Entscheidungsdatum: 13.06.2018
1. Die Festlegung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen steht mit dem Grundgesetz im Einklang.
2. Der Gesetzgeber bestimmt den Umfang und die Tiefe seiner Sachaufklärung im Gesetzgebungsverfahren grundsätzlich selbst.
Die Klage richtet sich gegen die Festlegung des Mindestalters für das aktive Wahlrecht auf 16 Jahre bei baden-württembergischen Kommunalwahlen.
Die Kläger sind Bürger der Stadt Heidelberg. Dort fanden am 25. Mai 2014 Wahlen zum Gemeinderat statt. Die Stadt Heidelberg machte das Wahlergebnis am 4. Juni 2014 und in korrigierter Form am 2. Juli 2014 bekannt.
Die Kläger erhoben hiergegen Einsprüche und machten einen Wahlfehler geltend, der darin bestehe, dass das sich aus §§ 12 und 14 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg ergebende Wahlrecht für Bürger zwischen 16 und 18 Jahren gegen höherrangiges Recht verstoße. Die nach Zurückweisung der Einsprüche erhobene Klage ist erfolglos geblieben.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die Teilnahmemöglichkeit für 16- und 17-Jährige an der Kommunalwahl begründe keinen Wahlfehler. § 12 Abs. 1 Satz 1 GemO sei mit Bundesrecht vereinbar. Die Einführung des aktiven Wahlrechts für 16- bis 17-Jährige bei Kommunalwahlen verstoße nicht gegen das Demokratieprinzip in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG und Art. 28 Abs. 1 GG. Die Auffassung der Kläger, zum Staatsvolk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gehörten nur die volljährigen Deutschen, die nicht unter rechtlicher Betreuung stünden und denen das Wahlrecht nicht aufgrund strafrechtlicher Verurteilung entzogen worden sei, treffe nicht zu. Aus Art. 38 Abs. 2 GG folgten keine Vorgaben im Hinblick auf die Festsetzung eines Mindestalters für das aktive Wahlrecht bei Landtags- und Kommunalwahlen durch den Landesgesetzgeber. Das Minderjährigenwahlrecht verstoße auch nicht gegen die Wahlrechtsgrundsätze des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Es sei von jeher als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft werde. Dabei habe der Gesetzgeber den ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz zu beachten, dass das aktive Wahlrecht ein Mindestmaß an Reife und Urteilskraft und daher ein entsprechendes Mindestalter, also einen gewissen Grad an politischer Einsichtsfähigkeit voraussetze. Bei der Festlegung des Wahlalters komme dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren anderer Länder, die schon früher das Wahlalter für Landtags- oder Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt hätten, hätten gute Gründe für die Annahme aufgezeigt, dass Jugendliche ab 16 Jahren typischerweise die notwendige Reife besäßen, um an Kommunalwahlen teilnehmen zu können. Die gesetzgeberische Entscheidung könne sich auf nachvollziehbare, nicht nur vereinzelte fachliche Auffassungen zur Urteilsfähigkeit Jugendlicher stützen. Verfassungsrecht sei auch nicht verletzt, soweit der Gesetzgeber 16- und 17-Jährige, die auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen könnten, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen habe.
Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision haben die Kläger ihr Vorbringen aus den Vorinstanzen wiederholt und vertieft. Zudem rügen sie, dass der Verwaltungsgerichtshof in mehrfacher Hinsicht gegen Verfahrensrecht verstoßen und namentlich ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt habe.
Die Kläger beantragen,
die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21. Juli 2017 und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Mai 2016 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 4. Juli 2014 zu verpflichten, die Heidelberger Gemeinderatswahl vom 25. Mai 2014 für ungültig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht im Einklang (1. - 3.) und leidet nicht an Verfahrensfehlern (4.).
1. Das aus § 12 Abs. 1 Satz 1 und § 14 Abs. 1 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) folgende Wahlrecht für Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet haben (im Folgenden: Minderjährigenwahlrecht), verstößt nicht gegen Art. 20 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Die nach §§ 12 und 14 GemO wahlberechtigten, aber noch nicht volljährigen Bürger gehören zum Staatsvolk im Sinne des Grundgesetzes.
Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG bestimmt, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht. Sie wird nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG vom Volke unter anderem in Wahlen ausgeübt. In den Ländern muss das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG). Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass die Zugehörigkeit zum Staatsvolk im Sinne dieser Vorschriften allein durch die deutsche Staatsangehörigkeit (Art. 116 Abs. 1 GG) vermittelt wird (BVerfG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 2 BvF 2, 6/89 - BVerfGE 83, 37 <50 ff.>; StGH Bremen, Urteil vom 31. Januar 2014 - St 1/13 - juris Rn. 54).
Die Auffassung der Kläger, das Staatsvolk bestehe nur aus deutschen Staatsangehörigen, die mindestens 18 Jahre alt seien, findet im Grundgesetz keine Stütze. Sie lässt sich insbesondere nicht mit der Festlegung des Wahlalters für Bundestagswahlen auf 18 Jahre in Art. 38 Abs. 2 GG begründen. Die Länder sind im Rahmen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG bei der Ausgestaltung des Landeswahlrechts grundsätzlich frei (BVerfG, Urteil vom 11. August 1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31 <44 f.> und Beschluss vom 16. Juli 1998 - 2 BvR 1953/95 - BVerfGE 99, 1 <11>; BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 8 C 5.96 - BVerwGE 104, 323 <329>). Art. 38 GG bindet sie dabei nicht, weil die Vorschrift nur Regelungen für die Wahl zum Deutschen Bundestag trifft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1957 - 2 BvR 1/57 - BVerfGE 6, 445 <447>; Klein, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 38 Rn. 141) und daher für die Ausgestaltung des Wahlrechts durch den Landesgesetzgeber keine maßstabsbildende Kraft entfaltet.
2. Das sich aus §§ 12 und 14 GemO ergebende Minderjährigenwahlrecht verstößt nicht gegen die in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG niedergelegten Wahlrechtsgrundsätze. Dies gilt insbesondere für die Gebote einer allgemeinen (a) und gleichen (b) Wahl.
a) Die Umsetzung und Konkretisierung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl obliegt - mangels einer Regelung des Mindestalters bei Kommunalwahlen im Verfassungsrecht selbst - dem Landesgesetzgeber, dem dabei, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ein Einschätzungsspielraum eröffnet ist. Der Gesetzgeber hat in diesem Rahmen das Kommunalwahlrecht in einer Weise auszugestalten, die auch anderen Verfassungsprinzipien hinreichend Geltung verschafft. Damit ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten, in typisierender Weise eine hinreichende Verstandesreife zur Voraussetzung des aktiven Stimmrechts zu machen, weil dadurch dem Demokratieprinzip des Grundgesetzes Rechnung getragen wird. Denn Demokratie lebt vom Austausch sachlicher Argumente auf rationaler Ebene (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2017 - 10 C 6.16 - Rn. 29; zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Eine Teilnahme an diesem argumentativen Diskurs in Gestalt der Stimmabgabe setzt notwendigerweise ein ausreichendes Maß an intellektueller Reife voraus, ohne die keine verantwortliche Wahlentscheidung getroffen werden könnte.
Der Gesetzgeber hat vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund für Regelungen Sorge zu tragen, die die Einhaltung des Erfordernisses einer hinreichenden Verstandesreife gewährleisten und zugleich dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl die ihm gebührende Geltung verschaffen. Diese verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber nicht überschritten. Dem Berufungsurteil lassen sich keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass den wahlberechtigten, aber noch nicht volljährigen Bürgern die erforderliche Verstandesreife bei typisierender Betrachtungsweise abzusprechen wäre. An diese tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da die dagegen erhobenen Verfahrensrügen nicht durchgreifen (vgl. unten 4.).
Der Landesgesetzgeber hat seinen Einschätzungsspielraum ohne Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorgaben des Grundgesetzes ausgeübt, das insoweit keine Vorgaben für die parlamentarische Willensbildung enthält und insbesondere keine sachverständige Beratung des Parlaments erfordert, die die Kläger für geboten erachten. Vielmehr bestimmt der Gesetzgeber selbst den Umfang und die Tiefe seiner Sachaufklärung im Gesetzgebungsverfahren.
Eine normativ ausgeformte Sachaufklärungspflicht des Gesetzgebers enthält das Grundgesetz nicht. Grundsätzlich gilt das Prinzip, dass die Gestaltung des Gesetzgebungsverfahrens im Rahmen der durch die Verfassung vorgegebenen Regeln Sache der gesetzgebenden Organe ist und dass das parlamentarische Verfahren durch seine Transparenz eine Diskussion von Entscheidungen in der breiten Öffentlichkeit ermöglicht (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. - BVerfGE 143, 246 Rn. 274). Diesen Anforderungen hat der Landesgesetzgeber Rechnung getragen, indem er verschiedene öffentliche und nicht-öffentliche Stellen zu den Regelungen angehört (LT-Drs. 15/3119, S. 17 ff., 33 ff.) und damit die gebotene öffentliche Diskussion angestoßen hat. Er hat außerdem die in anderen Ländern schon seit geraumer Zeit geltende entsprechende Absenkung des Wahlalters in den Blick genommen und darauf hingewiesen, dass nachteilige Erfahrungen aus der praktischen Anwendung dieser Regelungen nicht bekannt geworden sind (LT-Drs. 15/3119, S. 11).
