Entscheidungsdatum: 06.06.2011
Die Verfassungsbeschwerde, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil dem Beschwerdeführer durch die Nichtannahme jedenfalls kein schwerer Nachteil entsteht (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
1. Zwar ist das Oberlandesgericht bei der Berechnung der Frist für den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die Rechtsbeschwerdefrist von einer unzutreffenden Auslegung der insoweit gemäß § 120 Abs. 1 StVollzG maßgeblichen Fristbestimmung des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO ausgegangen. Es hat angenommen, der Beschwerdeführer habe die Wochenfrist für den Wiedereinsetzungsantrag nicht gewahrt. Die Frist habe mit Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist zu laufen begonnen, da der Beschwerdeführer gewusst habe, dass die zur Wahrung der Rechtsbeschwerdefrist erforderliche Protokollierung nicht erfolgt war. Diese Auslegung widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO, der den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist mit dem Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses ansetzt. Dem Wortlaut dieser Vorschrift gemäß gehen höchstrichterliche Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses, das der Vornahme der Prozesshandlung im Wege stand - und nicht etwa grundsätzlich innerhalb einer Woche nach Kenntnis vom Ablauf der versäumten Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfrist - zu stellen ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 14.Oktober2010 - 5StR418/10-,NStZ-RR2011,S.115f.;Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 1, 26. Aufl. 2006, § 45 Rn. 7; Maul, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 45 Rn. 3; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. 2010, § 45 Rn. 3). Das Hindernis, auf das es demnach ankommt, war im vorliegenden Fall die tatsächliche Unmöglichkeit, die Rechtsbeschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle zu erklären, nachdem der Wunsch, eine solche Erklärung abzugeben, von dem nicht verteidigten und in Haft befindlichen Beschwerdeführer gegenüber dem für die Entgegennahme dieser Erklärung zuständigen Gericht rechtzeitig vorgetragen, eine entsprechende Gelegenheit ihm aber nicht eingeräumt worden war (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 Ws 184/10 (Vollz) -, juris). Maßgeblich für den Beginn der Wiedereinsetzungsfrist ist damit der Zeitpunkt, zu dem dieses Hindernis wegfiel.
Dem steht nicht entgegen, dass im Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats für den dort entschiedenen Fall einer aufgrund unzutreffender Rechtsmittelbelehrung formwidrig eingelegten Rechtsbeschwerdeausgeführt wurde, es sei Sache der Fachgerichte, zu entscheiden, ob wegen der fehlerhaften Belehrung des dortigen Beschwerdeführers bereits die Frist zur Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zu laufen begonnen habe oder ob davon auszugehen sei, dass "diese Frist in dem Zeitpunkt zu laufen begann, in dem der Beschwerdeführer Kenntnis von der Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde und den Gründen dieser Unzulässigkeit erhielt" (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. März 2009 - 2 BvR 277/09 -, BayVBl. 2010, S. 362). Diese Feststellung besagt nicht, dass der Beginn der Wiedereinsetzungsfrist in jeder beliebigen Fallkonstellation in dem Zeitpunkt angesetzt werden könnte, in dem der Rechtsmittelführer Kenntnis von einer, etwa durch den Ablauf der jeweiligen Rechtsmittelfrist eingetretenen, Unzulässigkeit des Rechtsmittels erhielte. Sie betrifft die Konstellation, dass gerade in der - im konkreten Fall wegen einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung unverschuldeten - Unkenntnis der Zulässigkeitsvoraussetzungen und der daraus folgenden Unkenntnis von der Unzulässigkeit eines eingelegten Rechtsmittels das Hindernis lag, das der rechtzeitigen zulässigen Rechtsmitteleinlegung entgegenstand.
2. Das Oberlandesgericht hat zudem den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es dem Beschwerdeführer die Stellungnahme des Justizministeriums zur Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags nicht zugänglich gemacht hat.
a) Die Verfahrensbeteiligten müssen grundsätzlich Gelegenheit haben, sich zu Stellungnahmen der Gegenseite in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (vgl. BVerfGE 19, 32 <36>; 49, 325 <328>; BVerfGK 7, 438 <441>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. August 1992 - 2 BvR 628/92 -, juris; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, S. 580; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2009 - 2 BvR 1575/09 -, juris). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist daher regelmäßig verletzt, wenn das Gericht einem Verfahrensbeteiligten, bevor es eine für ihn ungünstige Entscheidung trifft, keine Gelegenheit gibt, zu der im Verfahren abgegebenen Stellungnahme der Gegenseite Stellung zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris). Dies gilt - auch wenn der Gehörsverstoß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Aufhebung der ergangenen Entscheidung nur unter der Voraussetzung führt, dass sie auf dem Verstoß beruht (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 13, 132 <145>; 52, 131 <152 f.>; 89, 381 <392 f.>) - grundsätzlich unabhängig davon, ob unter den gegebenen Umständen von der Möglichkeit auszugehen ist, dass eine mögliche Gegenstellungnahme Einfluss auf das Entscheidungsergebnis gewinnt, oder nicht. Denn der grundrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör dient nicht nur der Gewährleistung sachrichtiger Entscheidungen, sondern auch der Wahrung der Subjektstellung der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 107, 395 <409>, stRspr). Hierauf und auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - die für die Feststellung einer Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK), das den Anspruch auf rechtliches Gehör einschließt, ausdrücklich der Beruhensfrage keine entscheidende Bedeutung zumisst, sofern der Anspruch auf rechtliches Gehör in seiner Funktion als Grundlage für das Vertrauen der Verfahrensbeteiligten in die Arbeit der Justiz berührt ist (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Februar 2002, Ziegler v. Switzerland - 33499/96 -, Rn. 38; Urteil vom 19. Mai 2005, Steck-Risch et al. v. Liechtenstein - 63151/00 -, Rn. 57; vgl. auch EGMR, Urteil vom 3. Juli 2008, Vokoun c. République Tchèque - 20728/05 -, Rn. 25 ff., und EGMR, Urteil vom 18. Oktober 2007, Asnar c. France - 12316/04 -, Rn. 24 ff.) - hat das Bundesverfassungsgericht angesichts einer verbreiteten Praxis der Gerichte, Strafgefangenen die Stellungnahme der Gegenseite wegen deren rein rechtsbezogenen Inhalts oder wegen aus sonstigen Gründen unterstellter mangelnder Entscheidungserheblichkeit möglicher Erwiderungen regelmäßig nicht zur Kenntnis zu geben, mehrfach hingewiesen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. November 2010 - 2 BvR 1183/09 -, juris; vom 2. März 2011 - 2 BvR 43/10 u.a. -, juris; vom 21. März 2011 - 2 BvR 301/11 -, juris).
3. Die Voraussetzungen, unter denen eine Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung anzunehmen ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), sind dennoch nicht erfüllt. Auf der vom Beschwerdeführer zu Recht für unzutreffend erachteten Auslegung der Fristbestimmung des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO beruht der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts vom 24. Februar 2011 nicht, denn das Oberlandesgericht hat in der angegriffenen Entscheidung vom 24. Februar 2011 weiter und in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass die Rechtsbeschwerde auch unabhängig von der angenommenen Verfristung wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG unzulässig sei. Aus diesem Grund hat sich auch der Gehörsverstoß, der darin liegt, dass das Oberlandesgerichtentschieden hat, bevor der Beschwerdeführer von der - allein die Fristfrage betreffenden - Stellungnahme des Justizministeriums Kenntnis erhalten hatte, im Ergebnis nicht zulasten des Beschwerdeführers ausgewirkt.
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.