Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.09.2018


BPatG 25.09.2018 - 14 W (pat) 6/14

Patentbeschwerdeverfahren – "Herstellungsverfahren für eine Zündkerze" – zur Auslegung von Merkmalen des Patentanspruchs


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsdatum:
25.09.2018
Aktenzeichen:
14 W (pat) 6/14
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:250918B14Wpat6.14.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 100 25 324

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Maksymiw, des Richters Schell, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg und des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der angefochtene Beschluss der Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Oktober 2013 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Ansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 2 vom 31. Juli 2018, sowie Beschreibung vom 31. Juli 2018 und Zeichnung Fig. 1 gemäß Patentschrift.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Einsprechenden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25. Oktober 2013 hat die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 100 25 324 mit der Bezeichnung

2

"Herstellungsverfahren für eine Zündkerze"

3

beschränkt aufrechterhalten.

4

Dem Beschluss lagen gemäß Hauptantrag vom 25. Oktober 2013 die Patentansprüche 1 bis 9 zugrunde, von denen der einzig nebengeordnete Patentanspruch 1 wie folgt lautet:

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7

Die beschränkte Aufrechterhaltung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das beanspruchte Herstellungsverfahren einer Zündkerze gemäß geltendem Patentanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere gegenüber

8

D1 US 4 256 497 A,

9

D8 EP 0 959 542 A1 und

10

D9 US 5 518 968 A

11

neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

12

Die nachveröffentlichte Druckschrift D8 beschreibe zwei unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten, von denen die eine keinen Zusatz von Al2O3 einschließe und die andere sich im Anteil an SiO2 von der im streitpatentgemäßen Verfahren verwendeten Glasurzusammensetzung unterscheide. Die Neuheit sei damit anzuerkennen.

13

Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit offenbare die D1 als nächstliegender Stand der Technik die Herstellung eines Zündkerzenisolators mit einer Glasur, deren Zusammensetzung mit derjenigen im Patentanspruch 1 überlappe. Allerdings erfolge das Brennen der Glasur in D1 bei erheblich höheren Temperaturen als im Patentanspruch 1 beansprucht. Die D1 gebe keinen Anlass, die Brenntemperatur herabzusetzen, da man bei den dort angegebenen Brenntemperaturen Beschichtungen erhalte, die für eine Anwendung als Isolator in einer Zündkerze geeignet seien. Gegen einen auf den Patentgegenstand gerichteten Hinweis spreche ebenfalls, dass D1 ausschließlich Beispiele mit SiO2- und/ oder Al2O3-Anteilen außerhalb der Grenzen des Patentanspruchs 1 aufzeige.

14

Auch der weitere Stand der Technik führe nicht zum streitpatentgemäßen Herstellungsverfahren. Als einzige weitere Druckschrift betreffe die D9 ein Herstellungsverfahren von Isolatoren für Zündkerzen. In dieser Druckschrift würden aber Glasuren mit höheren Anteilen an Al2O3 sowie einem niedrigeren Gehalt an SiO2 offenbart. Der übrige Stand der Technik befasse sich mit anderen keramischen Erzeugnissen und liege somit vom Streitgegenstand ferner.

15

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Nach ihrer Ansicht sei das streitpatentgemäße Verfahren weder neu noch beruhe es auf einer erfinderischen Tätigkeit.

16

In D8 würden für den zweiten Modus SiO2- und B2O3-Anteile im streitpatentgemäßen Sinn offenbart, so dass sich zwangsläufig auch das streitpatentgemäße Gewichtsverhältnis für diese beiden Komponenten ergebe. Die Glasur gemäß zweitem Modus werde in D8 bei 800 bis 950°C gebrannt, so dass wiederum ein großer Teil des Temperaturbereichs mit dem im Patentanspruch 1 angegebenen Temperaturbereich übereinstimme. Schließlich enthalte der zweite Modus sog. "auxiliary cationic components", worunter die D8 unter anderem Al2O3 mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% verstehe. Damit seien in Bezug auf den zweiten Modus von D8 sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents offenbart, so dass dessen Verfahren von der D8 neuheitsschädlich vorweggenommen werde.

17

Ausgehend von D1 beruhe das streitpatentgemäße Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Anteile der Komponenten und deren Gewichtsverhältnis überlappten weitgehend mit den vom Patentanspruch 1 geforderten Anteilen. Aus seinem Fachwissen sei dem Fachmann zudem bewusst, dass die erforderliche Brenntemperatur eine Folge der Zusammensetzung der Glasur sei. Da die in D1 offenbarten Glasuren mit den im Patentanspruch 1 definierten Glasuren stofflich übereinstimmten, könnten die Glasuren der D1 daher in gleicher Weise bei einer Temperatur von 900°C oder weniger auf den Isolatoren gebrannt werden. Zudem werde der Fachmann aus seinem handwerklichen Können heraus nicht unnötig Zeit und Energie zum Aufheizen der keramischen Isolatoren aufwenden. Daran ändere auch der in D1 im ersten Ausführungsbeispiel zum Brennen offenbarte Temperaturbereich von etwa 980° bis 1200°C nichts. Denn in diesem Ausführungsbeispiel werde eine Glasurzusammensetzung aufgezeigt, die sich von der im Patentanspruch 1 des Streitpatentes angeführten Zusammensetzung insbesondere im Al2O3-Gehalt unterscheide.

