Entscheidungsdatum: 06.01.2012
Die Beschwerde der Klägerin kann keinen Erfolg haben. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt. Aufgrund des Darlegungserfordernisses nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist das Bundesverwaltungsgericht auf die Prüfung beschränkt, ob sich ein Revisionszulassungsgrund aus den Beschwerdegründen ergibt.
Die 1960 geborene Klägerin ist Lehrerin für Grund- und Hauptschulen im Angestelltenverhältnis; sie will in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden. Die Klägerin absolvierte nach Ausbildung und Berufstätigkeit als Grafikdesignerin seit 1999 erfolgreich ein Studium für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Während des Vorbereitungsdienstes war sie 2003 ungefähr ein halbes Jahr wegen einer depressiven Episode krankgeschrieben. Nachdem die Klägerin im Januar 2004 die Zweite Staatsprüfung abgelegt hatte, nahm sie im Februar 2004 die Tätigkeit als Lehrerin auf. Ihren Antrag auf Ernennung zur Beamtin auf Probe lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, aufgrund der Vorerkrankung könne Dienstunfähigkeit vor Erreichen der allgemeinen Altersgrenze nicht mit dem erforderlichen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verpflichtet, über die Ernennung erneut zu entscheiden. Aufgrund einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung seien sich die Beteiligten darüber einig, dass die gesundheitliche Eignung der Klägerin bereits vor Erreichen der damaligen, durch Verwaltungsvorschrift festgelegten Einstellungsaltersgrenze von 45 Jahren vorgelegen habe. Diese Altersgrenze sei unwirksam, weil sie nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage im Hinblick auf die neue, während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene gesetzliche Einstellungsaltersgrenze abgewiesen. Die Klägerin habe die gesetzliche Altersgrenze auch dann überschritten, wenn sie in ihrem Fall wegen gesetzlich vorgesehener Kinderbetreuungszeiten um vier Jahre bis zur Vollendung des 46. Lebensjahres hinausgeschoben werde. Die gesetzlichen Regelungen seien mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar. Sie fänden zu Lasten der Klägerin auch dann Anwendung, wenn der Beklagte den Einstellungsantrag nach altem Recht rechtswidrig abgelehnt haben sollte. Die gesetzlichen Regelungen böten keine Handhabe, um diesen Umstand zu berücksichtigen.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wirft die Klägerin als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Fragen auf,
- ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten zum Zeitpunkt der abschließenden Verwaltungsentscheidung oder zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müssten;
- ob die Ernennung nach neuem Recht versagt werden dürfe, wenn feststehe, dass der Bewerber vor Inkrafttreten des neuen Rechts bei rechtmäßigem Verwaltungshandeln hätte ernannt werden müssen (sog. Folgenbeseitigungslast).
Die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine konkrete Frage des revisiblen Rechts bezeichnet und aufzeigt, dass diese Frage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Aus der Beschwerdebegründung muss sich ergeben, dass eine die Berufungsentscheidung tragende rechtliche Erwägung des Berufungsgerichts im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung der Nachprüfung in einem Revisionsverfahren bedarf. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Frage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr; vgl. zuletzt Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 9 Rn. 4 = NVwZ-RR 2011, 329).
Dies ist in Bezug auf die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen der Fall. Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich zum einen, dass maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für das Bestehen eines Anspruchs auf Ernennung zum Beamten der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist. Eine Ernennung darf nur vorgenommen werden, wenn die gesetzlichen Ernennungsvoraussetzungen zu diesem Zeitpunkt gegeben sind. Demzufolge sind Rechtsänderungen während des gerichtlichen Verfahrens zu berücksichtigen. Zum anderen stellt die Folgenbeseitigungslast für sich genommen keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Ernennung dar, den das zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht ausschließt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat ein Klagebegehren, das darauf gerichtet ist, die Verwaltung zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts oder einer sonstigen Amtshandlung zu verurteilen oder unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Vornahme zu entscheiden, Erfolg, wenn der Kläger im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf die erstrebte Verurteilung hat. Ob ein solcher Anspruch besteht, beurteilt sich nach dem materiellen Recht. Durch dessen Auslegung ist zu ermitteln, zu welchem Zeitpunkt die materiellen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen müssen. Rechtsänderungen, die nach Erlass der ablehnenden Verwaltungsentscheidung während des Klageverfahrens in Kraft treten, sind vom Verwaltungsgericht zu berücksichtigen, wenn sich das neue Recht Geltung für gerichtlich anhängige Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren beimisst, die die Verwaltung auf der Grundlage des damals geltenden alten Rechts abgelehnt hat (stRspr; vgl. nur Urteil vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f.).
