Entscheidungsdatum: 28.01.2016
Der Ausgleich, den ein Beamter bei vorzeitiger Beendigung der Altersteilzeit im Blockmodell erhält, bezieht sich auf den Zeitraum, in dem er durch tatsächlich erbrachte Dienstleistung in Vorleistung getreten ist. Zu diesem Zeitraum tritt eine weitere Spanne von maximal sechs Monaten hinzu, in denen der Beamte dienstunfähig war.
Das Revisionsverfahren betrifft die Berechnung des Ausgleichsbetrags, den Beamte bei Inanspruchnahme von Altersteilzeit im Blockmodell erhalten, wenn sie während der Arbeitsphase dienstunfähig werden oder die Altersteilzeit aus anderen Gründen vorzeitig endet.
Der 1951 geborene Kläger stand als Lokomotivbetriebsinspektor (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) im Dienst des Beklagten und war zuletzt bei der ... GmbH beschäftigt. Ihm war Altersteilzeit mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit in Form der Blockbildung bewilligt worden. Die fünfjährige Dienstleistungsphase sollte zum 30. April 2011 enden, die daran anschließende Freistellungsphase im Jahr 2016. Seit dem 30. Juli 2009 war der Kläger ununterbrochen dienstunfähig erkrankt, mit Ablauf des 30. September 2010 versetzte ihn der Beklagte in den Ruhestand.
Zum Ausgleich der wegen des Blockmodells vorgeleisteten Beschäftigung gewährte der Beklagte dem Kläger einen Betrag in Höhe von 12 668,00 €. Damit sollte die Differenz zwischen den Teilzeitbezügen einschließlich der Altersteilzeitzuschläge zu der Besoldung abgegolten werden, die der Kläger bei Vollzeitbeschäftigung erhalten hätte. Die krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit könne nach den rechtlichen Vorgaben aber nur sechs Monate berücksichtigt werden. Für die Berechnung des Unterschiedsbetrags ab dem 23. Dezember 2009 - dem 181. Krankheitstag des Klägers - bis zum 30. September 2010 stellte der Beklagte den tatsächlich gezahlten Altersteilzeitbezügen (in Höhe von 2 303,41 € pro Monat) einen Betrag von 0 € für die tatsächliche Beschäftigung gegenüber. Der bis zum 22. Dezember 2009 aufgelaufene Ausgleichsbetrag reduzierte sich hierdurch um 21 390,85 €.
Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen diese Berechnung. Der Differenzbetrag bis zum 22. Dezember 2009 - also dem Ablauf der Sechsmonatsfrist - sei korrekt ermittelt. Der nachfolgende Zeitraum habe jedoch außer Betracht zu bleiben; jedenfalls könne er nicht zu einer Kürzung der für vorangegangene Zeiträume bereits entstandenen Ausgleichsansprüche führen. Der Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Maßgeblich sei der Vergleich mit den insgesamt gezahlten Altersteilzeitbezügen.
Klage und Berufungsverfahren sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, der Anspruch setze voraus, dass die “insgesamt gezahlten“ Altersteilzeitbezüge geringer seien als die Besoldung, die dem Beamten nach der tatsächlichen Beschäftigung zugestanden hätte. Bezugspunkt für die gezahlten Altersteilzeitbezüge sei daher der Gewährungszeitraum insgesamt. Die tatsächliche Beschäftigung ende in Störfällen indes früher. Damit seien Rechengrößen gegenübergestellt, die sich nicht notwendig auf einen gleich langen Zeitraum bezögen.
Mit der Revision beantragt der Kläger,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2015 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. Januar 2013 sowie den Bescheid des Bundeseisenbahnvermögens - Dienststelle West - vom 3. November 2010, soweit darin ein Ausgleich von mehr als 12 668,00 € abgelehnt worden ist, in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2012 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger einen weiteren Ausgleich in Höhe von 21 390,85 € zu gewähren und diesen Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision des Klägers, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einem unzutreffenden Verständnis des § 2a der Verordnung über die Gewährung eines Zuschlags bei Altersteilzeit - ATZV - in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2001 (BGBl. I S. 2239) und verletzt damit revisibles Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
1. Anspruchsgrundlage für den vom Kläger begehrten Anspruch ist § 6 Abs. 2 Satz 4 BBesG i.V.m. § 2a ATZV. Danach ist einem Beamten, dessen Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit vorzeitig endet und bei dem deshalb die in der Freistellungsphase vorgesehene Freistellung vom Dienst unmöglich geworden ist, ein Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Ausgleich besteht in dem Unterschiedsbetrag zwischen den dem Beamten in der Altersteilzeit insgesamt gezahlten Altersteilzeitbezügen und der Besoldung, die ihm nach seiner tatsächlichen Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte. Nach § 2a Satz 2 ATZV bleiben bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags Zeiten ohne Dienstleistung in der Arbeitsphase unberücksichtigt, soweit sie insgesamt sechs Monate überschreiten.