18

Die D9 gebe dem Fachmann aufgrund des in einem einzigen Schritt stattfindenden Brennens der aufgebrachten Glasur und des Einkapselns von Bauteilen in dem Loch des Isolators bei reduzierter Brenntemperatur eine starke Anregung, auch eine Glasur gemäß D1 in dem Temperaturbereich gemäß D9 unter 900°C zu brennen und dadurch den zweiten Brennvorgang einzusparen, der im Anschluss an das Brennen der Glasur des ersten Ausführungsbeispiels der D1 noch erforderlich sei. Das Verfahren des Patentanspruchs 1 des Streitpatentes ergebe sich somit für den Fachmann, der die Herstellung einer Zündkerze zu vereinfachen suche, ausgehend von D1 in naheliegender Weise durch die Anregung, die ihm D9 zur Lösung eben dieser Aufgabe gebe.

19

Auch ausgehend von den D9 fehle die erfinderische Tätigkeit. Das Verfahren des Patentanspruchs 1 des Streitpatentes unterscheide sich von dem in D9 offenbarten Verfahren durch eine andere Glasurzusammensetzung, wobei D9 die Aufgabe löse, keramische Isolatoren mit der Glasurzusammensetzung zu schützen, zu verstärken und undurchlässig für Flüssigkeiten und Gase zu machen. D1 wiederum offenbare eine Glasurzusammensetzung gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatentes, welche einem keramischen Zündkerzenisolator die notwendige Beständigkeit verleihe, indem sie das keramische Substrat insbesondere schütze, verstärke und undurchlässig für Flüssigkeiten und Gase mache. Darüber hinaus seien die in D1 offenbarten Glasuren infolge ihrer Zusammensetzung für ein Brennen unterhalb von 900°C geeignet und stellten somit geeignete Alternativen für die gemäß D9 verwendete Glasurzusammensetzung dar. Somit ergebe sich das streitpatentgemäße Verfahren auch ausgehend von D9 in naheliegender Weise durch die alternative Glasurzusammensetzung gemäß D1.

20

Dieselben Widerrufsgründe würden aufgrund derselben Argumente auch für die Herstellungsverfahren des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach den Hilfsanträgen gelten. Zudem sei der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 in der Formulierung "mehr als 5 Gew.-% Al2O3" unzulässig erweitert. Bezüglich der nebengeordneten Patentansprüche 2, 3, 5 und 8 im Hilfsantrag 2 verweist die Einsprechende darauf, dass die Bereiche für ZnO und BaO derartig beansprucht seien, dass diese Bestandteile auch zu 0 Gew.-% enthalten sein könnten. Infolgedessen entsprächen die Patentansprüche 2 und 3 dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, so dass auch diese Patentansprüche mangels Neuheit gegenüber D8 nicht patentfähig seien. Dasselbe gelte für den Gegenstand des Patentanspruchs 5, da der darin beanspruchte Bereich ZrO2 und/oder TiO2 ebenfalls aus D8 bekannt sei. Schließlich sei der Patentanspruch 8 in der Formulierung "2 – 8 Gew.-% Al2O3 und CeO" unklar.

21

Die Einsprechende beantragt,

22

den Beschluss der Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Oktober 2013 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

23

Die Patentinhaberin beantragt,

24

die Beschwerde zurückzuweisen,

25

hilfsweise die Beschwerde mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das Patent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 5 vom 31. Juli 2018 erhält.

26

Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

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Die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 2 hat folgende Fassung:

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31

32

Zum Wortlaut der auf Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 sowie der Anspruchsfassungen der Hilfsanträge 3 bis 5 wird auf die Akte verwiesen.

33

Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten entgegen.

34

Das Herstellungsverfahren gemäß Patentanspruch 1 sei neu gegenüber D8. Die von der Einsprechenden herangezogene zweite Ausführungsform der D8 unterscheide sich im Merkmal "2 bis 8 Gew.-% Al2O3" vom Streitgegenstand. Denn durch den Verweis auf Abs. [0019] der D8 werde dieses Merkmal nicht in spezifischer, d. h. individualisierter Form, und somit nicht unmittelbar und eindeutig offenbart. Auch das Beispiel 5 in der Tabelle 1 der D8 unterscheide sich in diesem Merkmal vom Streitgegenstand. Denn gemäß der Streitpatentschrift bestehe bei einem Al2O3-Gehalt von weniger als 2 Gew.-% das Risiko, dass dessen gewünschte Wirkung auf die Wasserbeständigkeit der Glasur abnehme. Damit schließe der Fachmann aber einen Al2O3-Gehalt von weniger als 2 Gew.-% und damit auch den im Beispiel 5 der D8 aufgezeigten Gehalt von 1,5 Gew.-% aus.

35

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ergebe sich auch nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß D1 und D9. Die D1 offenbare eine bleifreie Glasurzusammensetzung mit hohem Aluminiumoxidanteil zur Ausreifung bei Temperaturen von 980°C bis 1204°C. Es sei unrealistisch, dass sich ein Fachmann ohne irgendeine Anregung dazu veranlasst gesehen hätte, den im Anspruch 1 der D1 angegebenen Temperaturbereich zu ignorieren und die Ausreifung bei einer Temperatur von 900°C oder weniger durchzuführen. Eine Veranlassung dazu könne auch die D9 nicht geben, da bei der Glasurzusammensetzung der D9 der B2O3-Gehalt außerhalb des im Patentanspruch 1 angegebenen Bereichs liege und der Fachmann daher nicht davon ausgegangen wäre, dass sich der Brenntemperaturbereich von 843°C bis 899°C gemäß D9 auf die Glasurzusammensetzung der D1 anwenden lasse bzw. dass die Glasurzusammensetzung der D1 mit dem Herstellungsverfahren der D9 kompatibel sei.

36

Die Hilfsanträge 1 und 2 schränkten den Streitgegenstand zur Abgrenzung gegenüber der D8 und der Hilfsantrag 3 zur Abgrenzung gegenüber der D1 weiter ein. Die Hilfsanträge 4 und 5 stellten eine Kombination des ersten bzw. zweiten Hilfsantrags mit dem dritten Hilfsantrag dar. Die Gegenstände der Patentansprüche 2, 3 und 5 gemäß Hilfsantrag 2 grenzten sich durch den Gehalt der zusätzlichen Bestandteile in Verbindung mit dem Anteil an Al2O3 von der D8 ab, da die von der Einsprechenden herangezogenen Zitatstellen in der D8 die zusätzlich beanspruchten Bestandteile nicht im Zusammenhang mit Al2O3 aufzeigten. Zudem erweitere die Formulierung "mehr als 5 Gew.-% Al2O3" den Streitgegenstand nicht in unzulässiger Weise, da nach geltender Rechtsprechung durch eine Bereichsangabe auch Zwischenwerte aus dem genannten Bereich mit offenbart seien.

37

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

38

Die Beschwerde ist zulässig, sie konnte jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg führen.

39

1. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag erweist sich mangels Patentfähigkeit als nicht bestandsfähig.

40

1.1. Vor der Beurteilung der Patentfähigkeit ist der Sinngehalt des Begriffs "bleifrei" im Patentanspruch 1 zu ermitteln. Dabei stellt die Patentschrift im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar, so dass dieser Begriff folglich so zu deuten ist, wie ihn der angesprochene Fachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift versteht (vgl. BGH GRUR 1999, 909 – Spannschraube; BGH GRUR 2001, 232 – Brieflocher).

41

Diesen Grundsätzen folgend versteht der Fachmann, ein Team aus einem Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus oder der Fahrzeugtechnik mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Zündkerzen sowie einem Diplom-Ingenieur aus dem Bereich Werkstofftechnik, welcher mehrjährige Erfahrung in der Herstellung und Glasierung von Keramikbauteilen hat, unter dem Begriff "bleifrei", dass der Gehalt an Blei in der verwendeten Glasurzusammensetzung nicht bei absolut 0 Gew.-% liegt, sondern so niedrig ist, dass das noch vorhandene Blei für die Umwelt nicht mehr belastend ist. Denn gemäß der Streitpatentschrift sollen durch die im erfindungsgemäßen Verfahren verwendete Glasurzusammensetzung Bedenken bezüglich des Umweltschutzes begegnet werden (vgl. Streitpatentschrift S. 2 Abs. [0004] und [0009]). Dies erreicht die streitpatentgemäße Lösung dadurch, dass der Glasurzusammensetzung keine Bleiverbindung zugesetzt wird. Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Glasurzusammensetzung absolut bleifrei ist. Denn dem Fachmann ist bekannt, dass Blei in Spuren als Verunreinigung in den verwendeten Ausgangsoxiden der Glasurzusammensetzung vorhanden und dadurch in der gebrannten Glasur zwangsläufig zu finden ist (vgl. z. B. D8 S. 5 Abs. [0027]).

42

1.2. Dem Herstellungsverfahren für eine Zündkerze gemäß Patentanspruch 1 des Hauptantrags fehlt gegenüber der Druckschrift D8 die Neuheit.

43

Der Patentanspruch 1 weist folgende Merkmale auf:

44

1. Herstellungsverfahren für eine Zündkerze mit den Schritten

45

2. Beschichten einer Oberfläche eines keramischen Isolators mit einer bleifreien Glasurzusammensetzung,

46

2.1 die mehr als 35 Gew.-% und höchstens 49 Gew.-% SiO2,

47

2.2 20 bis 35 Gew.-% B2O3 und

48

2.3 2 bis 8 Gew.-% Al2O3 enthält,

49

2.4 wobei das Gewichtsverhältnis aus SiO2/(SiO2 + B2O3) mehr als 58 % und höchstens 70 % beträgt, und

50

3. Erhitzen des beschichteten Isolators bei einer Temperatur von 900°C oder weniger, um aus der Glasurzusammensetzung eine Glasur zu brennen.

