Entscheidungsdatum: 15.04.2015
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstands wird auf die Wertstufe bis 45 000 € festgesetzt.
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger war Berufssoldat, zuletzt im Rang eines Oberstleutnants (Besoldungsgruppe A 15 BBesO). Dienstlich beurteilt wurde er letztmals zum Stichtag 30. September 2001. Der Kläger war von Mitte Mai 2002 bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden aus dem Dienst Ende Februar 2010 als Mitglied des Bezirkspersonalrats beim Streitkräfteamt von dienstlichen Tätigkeiten freigestellt.
Im März 2007 beantragte der Kläger eine "Laufbahnnachzeichnung nach § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG". Daraufhin teilte ihm das Personalamt der Bundeswehr mit, es sei zum Zeitpunkt seiner Freistellung keine Vergleichsgruppe für ihn gebildet worden. Anschließend bildete es eine Vergleichsgruppe von acht Berufssoldaten, die wie der Kläger im Jahr 1995 auf Dienstposten der Besoldungsgruppe A 15 BBesO versetzt worden waren, der Ausbildungs- und Verwendungsreihe "Personal, Innere Führung, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit" angehörten und eine Verwendung als Bataillonskommandeur durchlaufen hatten. Alle acht Soldaten waren unter dem 30. September 2001 dienstlich beurteilt worden. In der anhand der Beurteilungsergebnisse erstellten Liste nimmt der Kläger den Rangplatz 6 ein. Die Soldaten auf Platz 1 und 3 wurden 2007 bzw. 2005 auf einen Dienstposten nach A 16 BBesO versetzt und 2007 bzw. 2006 zum Oberst befördert.
Durch Bescheid vom 4. Mai 2009, dem eine Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war, teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Kläger mit, es habe seinen Antrag dahingehend ausgelegt, dass er seine fiktive Versetzung auf einen mit der Besoldungsgruppe A 16 BBesO dotierten Dienstposten begehre. Diesen Antrag lehnte es ab. Dagegen legte der Kläger zwei Monate später "Widerspruch" ein und verlangte u.a. seine fiktive Versetzung und Schadensersatz.
Der Bundesminister der Verteidigung wertete den Rechtsbehelf des Klägers als Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und wies diese wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurück. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Beschluss vom 19. Oktober 2010 - 1 WB 7.10 - für das Schadensersatzbegehren des Klägers den Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Aachen verwiesen.
Die erstinstanzlich erfolgreiche Klage auf Schadensersatz wegen Nichtbeförderung zum Oberst im März 2007 blieb vor dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt: Die Beklagte habe den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl nicht verletzt. Sie habe in rechtlich zulässiger Weise die fiktive Versetzung eines vom Dienst freigestellten Soldaten zu einer Voraussetzung für eine Beförderung gemacht. Eine solche fiktive Versetzung habe die Beklagte gegenüber dem Kläger jedoch durch Bescheid vom 4. Mai 2009 bestandskräftig abgelehnt. Die Bestandskraft dieses Bescheides stehe einer inzidenten Überprüfung im Rahmen eines Schadensersatzprozesses entgegen.
2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - NVwZ 2014, 1174 Rn. 9). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
a) Soweit die Beschwerde der Sache nach die Frage aufwirft,
ob die Billigung einer auf der Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 beruhenden Verwaltungspraxis der Beklagten durch das Berufungsgericht, wonach für eine Tätigkeit in der Personalvertretung vom Dienst freigestellte Soldaten auf der Basis einer zu Beginn der Freistellung für ihn gebildeten Vergleichsgruppe fiktiv auf einen höher bewerteten Dienstposten zu versetzen und zu befördern sind, mit höherrangigem Recht vereinbar ist,
ist dies in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt.
Der Senat hat im Beschluss vom 25. Juni 2014 - 2 B 1.13 - (IÖD 2014, 220
b) Die außerdem als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
"wie weit die Obliegenheit eines Soldaten, gegen eine Entscheidung über eine fiktive Versetzung auf einen Beförderungsdienstposten vorzugehen, reicht, wenn von dem Soldaten zunächst keine Versetzung, auch keine fiktive, beantragt war und die Versetzungsentscheidung für seine besoldungs- und versorgungsrechtliche Stellung keine Konsequenzen entfaltet",
ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls geklärt. Ein Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Beförderung setzt im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB voraus, dass der Soldat die ihm zukommende Rechtsschutzmöglichkeit gegen eine etwaig rechtswidrig unterbliebene fiktive Versetzung in Anspruch genommen hat (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 - 2 B 75.13 - DokBer 2014, 314 Rn. 12 ff.). Der Senat hat in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 - 2 B 1.13 - (IÖD 2014, 220 <221>) ausgeführt, dass eine inzidente Prüfung einer solchen fiktiven Versetzung im Rahmen eines späteren Beförderungsbegehrens oder - wie hier - Schadensersatzbegehrens ausgeschlossen ist. Das gilt auch dann, wenn der rechtskräftige Abschluss eines entsprechenden gerichtlichen Verfahrens möglicherweise nicht mehr vor Eintritt des Soldaten in den Ruhestand zu erwarten wäre. Tritt der Soldat während eines Verfahrens auf fiktive Versetzung in den Ruhestand, kommt eine (rückwirkende) fiktive Versetzung zwar nicht mehr in Betracht, der Soldat kann aber stattdessen einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verweigerung der fiktiven Versetzung stellen und sein Klagebegehren entsprechend umstellen (BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - Rn. 19 ff.).
