Entscheidungsdatum: 14.05.2014
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 78 258,95 € festgesetzt.
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.
1. Der 1966 geborene Kläger stand bis zu seiner Entlassung als Berufssoldat im Rang eines Oberstabsarztes im Dienst der Beklagten. Für das sechs Jahre dauernde Studium der Humanmedizin war der Kläger vom militärischen Dienst freigestellt. Nach der Ablegung der ärztlichen Prüfung absolvierte der Kläger mehrere Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in den Bereichen Strahlenschutz, Innere Medizin, Notfallmedizin, Allgemeinmedizin und Endoskopie. Nachdem der Freistaat Bayern den Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum akademischen Rat zur Anstellung ernannt hatte, entließ die Beklagte den Kläger mit Ablauf des 14. März 2006. Die Beklagte verpflichtete den Kläger zur Erstattung des ihm während seines Medizinstudiums gewährten Ausbildungsgeldes in Höhe von 78 317,44 €. Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung des Ausbildungsgeldes grundsätzlich als rechtmäßig angesehen und den Bescheid lediglich in Höhe eines Betrages von 58,49 € aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Da sich der Kläger vom Freistaat zum Beamten habe ernennen lassen, gelte die darauf zurückzuführende Entlassung aus dem Berufssoldatenverhältnis nach § 125 Abs. 1 Satz 3 BRRG als Entlassung auf Antrag. Zum Zeitpunkt der Entlassung am 15. März 2006 sei die für den Kläger maßgebliche Abdienzeit des § 46 Abs. 3 des Soldatengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1995 (- SG 1995-, BGBl I S. 1737) von zehn Jahren nach dem Ende des Studiums, d.h. dem Tag der Ablegung der ärztlichen Prüfung am 9. Oktober 1992, noch nicht abgelaufen gewesen, so dass er nach § 49 Abs. 4 Satz 2 SG 1995 das Ausbildungsgeld zu erstatten habe. Von seiner Abdienzeit von zehn Jahren (3 600 Tage) habe der Kläger bis zu seiner Entlassung aus dem Soldatenverhältnis lediglich 1 362 Tage abgedient. Wegen seiner ärztlichen Weiterbildung sowohl zum praktischen Arzt als auch zum Facharzt Innere Medizin/Gastroenterologie, die der Kläger außerhalb von Bundeswehreinrichtungen teils in einer zivilen Arztpraxis teils an einer Universitätsklinik absolvierte, habe er der Bundeswehr nicht uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Auch die Zeit, die der Kläger im Rahmen der Weiterbildung als Assistenzarzt in einem Bundeswehrkrankenhaus tätig gewesen sei, zähle nicht zur Abdienzeit. Denn der Kläger sei in dieser Zeit nur für solche ärztliche Tätigkeiten verwendbar gewesen, die sich im Rahmen der von den jeweiligen ärztlichen Weiterbildungsordnungen gestellten Anforderungen an die Weiterbildungszeit gehalten hätten. Für eine allgemeine militärische Verwendung im Rahmen der Laufbahn als Sanitätsoffizier, etwa als Truppenarzt, sei der Kläger hingegen nicht einsetzbar gewesen.
2. Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage,
„ob Zeiten einer Fortbildung zum Facharzt oder einer Fortbildung, die zum Führen einer Zusatzbezeichnung berechtigt, hinsichtlich der Ausbildung zum Humanmediziner als Abdienstzeit anerkannt werden können oder diese, also den zehnjährigen Zeitraum, hemmen."
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr., u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil der Begriff der Dienstzeit i.S.v. § 46 Abs. 3 SG 1995 in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits im Sinne des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs geklärt und die neuerliche grundsätzliche Bedeutung dieser Frage nicht dargelegt ist.
