Entscheidungsdatum: 10.03.2011
Die Beschwerde der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Der Kläger erlitt am 9. Februar 2005 einen Auffahrunfall, der als Dienstunfall anerkannt wurde. Bei dem Unfall zog er sich Verletzungen an der Halswirbelsäule zu. Diese war bereits bei einem bereits im November 2001 erlittenen privaten Auffahrunfall vorgeschädigt worden. Die Unfallkasse Post und Telekom lehnte die Anerkennung der von dem Kläger über den Zeitraum von sechs Wochen nach dem Unfall hinaus geltend gemachten Beschwerden als Folge des Dienstunfalls ab. Das Berufungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, die von dem Kläger geltend gemachte Muskelfunktionsstörung im Bereich der Halswirbelsäule mit Minderbelastbarkeit und Bewegungseinschränkung auch für die Zeit nach dem 24. März 2005 als Folge des Dienstunfalls anzuerkennen.
2. Die Rüge der Beklagten, das Berufungsgericht habe erst in der mündlichen Verhandlung auf die Klarstellung des Berufungsantrags des Klägers hingewirkt, rechtfertigt die Zulassung der Revision weder wegen einer Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 Nr. 1 BRRG noch wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Die Revision ist nicht wegen Divergenz zuzulassen.
Die Beklagte macht geltend, das Berufungsurteil beruhe auf dem Rechtssatz, ein schriftsätzlich angekündigter Berufungsantrag könne noch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist konkretisiert werden. Dieser stehe in Widerspruch zu dem Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts Koblenz, ein "bestimmter Antrag" müsse innerhalb der Berufungsbegründungsfrist gestellt worden sein, weshalb "eine nachträgliche Heilung" nicht möglich sei (Urteil vom 12. April 2005 - 6 A 10085/05 -).
Eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO scheidet aus. Die Vorschrift erfasst Abweichungen von Entscheidungen eines anderen Oberverwaltungsgerichts nicht.
Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des nach § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG fortgeltenden § 127 Nr. 1 BRRG erfüllt. Dieser Zulassungsgrund erfasst divergierende Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zu Fragen des Landesbeamtenrechts (vgl. Beschlüsse vom 30. Mai 1967 - BVerwG 2 B 32.67 - BVerwGE 27, 155 <156 f.> = Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 17 S. 25 f. und 24. März 1997 - BVerwG 2 B 33.97 - a.a.O. m.w.N.).
Ohne Erfolg bleibt auch die Grundsatzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO,
ob ein im Sinne des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO "bestimmter Antrag" schon in der Berufungsbegründungsschrift enthalten sein (und damit auch innerhalb der Berufungsbegründungsfrist vorliegen) muss oder ob es ausreicht, wenn er das geltend gemachte Begehren wenigstens im Kern im Wege der Auslegung erkennen lässt und nach Fristablauf in sachdienlicher Weise näher klargestellt und präzisiert wird.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 Nr. 18 S. 22 VwGO). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, da sie bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist.
§ 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO hebt die Berufungsbegründung in den Rang einer Zulässigkeitsvoraussetzung. Der nach § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zu stellende "bestimmte" Antrag ist gemäß § 124a Abs. 3 Satz 5 VwGO Voraussetzung für eine zulässige Berufung. Dem Berufungsantrag kommt somit nicht nur begründende, sondern durch die Bestimmung durch den Rechtsmittelführer auch begrenzende Wirkung zu; er hat jedenfalls im Verwaltungsprozess nicht lediglich vorläufige, ankündigende Wirkung (Urteil vom 17. Juli 2009 - BVerwG 5 C 25.08 - Buchholz 436.511 § 74 KJHG/SGB VIII Nr. 6 S. 3).
Diesem Antragserfordernis ist genügt, wenn in der Berufungsbegründung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass, in welchem Umfang und weshalb der Berufungsführer an der Durchführung des zugelassenen Berufungsverfahrens festhalten will (Beschlüsse vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 1 B 59.04 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 28 S. 36 und vom 17. Mai 2006 - BVerwG 1 B 13.06 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 32 S. 2). Es reicht aus, dass sich der Inhalt des Berufungsantrages aus dem fristgerechten Berufungsvorbringen ergibt (Urteil vom 9. März 2005 - BVerwG 6 C 8.04 - juris Rn. 16 m.w.N.).
