Entscheidungsdatum: 21.01.2015
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 030 611.7-26
…
hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dipl.-Ing. Wickborn, des Richters Kruppa, der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und des Richters Dr.-Ing. Flaschke
beschlossen:
1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2008 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
I.
Die am 24. Juni 2004 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 26. Juni 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2004 030 611.7 mit der Bezeichnung
„Vorrichtung und Verfahren zum Regeln des Luftvolumens
während des Leerlaufbetriebs“
wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse F 02 D mit Beschluss vom 27. Oktober 2008 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Anforderungen des § 34 PatG und des § 38 PatG nicht erfüllt seien. Im Einzelnen wurde angeführt, dass der geltende Patentanspruch 1 unzulässig erweitert sei. Darüber hinaus sei die im Patentanspruch 1 offenbarte technische Lehre für den Fachmann nicht so klar und deutlich offenbart, dass er sie in Verbindung mit der Beschreibung ausführen könne. Zudem genüge der geltende Patentanspruch 1 der vorliegenden Patentanmeldung durch die Verwendung von Begriffen und Formulierungen, die dem Durchschnittsfachmann auch in Verbindung mit der Beschreibung nicht eindeutig verständlich seien, nicht den in § 9 Abs. 4 PatV bzw. § 34 PatG genannten Voraussetzungen. Andererseits sei der gewünschte Schutzbereich allein durch den Patentanspruch 1 nicht klar definiert, so dass der Fachmann nicht in die Lage versetzt werde, zu erkennen, was er tun dürfte und was er zu lassen hätte (mit Verweis auf Schulte, 8. Aufl., § 34 PatG, Rdn. 116-118 u. 125-128). Zudem verbiete das Gebot der Rechtssicherheit, Schutzrechte mit diffusem Inhalt und unbestimmtem Schutzgegenstand zu erteilen (mit Verweis auf Schulte, 8. Aufl., § 14 PatG, Rdn. 17 u. § 34 PatG, Rdn. 78).
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Im Prüfungsverfahren hat die Prüfungsstelle, ohne dass sich der Beschluss darauf stützte, die von der Anmelderin in den Anmeldeunterlagen gewürdigte Druckschrift
D1 JP H07-197828 A
als Stand der Technik genannt.
Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 hat der Senat die Druckschriften
D2: DE 35 04 195 A1
und
D3: JP 10-339197 A einschließlich der englischsprachigen Maschinenübersetzung
ins Verfahren eingeführt und darauf hingewiesen, dass die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 13 gegenüber Druckschrift D2 i. V. m. Druckschrift D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen dürften.
Zur Auslegung einzelner in der Anmeldung verwendeter Begriffe wurden vom Senat in der Verhandlung noch Auszüge aus dem Lehrbuch
D4: WERNSTEDT, J.: Experimentelle Prozeßanalyse, 1. Aufl., VEB Verlag Technik, Berlin, 1989 - ISBN 3-341-00676-1, Seiten 7-12, 189
genannt.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2008 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 28. Februar 2011,
hilfsweise Patentansprüche 1 bis 16, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Seiten 1 bis 38,
- Figuren 1 bis 4,
jeweils eingegangen am 20. September 2004.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
M „Vorrichtung zum Regeln einer Ansaugluftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors, mit:
M1 einer ersten Schätzeinrichtung (10; 100) zum Schätzen eines einer momentanen Ansaugluftmenge des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs des Verbrennungsmotors entsprechenden Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes;
M2 einer zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) zum Schätzen eines einer Differenz zwischen einer Ist-Motordrehzahl und einer Soll-Motordrehzahl des Verbrennungsmotors entsprechenden Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrags;
M3 einer dritten Schätzeinrichtung (30; 300) zum Schätzen eines Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes auf einer Basis des von der ersten Schätzeinrichtung (10; 100) geschätzten Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes und des von der zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) geschätzten Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrages; und
M4 einer Regelungseinrichtung (60) zum Regeln der Ansaugluftmenge mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem (50) des Verbrennungsmotors zum Stellen einer Ansaugluftmenge, welche dem von der dritten Schätzeinrichtung (30; 300) geschätzten Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entspricht.“
Der nebengeordnete Patentanspruch 13 nach Hauptantrag lautet:
„Verfahren zum Regeln einer Luftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors, mit:
einem ersten Schritt (S10; S100) zum Schätzen eines einer momentanen Ansaugluftmenge des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs des Verbrennungsmotors entsprechenden Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes;
einem zweiten Schritt (S20; S200) zum Schätzen eines einer Differenz zwischen einer Ist-Motordrehzahl und einer Soll-Motordrehzahl des Verbrennungsmotors entsprechenden Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrags;
