Entscheidungsdatum: 18.04.2016
I.
Der Beschwerdeführer ist mazedonischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Roma. Seine Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Februar 2016, mit dem die Auslieferung des Beschwerdeführers nach Bosnien und Herzegowina zum Zweck der Strafverfolgung für zulässig erklärt wurde, sowie gegen einen weiteren Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 24. März 2016, mit dem eine Gegenvorstellung des Beschwerdeführers sowie ein Antrag auf erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung nach § 33 IRG zurückgewiesen wurde.
Dem Auslieferungsersuchen von Bosnien und Herzegowina liegt ein vom Gemeindegericht V. am 5. Oktober 2015 erlassener Befehl zugrunde, mit dem angeordnet wurde, dass gegen den Verfolgten durch das Innenministerium des Kantons Sarajewo ein internationaler Steckbrief erlassen werden soll. Diesem Befehl liegen wiederum ein Untersuchungshaftbefehl des Gemeindegerichts V. vom 5. Oktober 2015 sowie eine Anklage der Bezirksstaatsanwaltschaft des Kantons Z.-D., Z., vom 11. Oktober 2006 zugrunde. Darin wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, in Diebstahlsabsicht den Versuch unternommen zu haben, in ein Haus einzudringen. Der Beschwerdeführer wurde am 27. Januar 2016 in Aachen festgenommen. Bei seiner Anhörung durch das Amtsgericht Aachen am selben Tag erklärte er sich weder mit der Auslieferung im vereinfachten Verfahren einverstanden, noch verzichtete er auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes. Mit Beschluss vom 1. Februar 2016 hat das Oberlandesgericht gegen den Beschwerdeführer die Auslieferungshaft angeordnet, in der er sich seither befindet. Auf der Grundlage des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Februar 2016 teilte das Auswärtige Amt durch Verbalnote vom 15. März 2016 der Botschaft von Bosnien und Herzegowina mit, dass die Regierung der Bundesrepublik Deutschland die Auslieferung des Beschwerdeführers bewilligt habe.
Das Oberlandesgericht Köln begründete die Zulässigkeit der Auslieferung nach Bosnien und Herzegowina mit folgenden Erwägungen:
Der den Gegenstand der Verfolgung bildende Tatvorwurf sei sowohl nach dem Recht des ersuchenden Staates als auch nach deutschem Recht strafbar und lasse die Auslieferung nach Art. 2 Abs. 1 EuAlÜbk zu. Die Strafandrohung von bis zu fünf Jahren entspreche der Anforderung einer Mindeststrafbarkeit von einem Jahr nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 EuAlÜbk. Die nach Art. 10 EuAlÜbk zu prüfende Verjährung der Strafverfolgung sei bislang nicht eingetreten. Sonstige Gründe, die der Auslieferung nach Art. 3 bis 9 EuAlÜbk entgegenstehen könnten, seien nicht ersichtlich. Ein Auslieferungshindernis nach § 73 IRG bestehe ebenfalls nicht. Insbesondere sei eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers aufgrund seines Gesundheitszustandes, die der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 18. Februar 2016 unter Ankündigung weiteren Vortrags sowie der Beibringung von Nachweisen vorgetragen hatte, durch nichts konkretisiert. Es fehle schon an einer Darlegung, um welche Erkrankung es sich handeln solle. Der Beschwerdeführer habe eine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit weder bei seiner Anhörung geltend gemacht, noch ergäben sich aus den Akten Hinweise der Justizvollzugsanstalt, die seine Haftfähigkeit in Frage stellen würden. Lediglich im Ersuchen um die Aufnahme zum Vollzug der Auslieferungshaft sei seitens der zuständigen Richterin "Hepatitis C (schon ausgebrochen)" vermerkt worden. Sollte dies die vom Beistand des Beschwerdeführers angesprochene Krankheit sein, sei davon auszugehen, dass eine etwa erforderliche Behandlung auch im ersuchenden Staat gewährleistet sei. Das pauschale Vorbringen des Beschwerdeführers gebe insoweit keinen Grund, ihm eine weitere Stellungnahmefrist einzuräumen. Schließlich stehe auch der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers der Auslieferung nicht entgegen. Ein solcher Eingriff sei der Auslieferung, die von der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des mit Bosnien und Herzegowina geschlossenen Auslieferungsübereinkommens durchzuführen sei, immanent. Gründe für eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Beschwerdeführers lägen nicht vor.