In Einklang mit diesen Rechtsgrundsätzen hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass ein schriftsätzlich angekündigter Antrag den Streitgegenstand verbindlich bestimme, wenn er in Verbindung mit dem übrigen Vorbringen das Rechtsschutzziel eindeutig zum Ausdruck bringe, es hingegen an einer verbindlichen Antragstellung fehle, wenn noch ausräumbare Unklarheiten hinsichtlich des tatsächlich Begehrten bestünden. Das Berufungsgericht ist gerade nicht davon ausgegangen, es stehe dem Rechtsmittelführer generell frei, unklare Anträge erstmals in der Berufungsverhandlung zu erläutern und erst dort sachdienliche Anträge zu stellen.
Soweit die Beklagte geltend macht, der schriftsätzlich angekündigte Berufungsantrag sei nicht bestimmt genug gewesen, um den Umfang und das Ziel der Berufung eindeutig zu bestimmen, wendet sie sich gegen die Anwendung der dargestellten Rechtsgrundsätze im Einzelfall. Die Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles ist indes nicht verallgemeinerungsfähig. Dass die Beklagte ihre eigene, ihr naturgemäß günstigere fallbezogene Würdigung entgegensetzt, kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht begründen.
Ebenso wenig zeigt die Beschwerdebegründung einen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf.
Dies gilt zum einen für die Verfahrensrüge einer unzutreffenden Anwendung des § 124a Abs. 3 Satz 4, § 86 Abs. 3 VwGO.
Nach der fallbezogenen rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts hat der schriftsätzlich angekündigte Antrag "das geltend gemachte Begehren im Kern im Wege der Auslegung erkennen" lassen. Das Berufungsgericht durfte sich daher im Einklang mit der aus § 125 Abs. 1 Satz 1, § 86 Abs. 3 VwGO gründenden Pflicht, auf einen bestimmten und sachdienlichen Antrag hinzuwirken, in den Grenzen des § 124a Abs. 3 Satz 4 VwGO veranlasst sehen, den Kläger in der mündlichen Berufungsverhandlung zur Präzisierung des - zur Konkretisierung des Rechtsschutzzieles - ausreichenden Berufungsantrages anzuhalten.
Die sinngemäß erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vorbringen der Beklagten zur Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes auseinandergesetzt, begründet keinen Verstoß gegen das aus Art. 103 Abs. 1 GG folgende Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs.
Dies folgt bereits daraus, dass das Berufungsgericht den entsprechenden Vortrag der Beklagten durchaus berücksichtigt hat. Dass es ihm nicht gefolgt ist, rechtfertigt nicht den Schluss, es habe die Argumente der Beklagten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen.
3. Die Rüge, das Berufungsgericht habe dem Zusatzgutachten des Dr. med. K. einen Inhalt, eine Bedeutung und eine Tragweite beigemessen, die ihm nicht zukomme, und den Sinnzusammenhang mit dem Gutachten des Prof. Dr. med. B. verkannt, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Mit diesem Vorbringen macht die Beklagte einen Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltend, der jedoch nicht vorliegt.
Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 27 m.w.N.; stRspr).
Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht seine Überzeugung über die entscheidungserheblichen Aussagen der medizinischen Gutachten auf einer unzulänglichen Tatsachengrundlage gebildet, insbesondere Umstände, die es in seine Würdigung hätte einbeziehen müssen, übersehen hat. Das Berufungsgericht hat sich sowohl mit dem fachunfallchirurgischen Gutachten des Prof. Dr. med. B. als auch mit den beratungsärztlichen Stellungnahmen inhaltlich auseinandergesetzt und diese in seine rechtliche Würdigung einbezogen. Die gutachterliche Feststellung, eine substantielle Schädigung durch das Ereignis vom 9. Februar 2005 sei sicher auszuschließen, hat es als wahr unterstellt und zur Begründung ausgeführt, es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Gutachter Prof. Dr. med. B. den Kläger auf das nicht dem Fachgebiet der Unfallchirurgie zuzuordnende Beschwerdebild einer Muskelfunktionsstörung hin untersucht habe. Die beratungsärztlichen Stellungnahmen würdigt es dahingehend, ihnen ließen sich keine weitergehenden oder eigenständigen Bewertungen von Substanz zu der Kausalitätsfrage in Bezug auf die Muskelfunktionsstörung entnehmen. Die Frage, ob diese Würdigungen zutreffend sind, ist dem sachlichen Recht zuzuordnen und entzieht sich daher einer Beantwortung im vorliegenden Beschwerdeverfahren.
Die Rüge, das Berufungsgericht habe der Diagnose einer "Muskelfunktionsstörung im Bereich der Halswirbelsäule mit Minderbelastung und Bewegungseinschränkung" Bedeutung beigemessen, obwohl der Gutachter Dr. med. K. diese außerhalb seines auf die Erstellung eines fachneurologischen bzw. fachneurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens beschränkten Gutachtenauftrages gestellt habe, könnte einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO allenfalls begründen, wenn Dr. med. K. als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin für die Stellung dieser - aus Sicht der Beschwerde - dem Fachgebiet der Manuellen Medizin zuzuordnenden Diagnose nicht die erforderliche Fachkompetenz besessen hätte. Diese Kompetenz spricht ihm die Beschwerde indes nicht ab, sondern mit dem Vortrag zumindest konkludent zu, die Muskelfunktionsstörung sei den Fachgebieten der Manuellen Medizin bzw. der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin und der speziellen Schmerztherapie zuzuordnen. Das Vorbringen, die letztgenannten Fachgebiete gründeten auf alternativen Behandlungs- und Therapieformen, die erst in jüngerer Zeit Verbreitung gefunden hätten, vermag die Fachkompetenz des Zusatzgutachters nicht in Frage zu stellen. In Ansehung dessen lässt die Feststellung des Berufungsgerichts, Dr. med. K. sei ein "auf das einschlägige Fachgebiet u.a. der manualen Medizin spezialisierter Facharzt", der seine Diagnose auf Grund einer manualmedizinischen Untersuchung getroffen habe, einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nicht erkennen. Gleiches gilt in Bezug auf die Feststellung, Bedenken hinsichtlich der allgemeinen Fachkompetenz des Zusatzgutachters seien weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.
Des Weiteren führt auch die Rüge, wegen der Berührung eigener wirtschaftlicher Interessen als behandelnder Arzt bestünden Zweifel an der Neutralität des Dr. med. K., nicht zur Unverwertbarkeit seines Gutachtens. Ungeachtet des Umstandes, dass die Beklagte Zweifel spätestens in der Berufungsinstanz hätte geltend machen müssen (vgl. aber S. 29 des Urteilsumdrucks), rechtfertigt die Doppelfunktion des Dr. med. K. als Zusatzgutachter und den Kläger behandelnder Arzt für sich genommen Zweifel an der Unparteilichkeit seiner Person nicht. Mit der Empfehlung, die bisherige ambulante Therapie fortzuführen, geht nicht die Anregung einher, die Therapie in der von ihm geführten Einrichtung fortzuführen. Dass sich Dr. med. K. zugleich gegen eine neuerliche intensive Rehabilitation ausspricht und eine Besserung des Beschwerdebildes für nicht erzielbar hält, vermag entsprechende Zweifel ebenfalls nicht zu begründen. Denn die Behandlungsempfehlung wird ausdrücklich mit der Zielsetzung der Konservierung des erreichten Behandlungszustandes versehen.