einem dritten Schritt (S30; S300) zum Schätzen eines Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes auf einer Basis des im ersten Schritt (S10; S100) geschätzten Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes und des in dem zweiten Schritt (S20; S200) geschätzten Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrages; und
einem vierten Schritt (S50, S400) zum Regeln der Ansaugluftmenge mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem des Verbrennungsmotors um eine Ansaugluftmenge zu erreichen, welche dem in dem dritten Schritt (S30; S300) geschätzten Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entspricht.“
Wegen der Unteransprüche 2 bis 12 und 14 bis 22 nach Hauptantrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Anspruch 1 nach Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag hervorgehoben):
M „Vorrichtung zum Regeln einer Ansaugluftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors, mit:
M1* einer ersten Schätzeinrichtung (10; 100) zum Schätzen eines einer momentanen Ansaugluftmenge des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs des Verbrennungsmotors entsprechenden Ist-Abgabedrehmoments -Korrelationswertes;
M2* einer zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) zum Schätzen eines einer Differenz zwischen einer Ist-Motordrehzahl und einer Soll-Motordrehzahl des Verbrennungsmotors entsprechenden Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrags;
M3* einer dritten Schätzeinrichtung (30; 300) zum Schätzen eines Soll-Abgabedrehmoments -Korrelationswertes auf einer Basis des von der ersten Schätzeinrichtung (10; 100) geschätzten Ist-Abgabedrehmoments -Korrelationswertes und des von der zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) geschätzten Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrages,
M3a indem ein Produkt des Abgabedrehmoment-Korrekturbetrags mit einem Verstärkungsfaktor auf das geschätzte Ist-Abgabedrehmoment addiert wird, und wobei der Verstärkungsfaktor gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird; und
M4* einer Regelungseinrichtung (60) zum Regeln der Ansaugluftmenge mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem (50) des Verbrennungsmotors zum Stellen einer Ansaugluftmenge, welche dem von der dritten Schätzeinrichtung (30; 300) geschätzten Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entspricht.“
Der nebengeordnete Patentanspruch 9 nach Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber dem Anspruch 13 nach Hauptantrag hervorgehoben):
„Verfahren zum Regeln einer Luftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors, mit:
einem ersten Schritt (S10; S100) zum Schätzen eines einer momentanen Ansaugluftmenge des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs des Verbrennungsmotors entsprechenden Ist-Abgabedrehmoments -Korrelationswertes;
einem zweiten Schritt (S20; S200) zum Schätzen eines einer Differenz zwischen einer Ist-Motordrehzahl und einer Soll-Motordrehzahl des Verbrennungsmotors entsprechenden Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrags;
einem dritten Schritt (S30; S300) zum Schätzen eines Soll-Abgabedrehmoments -Korrelationswertes auf einer Basis des im ersten Schritt (S10; S100) geschätzten Ist-Abgabedrehmoments -Korrelationswertes und des in dem zweiten Schritt (S20; S200) geschätzten Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrages
indem ein Produkt des Abgabedrehmoment-Korrekturbetrags mit einem Verstärkungsfaktor auf das geschätzte Ist-Abgabedrehmoment addiert wird, und wobei der Verstärkungsfaktor gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird; und
einem vierten Schritt (S50, S400) zum Regeln der Ansaugluftmenge mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem des Verbrennungsmotors, um eine Ansaugluftmenge zu erreichen, welche dem in dem dritten Schritt (S30; S300) geschätzten Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entspricht.“
Wegen der Unteransprüche 2 bis 8 und 10 bis 16 nach Hilfsantrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass die geänderten Anspruchsfassungen zulässig seien, die verwendeten Begriffe klar seien und die Gegenstände der Ansprüche neu und erfinderisch seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 1 und 3 PatG.
1. Die Anmeldung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Regeln eines Luftvolumens während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors in der Weise, dass ein Ansaugluftvolumen des Verbrennungsmotors eingestellt werden könne, um eine Motordrehzahl des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs zu stabilisieren (deutschsprachige Anmeldeunterlagen, S. 1, erster Abs.). Bei einer herkömmlichen Leerlauf-Drehzahlregelung eines Verbrennungsmotors eines Fahrzeugs werde zum Stabilisieren einer Motordrehzahl während des Leerlaufbetriebs, damit der Motor unter Nullastbedingungen laufe, ein Drosselklappenventil oder Nebenschlussventil (z. B. ein ISC-Ventil) betätigt, um ein Ansaugluftvolumen des Verbrennungsmotors einzustellen. Bei der Durchführung der Leerlauf-Drehzahlregelung werde üblicherweise eine PID-Regelung angewandt (deutschsprachige Anmeldeunterlagen, S. 1, Z. 16 - 30). Es sei jedoch schwierig, optimale Werte für die einzelnen Verstärkungsfaktoren zu erzielen, da diese im Allgemeinen bei der Entwicklung des Verbrennungsmotors ermittelt würden. Ferner sei es nicht ersichtlich, wie diese Verstärkungsfaktoren zu verändern seien, wenn sich die Lastbedingung und Atmosphärenbedingungen veränderten (deutschsprachige Anmeldeunterlagen, S. 2, Z. 6 - 12).