Die Vorschrift ist nach ihrem Wortlaut und hinsichtlich des Zusammenspiels der Sätze 1 und 2 nur schwer verständlich. Auslegung und Berechnungsweise ergeben sich aber aus dem Gesamtzusammenhang und dem Zweck der Ausgleichsregelung.
Die Altersteilzeit in Form der Blockbildung (§ 93 Abs. 2 Satz 1 BBG) stellt eine besondere Form der Teilzeitbeschäftigung dar, die dadurch geprägt ist, dass der Beamte in der Dienstleistungsphase eine über seiner Teilzeitquote liegende Dienstleistung erbringt und dafür im Gegenzug von der entsprechenden Verpflichtung in der Freistellungsphase entbunden wird. Die Quote der Teilzeitbeschäftigung wird dabei durch eine Betrachtung des Gesamtzeitraums der Altersteilzeit bestimmt (BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 C 3.15 - juris Rn. 18). Zusätzlich zu seinen anteiligen Dienstbezügen erhält der Beamte, dem Altersteilzeit mit mindestens der Hälfte der bisherigen Arbeitszeit bewilligt worden ist, einen Altersteilzeitzuschlag. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, von der Möglichkeit der Altersteilzeit Gebrauch zu machen (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 - 2 C 15.01 - Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 21 S. 2). Zuschlag und Besoldung dürfen zusammen 83 Prozent der Nettobesoldung nicht übersteigen, die dem Beamten nach der bisherigen Arbeitszeit zustehen würde (§ 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 BBesG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 ATZV).
Wird die Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit vorzeitig beendet, fällt die Geschäftsgrundlage für die vom Beamten erbrachte “Vorleistung“ weg. In diesen Störfällen kann die vom Beamten in der Dienstleistungsphase erbrachte Mehrarbeit nicht durch eine entsprechende Freizeitgewährung in der Freistellungsphase ausgeglichen werden. Um eine Benachteiligung des Beamten zu vermeiden, dessen bereits erbrachte Dienstleistung nicht durch Freizeit ausgeglichen werden kann, sieht § 2a Satz 1 ATZV eine besoldungsrechtliche Honorierung vor. An die Stelle des Anspruchs auf Freizeitausgleich tritt als Surrogat ein “Besoldungsanspruch für vorausgeleistete Arbeitszeit“ (so BT-Drs. 14/5198 S. 13; vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002 - 2 A 2.01 - Buchholz 232 § 72b BBG Nr. 1 S. 2; VGH München, Urteil vom 26. August 2014 - 14 BV 12.1139 - juris Rn. 21).
Der Beamte wird im Gesamtergebnis so behandelt, wie er ohne die Altersteilzeit stünde. Deshalb wird auf den Ausgleich auch der bereits gewährte Altersteilzeitzuschlag angerechnet (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002 - 2 A 2.01 - Buchholz 232 § 72b BBG Nr. 1 S. 2). Die “insgesamt gezahlten Altersteilzeitbezüge“, die gemäß § 2a Satz 1 ATZV Maßstab für die Berechnung der Ausgleichszahlung sind, umfassen sowohl die anteilig gekürzten Dienstbezüge als auch den Altersteilzeitzuschlag. Eine ungerechtfertigte Besserstellung des vorzeitig in den Ruhestand getretenen Beamten tritt damit nicht ein.
2. Aus dem Charakter der Ausgleichszahlung als Surrogat für den durch Vorleistung erarbeiteten Anspruch auf Freizeitausgleich ergibt sich auch die Berechnungsweise des finanziellen Ausgleichsanspruchs. Beide beziehen sich auf den Zeitraum, in dem der Beamte durch tatsächlich erbrachte Mehrarbeit in Vorleistung getreten ist. Für diesen Zeitraum hat der Beamte nach der mit dem Blockmodell verbundenen Vorstellung beider Beteiligter einen Freizeitausgleichsanspruch erworben, dessen Realisierung mit der vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeit unmöglich geworden ist. Nur in diesem Zeitraum besteht der durch § 2a Satz 1 ATZV geregelte Unterschied zwischen dem tatsächlichen Beschäftigungsumfang und der nach § 6 Abs. 1 BBesG im Verhältnis der Teilzeitquote gekürzten Besoldung.
Zu diesem Zeitraum tritt aufgrund der in § 2a Satz 2 AZTV getroffenen Anordnung eine weitere Spanne von maximal sechs Monaten - und damit gemäß § 31 VwVfG i.V.m. § 191 BGB 180 Tagen - hinzu, in denen der Beamte berechtigt oder unverschuldet dem Dienst ferngeblieben ist. In diesem Zeitraum hat der Beamte zwar keine ausgleichspflichtige Vorleistung erbracht. Für den in § 2a Satz 2 ATZV angeordneten Zeitraum hat der Dienstherr aber das Risiko einer Störung der Geschäftsgrundlage des Altersteilzeitmodells in Form der Blockbildung übernommen (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002 - 2 A 2.01 - Buchholz 232 § 72b BBG Nr. 1 S. 2).
Aus der Formulierung “insgesamt sechs Monate“ in § 2a Satz 2 ATZV folgt dabei, dass die Fehlzeiten nicht “en bloc“ zusammenhängen müssen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 31. Juli 2012 - 1 A 1654/11 - juris Rn. 12). Zu Recht sind hier deshalb die vor dem 30. Juni 2009 aufgelaufenen 34 Krankheitstage des Klägers in Ansatz gebracht worden. Durch die Regelung ist zugleich klargestellt, dass der Dienstherr - auch bei kumulativen Zeiten ohne Dienstleistung - insgesamt nur für einen dienstleistungsfreien Zeitraum von sechs Monaten einen Ausgleich zu leisten hat. Darüber hinaus gehende Zeiten ohne Dienstleistung sind nicht “ausgleichsfähig“ (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002 - 2 A 2.01 - Buchholz 232 § 72b BBG Nr. 1 S. 3).
Nach § 2a Satz 2 ATZV unterbleibt damit nach Ablauf der Sechsmonatsgrenze eine weitere Angleichung an die “Hätte-Bezüge“ ohne Altersteilzeit; für diesen Zeitraum sind Sachgründe für eine ausgleichende Erstattungszahlung auch nicht gegeben. Unbeschadet hiervon stehen dem Beamten aber weiterhin seine Altersteilzeitbezüge zu. Diese bestehen unabhängig von etwaigen Ausgleichsansprüchen und sind Folge des Umstands, dass der Kläger, solange er nicht in den Ruhestand versetzt worden ist, Anspruch auf Besoldung hat (§ 3 Abs. 2 BBesG). Ein Beamter erhält auch im Falle einer Dienstunfähigkeit von mehr als sechs Monaten eine Fortzahlung seiner Dienstbezüge (vgl. zu den insoweit bestehenden Unterschieden des Alimentationsprinzips zur Tarifbeschäftigung bereits Summer/Rometsch, ZBR 1981, 1 <8>). Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den - im Übrigen auch in ihrem Wortlaut abweichenden - Parallelbestimmungen in Tarifverträgen kann für die Auslegung von § 2a ATZV daher nicht herangezogen werden.
Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts führt diese Auslegung nicht zu einer “Rückabwicklung“ der Altersteilzeit. An diese wird nach Ablauf der Sechsmonatsfrist vielmehr auch besoldungsrechtlich wieder angeknüpft. Die entsprechenden - aus dem weiterhin bestehenden Dienstverhältnis in Altersteilzeit folgenden - Ansprüche können dem Ausgleichsanspruch aber auch nicht entgegengehalten und mit ihm aufgerechnet werden. Hierfür gibt weder § 6 Abs. 2 Satz 4 BBesG noch die hierauf gestützte Altersteilzeitzuschlagsverordnung eine entsprechende Rechtsgrundlage. Soweit das Oberverwaltungsgericht auf die Formulierung “insgesamt“ verweist, folgt hieraus nichts anderes. Damit ist lediglich klargestellt, dass auch im Falle kumulativer Fehlzeiten nur “insgesamt“ sechs Monate für den Ausgleich berücksichtigt werden können. Der Begriff “insgesamt“ in Satz 1 der Vorschrift ist bereits nicht auf einen Zeitraum bezogen; er trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, dass sich die “insgesamt gezahlten Altersteilzeitbezüge“ aus Dienstbezügen und einem nicht von § 1 Abs. 2 BBesG erfassten Zuschlag zusammensetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 - 2 C 15.01 - Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 21 S. 2). § 2a Satz 2 ATZV kann daher nicht der Bedeutungsgehalt entnommen werden, dass bei der Berechnung der fiktiven Bezüge auch der Zeitraum nach Ablauf der Sechsmonatsfrist anzusetzen wäre.
Für eine derartige “Aufzehrung“ des Zuschlags gäbe es auch materiell keine Rechtfertigung. Die Weiterzahlung der Altersteilzeitbezüge nach Ablauf der Sechsmonatsfrist beruht vielmehr auf dem Umstand, dass der Beklagte den Kläger noch nicht in den Ruhestand versetzt hat. Hieraus folgt aber kein Sachgrund, die auf vorangegangene Zeiträume bezogene Ausgleichszahlung nachträglich zu schmälern. Eine entsprechende Auslegung würde die Höhe der Ausgleichszahlung vom Zeitpunkt der Zurruhesetzung abhängig machen, obwohl es zwischen beiden Umständen eine sachliche Verknüpfung nicht gibt. Im Hinblick auf einen vergleichbaren Beamten, der unmittelbar nach Ablauf der Sechsmonatsfrist in den Ruhestand versetzt wird und daher seinen erdienten Freizeitausgleich ungeschmälert in Geld ausgeglichen erhält, läge damit eine Schlechterstellung ohne rechtfertigenden Grund vor (Art. 3 Abs. 1 GG).
3. Danach hat der Beklagte hier die bis zum 29. Juli 2009 tatsächlich erbrachte Vorleistung des Klägers und einen weiteren Zeitraum von 180 Tagen auszugleichen. Da Einwände gegen die Berechnungen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, kann der Senat den Rechtsstreit in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.