Mit der Rüge, das Berufungsgericht habe seine in § 86 Abs. 1 VwGO wurzelnde Pflicht zur umfassenden Sachaufklärung dadurch verletzt, dass es Zweifel an der Fachkompetenz und/oder der Unparteilichkeit des Zusatzgutachters nicht zum Anlass genommen habe, im Rahmen einer Beweisaufnahme gerichtlicherseits ein Sachverständigengutachten einzuholen, kann die Beschwerde ebenfalls nicht durchdringen.
Über Art und Anzahl der einzuholenden Sachverständigengutachten hat das Tatsachengericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen (vgl. § 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO). Es kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auch auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen. Die Nichteinholung eines weiteren Gutachtens ist in aller Regel nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn das bereits vorliegende Gutachten auch für den nicht Sachkundigen erkennbare Mängel aufweist, insbesondere von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare Widersprüche aufweist, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen besteht, wenn ein anderer Sachverständiger über bessere Forschungsmittel verfügt oder wenn es sich um besonders schwierige (medizinische) Fragen handelt, die umstritten sind oder zu denen einander widersprechende Gutachten vorliegen (vgl. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45> m.w.N.; Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - NVwZ-RR 2008, 477 <479> stRspr).
Das Berufungsgericht ist den Ausführungen des Zusatzgutachters Dr. med. K. gefolgt. Die Beschwerde hat keinen Mangel dargelegt, der die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich gemacht hätte. Dr. med. K. hat sein Zusatzgutachten auf der Grundlage einer eigenen Untersuchung des Klägers gefertigt und dabei auch sonstige ihm überlassene ärztliche Stellungnahmen berücksichtigt. Hinsichtlich der Diagnose einer fortdauernden Muskelfunktionsstörung steht das Zusatzgutachten nicht in Widerspruch zu dem Gutachten des Prof. Dr. med. B.. Dieser hatte seine Feststellung, wesentliche Schäden seien aus dem Dienstunfall nicht mehr verblieben, ausdrücklich nur aus unfallchirurgischer Sicht getroffen und hinsichtlich der weitergehenden Beurteilung auf das Zusatzgutachten verwiesen.
Zur Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führt auch nicht die Rüge, das Berufungsgericht habe verkannt, dass das Zusatzgutachten die Wörter "richtungsgebende Verschlimmerung" nicht auf die Muskelfunktionsstörung, sondern ausschließlich auf die des Weiteren diagnostizierte depressive Anpassungsstörung nebst Bewältigungsproblematik beziehe.
Damit wendet sich die Beklagte gegen die aus ihrer Sicht fehlerhafte Würdigung des vorliegenden Tatsachenmaterials. Die Beschwerde will aus den tatsächlichen Feststellungen andere Schlüsse ziehen, als das Tatsachengericht. Eine solche Rüge ist revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Sie kann einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich - so auch hier - nicht begründen (Beschluss vom 26. Februar 2008 a.a.O. S. 480).
Entsprechendes gilt für das ebenfalls gerügte Verständnis des von dem Zusatzgutachter verwendeten Begriffs "unverändert". Damit wendet sich die Beschwerde gegen die Annahme des Berufungsgerichts, es spreche vieles dafür, dass Dr. med. K. mit der Formulierung "Seitens der Halswirbelsäulenregion bestehe 'unverändert' eine Muskelfunktionsstörung im Bereich der Halswirbelsäule mit Minderbelastung und Bewegungseinschränkung" habe zum Ausdruck bringen wollen, dass die von ihm bei dem Kläger schon zeitnah nach dem Dienstunfall festgestellte Muskelfunktionsstörung bis zu dem Gutachtenzeitpunkt im November 2005 fortbestanden habe. Soweit die Beklagte geltend macht, diese Auslegung sei unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs unzutreffend und lasse die gebotene Aufteilung der Verursachungsanteile von Privat- und Dienstunfall im Sinne der Wesentlichkeitstheorie vermissen, knüpft sie erneut an die aus ihrer Sicht fehlerhafte Sachverhaltswürdigung an.