Der Anmeldung liegt laut geltender Beschreibungseinleitung (S. 3, Z. 22 - 27 der deutschsprachigen Anmeldeunterlagen) die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Regeln eines Luftvolumens während eines Leerlaufbetriebs bereitzustellen, um eine leichte und angemessene Einstellung eines Verstärkungsfaktors für die sicherere Stabilisierung einer Leerlaufdrehzahl zu ermöglichen.
Als Fachmann, der mit der Lösung dieser Aufgabenstellung betraut wird, sieht der Senat einen Ingenieur der Fahrzeugtechnik an, der Erfahrungen in der Entwicklung von Motorsteuergeräten hat und auf dem Gebiet der Regelungstechnik über zusätzliches Wissen verfügt.
Gelöst werden soll die Aufgabe durch eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag und durch ein Verfahren gemäß Anspruch 13 nach Hauptantrag bzw. Anspruch 9 nach Hilfsantrag.
Als Lösung ist im Wesentlichen vorgesehen, die Ansaugluftmenge während des Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors momentengeführt zu regeln: Es wird ein Ist-Moment-Korrelationswert geschätzt, der einer momentanen Ansaugluftmenge zugeordnet ist, sowie ein Korrekturbetrag für den Moment-Korrelationswert basierend auf der Differenz zwischen Ist-Motordrehzahl und Soll-Motordrehzahl. Auf Basis dieser beiden geschätzten Werte wird ein Soll-Moment-Korrelationswert geschätzt. Dieser Soll-Moment-Korrelationswert dient der Einstellung der Ansaugluftmenge in einer Regelungseinrichtung zum Regeln der Ansaugluftmenge eines Ansaugluftmengen-Einstellsystems des Verbrennungsmotors.
2. Zum Hauptantrag
Der Hauptantrag ist nicht gewährbar, weil der Gegenstand seines Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 Satz 1 PatG).
Die Fragen der Zulässigkeit des Anspruchs 1 sowie der Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 nach Hauptantrag können somit dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1990 – X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 – Elastische Bandage).
2.1. Einige Merkmale des Patentanspruchs 1 bedürfen der Auslegung.
Der Fachmann legt den im Anspruch verwendeten Begriffen folgendes Verständnis zugrunde:
Die Begriffe „Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswert“ und „Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert“ (vgl. Merkmale M1, M3 und M4) sind im Sinne der Beschreibung der Anmeldung als Größen zu verstehen, die mit dem Ist- bzw. Soll-Moment in einer kausalen, korrelierenden Beziehung stehen (vgl. geltende Beschreibung, S. 5, Z. 7 - 11, S. 8, Z. 10 - 14, S. 30, Z. 4 - 8 u. S. 35, Z. 29 - S. 36, Z. 5). Dabei kann der Korrelationswert das Moment selbst (vgl. geltender Anspruch 3) oder auch eine mit dem Moment physikalisch verbundene Ersatzgröße sein, wie beispielsweise die Drosselklappenstellung (vgl. geltender Anspruch 12). Dies gilt analog für den Begriff „Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrag“ (vgl. Merkmale M2 und M3), der einen Korrekturwert für die mit dem Abgabedrehmoment korrelierende Größe darstellt (vgl. geltende Beschreibung, S. 4, Z. 5 - 12).
Den Begriff „Schätzen“ (vgl. Merkmale M1, M2 und M3) versteht der Fachmann als Fachbegriff aus der Mess- und Regelungstechnik. Im Gegensatz zur Auffassung der Prüfungsstelle sind Schätzmethoden in der Mess- und Regelungstechnik übliche Werkzeuge bei der Lösung von Messaufgaben (vgl. hierzu beispielsweise das Inhaltsverzeichnis aus dem Lehrbuch D4, S. 10 u. 11) und gehören daher zum Grundlagenwissen des Fachmanns. Beim Schätzen einer Messgröße wird auf der Grundlage von gemessenen Größen und a priori-Informationen ein Modell so an ein gegebenes System angepasst, dass eine gewählte Zielfunktion minimal wird. Neben physikalischen Modellen können dabei auch rein numerische Verfahren eingesetzt werden, die einen näherungsweise gültigen Zusammenhang zwischen der gesuchten Messgröße und einer Kalibrierfunktion beschreiben. Die Güte einer Schätzung hängt dabei u. a. von der gewählten Zielfunktion ab (vgl. hierzu insb. den Auszug aus dem Lehrbuch D4, S. 189). Mit den Schätzeinrichtungen (10, 20, 30) (vgl. Merkmale M1, M2 und M3) erfolgt daher eine Parameterschätzung von Parametern, die für die Regelung der Ansaugluftmenge erforderlich sind, messtechnisch aber nicht oder nur mit erheblichem Aufwand ermittelbar sind. Ihre Ermittlung erfolgt mit Hilfe mathematischer Methoden und a priori-Wissen aus gemessenen Werten eindeutig reproduzierbar derart, dass der geschätzte Parameter dem tatsächlichen Wert so nahe wie möglich kommt. Als erste, zweite und dritte „Schätzeinrichtung“ versteht der Fachmann daher einzelne Recheneinheiten, in welchen in Abhängigkeit von einer Eingangsgröße oder mehreren Eingangsgrößen die jeweilige Ausgangsgröße berechnet wird. Dem Fachmann ist bekannt, dass die Berechnung z. B. mit Hilfe von Kennlinien, Modellen, oder Interpolations- oder Approximationsverfahren erfolgen kann. Der Fachmann liest mit, dass die Schätzeinheiten zentral im Motorsteuergerät oder dezentral in der Schaltung einer Sensor- oder Aktoreinheit integriert sein können, und auch ein Sensor selbst, der an seinem Eingang die Messgröße aufnimmt und an seinem Ausgang ein konditioniertes Messsignal liefert, als Schätzeinrichtung verstanden werden kann.
Bei dem von der ersten Schätzeinrichtung gemäß Merkmal M1 vorgenommenen Schätzen eines einer Ansaugluftmenge entsprechenden Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes ist dem Fachmann klar, dass mit „entsprechend“ nicht eine mathematische Gleichheit zweier Größen gemeint sein kann, sondern eine funktionale Abhängigkeit.
Im gegebenen technischen Kontext wird der Fachmann die Formulierung „Schätzen eines Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes auf der Basis des […] Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes und des […] Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrages“ (vgl. Merkmal M3) als funktionale Verknüpfung zwischen diesen drei Größen sehen.
2.2. Die Vorrichtung des Anspruchs 1 beruht gegenüber dem Stand der Technik gemäß Druckschrift D2 i. V. m. Druckschrift D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Druckschrift D2 offenbart eine Vorrichtung zur Regelung der Ansaugluftmenge eines Verbrennungsmotors (vgl. D2: Oberbegriff des Anspruchs 4; teilweise Merkmal M, ohne dass die Vorrichtung speziell die Luftmenge während des Leerlaufbetriebs regelt). Die Vorrichtung umfasst mehrere, als Schätzeinrichtungen anzusehende, „arithmetische Einrichtungen“ (vgl. S. 9, Z. 34 - S. 10, Z. 22), wobei eine der arithmetischen Einrichtungen einen Korrekturwert, der einen Abgabedrehmoment-Korrelationswert-Korrekturbetrag darstellt, berechnet (vgl. S. 10, Z. 15 - 22; teilweise Merkmal M2, ohne dass der Korrekturbetrag einer Differenz zwischen einer Ist-Motordrehzahl und einer Soll-Drehzahl entspricht). Die Berechnung des dem Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entsprechenden Sollwertes für das Ausgangsdrehmoment erfolgt auf Basis dieses mit einer der arithmetischen Einrichtungen berechneten Korrekturbetrags und eines dem Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entsprechenden tatsächlichem Ausgangsdrehmoment (vgl. Anspruch 1 u. S. 9, Z. 34 - S. 10, Z. 22; Merkmal M3), welcher von einem Drehmomentsensor als ein für das augenblickliche Drehmoment repräsentativer Signalwert geschätzt wird (vgl. S. 60, Z. 12-14 u. S. 18, Z. 23; teilweise Merkmal M1). Das Schätzen eines Ist-Abgabedrehmoment-Korrelationswertes speziell während des Leerlaufbetriebs wird in Druckschrift D2 explizit nicht beschrieben. Das Regeln der Ansaugluftmenge erfolgt mit einem Stellglied zum Stellen der Luftmenge über ein dem Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entsprechendes Rückkopplungs-Steuersignal zum Einstellen der Winkelstellung der Drosselklappe (S. 61, Z. 16 - 27; Merkmal M4).
Kern der in Druckschrift D2 offenbarten technischen Lehre ist die Regelung der Ansaugluftmenge bei unterschiedlichen, vom Fahrer gewählten, Betriebsarten (Spar-, Normal- oder Leistungs-Betriebsart; vgl. Fig. 16, Entscheidungsblock 4122). Als Stellglied zum Stellen der an die Betriebsart angepassten Luftmenge wird eine elektronisch geregelte Drosselklappe (E-Gas) momentengeführt angesteuert (vgl. Ansprüche 2, 6). Der Leerlaufbetrieb steht hierbei nicht im Vordergrund, wird aber explizit beschrieben. Für den Betrieb im Leerlauf ist der in Druckschrift D2 beschriebene Verbrennungsmotor zusätzlich mit einem zweiten Stellglied (Leerlauf-Steuerventil 150) bestückt, mit dem über ein Bypasssystem (Leerlauf-Ansaugkanal 144) die Ansaugluftmenge gesteuert werden kann (vgl. Fig. 4A i. V. m. S. 23, Z. 14 - 22). Maßgebend für die Regelung der Ansaugluftmenge über das Leerlauf-Steuerventil ist die Differenz zwischen der Ist- und der Soll-Motordrehzahl (vgl. S. 31, Z. 35 - S. 32, Z. 6). Dem Fachmann ist bekannt, dass ein solches System mit zwei Stellgliedern ein gegenüber einer herkömmlichen Leerlaufdrehzahlregelung mit einer Leerlaufstellschraube ein unempfindlicheres Ansprechverhalten des Antriebs im leerlaufnahen Bereich aufweist.
Die in Druckschrift D2 beschriebene Vorrichtung ist daher zweifellos auch für den Leerlaufbetrieb geeignet (restlicher Teil des Merkmals M); mit Blick auf das Merkmal M4 kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Ansaugluftmenge während des Leerlaufs aktiv über die Drosselklappe oder aber - bei nahezu geschlossener Drosselklappe - über das Leerlaufventil geregelt wird.
Der von dem Drehmomentsensor geschätzte Signalwert, der einen Ist-Abgabemoment-Korrelationswert darstellt, steht dem Steuergerät auch während des Leerlaufbetriebs zur Verfügung (restlicher Teil Merkmal M1), da dieser nicht über die Drosselklappenstellung bestimmt wird, sondern mittels eines Gebers an der Kurbelwelle abgegriffen wird (vgl. S. 18, Z. 5 - 10).
Damit unterscheidet sich der beanspruchte Gegenstand von der Lehre der Druckschrift D2 nur in der konkreten Vorgehensweise bei der Bestimmung des Korrekturbetrags gemäß Merkmal M2. Während die in Druckschrift D2 beschriebene Regelung den Korrekturbetrag basierend auf einer Differenz zwischen dem Soll- und Istwert des Abgabedrehmoments berechnet (vgl. Anspruch 1 u. Fig. 13, Schritt 4140), wird im vorliegenden Anspruch eine Differenz zwischen der Soll- und Ist-Motordrehzahl ermittelt.
Druckschrift D3 beschreibt eine Vorrichtung zum Regeln einer Luftmenge (throttle valve 4 which controls suction air quantity) während eines Leerlaufbetriebs (idle state) des Verbrennungsmotors, bei der die Stellung der Drosselklappe (throttle valve) bzw. eines Leerlaufventils (amount control valve of supplementary airs) lastabhängig angesteuert werden (vgl. Abstract, letzter Satz, Fig. 2, Bezugszeichen 3 u. 4 u. Abs. [0009], [0033] u. [0043] der englischsprachigen Maschinenübersetzung; Merkmal M). Druckschrift D3 offenbart ferner eine momentengeführte Regelung, bei der u. a. die Ansaugluftmenge (suction air quantity) mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem zum Stellen der Ansaugluftmenge (throttle valve) entsprechend einem geschätzten Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert (target torque operation amount) geregelt wird (vgl. letzter Satz v. Abs. [0034] i. V. m. erstem Satz v. Abs. [0042] der englischsprachigen Maschinenübersetzung; Merkmal M4). Zur Bestimmung des Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswerts wird ein unter Verwendung von betriebsartenabhängigen Parametersätzen für einen Schicht- oder Homogenbetrieb erforderliches Basismoment (basic torque operation amount) geschätzt, zu dem bei Vorliegen einer zusätzlichen Last ein Korrekturmoment (correction torque operation amount) addiert wird (vgl. Abs. [0039] der englischsprachigen Maschinenübersetzung). Bei der Modellierung des Korrekturmoments werden die externen Lastbedingungen (external load […] of an air-conditioner) und die daraus resultierenden Schwankungen der Leerlaufdrehzahl in Form der Differenz zwischen der Ist- und der Soll-Motordrehzahl berücksichtigt (vgl. Abs. [0025] u. [0041] der englischsprachigen Maschinenübersetzung: deviation […] of target-engine-speed Nset and the real engine speed Ne (=Nset-Ne) is computed; Merkmal M2).
Wie vorstehend ausgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand gemäß vorliegendem Anspruch von der Lehre der Druckschrift D2 in der Vorgehensweise bei der Bestimmung eines Korrekturbetrags für den Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert. Zum Stellen der dem Soll-Abgabedrehmoment-Korrelationswert entsprechenden Ansaugluftmenge verfügt die Vorrichtung gemäß Druckschrift D2 über zwei Stellglieder. Wie diese im Leerlaufbetrieb im Einzelnen anzusteuern sind, lässt Druckschrift D2 offen. Sie gibt allerdings vor, dass die Drosselklappe im Leerlaufbetrieb derart angesteuert werden sollte, dass die Drehzahl der Brennkraftmaschine konstant bleibt (vgl. S. 36, Z. 1 - 5 i. V. m. S. 31, Brückenabsatz zu S. 32). Es wird auch darauf hingewiesen, dass die im Leerlaufbetrieb vorliegenden Lastbedingungen berücksichtigt werden müssen (vgl. S. 31, Z. 30 - 32). Damit ist der Fachmann veranlasst, Überlegungen anzustellen, wie in Betriebszuständen, bei denen die Motordrehzahl deutlichen Schwankungen unterworfen ist - wie zum Beispiel beim Einschalten des Klimakompressors während des Leerlaufbetriebs - die Motordrehzahl stabilisiert werden kann.
Der Fachmann wird dabei die Lehre der Druckschrift D3 berücksichtigen, die eine momentenorientierte Leerlaufregelung beschreibt, bei der in Abhängigkeit von einem geschätzten Soll-Moment (target torque operation amount) die Stellung der Drosselklappe bzw. eines Leerlaufventils lastabhängig angesteuert wird (vgl. letzter Satz v. Abs. [0034] i. V. m. erstem Satz v. Abs. [0042] der englischsprachigen Maschinenübersetzung).
Wendet der Fachmann zur Stabilisierung der Motordrehzahl unter externen Lastbedingungen die aus Druckschrift D3 bekannte Modellierung des Korrekturmoments auf die aus Druckschrift D2 bekannte Vorrichtung zum Regeln der Ansaugluftmenge an, in dem er die aus Druckschrift D3 bekannte Signalverarbeitung in die Regelungseinrichtung der Druckschrift D2 integriert, so ergibt sich eine momentengeführte Regelung der Ansaugluftmenge, dessen Übertragungsverhalten auch die besonderen Bedingungen im Leerlaufbetrieb berücksichtigt, und bei der zum Schätzen des Korrekturbetrags die externen Lastbedingungen in Form der Differenz zwischen der Ist- und der Soll-Motordrehzahl berücksichtigt werden (restlicher Teil von Merkmal M2).
Die Vorrichtung gemäß vorliegendem Anspruch 1 ergibt sich damit für den zuständigen Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre der Druckschriften D2 und D3, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.
Die Anmelderin hat ausgeführt, Druckschrift D2 beschäftige sich nur mit der Regelung der Ansaugluftmenge im Fahrbetrieb, die Leerlaufregelung spiele keine Rolle. Dieser Auffassung kann seitens des Senats nicht zugestimmt werden, da Druckschrift D2 - wie oben erläutert - explizit den Leerlauffall abhandelt. So wird auf Seite 35, zweiter und dritter Absatz beschrieben, wie die Drosselklappe bei der Regelung der Ansaugluftmenge bei verschiedenen Betriebsarten im Fahrbetrieb anzusteuern ist. Im darauffolgenden Abschnitt auf Seite 36 wird darauf hingewiesen, dass die Drosselklappe so zu steuern ist, dass die Drehzahl der Brennkraftmaschine im Leerlauf konstant bleibt. Zusätzlich zur Drosselklappe steht dem Steuergerät hierzu ein weiteres Stellglied zur Verfügung (vgl. S. 23, Z. 14 - 22).
Der Auffassung der Anmelderin, dass in Druckschrift D2 das Ist-Moment nicht geschätzt, sondern mit einem Sensor direkt gemessen wird, kann der Senat ebenfalls nicht folgen. Auch ein Sensor, der mit seinem Sensorelement eine physikalische Messgröße aufnimmt und in ein digitales Signalformat umsetzt und verarbeitet, stellt eine Schätzeinrichtung dar. Zudem wird auf Seite 60 im zweiten Absatz unmittelbar offenbart, dass der Drehmomentsensor einen „repräsentativen Signalwert“ für das tatsächliche Ausgangsdrehmoment erzeugt, der als Schätzwert anzusehen ist.
