Entscheidungsdatum: 26.10.2011
Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 73 HDG, § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 73 HDG, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf Verfahrensfehlern beruht.
1. Der Beklagte war Lehrer im Landesdienst. Mit Ablauf des Monats März 2007 wurde er vorzeitig in den Ruhestand versetzt. In einem kurz darauf rechtskräftig gewordenen Strafbefehl wurde wegen eines Vergehens nach § 176 Abs. 1 Alt. 1 und 2 StGB zu Lasten einer zu Beginn der Tathandlungen 13-jährigen Schülerin gegen ihn eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; zugleich wurde ihm die Zahlung einer Geldbuße von 5 000 € auferlegt. Im Disziplinarklageverfahren, das sexuelle Handlungen in der Schule an und mit der Schülerin, teilweise gegen ihren Willen, zwischen dem 17. Juli 1991 bis zum Ende des Schuljahres 1994/1995 zum Gegenstand hat, ist auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt worden.
2. a) Die Beschwerde rügt mit Erfolg, dass die Klageschrift hinsichtlich des Tatkomplexes 2 (sexuelle Handlungen bis in das Schuljahr 1993/1994) an einem wesentlichen Mangel leidet (Verstoß gegen § 57, § 60 Abs. 1 HDG), auf dem das Urteil beruht. Der Mangel der Klageschrift hätte von Amts wegen berücksichtigt werden müssen.
Im zweiten Tatkomplex wird dem Beklagten mit der Klage vorgeworfen, dass er
"über den oben bezeichneten Tatzeitraum hinaus - jedenfalls bis in das Jahr 1994/1995 - die Schülerin W. ... regelmäßig zum Oralverkehr gezwungen, an der Schülerin sexuelle Handlungen ausgeführt und an sich von ihr ausführen hat lassen."
Eine weitere Konkretisierung findet sich in der Klageschrift nicht.
Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 HDG muss die Klageschrift u.a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - juris Rn. 14
Zum zweiten Tatkomplex genügt die Klageschrift diesen Anforderungen nicht. Weder sind Ort und Zeit der einzelnen Handlungen konkret angegeben noch die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben. Zwar bedürfen die den Gegenstand der Disziplinarklage bildenden Vorgänge keiner tagesgenauen Fixierung, aber die bloße Nennung eines ungefähren Anfangs- und eines ungefähren Endzeitraums (über einen unbekannten Tag zwischen dem 17. Juli 1991 und dem 16. Juli 1992 hinaus bis jedenfalls in das Jahr 1994/1995) mit der Angabe, die sexuellen Handlungen seien regelmäßig (täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich?) ausgeführt worden, lässt offen, wie oft es in etwa zu sexuellen Handlungen gekommen sein soll. Auch der Ort (in der ...) hätte angesichts seiner Größe näher eingegrenzt werden müssen. Welche weiteren sexuellen Handlungen der Beklagte neben dem Oralverkehr an der Schülerin ausgeführt und an sich von ihr hat ausführen lassen sollen, bleibt ebenfalls im Ungewissen. An keiner Stelle in der Klageschrift findet sich eine nähere Präzisierung der Umstände (Tageszeit, was ging voraus, was passierte im Einzelnen?).
Soweit das Berufungsgericht darauf verweist, dass dem Beklagten ohnehin aus dem Disziplinarverfahren bekannt gewesen sei, welches Verhalten ihm im Rahmen der Disziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werde, vernachlässigt es die Aufgaben des behördlichen Verfahrens und der Klageschrift. Im behördlichen Verfahren hat der Dienstherr zu ermitteln, welche Vorwürfe sich voraussichtlich erweisen lassen werden. Zudem darf der Dienstherr aus den voraussichtlich beweisbaren Vorwürfen auch nur Dienstpflichtverletzungen und nicht jedes missliebige Verhalten zum Gegenstand der Disziplinarklage machen (Begrenzungsfunktion der Disziplinarklageschrift). Von dieser Begrenzungsfunktion hat der Dienstherr im Übrigen insoweit Gebrauch gemacht, als er nur Oralverkehr unter Zwang zum Gegenstand der Klage gemacht hat. Was allerdings "gezwungen" bedeutet, ob körperlicher oder psychischer Zwang und insbesondere wodurch der Zwang ausgeübt worden sein soll, bleibt ebenfalls im Unklaren.