51

Die nachveröffentlichte Druckschrift D8 stellt mit dem Anmeldetag 21. Mai 1999 unbestritten Stand der Technik gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 PatG dar. Aus dieser Druckschrift ist ein Verfahren zur Herstellung einer Zündkerze bekannt, bei dem eine pulverförmige Glasurzusammensetzung auf den keramischen Isolator einer Zündkerze aufgetragen und anschließend bei Temperaturen von 800 bis 950°C zur Glasur gebrannt wird. Für die Glasurzusammensetzung werden zwei Alternativen vorgeschlagen. Die erste Alternative (first mode) enthält die Komponente SiO2 zu einem Anteil (18 bis 35 Gew.-%), der nicht im Bereich gemäß Merkmal 2.1 liegt (vgl. D8 Anspruch 1 und S. 2 Z. 52 bis 54). Die zweite Alternative (second mode) enthält jedoch 20 bis 40 Gew.-% SiO2 und 25 bis 30 Gew.-% B2O3, wodurch sich für die Anteilswerte von mehr als 35 Gew.-% SiO2 und beispielsweise 25 Gew.-% B2O3 ein Gewichtsverhältnis aus SiO2/(SiO2 + B2O3) von mehr als 58 % ergibt (z. B. 36 Gew.-% SiO2 und 25 Gew.-% B2O3 ergeben ein Gewichtsverhältnis von 59 %; vgl. D8 Abs. [0023]). Zudem lehrt die D8, dass die gemäß Patentanspruch 17 hergestellte zweite Alternative der Glasur unterstützende kationische Komponenten (auxiliary cationic components) in Form von Oxiden enthält. Diese Komponenten sind mit einem Anteil von bis zu 5 Gew.-% in die Glasur eingebracht. Ausdrücklich verweist die D8 auf Aluminium in Form von Al2O3 als Beispiel für diese Komponenten (vgl. D8 Abs. [0039] i. V. m. Abs. [0019] und Abs. [0021]). Schließlich ist die Glasurzusammensetzung gemäß D8 im Sinne des Streitpatents bleifrei (vgl. II.1.1.). Denn bei der zweiten Alternative verzichtet die D8 explizit auf den Zusatz von PbO und gibt stattdessen Titan- und Zirkonoxide zu, um so den steigenden Anforderungen des Umweltschutzes nachzukommen. Dadurch wird eine im Wesentlichen bleifreie Glasur mit einem Bleigehalt von 0,1 Gew.-% oder weniger erhalten. Der Restgehalt erklärt sich gemäß D8 dadurch, dass Blei als Verunreinigung aus den Ausgangsmaterialien in die Glasur migriert und damit unvermeidbar ist (vgl. D8 Abs. [0027] i. V. m. Abs. [0005]). Damit sind sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 aus D8 bekannt.

52

Das Argument, dass der D8 bezüglich der zweiten Alternative eine Al2O3-Zugabe nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen sei, kann nicht durchgreifen. Zum einen verweist Absatz [0039] der D8 ausdrücklich darauf, dass beide Ausführungsalternativen die Glasur unterstützende kationische Komponenten in Form von Oxiden enthalten, so dass für den Fachmann kein Grund bestand, die Zugabe von Aluminium nur auf die erste Alternative zu beziehen. Des Weiteren lehrt Absatz [0021] der D8, dass Aluminium zur Unterdrückung der Entglasung (devitrification) zugegeben wird. Das Problem der Entglasung hat der Fachmann aber bei beiden Alternativen im Auge (vgl. D8 Abs. [0011] und [0035]), weshalb für ihn die Lehre des Absatzes [0021] der D8 beide Alternativen betrifft.

53

Der Patentanspruch 1 des Hauptantrages ist damit wegen mangelnder Neuheit gegenüber der D8 nicht patentfähig.

54

1.3. Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 9 teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1 (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät).

55

2. Der Hilfsantrag 1 unterscheidet sich lediglich im Patentanspruch 1 vom Hauptantrag. Darin ist nunmehr die Untergrenze für den Al2O3-Gehalt auf 2,0 Gew.-% und damit auf die Nachkommastelle festgelegt worden.

56

Dadurch ergibt sich aber gegenüber dem Hauptantrag kein neuer Gegenstand, da diese Untergrenze in Bezug auf D8 nicht von Bedeutung ist, weil in dieser Druckschrift Al2O3-Anteile bis zu 5 Gew.-% angegeben werden. Die Ausführungen zum Hauptantrag gelten somit auch für den Hilfsantrag 1, so dass die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 1 ebenfalls nicht patentfähig ist.

