Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.04.2013


BPatG 25.04.2013 - 12 W (pat) 28/08

Patentbeschwerdeverfahren – „Transporteinrichtung für großflächige Kraftfahrzeug-Karosserieteile“ – zur Zahlung mehrerer Einspruchsgebühren bei mehreren Einsprechenden – Zahlung nur einer Einspruchsgebühr – keine Zuordnung möglich – alle Einsprüche gelten als nicht erhoben


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsdatum:
25.04.2013
Aktenzeichen:
12 W (pat) 28/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 103 29 721

hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schneider, der Richterin Bayer sowie der Richter Dipl.-Ing. Sandkämper und Dipl.–Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der am 4. Juni 2008 ausgefertigte Beschluss der Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2007 aufgehoben.

2. Die Einsprüche der Einsprechenden gelten als nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Gegen das am 2. Juli 2003 angemeldete Patent 103 29 721 der Beschwerdeführerin mit der Bezeichnung „Transporteinrichtung für großflächige Kraftfahrzeug-Karosserieteile“, dessen Erteilung am 31. August 2006 veröffentlicht wurde, haben die Einsprechenden mit dem Schriftsatz vom 28. November 2006 durch ihre (gemeinsame) Vertreterin Einspruch eingelegt und im Einspruchsschriftsatz beantragt,

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1. Festzustellen, dass der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen und Zeichnungen der Einsprechenden zu 1 und zu 2 ohne deren Einwilligung entnommen wurde,

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2. Festzustellen, dass das Patent mit einem Anteil von 35 % auf den Einsprechenden zu 1 und mit einem Anteil zu 35 % auf den Einsprechenden zu 2 zu übertragen ist.

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Ihren Einspruch begründen sie damit, dass der Gegenstand des Patents auf einer Erfindungsmeldung der beiden Einsprechenden und einem dritten Erfinder, der Arbeitnehmer der Patentinhaberin sei, basiere. Die Einsprechenden sowie der dritte Erfinder seien von der Patentinhaberin auch als Erfinder genannt. Die Patentinhaberin habe mit Schreiben vom 9. Januar 2004 an die beiden Einsprechenden bestätigt, dass diese freie Erfinder seien, nachdem deren Arbeitgeber die Erfindung wieder freigegeben habe. Eine Übertragung der Anmelderechte der beiden Einsprechenden auf die Patentinhaberin sei nicht erfolgt.

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Am 28. November 2006 wurde eine Einspruchsgebühr in Höhe von 200 Euro entrichtet.

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Die Patentinhaberin hält den Einspruch mangels Substantiierung für unzulässig. Auch eine Teilvindikation nach § 8 PatG könne im Einspruchsverfahren nicht geltend gemacht werden. Im Übrigen sei der Einspruch auch unbegründet, da zum Zeitpunkt der Anmeldung die Einsprechenden noch keine freien Erfinder gewesen seien.

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Mit dem am 4. Juni 2008 ausgefertigten Beschluss der Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2007 wurde das Patent 103 29 721 widerrufen.

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Die Patentabteilung legt den Antrag, festzustellen, dass der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen und Zeichnungen der Einsprechenden zu 1 und zu 2 ohne deren Einwilligung entnommen wurde, dahin aus, dass der Widerruf des Patents beantragt werde. Sie hält den Einspruch mit dem Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme für zulässig und auch für begründet. Aus der von der Patentinhaberin selbst eingereichten Erfinderbenennung ergebe sich zweifelsfrei, dass die Einsprechenden an der Erschaffung der Erfindung beteiligt gewesen seien und ihr Gesamtanteil an der Erfindung 70 % betragen habe, was als wesentlicher Inhalt des Patents zu betrachten sei. Die drei Erfinder bildeten eine Bruchteilsgemeinschaft, wobei jeder Erfinder einen Anteil an der ganzen Erfindung habe. Die Einsprechenden hätten auch Erfindungsbesitz, da sie nach der Inanspruchnahme der Erfindung durch ihren Arbeitgeber mit der anschließenden Freigabe wieder in den Besitz der Erfindung gelangt seien. Die Inanspruchnahme der Erfindung durch ihren Arbeitgeber habe nicht dazu geführt, dass auch die Patentinhaberin, die Arbeitgeberin des dritten Erfinders, die Rechte der beiden Einsprechenden an der Erfindung erlangt habe. Der dritte Erfinder sei kein durch widerrechtliche Entnahme Verletzter, da dessen Arbeitgeber, d. h. die Patentinhaberin, die Erfindung in Anspruch genommen habe.

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Gegen den der Patentinhaberin am 15. Juni 2008 zugestellten Beschluss hat diese am 10. Juli 2008 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss der Patentabteilung aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten. Eine Beschwerdebegründung ist nicht eingegangen.

10

Mit Schreiben vom 27. März 2013 wies der Senat die Beteiligten u. a. darauf hin, dass der Einspruch vom 28. November 2006 als nicht erhoben gelten könnte, da der Einspruch von zwei Einsprechenden eingelegt wurde, jedoch lediglich eine Einspruchsgebühr entrichtet wurde.

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Die Beschwerdeführerin, die zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, beantragte darauf hin schriftsätzlich eine Entscheidung nach Aktenlage.

12

Die Einsprechenden beantragten,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

14

Sie sind der Ansicht, dass die Einsprüche nicht als nicht erhoben gelten, da die Einsprechenden als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts parteifähig seien und deshalb nur eine Einspruchsgebühr zu entrichten hatten. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin die Beschwerde nicht begründet.

15

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

16

Auf die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist der Beschluss der Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und festzustellen, dass die Einsprüche der Einsprechenden als nicht erhoben gelten.

17

Die Patentinhaberin hat zwar trotz Ankündigung keine Beschwerdebegründung nachgereicht, jedoch ist eine Begründung der Beschwerde gemäß § 73 PatG nicht vorgeschrieben und es bestand auch kein Anlass, auf eine Beschwerdebegründung hinzuweisen (vgl. Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 73 Rdn. 115).

18

Der Beschluss der Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts ist aufzuheben, da das Patent nicht wegen widerrechtlicher Entnahme gemäß § 59 Abs. 1 PatG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG hätte widerrufen werden dürfen.

19

Mit dem Schriftsatz vom 28. November 2006 wurde Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme erhoben. Dafür spricht, dass ausdrücklich formuliert wurde, dass Einspruch erhoben werde und auch der Umstand, dass der Einspruch beim Deutschen Patent- und Markenamt eingelegt wurde. Im Einspruchsschriftsatz wurde widerrechtliche Entnahme geltend gemacht. Soweit im Einspruchsschriftsatz lediglich „Feststellungsanträge“ hinsichtlich einer widerrechtlichen Entnahme bzw. auf teilweise Übertragung des Patents enthalten sind, ändert dies nichts daran, dass ausdrücklich Einspruch eingelegt wurde. Da die Einlegung eines Einspruchs, mit dem nur der Widerruf des Patents bewirkt werden kann, nicht davon abhängt, dass bestimmte Anträge gestellt werden, führen die im Einspruchsschriftsatz gestellten Feststellungs- bzw. Übertragungsanträge auch nicht dazu, dass gar kein Einspruch vorliegt, sondern lediglich von einer fehlgeleiteten Klage nach § 8 PatG i. V. m. § 143 PatG auszugehen wäre.

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Der Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme gilt aber als nicht erhoben, da die entrichtete Einspruchsgebühr von 200 Euro keinem der beiden Einsprechenden zuzuordnen ist und daher keiner der Einsprüche als erhoben gilt.