Ein Anlass, im vorliegenden Fall weitergehende Anforderungen zu stellen, besteht nicht. Solches käme allenfalls dann in Betracht, wenn Erkenntnisse vorlägen, die eindeutig gegen die Annahme einer hinreichenden Verstandesreife der in Rede stehenden Gruppe sprächen. Dahingehende Feststellungen hat der Verwaltungsgerichtshof indessen nicht getroffen.
b) Ein Verstoß gegen die Gewährleistung eines gleichen Wahlrechts (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) folgt nicht daraus, dass der Landesgesetzgeber zwar Bürger vom aktiven Stimmrecht ausgeschlossen hat, für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten ein Betreuer dauerhaft bestellt ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO), von einem vergleichbaren Ausschluss minderjähriger Bürger, bei denen die Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB für eine Betreuung (bis auf die Volljährigkeit) vorliegen, indessen abgesehen hat. Die unterschiedliche Behandlung der genannten Gruppen hält verfassungsrechtlicher Prüfung stand, weil sie ihrerseits an der möglichst weitgehenden Verwirklichung des verfassungsrechtlichen, ebenfalls in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Prinzips der Allgemeinheit der Kommunalwahlen orientiert ist.
Nimmt der Gesetzgeber Differenzierungen wie die hier in Rede stehende vor, ist ihm nur ein eng bemessener, auf zwingende Gründe beschränkter Spielraum eröffnet. Solche Gründe liegen vor, wenn sie durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sind, das der Wahlrechtsgleichheit die Waage halten kann, ohne dass es erforderlich wäre, dass die Verfassung die Verwirklichung dieser Zwecke gebietet (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 - 2 BvC 3/96 - BVerfGE 95, 408 <418>; Beschluss vom 19. September 2017 - 2 BvC 46/14 - BVerfGE 146, 327 Rn. 61; je m.w.N.). Differenzierende Regelungen müssen zur Verfolgung ihrer Zwecke geeignet und erforderlich sein; ihr erlaubtes Ausmaß richtet sich daher auch danach, mit welcher Intensität in das gleiche Wahlrecht eingegriffen wird. Zudem können gefestigte Rechtsüberzeugungen und die Rechtspraxis Berücksichtigung finden (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2017 - 2 BvC 46/14 - BVerfGE 146, 327 Rn. 64; Erbguth/Schubert, in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 38 Rn. 83).
Diesen Anforderungen wird hier genügt. § 14 Abs. 2 Nr. 2 GemO beruht auf der Entscheidung des Gesetzgebers, zugunsten der Allgemeinheit der Wahl den Kreis der vom Wahlrecht Ausgeschlossenen sehr klein zu halten und auf diejenigen zu beschränken, für die durch gerichtliche Entscheidung dauerhaft und für alle Angelegenheiten ein Betreuer bestellt ist. Wegen der strengen rechtlichen Voraussetzungen für eine derart umfassende Betreuung durfte er ohne Weiteres davon ausgehen, dass dem erfassten Personenkreis das für eine Wahlentscheidung erforderliche Mindestmaß an Einsichts- und Wahlfähigkeit fehlt (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 9. Juli 2002 - Vf. 9-VII-01 - juris Rn. 47). Diese Personen vom Wahlrecht auszuschließen, wird seit jeher als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl vereinbar angesehen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. Oktober 1973 - 2 BvC 3/73 - BVerfGE 36, 139 <141 f.> und vom 29. Mai 1984 - 2 BvC 2/84 - BVerfGE 67, 146 <148>). Zugleich hat der Gesetzgeber davon abgesehen, auch solche Personen vom Wahlrecht auszuschließen, für die ein Betreuer lediglich für bestimmte Aufgabenkreise bestellt ist, selbst wenn deren Fähigkeit, eine verantwortliche Wahlentscheidung zu treffen, im Einzelfall ebenfalls in Zweifel gezogen werden könnte. Das dient dazu, das Wahlverfahren von der andernfalls in jedem Einzelfall erforderlichen Prüfung der Wahlfähigkeit zu entlasten, und hält sich im Rahmen der dem Gesetzgeber zustehenden Typisierungsbefugnis.
