Entscheidungsdatum: 16.12.2010
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 1. September 2008 - 16 Sa 1296/07 - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und über damit in Zusammenhang stehende Folgeansprüche.
Der 1964 geborene, verheiratete Kläger war seit Juli 1990 bei der Beklagten tätig, anfänglich aufgrund schriftlicher Verpflichtungserklärung als Praktikant, später als stellvertretender Gruppenleiter. Die Beklagte ist eine türkische Geschäftsbank mit Hauptsitz in I.
Der Kläger arbeitete zunächst in der türkischen Filiale der Beklagten in B. Damals war er türkischer Staatsangehöriger und hatte seinen Wohnsitz in der Türkei. Im Juni 1995 wurde er in die Filiale der Beklagten in R/Niederlande entsandt. Im September 2001 nahm er die niederländische Staatsangehörigkeit an. Mit Schreiben vom 19. September 2002 versetzte ihn die Beklagte unter Angabe der „Entsendungs- und Arbeitsbedingungen“ in ihre unselbständige Niederlassung in F. Während seiner Tätigkeit in Deutschland bezog er ein Gehalt von zuletzt monatlich 2.359,00 Euro zuzüglich eines Arbeitgeberanteils zur türkischen Sozialversicherung. Beiträge zur deutschen Sozialversicherung leistete die Beklagte für den Kläger nicht. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2002 „bestätigte“ sie dem Kläger, dass er weiterhin türkischem Arbeitsrecht sowie ihren Personalanweisungen und Personalrichtlinien unterliege. Der Kläger unterzeichnete das Schreiben mit dem Zusatz: „zur Kenntnis genommen“.
Im Januar 2005 beschloss die Beklagte, den Kläger in ihre Filiale B zurückzuversetzen. Diese Entscheidung teilte sie ihm Mitte Februar 2005 mit. Unter Hinweis auf die Aufgabe seiner türkischen Staatsangehörigkeit weigerte sich der Kläger, der Anordnung nachzukommen und ein vorbereitetes Versetzungsschreiben zu unterzeichnen.
Mit Schreiben vom 27. April 2005, das - ebenso wie die vorherigen Schreiben der Beklagten - in türkischer Sprache verfasst war, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Bezugnahme auf türkische Rechtsvorschriften. Zugleich stellte sie den Kläger von seiner weiteren Arbeitsleistung frei. In der Folgezeit zahlte sie ihm in Anwendung türkischer Rechtsvorschriften eine „Ankündigungsentschädigung“ in Höhe von 6.081,00 Euro als Kapitalisierung der Vergütung für den Zeitraum der Kündigungsfrist und eine „Dienstaltersentschädigung“ in Höhe von 13.811,00 Euro.
Mit seiner binnen drei Wochen erhobenen Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Außerdem stehe ihm - unter Anrechnung gezahlten Arbeitslosengelds - Annahmeverzugslohn für die Zeit bis September 2006 zu. Auf das Arbeitsverhältnis finde deutsches Recht Anwendung. Sein gewöhnlicher Arbeitsort habe zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland gelegen. Selbst bei Anwendung türkischen Rechts sei die Kündigung unwirksam mit der Folge, dass die Beklagte zu seiner Wiedereinstellung verpflichtet sei. Komme die Beklagte dieser Verpflichtung nicht nach, habe er nach Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 des türkischen Arbeitsgesetzes (TArbG) Anspruch auf eine Abfindung in Höhe von acht Monatsgehältern. Außerdem stehe ihm nach Art. 21 Abs. 3 und Abs. 6 TArbG unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs eine weitere Entschädigung in Höhe von vier Monatsgehältern zu.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. April 2005 nicht aufgelöst worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht; |
2. |
die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 27. April 2005 hinaus zu unveränderten Bedingungen als Bankangestellten zu beschäftigen; |
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3. |
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 45.291,24 Euro brutto abzüglich 19.892,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 2.516,18 Euro brutto abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld II (Grundsicherung) in Höhe von 1.137,00 Euro netto jeweils seit dem ersten Kalendertag der Monate Mai 2005 bis Oktober 2006 zu zahlen; |
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hilfsweise |
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1. |
festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 27. April 2005 unwirksam und die Beklagte verpflichtet ist, ihn auf seinen Antrag innerhalb eines Monats wieder einzustellen, sofern er diesen Antrag binnen zehn Tagen seit Zustellung des rechtskräftigen Urteils bei der Beklagten stelle - andernfalls das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 13. November 2005 ende; |
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2. |
die Beklagte für den Fall, dass sie seinem fristgerechten Wiedereinstellungsantrag nicht binnen Monatsfrist nachkomme, zu verurteilen, an ihn eine Kündigungsschutzentschädigung in Höhe von 18.872,00 Euro zu zahlen; |
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3. |
die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 9.436,00 Euro aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs zu zahlen. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise das Arbeitsverhältnis nach den §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei nach türkischem Recht zu beurteilen und hiernach wirksam. Der Kläger sei nur vorübergehend in die Niederlande und später nach Deutschland entsandt worden. Eine Sozialversicherungspflicht nach deutschem Recht habe - ohne dass es darauf ankomme - nicht bestanden. Kündigungsgründe lägen vor. Der Kläger habe den Wechsel seiner Staatsangehörigkeit bewusst verschwiegen. Aus diesem Grund habe sie das Vertrauen in ihn verloren. Er habe seine Vertragspflichten verletzt, indem er sich geweigert habe, ihrer rechtmäßigen Versetzungsanordnung Folge zu leisten. Zudem seien die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger in ihrer deutschen Niederlassung aufgrund von Umstrukturierungen entfallen. Der Auflösungsantrag sei berechtigt. Der Kläger habe im Kündigungsrechtsstreit bewusst wahrheitswidrig vorgetragen.
Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen.
Die Vorinstanzen haben angenommen, zwar seien die deutschen Gerichte für Arbeitssachen international zuständig, auf das Arbeitsverhältnis finde aber türkisches Recht Anwendung. Dessen Inhalt hat das Arbeitsgericht durch Einholung von Sachverständigengutachten ermittelt und das erstinstanzliche, noch auf die Hauptanträge beschränkte Begehren des Klägers dahin ausgelegt, dass es sich auch auf den Ausspruch der bei Anwendung türkischen Rechts eintretenden Rechtsfolgen einer unwirksamen Kündigung erstrecke. Dementsprechend hat es die Unwirksamkeit der Kündigung und eine Wiedereinstellungsverpflichtung der Beklagten nach näherer Maßgabe des zweitinstanzlich ausformulierten Hilfsantrags zu Nr. 1 festgestellt. Weiter hat es festgestellt, das Arbeitsverhältnis ende „auf den Auflösungsantrag der Beklagten hin“ mit dem 13. November 2005, wenn diese den Kläger nicht binnen Monatsfrist nach Antragseingang wieder einstelle. Für diesen Fall hat es die Beklagte zur Zahlung einer Kündigungsschutzentschädigung von 16.513,00 Euro verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Beklagten hat es das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und insgesamt dahingehend neu gefasst, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger wieder einzustellen, wenn er ihr gegenüber einen solchen Antrag binnen einer Frist von zehn Tagen ab Zustellung des rechtskräftigen Urteils stellt; für den Fall, dass sie dem fristgerechten Wiedereinstellungsbegehren nicht binnen Monatsfrist nachkommen sollte, hat es die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in der vom Arbeitsgericht zuerkannten Höhe zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die weitergehende Anschlussberufung hat es zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren, auch hinsichtlich der Hauptanträge, uneingeschränkt weiter.
Die Revision des Klägers ist unzulässig. Sie ist nicht ausreichend begründet und deshalb nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3, § 552 Abs. 1 ZPO zu verwerfen.
I. Der Senat hatte - wie nach seinem Geschäftsverteilungsplan vorgesehen - unter Mitwirkung der Richterin am Bundesarbeitsgericht Rachor zu entscheiden. Diese war nicht deshalb von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen, weil sie erstinstanzlich - als Richterin am Arbeitsgericht - die Güteverhandlung durchgeführt und in Vorbereitung des darauf anberaumten Kammertermins prozessleitende Maßnahmen ergriffen, insbesondere einen Beweisbeschluss erlassen hat.
Gemäß § 41 Nr. 6 ZPO ist ein Richter von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes in Sachen ausgeschlossen, in denen er in einem früheren Rechtszug bei Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt. Dieser Ausschließungsgrund liegt nicht vor. Frau Richterin am Bundesarbeitsgericht Rachor hat zwar in dem erstinstanzlichen Verfahren mitgewirkt, nicht aber bei dem Erlass der Entscheidung, deren Abänderung der Kläger mit seiner Revision erstrebt. Nach seinem Wortlaut greift § 41 Nr. 6 ZPO nur ein, wenn der Richter gerade „beim Erlass der angefochtenen Entscheidung“ mitgewirkt hat. Ihrem inneren Grund entsprechend ist die Vorschrift zwar auch dann anzuwenden, wenn der Richter an einer dem angefochtenen Urteil vorausgehenden und von diesem bestätigten Entscheidung mitgewirkt hat (BAG 7. Februar 1968 - 5 AR 43/68 - AP ZPO § 41 Nr. 3; Zöller/Vollkommer ZPO 27. Aufl. § 41 Rn. 13 mwN). Dass der Richter ohne Beteiligung an der in diesem Sinne „angefochtenen Entscheidung“ mit der Sache befasst war, reicht aber nicht aus. Das gilt insbesondere für seine Mitwirkung bei einem Beweisbeschluss (so schon RG 26. Mai 1922 - III 85/22 - RGZ 105, 17). Das geltende Verfahrensrecht ist von dem Gedanken geprägt, dass ein Richter auch dann unvoreingenommen an die Beurteilung einer Sache herantritt, wenn er sich schon früher über denselben Sachverhalt ein Urteil gebildet hat. Dem verfassungsrechtlichen Gebot, Neutralität und Distanz des Richters auch in Fällen der Vorbefasstheit abzusichern, in denen er nicht unmittelbar an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, ist hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass bei gegebenem Anlass die Möglichkeit einer Richterablehnung nach den §§ 42 ff. ZPO besteht (BVerfG 4. Juli 2001 - 1 BvR 730/01 - zu II der Gründe mwN, NJW 2001, 3533). Ein dahingehendes Gesuch hat der Kläger nicht angebracht.
II. Verfahren vor deutschen Gerichten für Arbeitssachen sind nach den verfahrensrechtlichen Regelungen des Arbeitsgerichtsgesetzes und den in Bezug genommen Regelungen der deutschen Zivilprozessordnung durchzuführen. Dieser Grundsatz der lex fori ist regelmäßig auch in Verfahren mit Auslandsberührung anzuwenden (BGH 4. März 1981 - IVb ZB 552/80 - zu II 1 der Gründe, NJW 1981, 2755; Prütting in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. Einleitung Rn. 266; Musielak ZPO 6. Aufl. Einl. Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 62. Aufl. Einl. III Rn. 74; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 16. Aufl. § 6 Rn. 3; Linke IZPR 3. Aufl. Rn. 37; mit Einschränkungen Geimer IZPR 5. Aufl. Rn. 320 ff.).
III. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision gehört gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Angabe der Revisionsgründe.
1. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts dabei in einer Weise aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionsführer das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (st. Rspr., vgl. BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 13, NZA 2010, 1446; 19. März 2008 - 5 AZR 442/07 - Rn. 13, AP ZPO § 551 Nr. 65 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 8). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne erkennbare Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10).
2. Eine Verfahrensrüge ist dann zulässig erhoben, wenn der Revisionsführer die Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Dabei ist darzulegen, dass die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auf dem Verfahrensmangel beruht, also bei richtigem Vorgehen das Landesarbeitsgericht zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Bei der auf § 286 ZPO gestützten Rüge, das Landesarbeitsgericht habe einen bestimmten Sachvortrag übergangen, ist anzugeben, aufgrund welchen Vortrags das Landesarbeitsgericht zu welcher Tatsachenfeststellung hätte gelangen müssen (BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 12, AP ZPO § 551 Nr. 66 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 10).
