.>, vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 42 und vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 17 Rn. 35).
3. Allerdings hat das Berufungsgericht hier zu Unrecht eine Bindungswirkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW von bestandskräftig gewordenen Feststellungen in einem Bescheid über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst für das sachgleiche Disziplinarverfahren angenommen. Denn eine solche Bindungswirkung an - ohne gerichtliche Überprüfung - bestandskräftig gewordene Feststellungen setzt in - im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erforderlicher - verfassungskonformer Auslegung voraus, dass der Beamte hierüber bereits im Verwaltungsverfahren über den Verlust der Besoldung belehrt worden ist.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren oder einer unanfechtbaren Entscheidung über den Verlust der Bezüge wegen schuldhaften Fernbleibens vom Dienst im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend. Sind solche Feststellungen offensichtlich unrichtig, hat nach § 14 Abs. 1 Satz 2 LDG BW die Disziplinarbehörde erneut zu ermitteln.
Der Eintritt der Bindungswirkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW bei tatsächlichen Feststellungen in ohne gerichtliche Entscheidung unanfechtbar gewordenen Bescheiden über den Verlust der Dienstbezüge setzt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG aber voraus, dass spätestens im Verlustfeststellungsbescheid über die Bindungswirkung belehrt wird. Fehlt eine solche Belehrung, müssen die Disziplinarbehörden vor dem Erlass der Disziplinarverfügung (vgl. § 12 LDG BW) und nachfolgend die Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der Disziplinarverfügung (vgl. § 86 VwGO, § 19 AGVwGO BW i.V.m. den dort genannten Bestimmungen der Strafprozessordnung) den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbstständig ermitteln.
Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet effektiven Rechtsschutz. Das setzt grundsätzlich voraus, dass das Gericht die streitrelevanten Tatsachen umfassend nachprüfen bzw. ermitteln kann. Dies steht einer Bindung des Gerichts an von der Exekutive getroffene Feststellungen und Wertungen grundsätzlich entgegen (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil vom 24. April 1985 - 2 BvF 2/83 u.a. - BVerfGE 69, 1 <49>; Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <123>; Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156>; Beschlüsse vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20> und vom 19. Dezember 2012 - 1 BvL 18/11 - BVerfGE 133, 1 Rn. 69).
Die Bindung von Gerichten an vorangegangene behördliche tatsächliche Feststellungen unterscheidet sich von behördlichen Beurteilungsspielräumen oder gar behördlichen Letztentscheidungsbefugnissen allerdings dadurch, dass durchaus eine umfassende gerichtliche Tatsachenprüfung erreicht werden kann, wenn auch in einem anderen - gewissermaßen vorgeschalteten - Verfahren. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet effektiven Rechtsschutz durch eine umfassende, sich auch auf Tatsachen erstreckende Prüfung, nicht notwendigerweise aber durch mehrmalige umfassende Prüfung; er schließt eine Bindungswirkung nach vorhergehender umfassender gerichtlicher Prüfung oder der Möglichkeit zu einer solchen Prüfung nicht grundsätzlich aus, erfordert aber bestimmte verfahrensrechtliche Sicherungen. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist dann nicht verletzt, wenn es für diese Abschichtung einen hinreichenden Sachgrund gibt (a) und die zur materiellen Präklusion entwickelten Anforderungen gewahrt sind (b).
a) Für die in § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW angeordnete Bindungswirkung im Disziplinarverfahren liegt ein die Einschränkung des Rechtsschutzes rechtfertigender hinreichender Sachgrund vor.
Zwar sind die Sachgründe, die für die Bindung an Feststellungen in strafgerichtlichen oder auch in verwaltungsgerichtlichen Urteilen sprechen, für Feststellungen in Verwaltungsakten nicht einschlägig. Denn die Gefahr unterschiedlicher gerichtlicher Tatsachenfeststellungen zu ein- und demselben Geschehensablauf, die im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Bindung an gerichtlich festgestellte Tatsachen rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1986 - 1 D 145.85 - BVerwGE 83, 180; Beschluss vom 7. November 2014 - 2 B 45.14 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 91 Rn. 13), besteht bei behördlichen Tatsachenfeststellungen nicht.