§ 1896 BGB sieht bei Minderjährigen, die noch von ihren Eltern gesetzlich vertreten werden, eine Betreuung nicht vor. Das Kommunalwahlrecht des Landes konnte deshalb an die Tatsache einer Betreuung bei Minderjährigen nicht anknüpfen. Der Landesgesetzgeber hätte die daraus erwachsende Ungleichbehandlung nur beseitigen können, indem auf die Anknüpfung an die Betreuung auch bei Volljährigen verzichtet würde; dann hätte er entweder die Wahlteilnahme auch zweifelsfrei wahlunfähiger Personen hinnehmen oder aber eine Einzelfallprüfung bei Volljährigen wie bei Minderjährigen vorsehen müssen. Dass er es bei dieser Sachlage vorzog, die Ungleichbehandlung hinzunehmen, lässt sich verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Hierfür fällt ins Gewicht, dass die vermeintliche Privilegierung nur für solche Minderjährigen besteht, bei denen - abgesehen von der Volljährigkeit - die Voraussetzungen für eine dauerhafte und unbeschränkte Betreuung vorliegen. Dieser Personenkreis ist denkbar klein; mit seiner Wahlteilnahme ist zudem regelmäßig ohnehin kaum zu rechnen. Die Abweichung von der gebotenen Wahlrechtsgleichheit wirkt sich also praktisch kaum aus. Demgegenüber wäre von einer Änderung des Wahlrechts bei Volljährigen ein ungleich größerer Personenkreis betroffen, und die Einführung einer Einzelfallprüfung bei Minderjährigen wie Volljährigen würde die Wahlbehörden vor kaum zu bewältigende Herausforderungen stellen.
3. Die Kläger weisen überdies auf verschiedene Vorschriften des einfachen Bundesrechts - etwa §§ 107 ff. BGB und § 62 VwGO - hin, mit denen das Minderjährigenwahlrecht ihrer Auffassung nach nicht im Einklang stehe. Diese Erwägungen führen nicht zum Erfolg der Revision. Die von den Klägern ins Feld geführten Normen des bürgerlichen Rechts, des Strafrechts und des Prozessrechts stellen keinen rechtlichen Maßstab für die Regelung des Wahlalters im Kommunalwahlrecht dar. Ihnen wohnt auch keine maßstabsbildende Kraft für die darauf bezogene Entscheidung des Gesetzgebers inne. Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Rechtsordnung auch Personen unter 18 Jahren eine Vielzahl von Rechten und Pflichten zuweist und dass es einen allgemeinen Vorrang oder eine Bindungswirkung des Alters der Volljährigkeit oder gar ihrer derzeit bestehenden konkreten Festlegung durch den Bundesgesetzgeber nicht gibt; das Bundesrecht verlangt keinen auf allen Gebieten des privaten und des öffentlichen Rechts gleich gestalteten Minderjährigenschutz (BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 1984 - 7 B 183.82 - Buchholz 442.041 PostG Nr. 4 und vom 24. April 1998 - 3 B 23.98 - Buchholz 316 § 12 VwVfG Nr. 3).
Entsprechendes gilt, soweit die Kläger verschiedene weitere Befugnisse kommunalrechtlicher Mitwirkung - wie etwa das aktive Stimmrecht bei der Wahl von Bürgermeistern - erwähnen, die allen Bürgern im Sinne der §§ 12 und 14 GemO zustehen. Ihre Auffassung, auch diese Befugnisse stünden mit Verfassungsrecht nicht im Einklang, bedarf keiner näheren Erörterung, denn selbst wenn der Revision insoweit zu folgen wäre, fände die weitere Annahme der Kläger, ein derartiger Verfassungsverstoß zöge die Grundgesetzwidrigkeit auch des hier in Rede stehenden Kommunalwahlrechts für Minderjährige nach sich, in der Rechtsordnung keine Stütze.
4. Das Berufungsurteil leidet nicht an Verfahrensfehlern. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Recht der Kläger auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt.
a) Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, dass das Gericht ihr Vorbringen vollständig in seine Entscheidungsfindung einbezieht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen abhandeln muss (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1995 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209>). Vielmehr muss es auch in einem Urteil nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe angeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Gründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2017 - 6 B 11.17 - juris Rn. 11 m.w.N.). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebietet zudem nur, dass das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen wird (stRspr, BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1987 - 1 BvR 313/85 - BVerfGE 75, 369 <381 f.>), nicht aber, dass das Gericht den Vorstellungen eines Beteiligten folgt (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>). Ebenso wäre es von vornherein verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Vortragselemente eines sehr umfangreichen Vorbringens - wie dem vorliegenden - zu folgern, das Gericht habe sich mit den darin enthaltenen Argumenten nicht befasst (BVerfG, Beschluss vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46> m.w.N.). Art. 103 Abs. 1 GG vermittelt insbesondere keinen Schutz davor, dass ein Gericht aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts Parteivorbringen nicht weiter aufnimmt (BVerfG, Beschluss vom 21. April 1982 - 2 BvR 810/81 - BVerfGE 60, 305 <310> m.w.N.).