Eine schriftsätzliche Gegenvorstellung des Anwalts des Beschwerdeführers vom 15. März 2016, worin er eine erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung nach § 33 IRG und deren Aufschub beantragte, weil dem Beschwerdeführer das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland als Nichtbetreiben seines Asylverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 AsylG ausgelegt werden könne und die Hepatitis C-Erkrankung des Beschwerdeführers in Bosnien und Herzegowina nicht mit der medizinisch hier indizierten Triple-Therapie behandelbar sei, wies das Oberlandesgericht mit seinem Beschluss vom 24. März 2016 zurück. Das Nichtbetreiben eines Asylantrags könne nach § 33 Abs. 3 AsylG nicht angenommen werden, wenn nachgewiesen werde, dass das die Vermutung des Nichtbetreibens des Verfahrens begründende Verhalten auf Umstände zurückzuführen sei, auf die der Beschwerdeführer keinen Einfluss gehabt habe. Als ein solcher Umstand sei zweifellos die Auslieferung an einen Drittstaat anzusehen. Auch das Vorbringen zum Gesundheitszustand rechtfertige keine andere Zulässigkeitsentscheidung. Dass er zur Behandlung seiner Hepatitis C einer Triple-Therapie, das heißt einer Behandlung mit drei verschiedenen Wirkstoffen, bedürfe, sei nicht ansatzweise dargetan. Es habe nicht einmal eine Konsultation des Anstaltsarztes stattgefunden. Vielmehr stütze der Beschwerdeführer seine Einwendungen auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. April 2014 (Az. 37 L 183.14 A), der wiederum nur eine vom dortigen Antragstellervertreter eingeholte Auskunft einer Universitätsklinik vom März 2014 zugrunde liege, wonach diese Therapie in Bosnien und Herzegowina nicht erbracht werden könne. Der Antrag auf Aufschub der Auslieferung diene ersichtlich dazu, nun erstmals abklären zu lassen, ob bei dem Beschwerdeführer eine solche Therapie angezeigt sein könnte. Dies sei aber kein neuer Umstand im Sinne des § 33 IRG, der einen Aufschub der Auslieferung rechtfertigen könne, zumal bereits mit Schriftsatz des Rechtsanwalts des Beschwerdeführers vom 18. Februar 2016 weiterer Vortrag zur Behandlungsbedürftigkeit nebst Vorlage von Belegen angekündigt worden sei. Auch greife der Gesichtspunkt, dass der Verfolgte als Zugehöriger der Volksgruppe der Roma nur erschwert Zugang zum öffentlichen Gesundheitswesen habe, nicht. Solange der Beschwerdeführer in Bosnien und Herzegowina inhaftiert sei, sei der ersuchende Staat für die Sicherstellung seiner Gesundheit verantwortlich, so dass es auf die Frage des Zugangs des Verfolgten zum allgemeinen Gesundheitssystem in Bosnien und Herzegowina nicht ankomme.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 25. Februar 2016 ging dem Anwalt des Beschwerdeführers am 1. März 2016 zu, die Verfassungsbeschwerde wurde per Telefax am 1. April 2016 eingelegt. Gegen die Zulässigkeit seiner Auslieferung trägt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er an einer chronischen Hepatitis C und seit der entsprechenden Diagnose im August 2015 an einer Leberzirrhose in der Phase Child A, das heißt in der nach der Child-Pugh-Klassifikation niedrigsten, mit einer günstigen Prognose verbundenen Phase, erkrankt sei. Diese Erkrankung könne in Bosnien und Herzegowina nicht angemessen behandelt werden. Es stehe dem Recht des Beschwerdeführers auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG entgegen, ihn in eine gesundheitlich ungewisse Zukunft auszuliefern. Zudem habe das Oberlandesgericht gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, da es trotz entsprechenden Vortrags zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers keine weitere Aufklärung zur Behandelbarkeit von Hepatitis C in Bosnien und Herzegowina betrieben habe. Vielmehr habe das Oberlandesgericht die Behandelbarkeit schlicht vorausgesetzt. Damit verbunden sei auch eine Missachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, da das Oberlandesgericht keine Möglichkeit zu weiterer Stellungnahme und zur Vorlage von Nachweisen eingeräumt habe.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unzulässig ist. Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den Substantiierungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.
Zwar ist nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts sowie den vom Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerde beigefügten Unterlagen davon auszugehen, dass er an Hepatitis C und einer damit verbundenen Leberzirrhose erkrankt ist. Es fehlt aber an geeigneten Nachweisen, aus denen ersichtlich ist, welche Art von Medikation oder sonstiger Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers angezeigt und erforderlich wäre. Es bestehen mithin keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die bei einer Auslieferung des Beschwerdeführers an die Strafverfolgungsbehörden von Bosnien und Herzegowina behauptete gesundheitliche Beeinträchtigung sowie eine dadurch begründete Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG tatsächlich einträten. Bereits im Laufe des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht Köln hat es der Beschwerdeführer nicht vermocht, geeignete Nachweise für Art und Umfang seiner Behandlungsbedürftigkeit vorzulegen. Zwar erscheint der Zeitraum von einer Woche zwischen der schriftsätzlichen Ankündigung des Rechtsanwalts vom 18. Februar 2016, zur Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers weiter vorzutragen, sowie seiner Bitte um richterlichen Hinweis, bis wann ein entsprechender Vortrag zu erfolgen habe, und der Sachentscheidung des Oberlandesgerichts vom 25. Februar 2016 äußerst kurz. Allerdings erfolgte auch im Rahmen der Gegenvorstellung vom 15. März 2016 gegen diese Entscheidung keine weitere Substantiierung der Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers. Bis zum Beschluss des Oberlandesgerichts vom 24. März 2016 hätte ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, etwa durch Konsultation des Anstaltsarztes genauere Angaben zur Therapiebedürftigkeit des Beschwerdeführers vorzutragen. Der vom Rechtsanwalt des Beschwerdeführers zur Nichtverfügbarkeit einer Triple-Therapie in Bosnien und Herzegowina angeführte Fall, der dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. April 2014 (Az. 37 L 183.14 A) zugrunde lag, unterscheidet sich von dem vorliegenden Sachverhalt wesentlich dadurch, dass dort die Erforderlichkeit einer Triple-Therapie durch Vorlage eines ärztlichen Attests hinreichend belegt war. Da jedoch seitens des Rechtsanwalts des Beschwerdeführers kein entsprechender Nachweis vorgelegt wurde, ist auch nicht ersichtlich, dass durch das Oberlandesgericht die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG oder der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs missachtet worden wären.
III.
Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GO-BVerfG).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.