Die Maßgeblichkeit des neuen Rechts folgt aus der in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Bindung von Gerichten und Verwaltung an Gesetz und Recht. Die Gerichte dürfen die Verwaltung nur dann zur Vornahme eines Verwaltungsakts oder einer sonstigen Amtshandlung oder zur erneuten Entscheidung über die Vornahme verurteilen, wenn dies dem zur Zeit der Verurteilung geltenden Recht entspricht. Die Verurteilung zu einem rechtswidrigen Verwaltungshandeln ist ausgeschlossen, auch wenn die Rechtswidrigkeit auf eine Rechtsänderung während des Klageverfahrens zurückzuführen ist (vgl. bereits Urteil vom 17. Dezember 1954 - BVerwG 5 C 97.54 - BVerwGE 1, 291 <295 f.> = Buchholz 332 § 72 MRVO 165 Nr. 2 S. 3 f.). Daher beurteilt sich der Erfolg eines Verpflichtungs- oder Neubescheidungsbegehrens nur dann nach dem alten, während des Klageverfahrens außer Kraft getretenen Recht, wenn das neue Recht für bestimmte Fallkonstellationen die Anwendung der inhaltlich geänderten Vorgängerregelungen anordnet oder die Anwendung neuer Regelungen ausschließt.
Dementsprechend hat der Senat entschieden, dass auch der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf Ernennung zum Beamten verfolgt wird, davon abhängt, ob die gesetzlichen Ernennungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen. Das Gericht muss Änderungen der Gesetzeslage, die nach der ablehnenden Verwaltungsentscheidung im gerichtlichen Verfahren in Kraft treten, auch dann berücksichtigen, wenn sie den zuvor bestehenden Anspruch ausschließen. Dies kann sich sowohl aus einer inhaltlichen Änderung einer Ernennungsvoraussetzung als auch aus der Einführung eines neuen Hinderungsgrundes für die Ernennung ergeben. Maßgeblich ist, dass die Ernennung aufgrund der Rechtsänderung dem nunmehr geltenden Recht widerspricht (vgl. Urteil vom 24. Juni 2004 - BVerwG 2 C 45.03 - BVerwGE 121, 140 <143 f.> = Buchholz 237.0 § 9 BaWüLBG Nr. 1 S. 4).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch geklärt, dass die Gerichte die Verwaltung nicht schon deshalb zur Vornahme einer nach geltendem Recht rechtswidrigen Amtshandlung verurteilen können, weil die Verwaltung die Amtshandlung auf der Grundlage des alten Rechts rechtswidrig abgelehnt hat. Dies folgt aus Art. 20 Abs. 3 GG, der es ausschließt, dass sich Gerichte und Verwaltung zur Beseitigung der Folgen rechtswidrigen Verwaltungshandelns über gesetzliche Bindungen hinwegsetzen. Vielmehr kann die ursprünglich rechtswidrige Ablehnung der Amtshandlung nur dann durch deren Vornahme kompensiert werden, wenn das neue Recht für die Fälle der Folgenbeseitigungslast die Anwendung des alten Rechts ausdrücklich anordnet oder in diesem Sinne ausgelegt werden kann (Urteile vom 8. Februar 1974 - 4 C 77.71 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 107 S. 81 f.; vom 6. März 1987 - BVerwG 8 C 65.84 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 99 S. 2; vom 20. August 1992 - BVerwG 4 C 54.89 - Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 11 S. 13 <16 f.> und vom 18. Juni 1998 - BVerwG 2 C 20.97 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 2 S. 2).