c) Die weiterhin der Sache nach als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Fragen,
ob ein Bescheid, der einen Antrag auf fiktive Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten ablehnt, dann mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen ist, wenn der Adressat ein freigestellter Vorsitzender eines Bezirkspersonalrates ist,
und
ob ein solcher Bescheid gegenüber einem solchen Adressaten nicht zumindest einen Hinweis darauf hätte enthalten müssen, dass es sich um eine truppendienstliche Maßnahme handelt und wo eine Beschwerde gegen diesen Bescheid einzulegen ist,
bedürfen keiner grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren. Die - auch fiktive - Versetzung auf einen höherwertigen Dienstposten ist eine Entscheidung über die dienstliche Verwendung und damit nach ständiger Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts eine truppendienstliche Maßnahme (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - Rn. 24). Ihre Verweigerung ist deshalb mit der Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung angreifbar. Die Wehrbeschwerdeordnung gilt auch für Vertrauenspersonen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 Wehrbeschwerdeordnung - WBO - i.V.m. § 16 Soldatenbeteiligungsgesetz). Rechtsmittelbelehrungen für Entscheidungen über die dienstliche Verwendung sind gesetzlich nicht vorgesehen, anders als z.B. beim Beschwerdebescheid, also dem Bescheid, durch den eine Beschwerde ganz oder teilweise zurückgewiesen wird (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 4 WBO). Diese gesetzlichen Bestimmungen gelten für alle Soldaten, auch für Soldaten, die für eine Personalratstätigkeit freigestellt sind. Die Kenntnis dieser Bestimmungen kann bei den Soldaten - zumal solchen im Range des Klägers und für eine Personalratstätigkeit freigestellten -vorausgesetzt werden, sodass sich auch die Frage nach speziellen Belehrungspflichten für bestimmte Gruppen von Soldaten - ungeachtet dessen, ob sie in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortbar wäre - von vornherein nicht stellt.
d) Die schließlich als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
"ob für den Fall, dass der für die Einlegung einer Beschwerde nach der WBO zuständige Vorgesetzte eine Auskunft über den richtigen Rechtsbehelf verweigert und den betroffenen Soldaten an eine andere Stelle in der Bundeswehr verweist, diese andere Stelle aber dann eine falsche Auskunft erteilt, in entsprechender Anwendung der Grundsätze über das Vorliegen eines unabwendbaren Zufalls bei falscher Auskunft durch den für die Einlegung der Beschwerde zuständigen Vorgesetzten in dieser Situation nicht ebenfalls ein unabwendbarer Zufall anzunehmen ist,"
betrifft - unabhängig davon, ob der der Fragestellung zugrundeliegende Sachverhalt vom Oberverwaltungsgericht so festgestellt worden ist - eine Einzelfallwürdigung und entzieht sich deshalb einer Beantwortung in verallgemeinerungsfähiger Form und damit einer grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren.
3. Die Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler, dass das Oberverwaltungsgericht seine Amtsaufklärungspflicht dadurch verletzt habe, dass es nicht ermittelt habe, ob die tatsächliche Praxis der Beklagten zur Förderung der für die Personalratsarbeit freigestellten Soldaten dem in der Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 entsprach, obwohl dies im Berufungsverfahren mit Nichtwissen bestritten worden sei.
Damit ist ein Verfahrensmangel in einer den Vorgaben aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise nicht aufgezeigt. Die Beschwerde legt nicht dar, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 2008 - 2 B 119.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 5 Rn. 4 m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier schon deshalb, weil der anwaltlich vertretene Kläger es im Berufungsverfahren versäumt hat, einen auf die nunmehr vermisste Sachaufklärung gerichteten Beweisantrag zu stellen. Im Berufungsverfahren ist auf die ausführlich begründete Mitteilung des Gerichts, dass eine Entscheidung nach § 130a i.V.m. § 125 VwGO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung in Betracht komme, für den Kläger die Übereinstimmung der Verwaltungspraxis mit den Vorgaben der einschlägigen Richtlinie zwar mit Nichtwissen bestritten worden, zugleich aber lediglich zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Entscheidung gewünscht werde, ohne geltend zu machen, dass es einer mündlichen Verhandlung im Hinblick auf eine erforderliche Beweisaufnahme bedürfe. Das Revisionsverfahren dient nicht dazu, entsprechende Versäumnisse in der Tatsacheninstanz zu korrigieren. Dem Oberverwaltungsgericht musste sich eine Beweisaufnahme auch nicht aufdrängen, zumal Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis weder festgestellt noch sonst ersichtlich waren (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 2 B 1.13 - IÖD 2014, 220 <221>).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG.