Entscheidungsdatum: 25.05.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Patentanmeldung …
hier: Verfahrenskostenhilfe
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. Mai 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Phys. Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi und Dipl.-Ing. Matter
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Patentabteilung 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Januar 2016 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
I.
Mit am 3. Juni 2015 beim Deutschen Patent- und Markenamt (i. W. DPMA) eingegangenem Antrag hat der Antragsteller, vertreten durch Patentanwalt S… und Rechtsanwalt S1…, eine Erfindung mit der Bezeichnung „… “ zur Erteilung eines Patents angemeldet. Die Anmeldegebühr in Höhe von … € ist am 14. August 2015 gezahlt worden.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 31. August 2015 Verfahrenskostenhilfe für die Patenanmeldung beantragt. Dem Antrag sind eine Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 14. Juni 2015 und zugehörige Belege Nr. 1 bis 10 beigefügt.
Die Patentabteilung 32 hat in einem ersten Mängelbescheid vom 30. September 2015 gerügt, dass nicht für alle geltend gemachten Ausgaben hinreichende Belege eingereicht worden seien und der Antragsteller mitteilen solle, für welche Gebühren Verfahrenskostenhilfe beantragt werde. Die Berechnung – anhand der Angaben des Antragstellers – habe ein einzusetzendes Einkommen von … EUR und eine Monatsrate von … EUR ergeben (§ 115 Abs. 2 ZPO). Da die voraussichtlichen Verfahrenskosten von … EUR (Prüfungsantragsgebühr) niedriger als der vierfache Ratenbetrag von … EUR seien, könne Verfahrenskostenhilfe voraussichtlich nicht bewilligt werden (§ 115 Abs. 4 ZPO).
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 und zuletzt mit Schreiben vom 11. November 2015 hat der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für die Prüfungsantragsgebühr und alle Jahresgebühren im Prüfungsverfahren sowie die Beiordnung eines Patentanwalts beantragt, wobei Patentanwalt S… sein Einverständnis mit der Beiordnung erklärt hat. Hinsichtlich der erforderlichen Belege ist auf die Eingabe vom 31. August 2015 verwiesen worden.
Nach einem zweiten Mängelbescheid vom 27. Oktober 2015, in dem erneut auf die fehlende Bedürftigkeit des Antragstellers hingewiesen worden war, hat die Patentabteilung 32 durch Beschluss vom 7. Januar 2016 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren, für alle im Erteilungsverfahren fälligen Jahresgebühren und auf Beiordnung eines Vertreters zurückgewiesen. Trotz Aufforderung seien keine weiteren Nachweise der Bedürftigkeit eingereicht worden. Der Antrag sei daher wegen nicht nachgewiesener Bedürftigkeit zurückzuweisen gewesen.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 9. Februar 2016. Er macht geltend, dass er auf die Bescheide der Patentabteilung mit Eingabe vom 11. November 2015 hinreichend geantwortet habe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist statthaft sowie auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 PatG). Eine Gebühr fällt für eine Beschwerde in Verfahrenskostenhilfesachen nicht an (Gebührenverzeichnis zu § 2 Abs. 1 PatKostG Nr. 401 300 Satz 2). Die Beschwerde hat auch insoweit Erfolg, als sie unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückverweisung der Sache an das DPMA führt, weil das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und noch nicht in der Sache selbst entschieden worden ist (§ 79 Abs. 3 Nr. 2 und 1 PatG).
Der Beschluss stützt sich auf die nicht nachgewiesene Bedürftigkeit des Antragstellers (§ 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. §§ 114 f. ZPO). Die hierzu in dem Bescheid vom 30. September 2015 anhand der vom Antragsteller in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 14. Juni 2015 angegebenen Einnahmen und Ausgaben aufgestellte Berechnung, in der gemäß § 115 Abs. 1 ZPO dem Einkommen des Antragstellers die zum damaligen Zeitpunkt davon abzusetzenden Beträge gegenübergestellt worden sind, ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Unabhängig von dem Ergebnis des in dem Bescheid errechneten einzusetzenden monatlichen Einkommens (§ 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO) in Höhe von … EUR und der errechneten Monatsraten (§ 115 Abs. 2 ZPO) in Höhe von … EUR, war es von der Patentabteilung jedoch verfahrensfehlerhaft, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe an einer entsprechenden Anwendung des § 115 Abs. 4 ZPO deshalb scheitern zu lassen, weil die voraussichtlichen Kosten des Erteilungsverfahrens (von der Patentabteilung wurde hierfür nur die Prüfungsantragsgebühr von EUR … angesetzt) vier Monatsraten (nach der Berechnung in dem Bescheid … EUR) nicht übersteigen. Insoweit ist in Verfahrenskostenhilfe-Verfahren vor dem Patentamt die gesonderte Vorschrift des § 130 Abs. 5 Satz 1 PatG zu berücksichtigen, nach der auf Antrag so viele Jahresgebühren in die Verfahrenskostenhilfe einbezogen werden, wie