Daher bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass ein angestellter Lehrer, der die während des Klageverfahrens in Kraft gesetzte gesetzliche Altersgrenze für die Übernahme in das Beamtenverhältnis überschritten hat, nicht bereits deshalb zum Beamten ernannt werden kann, weil die Verwaltung seinen Übernahmeantrag rechtswidrig abgelehnt hat. Vielmehr kommt die Ernennung nur in Betracht, wenn sie die neuen gesetzlichen Regelungen über die Einstellungsaltersgrenze als Folgenbeseitigung der ursprünglich rechtswidrigen Ablehnung vorsehen.
Die hier maßgebliche Vorschrift des § 48 der Landeshaushaltsordnung - LHO - in der Fassung des Dienstrechtsreformgesetzes vom 9. November 2010 (GBl S. 793 <959>) ermöglicht eine derartige Folgenbeseitigung nicht. Nach Absatz 3 ist die Ernennung zum Beamten auf Probe nach Überschreitung der gesetzlichen Einstellungsaltersgrenze nur möglich, wenn entweder ein eindeutiger Mangel an geeigneten jüngeren Bewerbern besteht (Satz 1) oder eine herausragend qualifizierte Fachkraft vor Vollendung des 45. Lebensjahres gewonnen wird und dies unter Berücksichtigung der Versorgungslasten einen erheblichen Vorteil für das Land bedeutet (Satz 2). Dieser eindeutige Gesetzeswortlaut lässt die von der Klägerin geforderte Auslegung im Sinne einer Folgenbeseitigung nicht zu (vgl. zum Wortlaut als Grenze der verfassungskonformen Auslegung: BVerfG, Beschlüsse vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <81> und vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92 und 48/92 - BVerfGE 95, 64 <93>; BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 C 25.09 - Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 Rn. 11).
Die Klägerin hat in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, dass das Fehlen einer gesetzlich angeordneten Folgenbeseitigung für rechtswidrig abgelehnte Verbeamtungen verfassungswidrig sein könnte. Hiergegen spricht, dass den abgelehnten Bewerbern, deren Klage wegen einer späteren Rechtsänderung der Erfolg versagt bleibt, Folgenbeseitigung durch einen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf Schadensersatz gewährt werden kann. Dieser Anspruch ist darauf gerichtet, den abgelehnten Bewerber dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre er zum Beamten ernannt worden. Er setzt neben der ursprünglich rechtswidrigen Ablehnung der Ernennung voraus, dass die Verwaltung hieran ein Verschulden trifft, der Bewerber bei rechtmäßigem Verwaltungshandeln ernannt worden wäre und es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45
Im Fall der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Beklagte im Klageverfahren davon ausgeht, dass die Klägerin bereits vor Erreichen der nach früherem Recht maßgeblichen Einstellungsaltersgrenze von 45 Jahren im Dezember 2005 gesundheitlich geeignet war. Dies legt den Schluss nahe, dass der Beklagte die Ablehnung der Verbeamtung aufgrund einer unzulänglichen Aufklärung des Sachverhalts zu Unrecht auf das Fehlen der gesundheitlichen Eignung gestützt hat. Die Erkenntnisse, die die Beklagte zu einer Änderung ihrer Beurteilung im Klageverfahren bewegt haben, beruhen auf einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung der Klägerin, zu deren Vornahme das zuständige Gesundheitsamt des Beklagten trotz der eingereichten privatärztlichen Stellungnahmen bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres keinen Anlass gesehen hat. Auch trägt die Klägerin nicht die Beweislast dafür, dass die rechtzeitige amtsärztliche Untersuchung ihre gesundheitliche Eignung ergeben hätte (vgl. Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 37 f.)