Entscheidungsdatum: 03.06.2011
Die Beschwerdeführerin hat die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag mit der Begründung angefochten, aus Gründen der Wahlgleichheit müssten Parlamentssitze, die rechnerisch auf die an der 5 %-Sperrklausel gescheiterten Parteien entfallen würden, unbesetzt bleiben und dürften nicht auf die im Parlament vertretenen Parteien verteilt werden.
Der Berichterstatter hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 27. April 2011 Folgendes mitgeteilt:
"(…) die von Ihnen erhobene Beschwerde, die als Wahlprüfungsbeschwerde im Sinne von Art. 41 Abs. 2 des Grundgesetzes und § 48 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes aufzufassen sein dürfte, dürfte keine Aussicht auf Erfolg haben.
Die von Ihnen eingereichten Beitrittserklärungen sind nicht mit hinreichender Sicherheit Ihrer Beschwerde zuzuordnen: Den undatierten und weder mit Ihrem Namen noch mit einer anderen Individualisierung versehenen Erklärungen lässt sich nicht entnehmen, welchem Rechtsbehelf bzw. welchem Beschwerdeführer die Unterzeichner beitreten wollen. Ihre Beschwerde dürfte daher bereits nach § 48 Abs. 1 und Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes unzulässig sein.
Ihre Beschwerde hätte aller Voraussicht nach aber auch in der Sache keinen Erfolg. Die Forderung, Parlamentssitze, die rechnerisch auf die an der 5 %-Sperrklausel gescheiterten Parteien entfallen würden, müssten unbesetzt bleiben und dürften nicht auf die im Parlament vertretenen Parteien verteilt werden, findet weder im einfachen Recht noch im Grundgesetz eine Stütze.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes (BWG) besteht der Deutsche Bundestag vorbehaltlich der sich aus dem Gesetz ergebenden Abweichungen aus 598 Abgeordneten. Eine Abweichung ist für den Fall des Scheiterns von Parteien an der 5 %-Sperrklausel nicht vorgesehen. Vielmehr sind nach § 6 Abs. 1, Abs. 2 BWG alle Parlamentssitze auf die zu berücksichtigenden Parteien zu verteilen.
Diese Regelung unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass der in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Grundsatz der gleichen Wahl beeinträchtigt wäre. Dieser Grundsatz fordert für die Verhältniswahl, dass der politische Wille der Wählerschaft in der Verteilung der Parlamentssitze möglichst wirklichkeitsnah abzubilden ist. Dies erfolgt nach der gesetzlichen Regelung dadurch, dass die Stimmen für die an der 5 %-Klausel gescheiterten Parteien im weiteren Verfahren der Sitzvergabe keine Berücksichtigung mehr finden, insoweit also - worauf Sie zutreffend hinweisen - wie ungültige Stimmen behandelt werden. Das Verhältnis der Stimmanteile der im Parlament vertretenen Parteien zueinander wird durch die Vergabe aller Sitze danach grundsätzlich nicht verändert.
Soweit Sie zu anderen Ergebnissen kommen, beruht dies erkennbar auf der Annahme, die Wähler voraussichtlich an der 5 %-Klausel scheiternder Parteien wollten mit ihrer Stimme gegen die sog. etablierten Parteien und für die - von welchen Parteien auch immer künftig gebildete - Opposition votieren, und dem Postulat, dies müsse in der Zusammensetzung des Parlaments zum Ausdruck kommen. Dass der Gesetzgeber nicht von Verfassungs wegen verpflichtet sein kann, das Wahlrecht auf der Grundlage eines derartigen hypothetischen, dem Ziel, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen, zuwiderlaufenden Wählerwillens zu konzipieren, dürfte indes auf der Hand liegen.
Ich gebe Ihnen Gelegenheit, zu überdenken, ob Sie das Verfahren fortführen oder Ihre Beschwerde zurücknehmen möchten. Ihrer Antwort sehe ich innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens entgegen."
Die Wahlprüfungsbeschwerde ist aus den im Schreiben des Berichterstatters vom 27. April 2011 mitgeteilten Erwägungen unzulässig und wäre auch offensichtlich unbegründet. Die Stellungnahme der Beschwerdeführerin dazu gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 24 Satz 2 BVerfGG abgesehen.