Allerdings kann auch der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie durch Entlastung und Beschleunigung der disziplinarrechtlichen Ermittlungen (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 72) ebenso wie der Gesichtspunkt der Vermeidung unterschiedlicher Sachverhaltsfeststellungen durch staatliche Stellen ein hinreichender Sachgrund für eine Bindung an vorausgegangene tatsächliche Feststellungen sein. Es handelt sich um einen legitimen Zweck, dessen Verfolgung von der gesetzgeberischen Freiheit erfasst ist, solange die hiermit in einem Spannungsfeld stehenden verfassungsrechtlichen Positionen gewahrt bleiben. Das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst erfüllt regelmäßig den Tatbestand eines Dienstvergehens, sodass insoweit "Tatidentität" besteht (BT-Drs. 14/4659 S. 42; Wittkowski, in Urban/Wittkowski, BDG, § 23 Rn. 5). Wenn der Gesetzgeber - ausnahmsweise - die Verletzung von Dienstpflichten des Beamten auch anders als disziplinarrechtlich - hier: besoldungsrechtlich - sanktioniert, dann ist es ihm nicht grundsätzlich verwehrt, an Feststellungen in diesem Verfahren Konsequenzen auch für das Disziplinarverfahren zu knüpfen.
b) Die von § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW angeordnete Bindungswirkung kann zwar grundsätzlich die zur materiellen Präklusion entwickelten verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes erfüllen (aa). Allerdings fehlt es ohne Belehrung über die Bindungswirkung an der erforderlichen klaren Erkennbarkeit der Bindungswirkung (bb).
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Rechtsschutz durch die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens nicht unmöglich gemacht, unzumutbar erschwert oder faktisch entwertet werden. Die Überprüfung muss den durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG garantierten Anforderungen an eine effektive gerichtliche Kontrolle genügen. In dem damit bestimmten Rahmen hat der Gesetzgeber bei der Gestaltung des Verwaltungsverfahrens einen weiten Spielraum. Er kann sich von Zweckmäßigkeitserwägungen, auch solchen der Verfahrensökonomie und Verfahrensbeschleunigung, leiten lassen. So ist es ihm grundsätzlich unbenommen, Verfahrensstufungen vorzusehen, die zu einer verbindlichen Abschichtung des Sach- und Streitstoffes führen. Der Gesetzgeber darf allerdings keine Verfahrensgestaltung wählen, die den Anspruch des Bürgers auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen Hoheitsakte, die in seine Rechte eingreifen, unzumutbar erschwert oder gar faktisch unmöglich macht. Mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar sind etwa echte Verfahrensstufungen in Form bindender Vorentscheidungen, die durch den Angriff gegen die Endentscheidung nicht mehr oder nur eingeschränkt einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden können, deshalb nur, sofern - erstens - sich die Bindung einer Behörde an vorangehende Feststellungen oder Entscheidungen einer anderen Behörde hinreichend klar aus einer gesetzlichen Bestimmung ergibt, - zweitens - gegen die mit Bindungswirkung ausgestattete Teil- oder Vorentscheidung ihrerseits effektiver Rechtsschutz zur Verfügung steht und - drittens - die Aufspaltung des Rechtsschutzes mit einer etwaigen Anfechtungslast gegenüber der Vorentscheidung für die Betroffenen klar erkennbar und nicht mit unzumutbaren Risiken und Lasten verbunden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <32 f.>; Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - BVerfGE 134, 242 Rn. 190 ff., jeweils m.w.N.).
(1) Die Bindungswirkung für tatsächliche Feststellungen einer unanfechtbaren Entscheidung über den Verlust der Bezüge wegen schuldhaften Fernbleibens vom Dienst für das Disziplinarverfahren ist in § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW für die Disziplinarbehörde eindeutig geregelt. Diese Bindungswirkung wirkt aufgrund des gerichtlichen Überprüfungsmaßstabes bei der Anfechtung belastender Verwaltungsakte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) mittelbar auch für die Gerichte; ein Verwaltungsakt - hier eine Disziplinarverfügung -, der unter Beachtung einer gesetzlich angeordneten Bindungswirkung ergangen und auch sonst rechtmäßig ist, unterliegt nicht der Aufhebung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ohne dass das Verwaltungsgericht die von der Bindungswirkung erfassten tatsächlichen Feststellungen selbst treffen müsste oder auch nur dürfte.