Diese Unbestimmtheit des Vorwurfs führt hier zudem zu Unstimmigkeiten im Berufungsurteil: Während die Zeugin bei ihrer behördlichen Vernehmung körperlichen Zwang geschildert hat, hat sie dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich verneint. Hätte das Berufungsgericht entsprechend seiner Auffassung die Vorwürfe der Zeugin im behördlichen Verfahren zur Konkretisierung der Klageschrift herangezogen, so hätte es den Beklagten deshalb im zweiten Tatkomplex hinsichtlich des durch körperliche Gewalt "erzwungenen" Oralverkehrs gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 HDG vom Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung freistellen müssen. Stattdessen hat es den fortlaufenden Oralverkehr erschwerend in seine Gesamtwürdigung einbezogen. Dieser sei "ohne intensive körperliche Gewalt" durch den Beklagten initiiert worden. Das Berufungsgericht lässt offen, welche weniger intensive körperliche Gewalt ausgeübt wurde, und gelangt zur Aberkennung des Ruhegehalts, weil es sich "allein schon aufgrund des sich über Jahre ersteckenden regelmäßigen Oralverkehrs um einen außergewöhnlich schweren Fall des sexuellen Missbrauchs einer Schülerin im Schulbereich durch einen dort bediensteten Lehrer" handele.
b) Ebenfalls mit Erfolg rügt die Beschwerde, dass das Berufungsgericht die ihm obliegende Aufklärungspflicht (§ 63 Abs. 1, § 6 HDG, § 86 Abs. 1 VwGO) verletzt habe, weil es keine weiteren Beweise erhoben habe, obwohl sich dies ihm hätte aufdrängen müssen.
Gemäß § 63 Abs. 1 HDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind. Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 HDG auch für die Berufungsinstanz (vgl. zu den wortgleichen Vorschriften der § 58 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG: Beschlüsse vom 19. Dezember 2007 - BVerwG 2 B 34.07 - juris Rn. 5 m.w.N. und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 7, vgl. auch zu § 86 Abs. 1 VwGO Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 -
Zwar verletzt das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweisaufnahme absieht, die weder von einem Beteiligten in der mündlichen Verhandlung beantragt worden ist noch sich den Umständen nach aufdrängt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265, vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 = NVwZ 2005, 1199, vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26, vom 19. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 6 und vom 13. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 119.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 5 Rn. 4). Hier hat sich eine weitere Beweisaufnahme jedoch aufgedrängt, ohne dass der Beklagte sie förmlich beantragen musste. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag dann auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss, wenn also die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Einwände erhebt. Denn in einem solchen Fall ist das Gericht gehindert, seine Entscheidung unter Übergehung der Einwände auf das angegriffene Beweisergebnis zu stützen (vgl. zum Ganzen Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.).
So verhält es sich hier. In Anbetracht der sehr späten Strafanzeige, vorhandener - kleinerer - Unstimmigkeiten im Aussageverhalten der Zeugin W. und der Konstellation Aussage gegen Aussage hätte das Berufungsgericht zur Aufklärung der entscheidungserheblichen Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin W. und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen durch Vernehmung derjenigen Zeugen weiter nachgehen müssen, denen sich die Zeugin W. seinerzeit anvertraut haben will (die von der Schweigepflicht entbundenen Ärzte und der von der Schweigepflicht entbundene Therapeut, die Mutter der Zeugin W., die Mitarbeiterinnen des Jugendamtes G. und R., das Ehepaar Wi., die in der mündlichen Berufungsverhandlung von der Zeugin W. benannte Frau P., die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht von der Zeugin W. benannten Lehrerinnen R. und H.-B., Frau S. von der Opferhilfe Frankfurt).
Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass von einigen Zeugen schriftliche Erklärungen vorlagen oder Vernehmungsprotokolle aus dem behördlichen oder anderen Verfahren. Der in § 63 Abs. 1 HDG statuierte Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung verpflichtet das Gericht, alle erforderlichen Beweise selbst zu erheben. Eine bestrittene, beweisbedürftige Tatsache kann deshalb grundsätzlich nicht durch Verlesen von Vernehmungsprotokollen des behördlichen Disziplinarverfahrens oder anderer gesetzlich geordneter Verfahren festgestellt werden. Von Zeugen hat es sich in der mündlichen Verhandlung selbst einen unmittelbaren persönlichen Eindruck zu verschaffen (zum Ganzen: Beschluss vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 7; vgl. zum Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auch Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. juris Rn. 18 ff.). Etwas anderes gilt zwar für die Berufungsinstanz nach § 70 Abs. 4 HDG in Bezug auf vom Verwaltungsgericht erhobene Beweise. Das Verwaltungsgericht hat jedoch keinen dieser Zeugen vernommen.
3. Die übrigen Verfahrensrügen (§ 73 HDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bleiben demgegenüber ohne Erfolg.
a) Die Beschwerde rügt, dass das behördliche Verfahren durch die Ablehnung der Beweisanträge (auf Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens und auf Vernehmung dreier Zeugen) und die Befangenheit des mit der Führung der Ermittlungen betrauten Schulamtsmitarbeiters an wesentlichen Mängeln leide, die im gerichtlichen Verfahren nach § 60 Abs. 3 HDG fortwirkten.
