Entscheidungsdatum: 12.05.2010
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 19. Mai 2008 - 15 Sa 1265/07 - aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass der Prozessvergleich vom 16. August 2006 zum Aktenzeichen 15 Sa 1322/05 unwirksam ist.
3. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Beklagten - und über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs.
Der 1962 geborene, ledige und für ein Kind unterhaltspflichtige Kläger war seit November 2000 bei der Beklagten als „Personalreferent/Leiter der Personalabteilung Angestellte“ tätig. Sein Bruttogehalt betrug zuletzt 5.190,00 Euro zzgl. leistungsabhängiger Vergütung (Bonus).
Im September 2004 entzog die Beklagte dem Kläger wesentliche Teile seiner bisherigen Arbeitsaufgaben. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2004 kündigte sie das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf Gründe in seinem Verhalten ordentlich zum 30. April 2005 und mit Schreiben vom 21. Februar 2005 - vorsorglich - ordentlich zum 31. August 2005.
Der Kläger erhob gegen beide Kündigungen Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht stellte durch Urteil vom 30. März 2005 die Unwirksamkeit der Kündigung vom 29. Oktober 2004 fest. Die Beklagte legte Berufung ein und beantragte hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zum 30. April 2005 aufzulösen. Den die Kündigung vom 21. Februar 2005 betreffenden Kündigungsrechtsstreit setzte das Arbeitsgericht aus. Daneben führten die Parteien zwei Rechtsstreite über die Weiterbeschäftigung des Klägers zu seinen ursprünglichen Arbeitsbedingungen und Zahlungsansprüche (Berufungsaktenzeichen: 15 Sa 1202/05 und 15 Sa 125/06).
Am 16. August 2006 schlossen die Parteien in mündlicher Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht zum Aktenzeichen 15 Sa 1322/05 einen Vergleich folgenden Inhalts:
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„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 29.10.2004 mit sozialer Auslauffrist mit dem 31.12.2006 seine Beendigung finden wird. |
2. Der Kläger wird bis zum Ablauf der Frist unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt unter Anrechnung auf seine Urlaubsansprüche und unter Verzicht auf Verrechnung mit eventuellen Zwischenverdiensten des Klägers. |
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3. Die Zeit vom 01.05.2004 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird bei einem monatlichen Gehaltsanspruch von 4.000,00 € brutto abgerechnet und unter Berücksichtigung von Gehaltsanteilen, die auf Träger von Sozialleistungen und Sozialversicherungsleistungen übergegangen sind, ausgezahlt. |
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4. Die Beklagte verpflichtet sich, dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen unter dem Datum des 31.12.2006, das wohlwollend abgefasst ist und seinem beruflichen Fortkommen dient. |
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Der Kläger wird der Beklagten einen Zeugnisentwurf vorlegen, den diese nur ablehnen kann, wenn die Angaben und die Bewertung offensichtlich unzutreffend sind. |
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Das gleiche gilt für ein vom Kläger vorzulegendes Zwischenzeugnis. |
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5. Mit Erfüllung des Vergleichs sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt einschließlich der Ansprüche auf Bonuszahlungen. |
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Gleichfalls sind erledigt die Rechtsstreite der Parteien 15 Sa 1202/05, 15 Sa 125/06 und der noch in erster Instanz ausgesetzte Kündigungsrechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Braunschweig zum Aktenzeichen 2 Ca 57/05. |
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6. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. |
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In der Berufungssache 15 Sa 1202/05 werden die Kosten des Berufungsverfahrens gleichfalls gegeneinander aufgehoben. Hinsichtlich der dortigen erstinstanzlichen Kosten bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. |
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Die Kosten des Rechtsstreits 15 Sa 125/06 werden gegeneinander aufgehoben. |
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Ebenso werden gegeneinander aufgehoben die Kosten des Rechtsstreits 2 Ca 57/05.“ |
In der Folgezeit stritten die Parteien zunächst über die Regelung zu Nr. 3 des Vergleichs und dabei über die Frage, ob zwischen ihnen tatsächlich - wie protokolliert - die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses auf der Basis von 4.000,00 Euro für die Zeit ab 1. Mai 2004 oder - wie vom Kläger im Hinblick auf die am 30. April 2005 auslaufende Kündigungsfrist geltend gemacht - erst ab 1. Mai 2005 vereinbart worden war. Anlass war eine von der Beklagten geltend gemachte Gehaltsüberzahlung betreffend die Zeit ab 1. Mai 2004.
Mit Schriftsatz vom 13. August 2007, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 16. August 2007, hat der Kläger den Vergleich „unter allen erdenklichen Gesichtspunkten, insbesondere wegen Täuschung und Drohung im Sinne von § 123 BGB“ angefochten. „Vorsorglich“ hat er den Widerruf des Vergleichs und „höchstvorsorglich“ den Rücktritt vom Vergleich erklärt. Auf entsprechende Erklärungen gegenüber der Beklagten hat er Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 12. September 2007 hat das Landesarbeitsgericht eine Selbstablehnung des Vorsitzenden für begründet erklärt.