(2) Es ist dem Beamten auch möglich und zumutbar, gegen einen Verlustfeststellungsbescheid gerichtlich vorzugehen, um belastende Bindungswirkungen im nachfolgenden - oder schon eingeleiteten, aber ausgesetzten - Disziplinarverfahren zu vermeiden. Denn der Rechtsschutz gegen einen Verlustfeststellungsbescheid ist gleichermaßen umfassend wie derjenige gegen eine Disziplinarverfügung. Dies gilt insbesondere für die Tatsachenfeststellung: In beiden Verfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, in beiden Verfahren hat der Beamte die gleichen Beweisantragsrechte.
bb) Allerdings muss der Beamte die Bindungswirkung kennen. Sonst weiß er nicht, wie "ernst die Lage ist" und dass er schon im Verlustfeststellungsverfahren um Rechtsschutz nachsuchen muss, um nicht mehr korrigierbare Nachteile in einem - bereits laufenden oder ggf. späteren - Disziplinarverfahren zu vermeiden. Sowohl die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG als auch das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Recht auf ein faires Verfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2004 - 1 BvR 1892/03 - BVerfGE 110, 339 <342>; Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 59) und das im Disziplinarrecht geltende Schuldprinzip (stRspr, vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - BVerfGK 4, 243 <257> m.w.N. zur Rspr des BVerfG) stehen - jenseits der Rechtskraftwirkung gerichtlicher Entscheidungen - einer Bindungswirkung an Feststellungen aus anderen Verfahren ohne Kenntnis des Beamten von dieser Bindungswirkung entgegen.
(1) Es ist ohne Weiteres vorstellbar, dass ein Beamter, der nicht um die Tragweite auch für ein Disziplinarverfahren weiß, einen Verlustfeststellungsbescheid - gerade weil er ihn als weniger bedeutsam ansieht - auch dann hinnimmt, wenn er ihn in der Sache für unberechtigt hält (etwa weil er davon ausgeht, im fraglichen Zeitraum krankheitsbedingt dienstunfähig gewesen zu sein). Das gilt ungeachtet dessen, dass es in den Disziplinargesetzen des Bundes und der Länder seit langem die Möglichkeit gibt, "die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen (...) ohne erneute Prüfung" zugrunde zu legen (vgl. § 23 Abs. 2 und § 57 Abs. 2 BDG, § 14 Abs. 2 LDG BW), denn hier kann der Beamte jederzeit durch entsprechenden Vortrag und Beweisanträge eine umfassende Tatsachenprüfung erreichen. Letztlich muss der Beamte zwar wegen der vielfältigen gesetzlichen Anknüpfungen an Entscheidungen im Strafverfahren (vgl. §§ 14, 21 Abs. 2, §§ 22, 36, 57, 71 Abs. 1 Nr. 8, § 71 Abs. 2, § 72 Abs. 1 BDG) wissen, dass diese Auswirkungen auf die disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen haben können und er sich deshalb schon im Strafverfahren angemessen verteidigen muss, um Nachteile im Disziplinarverfahren zu vermeiden. Für das Verlustfeststellungsverfahren gilt dies jedoch nur, wenn es zu einer gerichtlichen Überprüfung kommt. Insoweit sehen das Bundesdisziplinargesetz und die Disziplinargesetze der Länder seit vielen Jahren eine Bindungswirkung nur von entsprechenden Urteilen im Disziplinarverfahren vor (vgl. § 23 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG). Das trifft jedoch nicht zu für die Bindungswirkung von ohne gerichtliche Überprüfung unanfechtbar gewordenen Verlustfeststellungsbescheiden. Insoweit ist die hier in Rede stehende Vorschrift des Landesdisziplinargesetzes Baden-Württemberg - ebenso wie die entsprechende Regelung im niedersächsischen Landesrecht aus dem Jahre 2005 - gleichermaßen singulär wie für den Beamten ggf. existentiell und drängt sich für ihn keineswegs auf. Ihre Kenntnis in der Beamtenschaft des Landes kann nicht vorausgesetzt werden.