Durch das Gesetz zur Änderung des Wehrrechts und des Zivildienstrechts vom 24. Februar 1983 (BGBl I S. 179) ist mit § 49 Abs. 4 SG die Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten wieder eingeführt worden (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 9/1879, S. 17). Die früher in § 46 Abs. 4 SG bestehende Erstattungspflicht (in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes vom 10. Januar 1968, BGBl I S. 56) war Ende 1977 wegen der gleichzeitig in Kraft getretenen Änderung der Regelungen über die Entlassung von Berufssoldaten aufgehoben worden (Art. 1 Nr. 1 Buchst. a und b des Zwölften Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes vom 23. Dezember 1977, BGBl I S. 3114), weil sie nicht mehr erforderlich war. Denn Berufssoldaten, deren militärischer Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, konnten nach der ab dem 1. Januar 1978 geltenden Rechtslage ihre Entlassung - bis auf besondere Härtefälle - erst nach einer Dienstzeit, die der dreifachen Dauer des Studiums oder Fachausbildung entsprach, längstens nach zehn Jahren, verlangen und mussten damit ihre Ausbildung abdienen.
Die Erstattungspflicht dient nicht primär dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten, indem verhindert werden soll, dass ein Berufssoldat die Kenntnisse und Fähigkeiten, die ihm das Studium oder die Fachausbildung vermittelt haben, unentgeltlich im zivilen Berufsleben verwertet. Die Regelungen über die Entlassung von Berufssoldaten wie über die Erstattungspflicht sollen vielmehr die Personalplanung und damit die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr sicherstellen. Durch unterschiedlich ausgestaltete Sanktionen soll dem vorzeitigen Ausscheiden von besonders ausgebildeten und deswegen in ihrer Funktion nicht ohne Weiteres zu ersetzenden Berufssoldaten aus der Bundeswehr wirksam entgegengewirkt werden, um die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr zu sichern. Die Kostenerstattungspflicht ist dabei lediglich ein Mittel, um dieses eigentliche, für die gesamte staatliche Gemeinschaft bedeutsame Ziel zu erreichen (BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 und 10, 14/73 - BVerfGE 39, 128 <141 ff.>, BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - BVerwG 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <88>, vom 21. April 1982 - BVerwG 6 C 3.81 - BVerwGE 65, 203 <205 ff.> und vom 25. März 1987 - BVerwG 6 C 87.84 - Buchholz 236.1 § 46 SG Nr. 17 S. 7 m.w.N.).
Aus diesem Sanktionscharakter auch der Erstattungspflicht leitet sich ab, dass der Begriff der sich an das Studium oder die Fachausbildung anschließenden Dienstzeit i.S.v. § 49 Abs. 4 i.V.m. § 46 Abs. 3 SG 1995 auf diejenigen Zeiträume beschränkt ist, in denen der Berufssoldat die durch das Studium oder die Fachausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dem Dienstherrn (Bundeswehr) uneingeschränkt zur Verfügung gestellt hat, ohne sich dadurch zugleich im Rahmen einer gesonderten Fachausbildung weiterbilden zu wollen oder zu sollen. Dies trifft selbst auf die Tätigkeit eines Sanitätsoffiziers in einem Bundeswehrkrankenhaus, durch die ihm fachärztliche Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, nicht zu, mag er dabei auch den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet haben (BVerwG, Urteil vom 25. März 1987 a.a.O. m.w.N.).
Zwar kann eine bereits revisionsgerichtlich geklärte Rechtsfrage wieder im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO klärungsbedürftig werden. Das setzt aber voraus, dass neue Gesichtspunkte von Gewicht vorgebracht werden, die die bisherige Rechtsprechung in Frage stellen und eine erneute revisionsgerichtliche Entscheidung geboten erscheinen lassen (Beschluss vom 25. November 1992 - BVerwG 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 224 m.w.N.). Dies ist der Beschwerdebegründung des Klägers nicht zu entnehmen. Insbesondere setzt sie sich nicht mit dem maßgeblichen Aspekt auseinander, dass die vom Gesetzgeber unverändert vorgesehene Erstattungspflicht als Sanktion Berufssoldaten im Interesse der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr vom Antrag auf Entlassung aus dem auf Dauer angelegten Berufssoldatenverhältnis abhalten soll.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.