Der Kläger hat in dem unter dem Aktenzeichen 15 Sa 1265/07 fortgesetzten Berufungsverfahren (ursprünglich: 15 Sa 1322/05) geltend gemacht, der Prozessvergleich habe den Rechtsstreit nicht erledigt. Die Anfechtung sei wegen widerrechtlicher Drohung begründet. Unmittelbar zu Beginn der Verhandlung vom 16. August 2006 habe der Vorsitzende - offenbar bereits über das Scheitern außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen unterrichtet - seine Unzufriedenheit über den Verfahrensstand zum Ausdruck gebracht und auf seinen - des Klägers - Vortrag zum Grund des Konflikts mit den Worten reagiert: „Passen Sie auf, was Sie sagen; es wird sonst alles gegen Sie verwendet“. Dadurch sei bei ihm der Eindruck entstanden, der Vorsitzende wolle jegliche Erörterung des Streitstoffs gleich zu Beginn unterbinden. Trotz seiner Erklärung, den Arbeitsplatz wiedererlangen zu wollen, habe dieser das Gespräch sogleich auf die Erörterung der Modalitäten eines Vergleichs gelenkt. Da er sich dem nicht offen habe widersetzen wollen, habe er einen seiner Vorstellung entsprechenden Abfindungsbetrag von 150 TEuro genannt. Der Vorsitzende habe daraufhin erklärt: „Wer bis zuletzt hofft, stirbt mit einem Lächeln“ und sei dazu übergegangen, ihm geringe Erfolgsaussichten seiner Klage wie folgt vor Augen zu führen: „Wenn Sie dem nicht zustimmen, dann kriegen Sie sonst nur 10 oder 20 TEuro“, „Sie haben keine Chance, höchstens 20 %, Sie müssen das machen!“. Seine weiterhin ablehnende Haltung gegenüber einem Vergleich habe der Vorsitzende mit den Worten kommentiert: „Sie spielen hier Vabanque“; „Was Sie machen, ist unverantwortlich im Hinblick auf Ihre familiäre Situation“ und: „Hören Sie mir auf mit Mobbing, davon will ich nichts hören, da kommt nichts bei raus!“ Zusammen mit weiteren unsachlichen Bemerkungen habe dies in ihm den Eindruck hervorgerufen, sein Fall werde nicht mehr objektiv und unparteiisch beurteilt. In unverhohlen aggressiver Art habe der Vorsitzende dann geäußert: „Seien sie vernünftig. Sonst müssen wir Sie zum Vergleich prügeln“, auf seine weitere Verweigerung eines Vergleichsschlusses ohne Widerrufsmöglichkeit erklärt: „Ich reiße Ihnen sonst den Kopf ab“ und schließlich: „Sie werden sonst an die Wand gestellt und erschossen“ sowie - nach einem „Blick in die Runde“ -: „Manche muss man eben zu ihrem Glück zwingen“. Danach habe er - der Kläger - endgültig den Eindruck gewonnen, der Vorsitzende sei bereit, sich über jedes Recht hinwegzusetzen. Durch dessen weitere Reaktionen wie „Dann wechseln Sie eben die Stadt.“; „Dann müssen Sie eben wieder unten anfangen und sich hocharbeiten“ sei ihm klar geworden, dass gleichgültig sei, was er noch vortrage. So sei nach der Erklärung des Vorsitzenden: „Stimmen Sie dem jetzt endlich zu, ich will Mittag essen gehen“ der Vergleich geschlossen worden. Erst später sei ihm bewusst geworden, dass diese massiven, einer fairen Verhandlungsführung widersprechenden Drohungen zu seiner Verhandlungsunfähigkeit geführt hätten. Ohne sie hätte er den Vergleich nicht geschlossen, zumindest nicht mit dem protokollierten Inhalt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1. |
das Verfahren - 15 Sa 1322/05 - fortzusetzen, |
2. |
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 30. März 2005 - 2 Ca 992/04 - zurückzuweisen sowie |
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3. |
den Auflösungsantrag der Beklagten abzuweisen. |
Die Beklagte hat beantragt, „die Anträge zurückzuweisen“. Sie hat die Auffassung vertreten, der Vergleich sei wirksam. Das Landesarbeitsgericht sei nach Erstberatung der Auffassung gewesen, die Kündigung sei wohl nicht gerechtfertigt, ihr sei jedoch die Fortsetzung des zerrütteten Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten. Der Vorsitzende habe dem Kläger in ruhigem und vernünftigem Ton erläutert, dass er sich bei gerichtlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Festsetzung einer Abfindung schlechter stehe als bei Abschluss des angetragenen Prozessvergleichs. Auch wenn sich der Vorsitzende dabei - Einzelheiten seien ihrem Prozessbevollmächtigten nicht mehr „erinnerlich“ - zu Äußerungen habe hinreißen lassen, die nicht in einen Gerichtssaal gehörten, seien diese für den Vergleichsschluss nicht kausal geworden. Entscheidend seien vielmehr die Verhandlungen der Parteien während der Sitzungsunterbrechungen gewesen. Einzelne, herausgegriffene Äußerungen des Vorsitzenden, etwa der Art, der Kläger habe „keine Chance“ und solle dem Vergleich „endlich zustimmen“, seien vor dem Hintergrund der rund dreistündigen Verhandlung verständlich. Zudem habe der Kläger den Vergleich erst angefochten, als - unstreitig - ein zwischenzeitlich von ihm neu begründetes Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber wieder beendet gewesen sei. „Vergleichsreue“ sei kein Anfechtungsgrund. Im Übrigen sei von einer Bestätigung des Vergleichs auszugehen.
Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist. Es hat die Revision zugelassen. Mit ihr begehrt der Kläger die Feststellung, dass das vorliegende Verfahren (Berufungsaktenzeichen: 15 Sa 1322/05; nunmehr: 15 Sa 1265/07) sowie die Verfahren 15 Sa 1202/05, 15 Sa 125/06 und 2 Ca 57/05 (Arbeitsgericht Braunschweig) durch den Prozessvergleich vom 16. August 2006 nicht erledigt sind. Weiter beantragt er, nach den im vorliegenden Verfahren gestellten Berufungsanträgen zu erkennen. Soweit sein Begehren zunächst auch auf eine Sachentscheidung in den Verfahren 15 Sa 1202/05 und 15 Sa 125/06 gerichtet war, hat er hieran zuletzt nicht mehr festgehalten.
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Feststellung der Unwirksamkeit des Vergleichs vom 16. August 2006 und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur (weiteren) Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Beklagten.
I. Die mit der Revision zuletzt verfolgten Anträge sind zulässig. Das gilt insbesondere für den Feststellungsantrag. Er genügt den Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO.
1. Der Prozessvergleich hat eine Doppelnatur. Er enthält einerseits eine Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Verfahrensrechts bestimmt. Zugleich beruht er auf einem privatrechtlichen Vertrag, für den § 779 BGB und die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Willenserklärung gelten. Die Einheit von Prozesshandlung und materiellem Rechtsgeschäft sowie prozesswirtschaftliche Gründe sind maßgebend für die prozessualen Folgen materiellrechtlicher Mängel des Prozessvergleichs. Soweit diese auf Umständen beruhen, die bereits im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bestanden haben - sei es, dass sie zur Nichtigkeit des Vergleichs von Anfang an führen (zB gemäß §§ 134, 138, 306, 779 BGB), sei es, dass sie ein Anfechtungsrecht gemäß §§ 119, 123 BGB begründen, nach dessen Ausübung der Vergleich rückwirkend nichtig wird (§ 142 BGB) - ist der Prozessvergleich auch als Prozesshandlung unwirksam. Seine prozessbeendende Wirkung ist dann nicht eingetreten, die Rechtshängigkeit des Prozesses hat fortbestanden (st. Rspr., BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 15, BAGE 120, 251).
2. Streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs, ist dieser Streit in demselben Verfahren auszutragen, in dem der Vergleich geschlossen wurde (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 15, BAGE 120, 251; 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 40, 17). Wird die Wirksamkeit verneint, kann hierüber ein Zwischenurteil ergehen, das die Unwirksamkeit feststellt (Senat 14. Juli 1960 - 2 AZR 152/60 - zu III der Gründe, BAGE 9, 319; BGH 26. Januar 1967 - Ia ZB 19/65 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 47, 132). Wird der Vergleich als wirksam angesehen, so ergeht ein Endurteil dahin, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich erledigt ist (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - aaO; BGH 10. März 1955 - II ZR 201/53 - BGHZ 16, 388).
3. Werden in einem Prozessvergleich andere Verfahren mit erledigt (Gesamtvergleich), so kann der Streit über dessen Wirksamkeit in jedem dieser Verfahren geklärt werden. Dabei steht es der Partei frei, die Unwirksamkeit des Vergleichs als Vorfrage klären zu lassen, sie demnach in dem von ihr gewählten Verfahren zum Streitgegenstand einer Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zu machen. Damit wird die Frage der Wirksamkeit des Vergleichs einer rechtskraftfähigen Entscheidung zugeführt, die für die Parteien in den übrigen Verfahren bindend ist. Diese sind ggf. bis zur Entscheidung des angegangenen Gerichts auszusetzen (Senat 25. Juni 1981 - 2 AZR 219/79 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 36, 105; BGH 4. Mai 1983 - VIII ZR 94/82 - zu I der Gründe, BGHZ 87, 215).
4. Der in der Revision erhobene Feststellungsantrag des Klägers ist als ein solcher Zwischenfeststellungsantrag auszulegen und mit diesem Inhalt zulässig. Er zielt darauf, die Wirkungen einer erfolgreich geltend gemachten Unwirksamkeit des Vergleichs nicht nur für den vorliegenden Rechtsstreit, sondern auch für die miterledigten Rechtsstreite verbindlich klären zu lassen. Dabei kann offenbleiben, ob schon der im Berufungsverfahren zuletzt gestellte Antrag zu 1 - wovon offenbar das Landesarbeitsgericht ausgegangen ist - als ein solcher Antrag auszulegen war. Das Begehren ist auch zulässig, wenn von einer erstmaligen Anbringung des Antrags in der Revision auszugehen wäre. Zwar ist eine Klageerweiterung in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig (st. Rspr., BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - zu II 1 der Gründe mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2). Sie ist aber aus prozessökonomischen Gründen zuzulassen, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt stützt und berechtigte Interessen des Gegners nicht beeinträchtigt werden (BAG 18. September 2007 - 3 AZR 560/05 - Rn. 14, NZA-RR 2008, 320; 10. Februar 2004 - 9 AZR 89/03 - zu A der Gründe, AP ATG § 2 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 10). Das ist hier der Fall. Die Beklagte sieht dies ersichtlich nicht anders.
5. Dem Umstand, dass das Landesarbeitsgericht durch Endurteil entschieden hat, entspricht es, dass der Kläger seinen Antrag auf (Sach-)Entscheidung über die Berufungsanträge auch in der Revision weiter verfolgt. Diese sind nicht in der Berufungsinstanz „hängen geblieben“ (vgl. Senat 4. März 2004 - 2 AZR 305/03 - zu B II der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 40 = EzA ZPO 2002 § 794 Nr. 1; OLG Karlsruhe 21. Juli 2005 - 19 U 46/05 - MDR 2005, 1368). Das Vorbringen der Parteien lässt nicht erkennen, dass sie den Streit zunächst auf die Frage der Wirksamkeit des Prozessvergleichs beschränkt hätten (zu einer solchen Konstellation, in der die Berufungsanträge vorerst nicht gestellt waren: BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu I 1 der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12). Mit der vor dem Senat erfolgten Klarstellung, dass sich die begehrte Sachentscheidung auf die im vorliegenden Rechtsstreit erhobenen Berufungsanträge beschränkt, hat der Kläger der prozessualen Selbstständigkeit der mitverglichenen Rechtsstreite Rechnung getragen. Eine Sachentscheidung in den weiteren Verfahren kann der Kläger nur dadurch herbeiführen, dass er sich jeweils auf die Unwirksamkeit des Vergleichs vom 16. August 2006 beruft und sodann die entsprechenden Sachanträge stellt.
II. Der Feststellungsantrag ist begründet. Der Prozessvergleich vom 16. August 2006 ist unwirksam.
1. Der Tatbestand des angefochtenen Urteils bietet dem Senat eine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Er ist nicht mangelhaft iSv. § 69 Abs. 3 ArbGG.
a) § 69 Abs. 3 ArbGG verlangt für Urteile, gegen die die Revision statthaft ist, eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstands auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien. Dabei ist eine Bezugnahme auf Schriftsätze möglich, soweit dadurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird. Diesen Anforderungen (zu den Einzelheiten vgl. Senat 20. August 2009 - 2 AZR 165/08 - Rn. 16, AP BGB § 626 Nr. 223 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 27) wird die angefochtene Entscheidung gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand den Streitgegenstand bezeichnet, die Anträge hervorgehoben und auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Eine vorbehaltlose Antragstellung - wie im Termin der letzten mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer erfolgt - stellt grundsätzlich die Bezugnahme auf den gesamten bis dahin vorliegenden Inhalt der Verfahrensakten dar, der damit insgesamt iSv. § 559 Abs. 1 ZPO der revisionsrechtlichen Beurteilung unterliegt (vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 87; BGH 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91 - NJW 1992, 2148).
b) Danach kann offenbleiben, ob die Rügen des Klägers, soweit sie sich auf Verfahrensfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Behandlung seines in der Vorinstanz angebrachten und negativ beschiedenen Tatbestandsberichtigungsantrags beziehen, wegen der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung (§ 320 Abs. 4 Satz 4 ZPO) und der Möglichkeit der Anhörungsrüge (§ 78a ArbGG) zulässig sind. Es ist jedenfalls mit Blick auf die Inbezugnahme des Parteivorbringens nicht ersichtlich, dass die gerügte Auslassung wesentlichen Vorbringens zu einer Unrichtigkeit des Tatbestands hätte führen können.
2. Der Prozessvergleich vom 16. August 2006 ist nicht aus formellen Gründen unwirksam. Die gesetzlichen Anforderungen an die Protokollierung (§ 162 Abs. 1, § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) sind erfüllt. Der Kläger hat seinen in der Vorinstanz erhobenen Einwand, es fehle an einer Genehmigung des Vergleichs, in der Revision nicht mehr aufgegriffen. Seine Behauptung ist zudem durch das vom Vorsitzenden und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterzeichnete Sitzungsprotokoll widerlegt. Weist das Protokoll - wie hier - die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten aus, ist dagegen nur der Nachweis der Fälschung möglich (§ 165 ZPO).
3. Der Vergleich ist unwirksam, weil die Anfechtung berechtigt ist. Der Kläger ist im Termin der mündlichen Verhandlung vom 16. August 2006 widerrechtlich durch Drohung seitens des Kammervorsitzenden zum Abschluss des Vergleichs bestimmt worden (§ 123 Abs. 1 BGB). Dies hat er nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts frist- und formgerecht durch Anfechtung geltend gemacht (§ 124 Abs. 1 und 2, § 143 Abs. 1 und 2 BGB).
a) Eine Drohung iSd. § 123 Abs. 1 BGB setzt die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung als in irgendeiner Weise von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Der Bedrohte muss einer Zwangslage ausgesetzt sein, die ihm subjektiv das Gefühl gibt, sich nur noch zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Die Widerrechtlichkeit der Drohung kann sich aus der Widerrechtlichkeit des eingesetzten Mittels oder der des verfolgten Zwecks ergeben. Bedient sich der Drohende an sich erlaubter Mittel zur Verfolgung eines an sich nicht verbotenen Zwecks, kann sich die Widerrechtlichkeit gleichwohl aus der Inadäquanz, dh. der Unangemessenheit des gewählten Mittels im Verhältnis zum verfolgten Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks kein berechtigtes Interesse oder ist das Mittel nach Treu und Glauben nicht als angemessen zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, ist die Drohung rechtswidrig (BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 200/07 - Rn. 18, EzA BGB 2002 § 123 Nr. 8; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 197/05 - Rn. 14, AP BGB § 123 Nr. 66 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 6 mwN).