57

3. Die Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 2 ist zulässig und erweist sich als patentfähig.

58

3.1. Bezüglich der Offenbarung der Ansprüche 1 bis 10 bestehen keine Bedenken. Der Anspruch 1 leitet sich vom erteilten Patentanspruch 1 her. In den ursprünglich eingereichten Unterlagen findet sich die Offenbarung in den Ansprüchen 1, 8 und 10 sowie auf Seite 2 Zeilen 21 bis 24, Seite 3 Zeilen 16 bis 20 und Seite 6 Zeile 16 bis Seite 7 Zeile 2. Die Ansprüche 2 bis 5 und 8 leiten sich von den erteilten Patentansprüchen 1 bis 5 her und sind in den ursprünglichen Unterlagen in den Ansprüchen 1 bis 3, 8 und 10 sowie auf Seite 2 Zeilen 21 bis 24, Seite 3 Zeilen 27 bis 29, Seite 3 Zeile 31 bis Seite 4 Zeile 7, Seite 5 Zeilen 6 bis 7 und Seite 6 Zeile 16 bis Seite 7 Zeile 2 offenbart. Die Ansprüche 6, 7, 9 und 10 sind gegenüber den erteilten Patentansprüchen 6 bis 9 unverändert und leiten sich in den ursprünglich eingereichten Unterlagen von den Ansprüchen 4, 6, 7 und 11 her.

59

Entgegen der Ansicht der Einsprechenden bestehen hinsichtlich des Merkmals "mehr als 5 Gew.-% und höchstens 8 Gew.-% Al2O3" keine Bedenken. Denn mit der Angabe eines bestimmten Bereichs – hier 2 bis 10 Gew.-% Al2O3 in den ursprünglich eingereichten Unterlagen und 2 bis 8 Gew.-% Al2O3 im erteilten Patentanspruch 1 – sind auch alle innerhalb der Grenzwerte liegenden Zwischenwerte und alle daraus beliebig gebildeten Teilmengen – hier > 5 bis 8 Gew.-% Al2O3 – offenbart. Dabei ist es für eine zulässige Beschränkung auf einen engeren Bereich grundsätzlich nicht erforderlich, dass dieser gegenüber anderen Lösungen aus dem ursprünglich weiteren Bereich als vorteilhaft, zweckmäßig oder bevorzugt erkennbar war oder dass die Grenzwerte der eingeengten Bereichsangabe bereits als Grenzwerte offenbart waren (vgl. Benkard PatG, 11. Aufl., 2015, § 34 Rn. 23c).

60

3.2. Der Anspruch 8 des Hilfsantrags 2 enthält in der Formulierung "2 – 8 Gew.-% Al2O3 und CeO" auch keine unzulässige Unklarheit. Von der Einsprechenden ist vorgetragen worden, dass bei dieser Formulierung nicht eindeutig zu erkennen sei, ob sich die Gewichtsprozentangabe nur auf das Aluminiumoxid oder auch auf das Ceroxid beziehe. Diese Problematik sieht der Senat nicht, da es sich hier nicht um eine Frage der Klarheit, sondern um eine Frage der Auslegung handelt. Um den Sinngehalt und die Bedeutung von Merkmalen in einem Patentanspruch verstehen zu können, wird der Fachmann zu ermitteln suchen, was mit diesen Merkmalen im Hinblick auf die Erfindung erreicht werden soll. Das Verständnis des Fachmanns wird sich deshalb entscheidend an dem in der Patentschrift zum Ausdruck gekommenen Zweck jedes einzelnen Merkmals orientieren (vgl. BGH GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Schaut sich der Fachmann daher hinsichtlich dieser beiden Komponenten in der Beschreibung des Streitpatents um, so findet er für Al2O3 die Angabe, dass damit die Wasserbeständigkeit der Glasur verbessert wird, wobei bei einem Gehalt über 10 Gew.-% das Risiko einer abnehmenden Glattheit der glasierten Oberfläche zunimmt, während bei einem Gehalt unter 2 Gew.-% die Wirkung der Verbesserung der Wasserbeständigkeit abnimmt. Als erfindungsgemäßer Gehalt wird daher ausdrücklich ein Bereich von 2 bis 8 Gew.-% Al2O3 aufgezeigt (vgl. Streitpatent Abs. [0015]). Demgegenüber gibt die Streitpatentschrift für CeO keine Gewichtsprozentanteile an. Es offenbart bezüglich dieser Komponente lediglich, dass damit eine Entfärbung des Keramikmaterials durch Wettereinflüsse verhindert wird, wobei aber bei Zugabe von großen Mengen die Glasur verfärbt wird (vgl. Streitpatent Abs. [0021]). Aus diesen Angaben entnimmt der Fachmann unmittelbar und eindeutig, dass sich die Angabe "2 – 8 Gew.-%" im Anspruch 8 allein auf die Komponente Al2O3 bezieht, während für die Komponente CeO keine Gewichtsprozentangabe beansprucht wird.

61

Die Anspruchsfassung des Hilfsantrags 2 ist somit zulässig.

62

3.3. Die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 bis 3, 5 und 8 sind neu.

63

a) Aus D8 ist – wie unter II.1.2. diskutiert – ein Herstellungsverfahren für eine Zündkerze bekannt, bei dem eine Glasurzusammensetzung aus den im Anspruch 1 beanspruchten Komponenten SiO2, B2O3 und Al2O3 verwendet wird. Allerdings wird in D8 der Glasurzusammensetzung Al2O3 mit einem Gehalt von 5 Gew.-% oder weniger zugegeben, wovon sich der im Anspruch 1 nunmehr verwendete Anteil von mehr als 5 Gew.-% bis höchstens 8 Gew.-% Al2O3 unterscheidet (vgl. D8 Abs. [0019] und [0021]). Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher gegenüber der D8 neu.

64

Das Argument, dass gemäß der BGH-Rechtsprechung Schneidmesser I in Übereinstimmung mit den allgemeinen Rundungsregeln die Angabe 5 Gew.-% Al2O3 in D8 Anteile bis 5,49 Gew.-% und damit mehr als 5 Gew.-% Al2O3 umfassten, überzeugt nicht. Denn in diesem Urteil führt der BGH aus, dass zwar der Fachmann eine gewisse, beispielsweise übliche Toleranzen umfassende, Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansieht. Maßgeblich ist dabei aber der unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu ermittelnde Sinngehalt des Zahlenwerts. Damit ist die Auslegung einer Zahlenangabe eine Frage des der tatrichterlichen Beurteilung unterliegenden fachmännischen Verständnisses im Einzelfall (vgl. BGH GRUR 2002, 515 1. Ls. i. V. m. S. 517/518 seitenübergr. Abs. – Schneidmesser I). Übertragen auf die D8 findet der Fachmann in der Beschreibung die Angabe, dass bei einem Al2O3-Gehalt über 5 Gew.-% hinaus die primären kationischen Komponenten nicht zu einem Anteil von mindestens 95 Gew.-% in der Glasurzusammensetzung enthalten sein können, was zu einer Erniedrigung des Erweichungspunktes und damit zu Fehlern beim Brennen der Glasur bei der vorgeschriebenen Brenntemperatur führt (vgl. D8 Abs. [0020] i. V. m. [0018]). Aus dieser Lehre schließt der Fachmann, dass in der Glasurzusammensetzung gemäß D8 bei Al2O3-Anteilen über 5 Gew.-%, also auch bei 5,49 Gew.-% das Risiko besteht, dass die Glasur bei der vorgeschriebenen Brenntemperatur bereits den Erweichungspunkt überschritten hat und daher nicht fehlerfrei gebrannt werden kann. Der Fachmann hat daher den Zahlenwert 5 Gew.-% für den Al2O3-Gehalt in der D8 nicht als abgerundeten Wert, sondern als Obergrenze angesehen, von der sich die Untergrenze für den Al2O3-Anteil im Anspruch 1 neuheitsbegründend unterscheidet.

65

b) Die Herstellungsverfahren gemäß der nebengeordneten Ansprüche 2 und 3 des Hilfsantrags 2 unterscheiden sich vom Verfahren gemäß Anspruch 1 dadurch, dass zusätzlich "bis zu 10 Gew.-% ZnO" (Anspruch 2) bzw. "weniger als 10 Gew.-% BaO" (Anspruch 3) als Bestandteil der eingesetzten Glasurzusammensetzung beansprucht werden und der Anteil an Al2O3 bei 2 bis 8 Gew.-% liegt. Davon unterscheidet sich die Glasurzusammensetzung der zweiten Alternative der D8, da diese 15-25 Gew.-% ZnO und 10-23 Gew.-% BaO enthält (vgl. D8 Anspruch 8 und Abs. [0023]), so dass die Gegenstände der Ansprüche 2 und 3 gegenüber D8 neu sind.

66

Die Argumentation, dass durch die Merkmale "bis zu 10 Gew.-% ZnO" bzw. "weniger als 10 Gew.-% BaO" auch 0 Gew.-% ZnO bzw. BaO beansprucht sind, weshalb die Ansprüche 2 und 3 des Hilfsantrags 2 aus demselben Grund wie der Anspruch 1 des Hauptantrags von der Druckschrift D8 neuheitsschädlich vorbeschrieben seien, kann nicht durchgreifen. Aus der Streitpatentschrift erfährt der Fachmann hinsichtlich der Merkmale "bis zu 10 Gew.-% ZnO" und "weniger als 10 Gew.-% BaO", dass ZnO und BaO das Glas ohne eine Viskositätserhöhung stabilisieren und ZnO zudem die Erhöhung des linearen Ausdehnungskoeffizienten der Glasur unterdrückt (vgl. Streitpatent Abs. [0016] und [0024]). Durch einen Anteil an ZnO im Anspruch 2 und an BaO im Anspruch 3 sollen diese positiven Einflüsse auf die Glasurzusammensetzung in die erfindungsgemäße Lehre einbezogen werden. Da dies mit einem Gehalt von 0 Gew.-% ZnO bzw. BaO nicht möglich ist, erkennt der Fachmann, dass dieser Gehalt jeweils nicht Teil der Lösung der Ansprüche 2 und 3 ist. Vielmehr liegt für ihn der sinnvolle Gehalt dieser Merkmale in der ausdrücklichen Zugabe von ZnO bzw. BaO, so dass deren Anteil auf alle Fälle mehr als 0 Gew.-% beträgt und sich somit die Verfahren der Ansprüche 2 und 3 von der Lehre der D8 unterscheiden.

67

c) Im Herstellungsverfahren gemäß Anspruch 5 des Hilfsantrags 2 wird im Unterschied zum Herstellungsverfahren nach Anspruch 1 zusätzlich das Merkmal beansprucht, dass die verwendete Glasurzusammensetzung "in einer Gesamtmenge von mehr als 5 Gew.-% mindestens einen Bestandteil enthält, der aus der aus CaO, MgO, Bi2O3, ZrO2, TiO2 und FeO bestehenden Gruppe ausgewählt ist". Zudem liegt der Anteil an Al2O3 bei 2 bis 8 Gew.-%. Die zweite Alternative der D8 enthält in der verwendeten Glasurzusammensetzung zwar ebenfalls 2-10 Gew.-% TiO2 und/oder ZrO2 (vgl. D8 Anspruch 8 und Abs. [0023]). Allerdings beträgt gemäß D8 der Gesamtgehalt an den unterstützenden kationischen Komponenten, zu denen neben TiO2 und ZrO2 auch Al2O3 gehört maximal 5 Gew. % (vgl. D8 Abs. [0019]). Diese Bedingung ist aber mit den im Anspruch 5 des Hilfsantrags 2 vorgegebenen Anteilen an Al2O3 (mindestens 2 Gew.-%) und ZrO2/TiO2 (mehr als 5 Gew.-%) nicht einzuhalten. Damit unterscheidet sich die in Anspruch 5 für die Beschichtung verwendete Glasurzusammensetzung von der aus D8 bekannten Glasurzusammensetzung, so dass auch das Herstellungsverfahren nach Anspruch 5 gegenüber D8 neu ist.

68

Die Angabe von 2-10 Gew.-% TiO2 und/oder ZrO2 im Anspruch 8 und Absatz [0023] der D8 führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn diese Gehaltsangabe ist nicht im Zusammenhang mit einer Zugabe von Al2O3 zur Glasurzusammensetzung offenbart. Alle drei Komponenten sind nur im Absatz [0019] der D8 im Zusammenhang aufgezeigt, so dass die Bedingung dieses Absatzes für den Fall, dass alle drei Komponenten zugesetzt werden, zu beachten ist.

69

d) Gemäß Anspruch 8 des Hilfsantrags 2 enthält die verwendete Glasurzusammensetzung im Unterschied zu der im Anspruch 1 verwendeten Glasurzusammensetzung neben dem Al2O3-Anteil von 2 bis 8 Gew.-% auch CeO. Da in der D8 CeO als Komponente für die dort aufgezeigten Glasurzusammensetzungen nicht verwendet wird, ist auch das Herstellungsverfahren gemäß Anspruch 8 gegenüber D8 neu.

70

e) Die in der Beschwerdebegründung des Weiteren diskutierten Druckschriften D1 und D9 sind ebenfalls nicht neuheitsschädlich. Die D1 offenbart zwar eine Glasurzusammensetzung, deren Anteile an SiO2, B2O3 und Al2O3 mit den in den nebengeordneten Ansprüchen 1 bis 3, 5 und 8 angegebenen Anteilen für diese Komponenten übereinstimmt. Allerdings erfolgt der Brennschritt in D1 bei 1800°F bis 2200°F, was ca. 980°C bis 1200°C entspricht, und damit bei höheren Temperaturen als in den nebengeordneten Ansprüchen des Hilfsantrags 2 (vgl. D1 Patentanspruch 1 und Sp. 3 Z. 30 bis 31). Die D9 zeigt Glasurzusammensetzungen mit Anteilen an SiO2, B2O3 und Al2O3 auf, die von den Angaben in den nebengeordneten Ansprüchen des Hilfsantrags 2 abweichen (vgl. D9 Patentansprüche).

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3.4. Die Herstellungsverfahren für eine Zündkerze gemäß der nebengeordneten Ansprüche 1 bis 3, 5 und 8 beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

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a) Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, ein Herstellungsverfahren für eine Zündkerze zur Verfügung zu stellen, das ein Brennen einer bleifreien Glasurzusammensetzung bei niedrigen Temperaturen erlaubt und das zu einer Zündkerze mit einer wasserbeständigen und glatten Glasuroberfläche führt (vgl. Streitpatentschrift S. 2 Abs. [0007]).

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b) Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann von der Druckschrift D1 ausgehen. Diese Druckschrift beschäftigt sich wie das Streitpatent mit bleifreien Glasurzusammensetzungen zum Aufbringen auf das keramische Isolatormaterial von Zündkerzen, um Anhaftungen von Schmutz und fettigen Rückständen zu minimieren und die Undurchlässigkeit der Oberfläche gegenüber Flüssigkeiten und Gasen sowie deren Festigkeit zu erhöhen (vgl. D1 Sp. 1 Abs. 1 und 2). Die D1 schlägt dafür eine bleifreie Glasurzusammensetzung aus 35 bis 54 Gew.-% SiO2, 17 bis 25 Gew.-% B2O3 und 7 bis 11 Gew.-% Al2O3 vor (vgl. D1 Patentanspruch 1 und Sp. 2 Z. 28 bis 34). Das Gewichtsverhältnis aus SiO2 und B2O3 liegt somit im Bereich von 58 % bis 76 %, so dass sowohl die Anteile der drei Komponenten SiO2, B2O3 und Al2O3 als auch das Gewichtsverhältnis von SiO2 und B2O3 weitgehend mit den im Anspruch 1 geforderten Anteilen überlappen. Diese bleifreie Glasurzusammensetzung wird auf das keramische Material aufgebracht und bei ca. 980°C bis 1200°C gebrannt (vgl. Patentanspruch 1 und Sp. 3 Z. 9 bis 13 und 30 bis 31). Anregungen, den Brennvorgang bei niedrigeren Temperaturen, insbesondere bei Temperaturen von 900°C oder niedriger, durchzuführen, finden sich in der D1 allerdings nicht. Vielmehr wird die beschriebene Erfindung als vorteilhaft beschrieben (vgl. D1 Sp. 2 Z. 42 bis 54), so dass es für den Fachmann keinen Anlass gab, die Verfahrensbedingungen zu verändern, zumal es zum allgemeinen Fachwissen gehört, dass die Zusammensetzung einer Glasur die Brennbedingungen festlegt.

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c) Anregungen, die in Richtung der patentgemäßen Lösung weisen, erhält der Fachmann auch aus der ebenfalls Glasurzusammensetzungen für Zündkerzen betreffenden D9 nicht. Die D9 geht von der D1 als Stand der Technik aus (vgl. D1 Sp. 2 Z. 10). Sie beschreibt die Lehre der D1 zwar als nachteilhaft, weil die Brennbedingungen in D1 für die sog. "core assembly" der Zündkerze ungeeignet sind, weshalb sich an den Brennvorgang ein zweiter Brennschritt bei Temperaturen unter 900°C anschließen muss. Diese Vorgehensweise überwindet die D9 jedoch, indem sie eine sich in den Anteilen der oxidischen Komponenten von der streitpatentgemäßen Lehre unterscheidende Glasurzusammensetzung vorschlägt, die bei Temperaturen zwischen 843°C und 899°C in einem Schritt fertig gebrannt wird (vgl. D9 Sp. 2 Z. 26 bis 30 und 38 bis 61 i. V. m. Patentanspruch 1 und Sp. 3 Z. 28 bis 62). Eine Kombination der Lehren der D9 mit der D1 würde somit aus Sicht der D9 einen Rückschritt darstellen, so dass der Fachmann keine Veranlassung gehabt hat, eine derartige Kombination in Betracht zu ziehen. Dies gilt im Übrigen auch, wenn man – wie die Einsprechende ebenfalls vorgebracht hat – von der D9 ausgeht.

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Zudem gibt die D9 eine Glasurzusammensetzung an, die mit 9 bis 15 Gew.-% Al2O3 einen höheren Anteil und mit 27 bis 35 Gew.-% SiO2 einen niedrigen Anteil vorsieht, als er für diese Komponenten im Patentanspruch 1 von D1 gefordert wird. Der Fachmann hatte daher keine Veranlassung die in D9 offenbarte Brenntemperatur von 843°C bis 899°C auf die sich unterscheidende Glasurzusammensetzung der D1 zu übertragen. Dies gilt umso mehr, weil – wie die Einsprechende glaubhaft vorgetragen hat – die Zusammensetzung einer Glasur deren Erweichungstemperatur sowie deren Fließverhalten und damit auch deren Brenntemperatur beeinflusst. Dem Fachmann ist daher bewusst, dass er Brenntemperaturen nicht ohne weiteres von einer Glasurzusammensetzung auf eine andere übertragen kann.

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d) Die übrigen im Einspruchsverfahren eingereichten Entgegenhaltungen können zur Auffindung der streitpatentgemäßen Lösung ebenfalls nichts beitragen, da sie Überzüge für Porzellane, Steingut und Gläser betreffen und somit keine Anregungen im Hinblick auf Glasuren für Zündkerzen mit den dafür notwendigen Eigenschaften geben können.

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e) Die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 3, 5 und 8 sind daher vom Stand der Technik nicht nahegelegt.

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4. Nach alledem weisen die Herstellungsverfahren für eine Zündkerze nach den Ansprüchen 1 bis 3, 5 und 8 des Hilfsantrages 2 alle Kriterien der Patentfähigkeit auf. Diese Ansprüche sind daher rechtsbeständig.

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Dasselbe gilt für die nachgeordneten Ansprüche 4, 6, 7, 9 und 10 des Hilfsantrags 2, die über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Vorzugsmaßnahmen betreffen.