erforderlich ist, um die einer Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe nach § 115 Abs. 3 ZPO (redaktioneller Fehler im Gesetz: richtig ist § 115 Abs. 4 ZPO; vgl. Benkard, PatG, 11. Aufl., 2015, § 130 Rdn. 6) entgegenstehende Beschränkung auszuschließen. Nachdem die Möglichkeit der Stundung der Jahresgebühren nach § 18 PatG mit Wirkung vom 1. Januar 2002 aufgehoben worden ist (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 18), ist dies das alternative Verfahren zur Entlastung des Anmelders (vgl. hierzu Benkard, a. a. O., § 130 Rdn. 15; Busse, PatG, 7. Aufl., 2012, § 130 Rdn. 19; Fitzner/Lutz/Bodewig, Patentrechtskommentar, 4. Aufl., 2012, § 130 PatG Rdn. 42). Es hätte daher nicht nur, wie in dem Bescheid geschehen, die Prüfungsantragsgebühr in Höhe von … EUR als Verfahrenskosten i. S. v. § 115 Abs. 4 ZPO angesetzt werden dürfen. Nachdem der Antragsteller mit Eingabe vom 11. November 2015 ausdrücklich auch die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für alle Jahresgebühren im Prüfungsverfahren beantragt hat (vgl. BPatG Beschluss vom 13. Januar 2004 – 17 W (pat) 54/03), ist vielmehr darüber hinaus die entsprechende Anzahl von in die Verfahrenskostenhilfe einzubeziehenden Jahresgebühren anzusetzen, bis der Betrag von vier Monatsraten überstiegen und infolge dessen die Beschränkung nach § 115 Abs. 4 ZPO ausgeschlossen ist. Da der Antragsteller im Erteilungsverfahren anwaltlich vertreten ist, sind zu den Prozess- bzw. Verfahrenskosten i. S. v. § 115 Abs. 4 ZPO außerdem die Kosten der anwaltlichen Vertretung hinzuzurechnen, soweit die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Patentanwalts i. S. v. § 133 PatG vorliegen (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., 2016, § 115 Rdn. 24). Im Fall der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einbezogene Jahresgebühren sind gemäß § 130 Abs. 5 Satz 2 PatG die gezahlten Raten erst dann auf die Jahresgebühren zu verrechnen, wenn die Kosten des Patenterteilungsverfahrens einschließlich etwa entstandener Kosten für einen beigeordneten Vertreter durch die Ratenzahlungen gedeckt sind.
Mithin ist die Ablehnung der beantragten Verfahrenskostenhilfe allein aus Gründen nicht belegter Bedürftigkeit gemäß § 115 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG zu Unrecht erfolgt.
Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller keine Belege für die im Bescheid der Abteilung vom 30. September 2015 als „ohne Nachweis“ bzw. als „ohne Nachweis der monatlichen Höhe“ gerügten Ausgaben nachgereicht hat. Denn selbst wenn man die als nicht nachgewiesen beanstandeten Ausgaben unberücksichtigt lässt, ergibt sich nach § 115 Abs. 2 ZPO ein dementsprechend höheres einzusetzendes Einkommen und höhere Raten sowie nach § 130 Abs. 5 Satz 1 PatG eine entsprechend größere Zahl der in die Verfahrenskostenhilfe einzubeziehenden Jahresgebühren, nicht jedoch die mangelnde Bedürftigkeit des Antragstellers.
Abgesehen davon erachtet der Senat die Mängelrüge der Patentabteilung teilweise für berechtigt, jedenfalls in Bezug auf die in der Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angegebenen monatlichen Ratenzahlungen für einen „T… Ratenkredit …“ in Höhe von … EUR und für einen „B… Ratenkredit …“ in Höhe von … EUR. Aus der hierzu als Beleg Nr. 10 eingereichten Monatsübersicht, Seite 2/6, über das Girokonto des Antragstellers und seiner Ehefrau vom 30. April 2014 lassen die dort verzeichneten Abbuchungen von Kreditraten in Höhe von … EUR und … EUR zum 01.04.(2015) nicht erkennen, ob es sich um monatliche Ratenzahlungen handelt und auch nicht, für was die Kredite gewährt worden sind. Hinreichend belegt sind aus Sicht des Senats hingegen die geltend gemachten „Sozialversicherungsbeiträge“, allerdings nicht in Höhe von monatlich … EUR, wie geltend gemacht, sondern nur in Höhe von … EUR. Dies ergibt sich aus Beleg Nr. 4, Seite 2, dem Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung des Antragstellers für 2014, und dort aus den Beträgen zu Ziff. 25, Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen KV 660,96 EUR, und Ziff. 26, Arbeitnehmerbeiträge zur sozialen PV … EUR, die in der Summe und durch zwölf (Monate) geteilt … EUR ergeben.
Der Senat hat davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden, und hat wegen des dargelegten wesentlichen Verfahrensmangels bei der Beurteilung der Bedürftigkeit des Antragstellers die Zurückverweisung an das DPMA beschlossen (§ 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG). Im Übrigen hat das DPMA – aus seiner Sicht folgerichtig – noch nicht über die weiteren Fragen der hinreichenden Aussicht auf Erteilung des Patents (§ 130 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz PatG), der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG) sowie der Beiordnung eines Patentanwalts (§ 133 PatG) und insoweit noch nicht in der Sache selbst entschieden. Auch aus diesem Grund war die Zurückverweisung an das DPMA angezeigt (§ 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG).