Bundesverfassungsgericht

Entscheidungsdatum: 09.08.2011


BVerfG 09.08.2011 - 2 BvR 280/11

Nichtannahmebeschluss: Abweisung nachbarrechtlicher Unterlassungsansprüche gegen immissionsschutzrechtlich genehmigten Ferkelaufzuchtbetrieb - Beruhen der angegriffenen zivilgerichtlichen Entscheidung auf etwaigen Grundrechtsverstößen ausgeschlossen, da Verwaltungsprozess bzgl immissionsschutzrechtlicher Genehmigung rechtskräftig abgeschlossen


Gericht:
Bundesverfassungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat 3. Kammer
Entscheidungsdatum:
09.08.2011
Aktenzeichen:
2 BvR 280/11
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110809.2bvr028011
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Celle, 27. Oktober 2010, Az: 4 U 127/10, Beschluss
Zitierte Gesetze

Gründe

1

Die beiden Beschwerdeführerinnen wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Ferkelaufzuchtanlage. Mit Urteil vom 30. Juni 2010 wies das Landgericht Stade die auf Unterlassung des weiteren Betriebs gerichtete Klage der beiden Beschwerdeführerinnen sowie zweier weiterer, an der Verfassungsbeschwerde nicht beteiligter, Klägerinnen ab. Ebenso wie bereits zuvor im verwaltungsgerichtlichen Verfahren festgestellt worden sei, fehle es auch unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten an einer einen Unterlassungsanspruch begründenden Immission.

2

Die hiergegen erhobene Berufung wies das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 27. Oktober 2010 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO mangels Erfolgsaussichten zurück. Das Landgericht habe zu Recht objektiv ungeeignete Beweismittel zurückgewiesen und in Ermangelung eines substantiierten Vortrags der Klägerinnen die Klage insgesamt als unbegründet abgewiesen. Die Klägerinnen hätten es im vorangegangenen Verfahren versäumt, die ihrer Ansicht nach vorliegende Parteilichkeit des im Verwaltungsprozess gehörten und berücksichtigten Sachverständigen vorzutragen.

3

Mit Beschluss vom 20. Dezember 2010 wies das Oberlandesgericht eine Anhörungsrüge zurück, da ein schlüssiger Vortrag zu einer Verletzung rechtlichen Gehörs nicht vorgelegen habe und das Vorbringen der Beschwerdeführer, seine Schlüssigkeit unterstellt, auch keine Verletzung rechtlichen Gehörs darstellen könne. Selbst unter Berücksichtigung der von den Klägerinnen vorgebrachten Einwendungen wäre es nicht zu einem anderen Ergebnis gekommen.

4

Mit der form- und fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführerinnen die Versagung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG sowie die Verletzung ihrer Grundrechte "insbesondere" aus Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 14 GG sowie Art. 20a GG und aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtstaatsprinzip durch den die Berufung zurückweisenden Beschluss des Oberlandesgerichts.

5

Eine Gehörsverletzung liege darin, dass das Oberlandesgericht Sachvortrag nicht berücksichtigt habe und die im Verwaltungsprozess erhobene Parteilichkeitsrüge gegenüber einem Sachverständigen unberücksichtigt geblieben sei. Art. 19 Abs. 4 GG sei verletzt, weil sich das Oberlandesgericht allein an die Entscheidung der Verwaltungsgerichte gehalten habe. Art. 2 Abs. 2 GG sei verletzt, da die Entscheidung eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Beschwerdeführerinnen durch den weiteren Anlagenbetrieb fördere. Die Bedeutung des Art. 14 GG sei verkannt, weil die mit dem Betrieb der angegriffenen Zuchtanlage verbundene Wertminderung unberücksichtigt geblieben sei. Art. 20a GG schließlich schütze auch gesunde Luft. Zudem liege eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren vor.

I.

6

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Sie ist auch nicht aus anderen Gründen anzunehmen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

7

a) Es kann dahinstehen, ob das Oberlandesgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, die Beschwerdeführerinnen hätten die Parteilichkeit des Sachverständigen nicht rechtzeitig gerügt. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nur dann zu einer Aufhebung der ergangenen Entscheidung führen, wenn diese auf dem Verstoß beruht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. März 2011 - 2 BvR 43/10, 2 BvR 86/10, 2 BvR 140/10 -, juris). Ein solches Beruhen ist hier angesichts des rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsprozesses um die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der geplanten Anlage ausgeschlossen.

8

b) Im Übrigen lässt die angegriffene Entscheidung nicht erkennen, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite sonstiger Grundrechte verkannt hätte.

9

2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

10

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.