21

Gemäß Ziffer 313 600 des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 2 Abs. 1 des Gesetz über die Kosten des Deutschen Patent- und Markenamts und des Bundespatentgerichts (PatKostG)) beträgt die Gebühr für das Einspruchsverfahren 200 Euro. Diese Gebühr wird für jeden Antragsteller gesondert erhoben (vgl. am Anfang des Gebührenverzeichnisses unter A. (2) „Die Gebühren Nummer 313 600, ... werden für jeden Antragsteller gesondert erhoben“). Diese Regelung wurde mit dem Gesetz zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 (BGBl. I S. 1318) aufgenommen und trat am 1. Juli 2006 in Kraft. Zum Zeitpunkt des Einspruchs am 28. November 2006 waren daher bereits für jeden Antragsteller gesondert 200 Euro als Einspruchsgebühr zu entrichten.

22

Entgegen der Ansicht der Einsprechenden haben diese den Einspruch nicht als BGB-Gesellschaft und damit als ein Antragsteller erhoben, sondern die Einsprechenden sind zwei Antragsteller. So werden Erfinder als Bruchteilsgemeinschaft und nicht als BGB-Gesellschaft angesehen, wenn nichts anderes vereinbart ist (Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 6 Rdn. 42). Irgendwelche Anhaltspunkte, dass die drei Erfinder oder zumindest die beiden Einsprechenden eine BGB-Gesellschaft bilden, sind nicht ersichtlich. Soweit die Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (II ZR 331/00) hingewiesen haben, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Zivilprozess parteifähig sei, können sie sich im vorliegenden Fall nicht auf diese Entscheidung berufen, da es gerade an Anhaltspunkten fehlt, dass die beiden Einsprechenden als Gesellschaft bürgerlichen Rechts Einspruch erhoben haben. Vielmehr gehen die Ausführungen im Einspruchsschriftsatz sogar davon aus, dass die beiden Einsprechenden zwei Personen einer Bruchteilsgemeinschaft von drei Personen sind und jeder der beiden Einsprechenden einen Bruchteil von 35 % an der Erfindung zustehe. Der Einspruchsschriftsatz kann daher nicht dahin ausgelegt werden, dass er von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und damit einem einzigen Antragsteller eingelegt worden sei.

23

Selbst wenn die drei Erfinder bzw. Berechtigten an der Erfindung eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewesen wären oder man der Ansicht wäre, dass die Berechtigten an einer Erfindung, die nur gemeinsam widerrechtliche Entnahme geltend machen können (vgl. BPatGE 47,28 Mehrheit von Erfindungsbesitzern), dann als ein Antragsteller im Sinne des Gebührenverzeichnisses zu § 2 PatKostG anzusehen seien, so hätte dies im vorliegenden Fall nicht dazu geführt, dass die beiden Einsprechenden nur eine Gebühr hätten entrichten müssen. Die beiden Einsprechenden machen mit dem Einspruch gar nicht geltend, dass nur sie als Gesellschaft bzw. als Gemeinschaft die Erfinder bzw. Berechtigten gewesen seien. Vielmehr machen sie als Mitberechtigte und damit als Einzelpersonen gegenüber einem weiteren Mitberechtigten, dem Arbeitgeber des dritten Erfinders, der als Arbeitgeber dessen Erfindung(santeil) in Anspruch genommen hat, geltend, dass ihnen auch ein Teil zustehe und ihnen die Erfindung zu je 35 % widerrechtlich entnommen worden sei.

24

Der Einspruchsschriftsatz enthält keine Bestimmung darüber, für wen die Einspruchsgebühr von 200 Euro entrichtet wird. Es gibt auch keine anderen Anhaltspunkte dafür, für welchen der beiden Antragsteller die Gebühr entrichtet wurde. Da die Gebühr nicht einem der Einsprechenden zuordenbar ist, gelten beide Einsprüche gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht erhoben (vgl. Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 6 PatKostG Rdn. 9).

25

Nachdem die Einsprüche der beiden Einsprechenden nicht als erhoben gelten, kommt es auf die Frage der Zulässigkeit und der Begründetheit der Einsprüche und insbesondere auch auf die weiteren vom Senat im Schreiben vom 27. März 2013 geäußerten Bedenken bezüglich des Einspruchs wegen widerrechtlicher Entnahme zweier Mitberechtigter gegenüber einem weiteren Mitberechtigten an der Erfindung nicht mehr an.