3. Ist die Berufungsentscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung alle diese Erwägungen angreifen. Die Revisionsbegründung muss, ihre Berechtigung unterstellt, geeignet sein, die Entscheidung in Frage zu stellen. Setzt sie sich nicht mit allen tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts auseinander, hat sie die angefochtene Entscheidung nicht umfassend in Frage gestellt. Die Revision ist dann insgesamt unzulässig (BAG 19. März 2008 - 5 AZR 442/07 - Rn. 14, AP ZPO § 551 Nr. 65 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 8; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 755/06 - Rn. 10, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 30; für die Rechtsbeschwerde 16. Mai 2007 - 7 ABR 45/06 - Rn. 13, BAGE 122, 293). Entsprechendes gilt für eine Entscheidung des Berufungsgerichts über mehrere selbständige Streitgegenstände. Die Revision ist hinsichtlich desjenigen Teils der Entscheidung unzulässig, dessen Begründung nicht in dem beschriebenen Sinne umfassend angegriffen wird (BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 21, AP ZPO § 551 Nr. 68; 19. März 2008 - 5 AZR 442/07 - aaO).
IV. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Klägers nicht gerecht.
1. Soweit der Kläger sich gegen die Abweisung seiner Hauptanträge wendet, ist die Revision unzulässig. Die Revisionsbegründung setzt sich nicht mit sämtlichen, das Berufungsurteil selbständig tragenden Erwägungen auseinander.
a) Das Landesarbeitsgericht hat die Hauptanträge mit der Begründung abgewiesen, auf das Arbeitsverhältnis finde türkisches Recht Anwendung. Die Parteien hätten dieses Recht iSv. Art. 27 Abs. 1 EGBGB konkludent gewählt. Die Rechtswahl sei mit Art. 30 Abs. 1 EGBGB vereinbar. Durch sie werde dem Kläger nicht iSv. Art. 30 Abs. 1 EGBGB der Schutz zwingender Bestimmungen des Rechts entzogen, das bei unterbliebener Rechtswahl nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB anwendbar wäre. Auch unter dieser Voraussetzung finde türkisches Recht Anwendung. Seine Auffassung hat das Landesarbeitsgericht mit zwei Erwägungen begründet. Zum einen verweise bereits das objektive Arbeitsvertragsstatut nach Art. 30 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 EGBGB auf türkisches Recht. Der gewöhnliche Arbeitsort des Klägers habe im Kündigungszeitpunkt in der Türkei gelegen. Der Kläger sei im Sinne der Kollisionsregel lediglich „vorübergehend“ aus der Türkei nach Deutschland entsandt worden. Selbst wenn dies - so die Zweitbegründung des Landesarbeitsgerichts - anders zu beurteilen wäre, greife die „Ausweichklausel“ des Art. 30 Abs. 2 Halbsatz 2 EGBGB ein. Danach unterliege der Arbeitsvertrag dann nicht dem Recht des Staates, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeitsleistung erbringe, wenn der Vertrag oder das Arbeitsverhältnis den Gesamtumständen nach engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweise. Das sei hier der Fall. Das Arbeitsverhältnis habe engere Beziehungen zur Türkei als zu Deutschland gehabt. Der Anwendbarkeit türkischen Rechts stünden auch keine iSv. Art. 34 EGBGB international zwingenden Regelungen deutschen Rechts, etwa des deutschen Kündigungsrechts entgegen. Das türkische Recht verweise auch nicht iSv. Art. 4 Abs. 1 EGBGB auf deutsche Rechtsvorschriften zurück. Ebenso wenig führe die Anwendung türkischen Rechts zu einem Verstoß gegen Art. 6 EGBGB (ordre public).
b) Diesen Ausführungen tritt der Kläger mit dem Einwand entgegen, das Landesarbeitsgericht habe den Fall nicht nach türkischem Recht beurteilen dürfen. Dabei befasst sich seine Revisionsbegründung, soweit sie konkrete Rügen enthält, ausschließlich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Rechtswahl gemäß Art. 27 EGBGB und der im Berufungsurteil aufgeworfenen Frage der Entsendung iSv. Art. 30 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 EGBGB. Mit den Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zum Eingreifen der Ausweichklausel des Art. 30 Abs. 2 Halbsatz 2 EGBGB, die seine Entscheidung in dem strittigen Punkt eigenständig tragen, setzt sich die Revision nicht, jedenfalls nicht in ausreichender Weise auseinander.