Es kann dahinstehen, ob die Ablehnung der Beweisanträge einen Fehler des behördlichen Verfahrens darstellt. Nach § 27 Abs. 3 HDG ist im behördlichen Disziplinarverfahren über einen Beweisantrag der Beamtin oder des Beamten nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Satz 1). Dem Beweisantrag ist stattzugeben, soweit er für die Tat- oder Schuldfrage oder für die Bemessung der Art und Höhe einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann (Satz 2). Der Senat hat insoweit zur wortgleichen Vorschrift des § 24 Abs. 3 BDG entschieden, dass die Verletzung dieser Regelungen letztlich sanktionslos bleibt, weil der angeschuldigte Beamte im gerichtlichen Verfahren den Antrag wiederholen kann und im Übrigen das Gericht von Amts wegen (§ 6 HDG i.V.m. § 86 VwGO) die erforderlichen Beweise zu erheben hat (§ 63 Abs. 1 HDG; vgl. Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 133, 138 und Beschluss vom 16. Februar 2010 - BVerwG 2 B 62.09 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 9 Rn. 11).
Nichts anderes gilt, wenn es um die Befangenheit des mit der Führung der Ermittlungen betrauten Schulamtsmitarbeiters geht. Im Übrigen lagen keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Mitarbeiters (§ 6 HDG i.V.m. § 21 Abs. 1 Hess VwVfG) vor, da der Befangenheitsantrag ausschließlich mit der - aus der Sicht des Beklagten fehlerhaften - Ablehnung der Beweisanträge durch den Schulamtsmitarbeiter begründet worden ist. Meinungsunterschiede über die konkrete Ausgestaltung der Ermittlungspflicht begründen - von besonderen Umständen des Einzelfalles abgesehen - nicht schon generell den Vorwurf der Befangenheit (vgl. Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 124).
b) Ebenso ohne Erfolg bleibt die Rüge, das Berufungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens verfahrensrechtswidrig - und zwar unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO sowie gegen seine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO - abgelehnt.
Nach § 63 HDG erhebt das Gericht im Disziplinarklageverfahren die erforderlichen Beweise. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, einem Beweisangebot nachzugehen, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache zu einem Rechtsstandpunkt erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, vgl. Beschluss vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 Nr. 5 = NJW 2009, 2614, zuletzt Beschluss vom 1. April 2011 - BVerwG 2 B 84.10 - Rn. 5 m.w.N.).
Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände ist grundsätzlich Sache des Gerichts (Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 158). Ausnahmen können dann gerechtfertigt sein, wenn besondere, in erheblicher Weise von den Normalfällen abweichende, Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht (stRspr des BGH, vgl. Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 5 StR 419/09 -, NStZ 2010, 100 und Urteil vom 18. August 2009 - 1 StR 155/09 - NStZ 2010, 51 jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1999 -BVerwG 9 B 401.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 304 = juris Rn. 4 m.w.N.). Dies kommt überwiegend bei Verdachtsmomenten für eine die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigende Erkrankung in Betracht, nicht aber bereits bei den hier zur Begründung des Beweisantrags vorgetragenen sonstigen Umständen (die Zeugin sei bereits im Kindesalter Opfer anderweitiger sexueller Übergriffe von Erwachsenen geworden, bei ihr liege langjähriger Drogenkonsum mit anhaltender Abhängigkeit und Alkoholmissbrauch vor, sie habe eine höchst problematische Entwicklung im Kindes- und Jugendlichenalter durchlaufen
c) Die Ablehnung des Antrags auf Beiziehung der Akten des Jugendamts der Stadt Frankfurt betreffend die Zeugin W. lässt ebenfalls keinen Verfahrenfehler erkennen. Das Berufungsgericht durfte den Antrag im Einklang mit dem Prozessrecht mit der Begründung ablehnen, er genüge bereits formal nicht den Anforderungen der § 6 HDG, § 86 Abs. 2 VwGO, weil weder eine bestimmte zu beweisende Tatsache noch ein klares Beweisthema benannt werde; es handele sich um einen unzulässigen Ausforschungsantrag.
Soweit die Beschwerde meint, die Beiziehung der Jugendamtsakte sei von Amts wegen geboten gewesen, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Diese Argumentation der Beschwerde beruht auf der Annahme, dass es in Fällen sexuellen Missbrauchs einer Schülerin durch einen Lehrer immer zum Schulwechsel kommt. Diese Annahme ist aber weder zwingend noch ist sie Gegenstand der Befragung des Zeugen M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gewesen.
d) Ebenfalls nicht dargelegt ist, dass der Beweisantrag betreffend die Zeugin S.-B. verfahrensrechtswidrig vom Berufungsgericht abgelehnt worden ist. Zur fehlenden Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags setzt die Beschwerde lediglich ihre Würdigung gegen diejenige des Berufungsgerichts.
e) Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 6 HDG, § 108 Abs. 2 VwGO) vernachlässigt, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in seine rechtlichen Erwägungen einbezieht. Es ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 6 HDG, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinandergesetzt hat (stRspr, Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1, zuletzt Beschlüsse vom 19. April 2011 - BVerwG 2 B 60.11 - juris Rn. 7 und vom 20. Juli 2011 - BVerwG 2 B 32.10 - juris Rn. 3).