Die Vorrichtung des geltenden Patentanspruchs 1 ist für den Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D2 i. V. m. Druckschrift D3 nahegelegt. Die Vorrichtung des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht patentfähig.
2.3. Mit dem nicht patentfähigem Anspruch 1 sind auch der nebengeordnete Anspruch 13 und die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war und über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, GRUR 2007, 862, Abschnitt III. 3. a) aa) – Informationsübermittlungsverfahren II).
3. Zum Hilfsantrag
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zum einen in der Konkretisierung des Korrelationswerts in der Form, dass der jeweilige Abgabedrehmoment-Korrelationswertes das Abgabedrehmoment selbst ist. Zum anderen wurde das Merkmal M3a eingefügt, wonach das Soll-Abgabedrehmoment geschätzt wird,
„indem ein Produkt des Abgabedrehmoment-Korrekturbetrags mit einem Verstärkungsfaktor auf das geschätzte Ist-Abgabedrehmoment addiert wird, und wobei der Verstärkungsfaktor gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird“.
3.1. Die Ansprüche 1 bis 16 nach Hilfsantrag sind zulässig
Die Merkmale des Patentanspruchs 1 finden sich im ursprünglichen Anspruch 1 sowie den ursprünglichen abhängigen Ansprüchen 3, 10 und 11.
Das im ursprünglichen Anspruch verwendete Merkmal „Ansaugluftvolumen“ wurde in den nun geltenden Ansprüchen durch „Ansaugluftmenge“ ersetzt. Dieses Merkmal lässt sich zum einen den deutschsprachigen Anmeldeunterlagen auf der Seite 12, Zeilen 23 bis 27 entnehmen, zum anderen ergibt es sich durch Übersetzung des in den ursprünglichen, englischsprachigen Anmeldeunterlagen verwendeten englischen Begriffs „air volume“.
Die Merkmale des nebengeordneten Patentanspruchs 9 sind ursprünglich offenbart in den Patentansprüchen 13 und 15 sowie in den verfahrensgeprägten Vorrichtungsansprüchen 10 und 11.
Die geltenden Patentansprüche 2 bis 8 und 10 bis 16 basieren auf den ursprünglichen Patentansprüchen 2, 4 bis 9 und 14, 16 bis 21 und sind daher ebenfalls zulässig.
3.2. Die Patentansprüche 1 bis 16 nach Hilfsantrag genügen auch den Vorschriften gemäß § 34 Abs. 3 u. 4 PatG sowie § 9 Abs. 4 PatV.
Mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag liegt unstrittig ein Anspruch in deutscher, nachvollziehbarer Sprache vor, der eine Vielzahl von Merkmalen aufweist. Die im Anspruch verwendeten Begriffe mögen zum Teil umgangssprachlich nicht üblich sein, dennoch ist für den Fachmann erkennbar angegeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG, § 9 Abs. 4 PatV). Insbesondere der Begriff „Schätzeinrichtung“ stellt nach Auffassung des Senats nicht die Klarheit der technischen Lehre des Anspruchs in Frage, sondern die Forderung der Verwendung solcher in der Mess- und Regelungstechnik bekannten Einrichtungen führt vorliegend lediglich dazu, dass unter den Anspruch eine große Anzahl von Gegenständen fällt. Dies gilt ebenso für die von der Prüfungsstelle als unklar bewerteten Begriffe des „Entsprechens“ von Werten oder des Schätzens auf „Basis von“ Werten. Der Anspruch lässt zwar teilweise offen, wie die einzelnen Schätzeinrichtungen ausgestaltet sind, und wie die genannten Größen im Einzelnen messtechnisch zusammenwirken, dies führt aber nicht zur Unklarheit oder mangelnden Ausführbarkeit, sondern zur Verallgemeinerung des Anspruchsgegenstands. Es ist dem Anmelder grundsätzlich unbenommen, den beanspruchten Schutz nicht auf einzelne Ausführungsformen zu beschränken, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen ausdrücklich beschrieben werden, sondern gewisse Verallgemeinerungen vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 11. September 2013 – X ZB 8/12, GRUR 2013, 1210, Amtlicher Leitsatz – Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren). Insbesondere müssen die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung benötigt, nicht im Patentanspruch enthalten sein, sondern es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Anmeldung insgesamt ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 – X ZR 112/99, GRUR 2003, 235, Amtlicher Leitsatz – Kupplungsvorrichtung II). Ein breit gefasster Anspruch ist für sich kein Grund zur Beanstandung (Schulte, 9. Aufl., § 34 PatG, Rdn. 140). Vielmehr ist gemäß BGH, Urteil vom 29. November 2013 – PatAnwZ 1/12, GRUR 2014, Seiten 510-512 im Interesse der Rechtssuchenden der Gehalt der Erfindung mit möglichst weitreichend zu formulierenden Patentansprüchen zu schützen. Ein solcher breit gefasster Anspruch muss dann für jeden seiner umfassten Gegenstände die Voraussetzungen für eine Patentierung erfüllen, d. h. er muss u. a. neu und erfinderisch sein (Schulte, 9. Aufl., § 34 PatG, Rdn. 141).