aa) Der Kläger wiederholt im ersten Teil der Revisionsbegründung (Seiten 3 bis 9, vorletzter Absatz) wörtlich seine Ausführungen aus der Berufungsbegründung vom 5. November 2007. Dabei erwähnt er zwar die „Ausweichklausel“ des Art. 30 Abs. 2 Halbsatz 2 EGBGB. Seine Ausführungen beziehen sich aber durchgängig und erklärtermaßen auf die Entscheidung des „Gerichts erster Instanz“. Mit dem anzufechtenden Berufungsurteil befassen sie sich nicht.
Die Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung ist nicht deshalb ausreichend, weil das Landesarbeitsgericht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG teilweise auf die Gründe des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen hat. Diese Bezugnahme beschränkt sich auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte und zum Fehlen einer Rückverweisung des einschlägigen türkischen Rechts auf deutsche Rechtsvorschriften. Mit diesen - zwischen den Parteien überdies unumstrittenen - Fragen befasst sich die Revisionsbegründung nicht.
bb) Im zweiten Teil der Revisionsbegründung (Seiten 9, letzter Absatz bis Seite 11, letzter Absatz) geht der Kläger zwar auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ein. Er führt aber keinen, jedenfalls keinen hinreichenden Angriff gegen die Zweitbegründung des Landesarbeitsgerichts.
(1) Die Revision rügt zunächst, das Berufungsgericht betrachte den Sachverhalt „nur einseitig“ und ziehe Schlussfolgerungen, die zugunsten der Beklagten ausfielen. Sie hätten „auch problemlos zugunsten des Klägers ausfallen können, weil es sich hierbei um Wertungen des Berufungsrichters handel[e]“. Dieser pauschale Hinweis auf eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung stellt - für sich genommen - keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils dar.
(2) Die Revision wendet weiter ein, das Landesarbeitsgericht habe sich über Sachvortrag hinweggesetzt, soweit es „unter dem Lichte des Art. 27 EGBG[B] aus[führe], dass der Kläger am 9. Oktober 2002 ausdrücklich nochmals die Arbeitsbedingungen bestätigt ha[be]“. Es hätte beachten müssen, dass sich der Kläger mit dem fraglichen Schreiben inhaltlich nicht einverstanden erklärt, sondern nur dessen Empfang quittiert habe.
(a) Das Vorbringen enthält keinen zulässigen Angriff auf das Berufungsurteil. Sollte darin eine Verfahrensrüge (§ 286 ZPO) liegen, ist sie nicht ordnungsgemäß erhoben. Der Kläger versäumt es darzutun, welchen konkreten, in den Vorinstanzen gehaltenen Sachvortrag das Landesarbeitsgericht übergangen haben soll und zu welcher Tatsachenfeststellung es auf dessen Grundlage hätte gelangen müssen (zu diesem Erfordernis vgl. BAG 29. Januar 1992 - 7 ABR 27/91 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 69, 286; Senat 2. August 1984 - 2 AZR 26/83 - zu I 1 der Gründe). Als Sachrüge - etwa verstanden in dem Sinne, das Landesarbeitsgericht habe bei der Auslegung der Erklärungen betreffend die Versetzung nach Deutschland gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen - ginge das Revisionsvorbringen an der Begründung des Berufungsurteils vollständig vorbei. Dem Landesarbeitsgericht kam es auf das Schreiben vom 9. Oktober 2002 nur insoweit an, als es angenommen hat, die Parteien hätten hierdurch ihre zuvor konkludent getroffene Vereinbarung des türkischen Arbeitsvertragsstatuts nicht wieder modifiziert. Ob sich der Kläger mit dem Inhalt des Schreibens einverstanden erklärt hatte, war für das Landesarbeitsgericht nicht relevant. Eine Sachrüge wird nicht dadurch erheblich, dass sich der Revisionsführer mit einer Begründung befasst, die das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung offenkundig nicht zugrunde gelegt hat.