Die hinreichende Erkennbarkeit ergibt sich auch nicht aus der die Bindungswirkung anordnenden gesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW selbst. Denn das Bundesverfassungsgericht fordert in seiner referierten Rechtsprechung (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <32 f.>; Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - BVerfGE 134, 242 Rn. 190 ff., jeweils m.w.N.) beides: sowohl eine klare, die Bindungswirkung anordnende gesetzliche Regelung als auch die klare Erkennbarkeit der Auswirkungen auf den Rechtsschutz für den Betroffenen. Ergäbe sich die klare Erkennbarkeit der Bindungswirkung für den Betroffenen stets schon aus der Existenz einer sie anordnenden gesetzlichen Regelung, wäre sie als zusätzliches Erfordernis überflüssig.
Im Regelfall ist deshalb eine vollständige und zutreffende Belehrung über die Bindungswirkung von Feststellungen im Verlustfeststellungsverfahren für das Disziplinarverfahren bis spätestens im Verlustfeststellungsbescheid erforderlich.
(2) Eine Vorlage des eine solche Belehrungspflicht nicht ausdrücklich anordnenden § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW an das Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 GG ist gleichwohl entbehrlich, denn das Erfordernis einer solchen Belehrung als Voraussetzung für den Eintritt der Bindungswirkung kann dieser Norm in verfassungskonformer Auslegung entnommen werden.
Das Gebot verfassungskonformer Gesetzesauslegung verlangt von mehreren möglichen Normdeutungen, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Eine Norm ist daher nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Auch im Wege der verfassungskonformen Interpretation darf aber der normative Gehalt einer Regelung nicht neu bestimmt werden. Die zur Vermeidung eines Nichtigkeitsausspruchs gefundene Interpretation muss daher eine nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige Auslegung sein. Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich damit grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt gebietet es dabei, in den Grenzen der Verfassung das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Er fordert mithin eine verfassungskonforme Auslegung der Norm, die durch den Wortlaut des Gesetzes gedeckt ist und die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahrt. Die Deutung darf nicht dazu führen, dass das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht wird (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <274> m.w.N., vgl. auch BVerwG, Vorlagebeschluss vom 18. Juni 2015 - 2 C 49.13 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 132 Rn. 104 f.).
Gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben ist die verfassungsrechtlich gebotene Belehrungspflicht über die Bindungswirkung zwar nicht. Allerdings enthält das Landesdisziplinargesetz Baden-Württemberg in seinem § 11 weitreichende Unterrichtungs- und Belehrungspflichten gegenüber dem Beamten nach Einleitung eines gegen ihn gerichteten Disziplinarverfahrens, insbesondere auch zu seinem Recht, zu seiner Entlastung Beweiserhebungen zu beantragen. § 11 Abs. 4 Satz 2 LDG BW knüpft an einen Verstoß gegen die Belehrungspflicht sogar die Rechtsfolge der grundsätzlichen Unverwertbarkeit einer solchermaßen erfolgten Aussage des Beamten. Zwar beziehen sich die Belehrungspflichten nach § 14 LDG BW nur auf Gegenstände des Disziplinarverfahrens selbst; der Wortlaut der Norm erfasst eine Belehrung über eine Bindungswirkung aus einem anderen Verfahren - und damit auch die Fälle der Verlustfeststellung nach § 9 BBesG bzw. § 11 LBesG BW - für das Disziplinarverfahren nicht. Allerdings ist § 11 LDG BW Ausdruck von aus höherrangigem Recht folgenden Vorgaben, konkret: des aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Anspruchs auf ein faires Verfahren, und bietet einen normativen Anhaltspunkt für die verfassungsrechtlich gebotene Auslegung der Bestimmung.
§ 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW fordert zwar nicht ausdrücklich eine Belehrung über die Bindungswirkung, steht aber einer solchen auch nicht entgegen. Systematisch wird diese Auslegung durch den Zusammenhang mit den Belehrungspflichten in § 11 LDG BW gestützt. Mit Sinn und Zweck der Bestimmung - Verfahrensökonomie durch Entlastung und Beschleunigung der disziplinarrechtlichen Ermittlungen sowie Vermeidung unterschiedlicher Sachverhaltsfeststellungen durch staatliche Stellen, wie ausgeführt - ist sie ohne Weiteres vereinbar. Die Entstehungsgeschichte schließlich liefert ebenfalls keine entgegenstehenden Anhaltspunkte. Letztlich wird mit dieser Auslegung - i.S. der Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - (BVerfGE 119, 247 <274>) - das Maximum dessen aufrechterhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat. Die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wird gewahrt und das gesetzgeberische Ziel wird nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht.
4. Der Kläger ist im Verlustfeststellungsverfahren nicht darüber belehrt worden, dass die in einem ohne gerichtliche Überprüfung unanfechtbar gewordenen Verlustfeststellungsbescheid enthaltenen tatsächlichen Feststellungen Bindungswirkung für das Disziplinarverfahren haben. Vielmehr waren die Hinweise auf das nachfolgende Disziplinarverfahren in den Bescheiden über den Verlust der Besoldung sogar irreführend (vgl. zum Verbot, den Bürger über seine gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten irrezuleiten oder spätere Nachprüfungsmöglichkeiten des Gerichts auszuschalten: BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <109 ff.>), weil sie mit der Formulierung "Eine disziplinarrechtliche Verfolgung ist nicht ausgeschlossen" (gleiches gilt für die ebenfalls verwendete Formulierung: "Eine disziplinarrechtliche Überprüfung bleibt davon unberührt") ein Verständnis nahelegten, dass das Disziplinarverfahren unabhängig von dem Verfahren über den Verlust der Besoldung geführt werde.
Deshalb entfaltete im vorliegenden Fall § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW für die Disziplinarbehörde keine Bindungswirkung und trat auch für die Verwaltungsgerichte bei der Überprüfung der Disziplinarverfügung keine mittelbare Bindungswirkung ein. Aufgrund ihrer sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergebenden und lediglich durch § 113 Abs. 3 VwGO eingeschränkten grundsätzlichen Pflicht zur Spruchreifmachung waren die Tatsacheninstanzen vielmehr gehalten, selbstständig gemäß § 86 VwGO, § 19 AGVwGO i.V.m. den dort genannten Bestimmungen der Strafprozessordnung zu ermitteln, ob in der Disziplinarverfügung - im Ergebnis - zu Recht ein schuldhaftes Fernbleiben vom Dienst über den angenommenen Zeitraum zugrunde gelegt worden ist.
5. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um über den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Aufhebung der Disziplinarverfügung entscheiden zu können. Die Sache ist deshalb nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
6. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühren aus den nachfolgenden analog anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen ergibt:
Das als Anlage zu § 22 Satz 1 AGVwGO BW erlassene Gebührenverzeichnis enthält keine Festsetzungen für das Revisionsverfahren. In Anbetracht des Umstands, dass der Landesgesetzgeber die Gebührenfreiheit für das gerichtliche Disziplinarverfahren ausdrücklich aufheben wollte (vgl. LT-Drs. 14/2996 S. 149), muss das Fehlen einer Gebührenregelung für das Revisionsverfahren als planwidrige Regelungslücke bewertet werden. Diese kann durch eine Analogie zu den entsprechenden Regelungen des Bundesdisziplinargesetzes geschlossen werden, weil der Landesgesetzgeber bei der Festsetzung der Gebührenbeträge im Übrigen die Sätze aus dem als Anlage zu § 78 BDG erlassenen Gebührenverzeichnis übernommen hat. Dementsprechend ist für das Verfahren über die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis in beiden Regelungswerken eine Gebühr in Höhe von 360 € für das Klageverfahren in erster Instanz vorgesehen. Es entspricht daher dem mutmaßlichen Normgeberwillen und dem vorzufindenden Normgefüge am ehesten, auch für den Gebührentatbestand des Revisionsverfahrens auf die Wertung des Bundesdisziplinargesetzes zurückzugreifen. In analoger Anwendung der Nr. 30 des BDG-Gebührenverzeichnisses ist daher der zweifache Satz anzusetzen.