Deshalb kann insbesondere aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung eines Gerichts nicht auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden. Im Übrigen ist die Beweiswürdigung aufgrund des § 73 HDG, § 137 Abs. 2 VwGO revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - Rn. 34 = ZBR 2008, 257 <260>; insoweit nicht in Buchholz abgedruckt). Dies ist nicht dargelegt. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (vgl. Beschluss vom 21. September 1982 - BVerwG 2 B 12.82 - juris Rn. 7
Von einer weiteren Begründung der Ablehnung der Verfahrensrügen wird gemäß § 73 HDG, § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO abgesehen.
4. Gleichfalls ohne Erfolg wirft die Beschwerde schließlich als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
ob einem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt ohne weitere Voraussetzungen oder Einschränkungen selbst bei lang zurückliegender Tat aberkannt werden kann, wenn er, wäre er noch im Dienst, aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.
Hierzu weist sie darauf hin, dass zwischen Beginn der Tat 19 Jahre und deren Ende 15 Jahre vergangen seien bis zur Aberkennung des Ruhegehalts, so dass diese Disziplinarmaßnahme bei einem Beamten, der ansonsten unbescholten geblieben sei, unverhältnismäßig erscheine. Dies gelte insbesondere bei einem Ruhestandsbeamten, der nicht mehr die Möglichkeit habe, sich andere Erwerbsquellen zu erschließen. Nach dem Eintritt in den Ruhestand bestünden nur noch beschränkte Beamtenpflichten.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 73 HDG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr, vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen bereits geklärt sind oder sich anhand der bisherigen Rechtsprechung unter Zuhilfenahme des Gesetzestextes ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantworten lassen. So verhält es sich hier.
Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 HDG, der mit § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG inhaltlich übereinstimmt, setzt die Aberkennung des Ruhegehalts voraus, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerechtfertigt wäre, falls der Ruhestandsbeamte sich noch im Dienst befände. Danach gelten die Bemessungsgrundsätze des § 16 Abs. 2 Satz 1 HDG auch für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gegen einen Ruhestandsbeamten, der während seiner aktiven Dienstzeit ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Der nachträgliche Eintritt in den Ruhestand führt weder zur Anwendung anderer Bemessungsmaßstäbe noch stellt er einen mildernden Umstand dar.
Den gesetzlichen Regelungen liegen zum einen generalpräventive Erwägungen zugrunde. Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung zu führen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Dienstvergehen in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist und wann es begangen wurde. Zum anderen gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Beamter, der in den Ruhestand tritt, nachdem er ein zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führendes Dienstvergehen begangen hat, nicht bessergestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467 und vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 <1373>; BVerwG, Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 Rn. 28, vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - juris Rn. 17
Schließlich ist geklärt, dass weder eine lange Dauer des Verfahrens noch das lange Zurückliegen des Dienstvergehens es rechtfertigen, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist. Zwar kann eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme in diesen Fällen unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden. Bei Fortbestand des Beamtenverhältnisses kann das durch ein Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert werden oder sogar entfallen, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben, sodass sie eine günstigeres Persönlichkeitsprognose ermöglichen. Demgegenüber geht es bei der Dienstentfernung darum, das Beamtenverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil der Beamte im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist. An dem endgültigen Vertrauensverlust, den er durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat, vermögen eine lange Verfahrensdauer oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden. Dies gilt gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG, § 16 Abs. 2 Satz 2 HDG gleichermaßen für die Aberkennung des Ruhegehalts (BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80 und vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 a.a.O. Rn. 8, vom 28. Oktober 2008 a.a.O., vom 26. August 2009 a.a.O. Rn. 11 und vom 16. Februar 2010 - BVerwG 2 B 62.09 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 9 Rn. 5 und 6). Aus diesem Grunde gibt es auch für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts - anders als für die pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahmen - kein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs nach § 18 HDG (§ 15 BDG).
Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur überlangen Verfahrensdauer (Art. 6 Abs. 1 und 13 EMRK) vermag hieran nichts zu ändern. Ob eine überlange Verfahrensdauer Auswirkungen auf die materielle Rechtslage hat, bestimmt sich allein nach innerstaatlichem Recht. Der Gerichtshof kann aber nach Art. 41 EMRK den Staat zum Ersatz des immateriellen Schadens verurteilen (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - Rn. 57 ff. = NVwZ 2010, 1015 ff.).
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 82 Abs. 1 HDG i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG analog.