Entscheidungsdatum: 30.11.2018
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der 1960 geborene Kläger stand bis zu seiner Zurruhesetzung wegen dauernder Dienstunfähigkeit Ende April 2011 als Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst des beklagten Freistaates. Mit Bescheid vom 15. Juni 2011 setzte das Landesamt für Finanzen die monatlichen Versorgungsbezüge des Klägers ab 1. Mai 2011 auf der Grundlage eines Ruhegehaltsatzes von 71,38 v.H. auf 2 161,61 € fest. Bei der Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berücksichtigte das Landesamt die Zeit vom 31. August 1976 bis zum 6. Juli 1978 als förderliche Ausbildung für Vollzugsbeamte. In diesem Zeitraum hatte der Kläger die Berufsausbildung zum Elektroanlageninstallateur absolviert.
Mitte Juni 2013 wies das Finanzministerium das Landesamt darauf hin, dass bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit für Beamte des Vollzugsdienstes anstelle der Mindestzeit der vorgeschriebenen Ausbildung Zeiten einer praktischen Ausbildung und einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit bis zu einer Gesamtzeit von fünf Jahren berücksichtigt werden könnten, hierbei jedoch Zeiten unberücksichtigt zu bleiben hätten, die die allgemeine Schulbildung ersetzen. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2013 setzte das Landesamt die monatlichen Versorgungsbezüge des Klägers ab dem 1. November 2013 auf 2 162,35 € fest. Dabei ging das Landesamt von einem Ruhegehaltssatz von 68,05 v.H. aus. Zur Begründung wies die Behörde darauf hin, dass die Zeit vom 31. August 1976 bis 6. Juli 1978 ab 1. November 2013 nicht mehr als ruhegehaltfähig zu berücksichtigen sei. Bei Polizeivollzugsbeamten könne die Lehrzeit nicht als förderliche Ausbildungszeit angerechnet werden, soweit sie nach den zum Zeitpunkt der Einstellung geltenden Laufbahnvorschriften die allgemeine Schulbildung - hier die mittlere Reife - ersetze. Dies sei beim ursprünglichen Festsetzungsbescheid nicht beachtet worden. Da das Vertrauen des Klägers schutzwürdig sei, sei die rechtswidrige Festsetzung lediglich mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Landesamtes vom 17. Oktober 2013 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:
Der Ausgangsbescheid des Landesamtes für Finanzen sei hinsichtlich der Berücksichtigung der Zeiten der Ausbildung des Klägers als Elektroanlageninstallateur vom 31. August 1976 bis 6. Juli 1978 rechtswidrig. Denn mit dieser Ausbildung habe der Kläger die geforderte allgemeine Regelschulbildung ersetzt, sodass diese Zeiten nach Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG nicht zu berücksichtigen seien. Anders als bei einer vorgeschriebenen Ausbildung i.S.v. Art. 20 Abs. 1 BayBeamtVG seien bei einer lediglich förderlichen Ausbildung i.S.v. Art. 20 Abs. 2 BayBeamtVG die im Zeitpunkt der Einstellung geltenden Laufbahnvorschriften maßgeblich. Denn insoweit könne nur entscheidend sein, auf welcher Grundlage der Beamte tatsächlich eingestellt worden sei. Erst nach Übernahme des Bewerbers in das Beamtenverhältnis bestehe Anlass zur Feststellung, welche Regelschulbildung mit welchem Abschluss für das vom Bewerber angestrebte Beamtenverhältnis vorausgesetzt werde. Die zum Zeitpunkt der Einstellung des Klägers in den Polizeivollzugsdienst geltenden Laufbahnvorschriften hätten einen Realschulabschluss oder einen entsprechenden Abschluss vorausgesetzt. Diesen Abschluss habe der Kläger durch seinen qualifizierenden Hauptschulabschluss und die abgeschlossene, für den Polizeivollzugsdienst förderliche Berufsausbildung i.S.v. Art. 20 Abs. 3 BayBeamtVG ersetzt.
2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der Fall.
Die Beschwerde sieht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache in der Frage,
"ob nicht nur für vorgeschriebene Zeiten im Sinne des Art. 20 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG, sondern auch für förderliche Zeiten im Sinne des Art. 20 Abs. 2 BayBeamtVG auf die laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit der Ableistung der jeweiligen Ausbildung abzustellen ist."
Diese Frage vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil sie aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs beantwortet werden kann (BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 28. November 2017 - 2 B 53.17 - Buchholz 240 § 42 BBesG Nr. 32 Rn. 5).
Die Vorschriften des Art. 20 Abs. 1 und 2 BayBeamtVG über die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten und Zeiten einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit dienen unterschiedlichen Zielen und sind dementsprechend auch unterschiedlich zu handhaben.