b) Gemessen daran liegt eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vor. Die Kläger beanstanden mit ihren auf diese Verfassungsnorm bezogenen umfangreichen Rügen der Sache nach nahezu ausschließlich, dass das Berufungsgericht ihrer Würdigung des Sachverhalts und ihrer Rechtsansicht nicht gefolgt ist, wozu es indessen nicht verpflichtet war.
aa) Das gilt auch im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger, eine Verfassungswidrigkeit des Minderjährigenwahlrechts ergebe sich unter anderem daraus, dass Bürger unter 18 Jahren auch Bürgermeister und Landräte wählen sowie weitere Mitwirkungshandlungen im Bereich des Kommunalrechts vornehmen dürften. Soweit der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, eine verletzte Verfassungsnorm werde von den Klägern nicht benannt (UA S. 40), hat er gleichwohl nicht verkannt, welche Vorschriften des Grundgesetzes die Kläger insoweit als Maßstabsnormen für das Landesrecht heranziehen. Denn im unmittelbaren Anschluss an die erwähnte Passage heißt es, dass nicht erkennbar sei, aus welchen Gründen für die genannten Befugnisse anderes als für das aktive Stimmrecht bei den Wahlen zum Gemeinderat gelten solle. Daraus wird deutlich, dass der Verwaltungsgerichtshof seine zuvor angestellten verfassungsrechtlichen Erwägungen auch auf diesen Gesichtspunkt erstreckt und mit der von den Klägern beanstandeten Passage lediglich zum Ausdruck gebracht hat, dass die Kläger eine Verletzung weiterer Verfassungsnormen über diejenigen hinaus, die im Berufungsurteil an anderer Stelle erörtert werden, nicht dargelegt haben.
bb) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt ferner nicht im Hinblick auf die Würdigung der Frage der hinreichenden Verstandesreife des betroffenen Personenkreises vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierzu die Ergebnisse von Expertenanhörungen im Rahmen mehrerer Gesetzgebungsverfahren in anderen Ländern wiedergegeben (UA S. 33 ff.) und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der baden-württembergische Landesgesetzgeber vor der 2013 erfolgten Absenkung des Wahlalters keine eigene Anhörung von Sachverständigen habe durchführen müssen. Vielmehr sei es verfassungsrechtlich ausreichend, wenn er sich auf nachvollziehbare fachliche Erwägungen des Inhalts stützen könne, dass eine ausreichende Einsichtsfähigkeit der unter 18-jährigen gegeben sei. Auf die Beweisangebote der Kläger komme es daher nicht an (UA S. 36 f.).
Die Kläger halten dies namentlich deswegen für verfahrensfehlerhaft, weil es der Verwaltungsgerichtshof unterlassen habe, die Erkenntnisse und Studien, auf die sich die vom Verwaltungsgerichtshof erwähnten Experten ihrerseits bezogen hätten, zu ermitteln und in das Verfahren einzuführen. Hiermit kritisieren sie jedoch lediglich die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist. Ein allenfalls denkbarer Ausnahmefall im Sinne einer willkürlichen Sachverhaltswürdigung liegt ersichtlich nicht vor, da der Verwaltungsgerichtshof keinen vernünftigen Anlass hatte, an der Expertise und fachlichen Eignung der von verschiedenen Landesparlamenten herangezogenen Experten zu zweifeln. Im Übrigen hat der Landesgesetzgeber von dem insoweit maßgeblichen und - wie dargelegt - zutreffenden materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs aus den Umfang und die Tiefe seiner Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht selbst zu bestimmen. Da der Landtag von Baden-Württemberg auf dieser verfassungsrechtlichen Grundlage nicht verpflichtet war, sich zur Frage der intellektuellen Reife Minderjähriger sachverständig beraten zu lassen, bestand auch keine rechtliche Notwendigkeit für das Berufungsgericht, in die von den Klägern vermisste weitere Aufklärung des Sachverhalts durch Beiziehung der erwähnten Erkenntnisse und Studien einzutreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.