3.3. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist bei Berücksichtigung des im Verfahren befindlichen Stands der Technik neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften ist ein Hinweis auf ein Soll-Moment zu entnehmen, welches – wie im Merkmal M3a beansprucht – bestimmt wird, indem ein mit einem Abgabedrehmoment-Korrekturbetrag multiplizierter Verstärkungsfaktor, der gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird, zur Bestimmung eines resultierenden Abgabedrehmoments auf ein geschätztes Ist-Abgabedrehmoment addiert wird.
Druckschrift D1 beschreibt eine Vorrichtung zum Regeln einer Leerlaufdrehzahl (vgl. Bezeichnung: idling rotational speed controller), bei der das von externen Fahrzeugkomponenten angeforderte Last-Moment (external load torque RTE) berücksichtigt wird. In Abhängigkeit von diesem Last-Moment und einem geschätzten Ausgangs-Drehmoment (estimated engine output torque TE) errechnet die Motorsteuerung ein resultierendes Soll-Motormoment (target output torque TES). Das als Ist-Moment anzusehende Ausgangs-Drehmoment wird dabei in Abhängigkeit von der Drosselklappenöffnung und der momentanen Motordrehzahl aus einem Kennfeld ausgelesen. Auf Basis des Soll-Moments steuert die Motorsteuerung die Drosselklappe an (target throttle opening). Zur Verbesserung des Lastverhaltens wird dabei eine Störgrößenaufschaltung (feed forward) durchgeführt (vgl. englische Zusammenfassung des japanischen Patentdokuments).
Im Gegensatz zum Anspruch 1 nach Hilfsantrag offenbart Druckschrift D1 keine Regelung der Ansaugluftmenge, bei der ein Abgabedrehmoment-Korrekturbetrag mit einem Verstärkungsfaktor multipliziert wird, welcher sich aus dem Druckverhältnis im Ansaugtrakt ergibt.
Ein solcher Verstärkungsfaktor wird auch in Druckschrift D2 nicht beschrieben. Zwar wird für die Regelstrecke zur Ansteuerung der Drosselklappe eine PID-Regelung eingesetzt, in der die Verstärkungsfaktoren bzw. Übertragungsbeiwerte der P-, I- und D-Glieder abgestimmt werden müssen (vgl. Fig. 15), eine Parametrisierung in Abhängigkeit vom Verhältnis des Druckes vor und nach der Drosselklappe wird allerdings nicht offenbart.
Bei der momentengeführten Regelung zum Stellen der Drosselklappe während eines Leerlaufbetriebs gemäß der Lehre der Druckschrift D3 werden die externen Lastbedingungen und die daraus resultierenden Schwankungen der Leerlaufdrehzahl in Form der Differenz zwischen der Ist- und der Soll-Motordrehzahl berücksichtigt. Weder die Drehzahldifferenz noch das daraus modellierte Korrekturmoment werden allerdings mit einem Verstärkungsfaktor multipliziert, der gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird.
Somit ist zumindest das Merkmal M3a nicht aus dem bekannten Stand der Technik zu entnehmen.
Eine Vorrichtung zum Regeln der Ansaugluftmenge während eines Leerlaufbetriebs mit diesem Merkmal ergibt sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise aus den Druckschriften D1, D2 und D3.
Die Ausführungen zum Anspruch 1 gelten sinngemäß auch für den unabhängigen Verfahrensanspruch 9.
Somit sind die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 9 gemäß Hilfsantrag im Lichte der im Verfahren befindlichen Druckschriften neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.4. Der Senat hat nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. u. 3 PatG davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden und ein Patent zu erteilen.
Wie aus der Amtsakte ersichtlich, hat die Prüfungsstelle zu dem in dem geltenden Anspruch 1 nach Hilfsantrag genannten Gegenstand nicht recherchiert.
Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt der §§ 3 und 4 PatG ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert. Zu deren Ermittlung sind aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in erster Linie die Prüfungsstellen des Patentamts berufen. Da eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten Standes der Technik ergehen kann, war die Sache – auch um der Anmelderin keine Tatsacheninstanz zu nehmen – zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.