b) § 123 Abs. 1 BGB verlangt, dass der Drohende das Übel irgendwie in Aussicht stellt. Eine Willenserklärung, die lediglich unter Ausnutzung einer bestehenden Zwangslage veranlasst worden ist, kann nicht wegen widerrechtlicher Drohung angefochten werden (BGH 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86 - zu I 2 der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 33). § 123 Abs. 1 BGB schützt die freie Willensentscheidung nur vor rechtswidrigen Beeinflussungen durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung. Die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit des Einzelnen wird dagegen nicht allgemein gegen jede Art von Beeinträchtigung durch eine Zwangslage geschützt (BAG 16. Februar 1983 - 7 AZR 134/81 - zu I 5 der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 22 = EzA BGB § 123 Nr. 21; BGH 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86 - aaO).
c) Für die Anfechtung wegen Drohung ist es unerheblich, von welcher Person die Drohung stammt. Diese kann auch von einer Hilfsperson des Geschäftspartners oder einem Dritten ausgehen (BAG 15. Dezember 2005 - 6 AZR 197/05 - Rn. 16, AP BGB § 123 Nr. 66 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 6; Senat 26. November 1981 - 2 AZR 664/79 -). Dritter in diesem Sinne kann auch das Gericht oder ein Mitglied des Gerichts sein (BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu II 3 der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12).
d) Danach ist die Anfechtung berechtigt.
aa) Der wirksamen Anfechtung des Prozessvergleichs steht nicht entgegen, dass der Kläger lediglich eine unzulässige Einflussnahme auf seine Willensbildung und nicht auch eine vergleichbare Einwirkung auf seinen Prozessbevollmächtigten geltend gemacht hat. Der bei den Landesarbeitsgerichten nach § 11 Abs. 4 ArbGG bestehende Vertretungszwang, der den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs mit umfasst (vgl. GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 11 Rn. 119; für den Anwaltszwang: BGH 20. Februar 1991 - XII ZB 125/88 - zu II 2 der Gründe, NJW 1991, 1743 mwN), hindert nach den Umständen des vorliegenden Falls die Vergleichsanfechtung wegen eines Willensmangels in der Person des Klägers nicht.
(1) Zwar ist ein Rechtsgeschäft, das ein Vertreter abgeschlossen hat, nach § 166 Abs. 1 BGB wegen Täuschung oder Drohung nur anfechtbar, wenn sich der Vertreter hat täuschen lassen oder sich die Drohung gegen ihn richtete (Palandt/Heinrichs BGB 68. Aufl. § 166 Rn. 3). Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn es um die Anfechtung eines Prozessvergleichs geht und der geltend gemachte Willensmangel in der Person einer Partei besteht, die in einem Vergleichstermin selbst zugegen war. Beteiligt sich die Prozesspartei an den gerichtlichen Vergleichsverhandlungen, so ist es je nach den Umständen möglich, dass nicht ihr Bevollmächtigter, sondern sie selbst die eigentliche Entscheidung trifft, ob der Vergleich mit dem ausgehandelten Inhalt angenommen werden soll. Schließt der Prozessbevollmächtigte unter derartigen Voraussetzungen den Vergleich ab, setzt er regelmäßig nur den Geschäftswillen seines Mandanten in die Tat um; er handelt nach dessen Weisungen. Dann aber kommt es für Willensmängel im Rahmen der Anfechtung analog § 166 Abs. 2 BGB auf die Prozesspartei selbst und nicht ihren Vertreter an (zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung BGH 24. Oktober 1968 - II ZR 214/66 - zu II 2 b der Gründe, WM 1969, 471; für den Fall der Drohungsanfechtung unausgesprochen BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - NJW 1966, 2399).
(2) Im Streitfall gehen die Parteien übereinstimmend von einem weisungsgebundenen Handeln des damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers aus. So hat die Beklagte selbst ausgeführt, die Verhandlungen hätten sich deshalb so langwierig gestaltet, weil der Kläger mehrfach erklärt habe, den Vergleich schließen zu wollen, einige Sekunden später aber hiervon wieder Abstand genommen habe. Angesichts dieses „Szenario“ sei es nachvollziehbar, dass der Vorsitzende nach Stunden erklärt habe, der Kläger habe „sonst keine Chance“ und ihn mit den Worten angesprochen habe: „Stimmen Sie dem jetzt endlich zu, ich will Mittag essen gehen“. Das wiederum lässt den Schluss zu, dass der Prozessbevollmächtigte den Vergleich ohne das Einverständnis des Klägers nicht genehmigt hätte.
bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist von einer Willensbeeinflussung des Klägers durch widerrechtliche Drohung seitens des Vorsitzenden auszugehen.
(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Erklärungen des Vorsitzenden „Gleich werden Sie an die Wand gestellt und erschossen“, „Ich reiße Ihnen sonst den Kopf ab“ und: „Seien Sie vernünftig, sonst müssen wir Sie zum Vergleich prügeln“ seien ersichtlich nicht wörtlich zu verstehen, sondern „als schlechter Scherz“ zu erkennen gewesen. Der Vorsitzende habe dem Kläger - wenn auch in unsachlicher Art und Weise - anhand der Prozesslage die voraussichtlichen Folgen eines möglichen Scheiterns der Vergleichsverhandlungen aufzeigen wollen.
(2) Damit hat sich das Landesarbeitsgericht zu Unrecht allein am Wortlaut der in Rede stehenden Äußerungen orientiert. Es hat nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Drohung iSv. § 123 BGB nicht ausdrücklich ausgesprochen zu werden braucht, sondern versteckt oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen kann (BGH 7. Juni 1988 - IX ZR 245/86 - zu I 1 a der Gründe, AP BGB § 123 Nr. 33). Den Erklärungen des Vorsitzenden kann ein drohendes Element nicht abgesprochen werden. Aus dem Vorbringen der Parteien geht nicht hervor, dass dem Kläger die - offenbar häufiger an den Tag gelegte - ungewöhnliche Art des Vorsitzenden bekannt gewesen wäre oder die Vergleichsverhandlungen in einer aufgelockerten Gesprächsatmosphäre geführt worden wären. Dies ist auch objektiv nicht ersichtlich. Vielmehr beschreibt das Vorbringen beider Parteien eine durchgehende Anspannung des Klägers. Unter diesen Umständen ist es nachvollziehbar, dass beim Kläger aufgrund der in Rede stehenden Äußerungen der Eindruck entstanden ist, dem Vorsitzenden sei jedes, ggf. auch ein anrüchiges Mittel recht, um den Prozess zu dem gewünschten Abschluss bringen, und er - der Kläger - diesem Druck nur dadurch ausweichen könne, dass er den angetragenen Vergleich (endlich) schließe. Bereits dies erfüllt die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 BGB.
(a) Zwar soll das Gericht nach § 64 Abs. 7, § 57 Abs. 2 ArbGG in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. Damit weist ihm das Gesetz im Hinblick auf Vergleichsbemühungen eine aktive Rolle zu, die sich auch in Vergleichsvorschlägen äußern kann (Dietrich ZZP 120, 443, 446). Wenn das Gericht in diesem Zusammenhang - was von vielen Parteien als hilfreich empfunden wird - seine vorläufigen rechtlichen Überlegungen und etwaige Beweisrisiken offenlegt, ist darin in der Regel ein sachlicher Hinweis auf die rechtlichen Folgen eines Scheiterns der Vergleichsverhandlungen zu sehen; die bloße Verdeutlichung von Prozessrisiken kann regelmäßig nicht als Drohung gewertet werden (BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu II 2 c der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12; BGB-RGRK/Steffen 12. Aufl. § 779 Rn. 52; Staudinger/Singer/ v. Finckenstein (2004) § 123 Rn. 63; Arndt NJW 1967, 1585; Schneider NJW 1966, 2399).
(b) Anders liegt der Fall aber, wenn die Verhandlungsführung den Eindruck erweckt, die Partei müsse sich zwingend der Autorität des Gerichts beugen (vgl. Staudinger/Singer/v. Finckenstein (2004) § 123 Rn. 63; Dietrich ZZP 120, 443, 451; Schallow Der mangelhafte Prozessvergleich S. 222 f.). Die Einbettung des Prozessvergleichs in das gerichtliche Urteilsverfahren setzt die Einhaltung verfahrensrechtlicher Vorschriften voraus, insbesondere des Gebots, einer Partei auch im Rahmen von Vergleichsverhandlungen Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt zu vertreten, und ihr rechtliches Gehör zu gewähren (Schallow S. 222; Wolf in Gottwald/Hutmacher/Röhl/Strempel Der Prozessvergleich S. 153, 156). Außerdem verlangt der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) iVm. Art. 2 GG abzuleitende Justizgewährleistungsanspruch danach, einer Partei den Zugang zu einer gerichtlichen Entscheidung nicht in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu erschweren (BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395). Bei der Beurteilung, ob das Drängen des Gerichts auf einen Vergleichsabschluss nach den Umständen des Einzelfalls eine widerrechtliche Drohung darstellt, sind diese grundrechtlichen Anforderungen mit zu berücksichtigen.
(c) Im Streitfall hat der Vorsitzende in seiner dienstlichen Äußerung, die sich der Kläger ausdrücklich zu eigen gemacht hat, eingeräumt, es sei ihm darum gegangen, dem Kläger das „tödliche“ Risiko einer Ablehnung des Vergleichs vor Augen zu führen. Die drastische Wortwahl, mit der er dies in der Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, war geeignet, beim Kläger die Furcht vor einer von ihm nicht mehr zu beeinflussenden, nachteiligen Entscheidung zu wecken und die freie Abwägung des Für und Wider auszuschließen (vgl. hierzu einen ähnlichen Fall BGH 6. Juli 1966 - Ib ZR 83/64 - zu II 2 c der Gründe, AP ZPO § 794 Nr. 12). Hinzu kommt, dass der Kläger die Äußerungen des Vorsitzenden dahin verstehen musste, bei weiteren Bedenken gegen den Vergleich oder dessen Inhalt als „Störenfried“ zu gelten und nicht erwarten zu können, mit seinem Anliegen noch Gehör zu finden und mit Sachargumenten durchzudringen. Das in Aussicht gestellte Übel war damit zum einen die Verlängerung der für den Kläger unerträglich gewordenen Situation im Gerichtssaal selber. Zum anderen musste der Kläger befürchten, bei endgültiger Verweigerung eines Vergleichsabschlusses kein unbefangenes, abgewogenes Urteil mehr erlangen zu können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vergleich aus Sicht des Vorsitzenden für den Kläger vorteilhaft war. Die durch § 123 Abs. 1 BGB geschützte freie Willensbestimmung schließt die Verweigerung eines angetragenen Vergleichs ein, mag dies auch aus Sicht des Gerichts oder objektiv unvernünftig erscheinen.
cc) Das Vorgehen des Vorsitzenden war offensichtlich dazu bestimmt, den Kläger zu veranlassen, seinen Widerstand gegen den angetragenen Vergleich aufzugeben. Das ergibt sich sowohl aus den Worten: „Manche muss man eben zu ihrem Glück zwingen“ als auch aus dem Hinweis, der Kläger habe sonst „keine Chance“. Der Einwand der Beklagten, derartige Erklärungen seien lediglich Ausdruck einer durch die langwierigen Vergleichsverhandlungen eingetretenen Erschöpfung des Kammervorsitzenden, liegt fern. Wäre dem so gewesen, hätte es angesichts der offen zutage getretenen Unsicherheit des Klägers nahe gelegen, die Aufnahme eines Widerrufsvorbehalts in den Vergleich anzuregen.
dd) Zu Unrecht meint die Beklagte, schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers fehle es jedenfalls an der Kausalität der aufgezeigten Drohung für den Vergleichsschluss.
(1) Gemäß § 123 Abs. 1 BGB muss die Drohung für die angefochtene Willenserklärung des Bedrohten ursächlich gewesen sein. Dabei genügt es, dass sie nach der Vorstellung des Drohenden mitursächlich gewesen ist (BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 58, BAGE 125, 70; 15. Dezember 2005 - 6 AZR 197/05 - Rn. 19, AP BGB § 123 Nr. 66 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 6; MünchKommBGB/Kramer 5. Aufl. § 123 Rn. 47). Eine Willenserklärung kann nur dann erfolgreich wegen Drohung angefochten werden, wenn der Anfechtende einem auf die Bestimmung des Willens gerichteten Verlangen nachgegeben und die Willenserklärung nicht aus eigener, selbstständiger Überlegung abgegeben hat (BAG 23. November 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 45, BAGE 120, 251).
(2) Danach ist die Kausalität der widerrechtlichen Einflussnahme auf den Willensbildungsprozess des Klägers zu bejahen. Ist die Androhung eines Übels geeignet, den Bedrohten zur Abgabe einer Willenserklärung zu bestimmen, so ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie eine solche Wirkung auch gehabt hat (vgl. BGH 30. Januar 1963 - VIII ZR 256/61 - BB 1963, 452).
(a) Diese Vermutung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dadurch erschüttert, dass der Kläger gegen den Vorsitzenden - möglicherweise trotz ausdrücklichen Hinweises - kein Ablehnungsgesuch (§ 42, § 44 ZPO) angebracht, sondern die Vergleichsverhandlungen fortgesetzt hat. Zwar mag das Führen von Vergleichsverhandlungen in Kenntnis eines Ablehnungsgrunds als „Einlassen“ im Sinne von § 43 ZPO zu verstehen sein und ggf. den Verlust eines Ablehnungsrechts aus § 42 ZPO bewirken (bspw. OLG Frankfurt 19. Februar 1991 - 3 WF 185/90 - FamRZ 1991, 839; MünchKommZPO/Gehrlein 3. Aufl. § 43 Rn. 5). Es ist aber fraglich, ob § 43 ZPO auch im Rahmen von § 123 BGB zum Tragen kommen kann. Letztlich kann dies dahinstehen. § 43 ZPO dient der Prozesswirtschaftlichkeit und soll verhindern, dass das Ablehnungsrecht zu Zwecken der Prozesstaktik eingesetzt wird (MünchKommZPO/Gehrlein aaO Rn. 1). Zwingende materiell-rechtliche Wirkungen ergeben sich daraus nicht. Im Übrigen wird allein durch die Nichtausübung eines Ablehnungsrechts noch nicht der Kausalzusammenhang zwischen Drohung und späterem Vergleichsschluss durchbrochen.
(b) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kausalität der Drohung durch Zwischenberatungen der Parteien untereinander beseitigt worden wäre. Abgesehen davon, dass die Beklagte nicht darstellt, was Gegenstand dieser Beratungen war, spricht der weitere Verlauf der mündlichen Verhandlung gegen einen von den vorangegangenen Äußerungen des Vorsitzenden unbeeinflussten, freien Entschluss des Klägers, dem Vergleich zuzustimmen. Sonst hätte es einer weiteren Einwirkung auf den Kläger nicht bedurft.
e) Der Rechtsstreit war nicht zur neuen Verhandlung und Entscheidung über die Wirksamkeit des Prozessvergleichs an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Es bedarf keiner weiteren Feststellungen. Zwar hat das Landesarbeitsgericht das Vorbringen des Klägers zum Vorliegen einer widerrechtlichen Drohung als streitig angesehen und für seine Entscheidung lediglich als wahr unterstellt. Dabei hat es aber übersehen, dass die Behauptungen des Klägers, soweit sie sich auf den Gang der Verhandlung und für die Beklagte wahrnehmbare Äußerungen des Vorsitzenden bezogen haben, entweder in weiten Teilen - was etwa die von diesem selbst in einer dienstlichen Stellungnahme eingeräumten Äußerungen anbelangt - durch bejahende Einlassung zugestanden worden sind oder zumindest wegen der Unzulässigkeit eines Bestreitens nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu gelten hatten.
aa) Soweit die Beklagte dem Vorbringen des Klägers überhaupt - im Wesentlichen pauschal - entgegen getreten ist, hat sie sich auf Erinnerungslücken ihres Prozessbevollmächtigten berufen. Insoweit liegt ein Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) vor.
bb) Dies ist hier unzulässig. Dem Vortrag der Beklagten ist nicht zu entnehmen, welche Anstrengungen ihr Prozessbevollmächtigter unter Hinzuziehung ggf. vorhandener Sitzungsunterlagen unternommen hat, mögliche Erinnerungslücken zu schließen. Im Übrigen war die Beklagte im Termin vom 16. August 2006 auch durch ihren Personalleiter vertreten. Ob und mit welchem Ergebnis sie versucht hat, sich über diesen die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, geht aus ihrem Vorbringen nicht hervor.
4. Die Anfechtung des Prozessvergleichs ist nicht gemäß § 144 BGB ausgeschlossen. Die diesbezüglichen Behauptungen der Beklagten sind unschlüssig.
a) Nach § 144 Abs. 1 BGB ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Bestätigung ist jede Erklärung des Anfechtungsberechtigten, in der sein Wille zum Ausdruck kommt, ein ihm bekanntes Anfechtungsrecht nicht auszuüben (BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - Rn. 36, BAGE 125, 70; BGH 28. April 1971 - VIII ZR 258/69 - zu II 3 e cc der Gründe, NJW 1971, 1795). An die Annahme einer Bestätigung durch schlüssiges Verhalten sind strenge Anforderungen zu stellen. Teilnehmer am Rechtsverkehr pflegen erfahrungsgemäß nicht ohne Weiteres auf bestehende Befugnisse oder Gestaltungsmöglichkeiten zu verzichten (BGH 2. Februar 1990 - V ZR 266/88 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 110, 220). Für die Fälle des § 123 BGB gilt dies in besonderem Maße, weil dem Anfechtungsberechtigten eine Anfechtungsfrist von einem Jahr zur Verfügung steht (§ 124 BGB). Diese gesetzliche Überlegungsfrist darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass jedes Verhalten des Anfechtungsberechtigten, das sich als Wahrnehmung von Rechten und Pflichten aus dem anfechtbaren Rechtsgeschäft verstehen lässt, als dessen Bestätigung gewertet wird. Eine stillschweigende Bestätigung iSv. § 144 BGB kann erst angenommen werden, wenn das fragliche Verhalten eindeutig Ausdruck eines entsprechenden Willens und jede andere Deutung den Umständen nach ausgeschlossen ist (BAG 28. November 2007 - 6 AZR 1108/06 - aaO; 16. Dezember 2004 - 2 AZR 148/04 - zu B I 1 der Gründe mwN, AP BGB § 123 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 123 Nr. 5).
b) Danach kann eine Bestätigung des anfechtbaren Vergleichs nicht darin gesehen werden, dass der Kläger für die Zeit bis zum 31. Dezember 2006 Leistungen auf der Grundlage des Vergleichs entgegen genommen und sich mit der Beklagten um die Auslegung von dessen Nr. 3 gestritten hat. Das Verhalten des Klägers war ersichtlich einer wirtschaftlichen Notwendigkeit geschuldet. Es steht auch nicht im Widerspruch zu seiner Überzeugung, der Prozessvergleich habe den Rechtsstreit nicht beendet und das Arbeitsverhältnis bestehe mangels rechtswirksamer Kündigung fort. Selbst wenn der Kläger, wie von der Beklagten behauptet, im Hinblick auf die Zeugniserteilung eine Vollstreckung aus dem Vergleich angekündigt hätte, müsste dies nicht als dessen Bestätigung verstanden werden. Der Kläger konnte angesichts des Ablaufs der Kündigungsfrist ohnehin ein Zeugnis beanspruchen. Ebenso wenig lässt sich ein eindeutiger Bestätigungswille daraus ableiten, dass er die Konsequenzen aus dem Verhalten des Vorsitzenden erst zu einem Zeitpunkt gezogen hat, zu welchem sein neu begründetes Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber bereits beendet war. Sein Verhalten lässt durchaus andere Deutungen zu. So ist es möglich, dass der Kläger seinen neuen Arbeitgeber nicht dadurch verunsichern wollte, dass er einen Kündigungsrechtsstreit mit seinem früheren Arbeitgeber wieder aufnähme, oder er die Hoffnung hegte, er könne sich durch einen beruflichen Neuanfang die Belastungen, die mit einer Fortsetzung des vorliegenden Rechtsstreits verbunden sind, ersparen.
5. Ist der Vergleich damit gemäß § 142 Abs. 1 BGB unwirksam, kann dahinstehen, ob - wie vom Kläger geltend gemacht - sonstige Unwirksamkeitsgründe vorliegen. Grundsätzlich können auch möglicherweise nichtige Rechtsgeschäfte angefochten werden (sog. Doppelwirkungen im Recht, vgl. BGH 25. November 2009 - VIII ZR 318/08 - Rn. 18, BB 2010, 271).
III. Der durch den Prozessvergleich nicht erledigte Rechtsstreit ist in der Lage fortzusetzen, in der er sich vor Vergleichsabschluss befand. Da das Berufungsgericht noch keine Sachentscheidung getroffen hat, ist der Rechtsstreit an dieses zurückzuverweisen (entsprechend § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
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Jan Eulen |