Durch die Berücksichtigung der verbrachten Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildungszeiten oder Zeiten praktischer hauptberuflicher Tätigkeiten nach Art. 20 Abs. 1 BayBeamtVG sollen die Unterschiede ausgeglichen werden, die dadurch entstehen können, dass für einzelne Laufbahnen eine längere Ausbildung als für andere Laufbahnen oder eine praktische hauptberufliche Tätigkeit vorgeschrieben ist. Auf diese Weise sollen Nachteile der Laufbahnverzögerung durch Erfüllung der vorgeschriebenen Laufbahnerfordernisse gegenüber solchen Beamten vermieden werden, die unmittelbar nach dem Schulabschluss in das Beamtenverhältnis eintreten und damit bereits von einem früheren Zeitpunkt an ruhegehaltfähige Dienstzeiten erwerben können. Da es um Zeiten einer Ausbildung - mit Ausnahme der allgemeinen Schulbildung - oder praktischen Tätigkeit geht, der sich der Bewerber unterziehen musste, um in die Laufbahn eingestellt zu werden, und damit um Nachteile, die der Beamte nicht vermeiden konnte ("vorgeschrieben"), ist auf diejenigen Vorschriften abzustellen, die zur Zeit der Ableistung der jeweiligen Ausbildung galten (stRspr, BVerwG, Urteile vom 30. Mai 1967 - 2 C 27.67 - BVerwGE 27, 159 <163 f.>, vom 28. April 1983 - 2 C 97.81 - Buchholz 235 § 28 BBesG Nr. 8 S. 12, vom 26. September 1996 - 2 C 28.95 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 11 S. 4 und vom 11. Dezember 2008 - 2 C 9.08 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17 Rn. 21 sowie Beschlüsse vom 20. Juli 1989 - 2 B 33.88 - Buchholz 240 § 28 BBesG Nr. 16 S. 11 f., vom 5. Dezember 2011 - 2 B 103.11 - Rn. 11 und vom 6. Mai 2014 - 2 B 90.13 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 22 Rn. 7 ff.).
Dagegen nimmt die Regelung des Art. 20 Abs. 2 BayBeamtVG Bezug auf die niedrigeren Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand, die für Beamte des Vollzugsdienstes und des Einsatzdienstes der Feuerwehr gelten. Für diese Beamten, die wegen dieser besonderen Altersgrenzen regelmäßig nicht den Höchstruhegehaltssatz erreichen können, sollen erweiterte Anrechnungsmöglichkeiten geschaffen werden. Zeiten einer praktischen Ausbildung und einer praktischen hauptberuflichen Tätigkeit können schon dann berücksichtigt werden, wenn sie zwar nicht vorgeschrieben, aber für die Wahrnehmung des Amtes förderlich sind.
Der Grund, der bei Art. 20 Abs. 1 BayBeamtVG Anlass gibt, auf die Vorschriften zum Zeitpunkt der Absolvierung der Ausbildung oder der praktischen hauptberuflichen Tätigkeit abzustellen, ist in den Fällen des Art. 20 Abs. 2 BayBeamtVG gerade nicht gegeben. Denn die Zeiten i.S.v. Art. 20 Abs. 2 BayBeamtVG, die wegen ihrer Förderlichkeit für die Wahrnehmung des Amtes anstelle einer Anerkennung nach Absatz 1 bis zu einer Gesamtzeit von fünf Jahren berücksichtigt werden können, sind nicht vorgeschrieben. Der spätere Beamte hat die förderliche praktische Ausbildung oder die förderliche praktische hauptberufliche Tätigkeit nicht deshalb durchlaufen oder ausgeübt, weil diese zum Zeitpunkt der Ausübung für die Einstellung in die Laufbahn vorgeschrieben waren. Anlass für diese Ausbildung oder hauptberufliche Tätigkeit war nicht das Bestreben, eine Laufbahnvoraussetzung zu erfüllen. Dieser Umstand ist vielmehr allein dem Entscheidungsbereich des späteren Beamtenbewerbers zuzuschreiben (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 1974 - 2 C 28.73 - BVerwGE 45, 201 <206>).
Fehlt es danach in den Fällen des Art. 20 Abs. 2 BayBeamtVG an der wesentlichen Verbindung zwischen der förderlichen praktischen Ausbildung oder der förderlichen praktischen hauptberuflichen Tätigkeit und der Übernahme in das Beamtenverhältnis, so besteht kein Anlass, im Interesse des späteren Beamten hinsichtlich der maßgeblichen Rechtslage auf den früheren Zeitpunkt dieser Ausbildung oder praktischen Tätigkeit abzustellen. Erst bezogen auf den Zeitpunkt seiner Einstellung - und nicht bezogen auf einen früheren, rechtlich nicht relevanten Zeitpunkt - ist - hier im Hinblick auf die Berücksichtigung als ruhegehaltfähige Dienstzeit - zu klären, welche Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis zu erfüllen sind (BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1985 - 6 B 124.85 - Buchholz 238.41 § 23 SVG Nr. 3 S. 2
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 und § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG. Maßgeblich ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem erstrebten monatlichen Ruhegehalt entsprechend dem ursprünglichen Ruhegehaltssatz von 71,38 v.H. und dem derzeitigen monatlichen Ruhegehalt nach dem Ruhegehaltssatz von 68,05 v.H. im Zeitpunkt der Stellung des Antrags im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (§ 40 GKG; 127,64 €). Festzusetzen ist nach § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG der dreifache Jahresbetrag. Die gesetzliche Regelung des § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG geht Empfehlungen des Streitwertkatalogs vor.