(b) Unabhängig davon sind die Einwände des Klägers nicht geeignet, die Erwägung des Landesarbeitsgerichts in Frage zu stellen, türkisches Recht bilde auch dann das maßgebende Arbeitsvertragsstatut, wenn die Parteien es nicht vereinbart haben sollten.
(3) Soweit sich die Revisionsbegründung mit den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Ausnahmeregel des Art. 30 EGBGB befasst, setzt sie sich lediglich mit der Erstbegründung des Landesarbeitsgerichts auseinander. Mit dieser hat das Gericht eine vorübergehende Entsendung des Klägers nach Deutschland iSv. Art. 30 Abs. 2 Halbsatz 1 Nr. 1 EGBGB bejaht und angenommen, schon die Regelanknüpfung an den gewöhnlichen Arbeitsort (lex loci laboris) führe nicht zur Anwendung - zwingender - Bestimmungen deutschen (Arbeits-)Rechts. Diesbezüglich rügt der Kläger auf Seite 10, letzter Absatz der Revisionsbegründung, das Landesarbeitsgericht habe nicht darauf abstellen dürfen, dass eine Manifestation seines Rückkehrwillens unterblieben sei. Vielmehr sei eine Befristung des Auslandseinsatzes erforderlich, die aber nicht vereinbart worden sei. Auf Seite 11, zweiter Absatz der Revisionsbegründung rügt er, die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, zwischen den Parteien habe Einvernehmen darüber bestanden, dass er nicht dauerhaft in Deutschland verbleiben solle, verschließe sich dem „vorgetragenen Sachverhalt“. Bei einer Beschäftigung von zehn Jahren im Ausland und einer vorherigen, nur fünfjährigen Tätigkeit in der Türkei könne objektiv nicht mehr von einer nur vorübergehenden Entsendung die Rede sein. Des Weiteren beanstandet er, das Landesarbeitsgericht habe mit seinen Ausführungen zum Fehlen der Notwendigkeit eines „Gleichlaufs“ von Sozialversicherungsrecht und internationalem Arbeitsrecht die Indizwirkung der sozialversicherungsrechtlichen Rechtslage verkannt. Auch diese Rüge betrifft, wie die Übernahme der vom Landesarbeitsgericht verwendeten Begrifflichkeiten belegt, ausschließlich dessen Ausführungen zur vorübergehenden Entsendung. Entsprechendes gilt für die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe für die Beurteilung eines möglichen Statutenwechsels das ganze Arbeitsverhältnis und nicht nur die Beschäftigungsdauer in Deutschland in den Blick nehmen müssen. Sie bezieht sich - dem Zusammenhang nach - gleichfalls auf die Problematik der „vorübergehenden Entsendung“ und die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Tätigkeit des Klägers in Deutschland währe noch nicht so lang, dass sich eine vorübergehende Entsendung zu einer endgültigen habe verfestigen können. Sollte die Rüge anders zu verstehen sein und sich (auch) gegen die Zweitbegründung des Landesarbeitsgerichts richten, ist sie unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat, was das Eingreifen der „Ausweichklausel“ anbelangt, ausdrücklich den „gesamten Verlauf“ des Arbeitsverhältnisses in den Blick genommen. Worin sein Rechtsfehler liegen soll, lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen.
cc) Die pauschale Bezugnahme des Klägers auf die in den Vorinstanzen eingereichten Schriftsätze ist nicht geeignet, eine ordnungsgemäße Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil zu ersetzen (vgl. Müller-Glöge in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 74 Rn. 39).
2. Die unbeschränkt eingelegte Revision ist auch insoweit unzulässig, wie sie sich gegen die (Teil-)Abweisung der Hilfsanträge zu 2. und 3. richtet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich einer den Betrag von 16.513,00 Euro übersteigenden Entschädigung als unzulässig verworfen und den weiteren Hilfsantrag zu 3. als „zur Zeit unbegründet“ abgewiesen. Weshalb die Entscheidung über diese - eigenständigen - Streitgegenstände fehlerhaft sein soll, legt die Revisionsbegründung nicht dar.
V. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
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Kreft |
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Berger |
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Jan Eulen |