4. Die Rüge, das Berufungsgericht sei bei der Verpflichtung der Beklagten, die von dem "Kläger geklagte Muskelfunktionsstörung im Bereich der Halswirbelsäule mit Mindestbelastbarkeit und Bewegungseinschränkung auch für die Zeit nach dem 24. März 2005 als Folge des Dienstunfalls vom 9. Februar 2005 anzuerkennen", zu Unrecht von dem Vorliegen der Spruchreife im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO ausgegangen, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Gleiches gilt für die Rüge, es habe die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 und 3 VwGO verletzt.
Die Beschwerde rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe das Vorliegen der Spruchreife im Sinne des § 113 Abs. 5 VwGO zu Unrecht angenommen und damit diese verfahrensrechtliche Vorschrift fehlerhaft angewandt.
Gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO sprechen die Gerichte bei Spruchreife die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Begriff der Spruchreife bringt zum Ausdruck, dass das Gericht verpflichtet ist, die auf der Grundlage seines Rechtsstandpunktes entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände erschöpfend aufzuklären (Urteil vom 10. Februar 1998 - BVerwG 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171 <172> = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 295 S. 31).
Dieser Pflicht hat das Berufungsgericht entsprochen, indem es festgestellt hat, dass die Muskelfunktionsstörung vorliege und es keine tragfähige Grundlage dafür gebe, die Ursächlichkeit des Dienstunfalls für die Störung auf die Zeit bis zum 23. März 2005 zu begrenzen.
Die tatsächlichen Feststellungen des konkreten Einzelfalles geboten eine solche zeitliche Beschränkung der Verpflichtung zur Anerkennung nicht. Eine solche wäre allenfalls in Betracht zu nehmen gewesen, wenn bereits ein Zeitpunkt, zu dem die Muskelfunktionsstörung als ausgeheilt anzusehen gewesen wäre, festgestanden hätte oder zumindest konkret absehbar gewesen wäre. Dies war indes ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall. Ein solcher Zeitpunkt ist weder seitens der Beschwerde benannt worden noch anderweitig ersichtlich. Der in dem Gutachten des Unfallchirurgen Prof. Dr. med. B. genannte Zeitraum einer sechswöchigen Behandlungsbedürftigkeit bezog sich ausschließlich auf die Diagnose der Verschlimmerung des Vorschadens durch eine leichte Distorsion, nicht hingegen auch auf die durch den Zusatzgutachter diagnostizierte Muskelfunktionsstörung.
Die verwaltungsgerichtliche Verpflichtung zur Anerkennung eines Körperschadens als Folge eines Dienstunfalls setzt notwendig voraus, dass der entsprechende körperliche Zustand fortbesteht. Endet dieser Zustand, so bewirkt dies eine erhebliche nachträgliche Änderung der zur Zeit der gerichtlichen Entscheidung maßgeblichen Sach- oder Rechtslage, die die Rechtskraftwirkung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 121 VwGO enden lässt (Urteil vom 8. Mai 1958 - BVerwG 1 C 181.57 - BVerwGE 6, 321 <322>; Beschluss vom 23. September 1980 - BVerwG 2 B 52.80 - Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 76 S. 23). Die zuständige Verwaltungsbehörde wäre im Falle einer Ausheilung der Muskelfunktionsstörung nicht durch die Rechtskraft des Berufungsurteils gehindert, etwa den Abschluss der unfallbedingten Heilbehandlung festzustellen oder den Zeitraum der dienstunfallbedingten Behandlungsbedürftigkeit - gegebenenfalls auch auf einen zurückliegenden Zeitpunkt - zu beschränken.
Soweit die Beschwerde rügt, das Berufungsgericht habe es unter Verletzung seiner Pflicht aus § 86 Abs. 1 und 3 VwGO unterlassen, den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen eines unfallbedingten irreversiblen Dauerschadens aufzuklären, vermag dies einen Verfahrensfehler ebenfalls nicht zu begründen. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren keinen Beweisantrag in Bezug auf die Tatsache gestellt, dass es sich bei der Muskelfunktionsstörung des Klägers nicht um einen irreversiblen Dauerschaden handelt. Eine derartige Schlussfolgerung musste sich dem Berufungsgericht auch nicht aufdrängen.