Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 13.09.2017


BVerwG 13.09.2017 - 10 C 7/16

Freier Zugang zum Meeresstrand


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
13.09.2017
Aktenzeichen:
10 C 7/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:130917U10C7.16.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OVG Lüneburg, 19. Januar 2016, Az: 10 LC 87/14, Urteilvorgehend VG Oldenburg (Oldenburg), 23. September 2014, Az: 1 A 1314/14, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Verweigert eine kommunale Eigengesellschaft Erholungsuchenden die Ausübung eines diesen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zustehenden Rechts auf freien Zugang zu Strandflächen und -wegen, können die Betroffenen von der Gemeinde verlangen, die Eigengesellschaft durch Gesellschafterbeschluss anzuweisen, ihnen freien Zugang im Umfang ihrer Berechtigung zu gewähren.

2. Art. 2 Abs. 1 GG schützt das Recht des Einzelnen auf freien Zugang zum Strand zum Spazierengehen, Baden und Wattwandern als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit. § 59 Abs. 1 BNatSchG (juris: BNatSchG 2009) beschränkt das Zugangsrecht verfassungskonform auf das Betreten über den Strand führender, auch privater Straßen und Wege und das Betreten tatsächlich ungenutzter Teilflächen des Strandes.

3. Eine das Betretensrecht gemäß § 59 Abs. 1 BNatSchG ausschließende Nutzung liegt nicht vor, wenn ein Entgelt für das nach dieser Vorschrift unentgeltlich zu duldende Betreten zu Erholungszwecken im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG gefordert wird.

4. Eine nach § 59 Abs. 1 BNatSchG tatbestandsmäßige Nutzung von Strandflächen als Strandbad setzt eine Mehrzahl benachbarter, funktional aufeinander bezogener Einrichtungen der Bade-Infrastruktur voraus, deren Nutzung schon mit dem Eintritt für den Strandbadbesuch abgegolten ist. Das Aufstellen einzelner Sanitäranlagen oder Abfallbehälter genügt dazu nicht.

Tatbestand

1

Die Kläger verlangen von der Beklagten, die von dieser allein gehaltene Beigeladene zu 1 anzuweisen, ganzjährig den unentgeltlichen Zutritt der Kläger zu den im Gemeindegebiet liegenden Nordseestränden zu dulden.

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Zur knapp 30 km langen Küstenlinie der Beklagten gehören rund 9 km Strand, die etwa je zur Hälfte in den Küstenbadeorten S. und H. liegen. In S. wird seit 1860 ein Strandbad betrieben. Eine Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Gemeinde M., übernahm es 1956 vom bisherigen privaten Betreiber. Der Strand in H. wurde 1974 im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme wegen der Bebauung anderer Strandflächen künstlich angelegt. Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Strandgrundstücke ist der Beigeladene zu 2. Er verpachtete 1974/75 Strandflächen in beiden Küstenbadeorten, zunächst an die Beklagte und später an die von dieser gegründeten Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1. 1997/98 schlossen die Beigeladenen einen befristeten Pachtvertrag über die Nutzung der Strandgrundstücke in H. als Camping- oder Strandbadgelände. Seit Auslaufen dieses Vertrages zum Jahresende 2010 setzen sie das Nutzungsverhältnis stillschweigend zu den bisherigen Konditionen fort. Der 1999 geschlossene Pachtvertrag der Beigeladenen über die Strandgrundstücke in S. wurde bis Ende 2018 verlängert. Er erfasst den gesamten Strand mit Ausnahme eines etwa 1 km langen, schmal auslaufenden Abschnitts im Nordwesten.

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In H. betreibt die Beigeladene zu 1 auf dem westlichen Strandabschnitt einen Campingplatz. Daran schließen sich in östlicher Richtung der FKK-Strand, der auch von Surfern und Kitern zu nutzende Hundestrand und der Textilstrand an. Dort befinden sich ein Sanitärgebäude mit Kiosk, ein Kinderspielplatz und eine DLRG- und Erste-Hilfe-Station. Die übrigen Strandabschnitte sind jeweils mit einem Kiosk mit Sanitärgebäude ausgestattet. Der Strand ist durchgehend eingezäunt und nur über Durchgänge mit Kassenhäuschen zu erreichen, die von April bis Oktober besetzt sind. Dort erhebt die Beigeladene zu 1 für den Strandzugang ein Entgelt von regulär 3 € pro Tag. Für Gemeindeeinwohner und Kurkarteninhaber ist der Zugang kostenlos. Kurbeiträge fallen jedoch nur bei mehrtägigem Aufenthalt an.

4

In S. sind der südliche, in Hafennähe gelegene Strandabschnitt und der nordöstlich des Campingplatzes liegende Strandabschnitt jeweils mit DLRG- und Erste-Hilfe-Stationen, Kiosken und Sanitärgebäuden ausgestattet. Eine dazwischen liegende Strandfläche, in deren Mitte sich ein Kinderspielhaus befindet, und ein weiterer, nordwestlicher Strandabschnitt sind im Gesetz über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer vom 11. Juli 2001 (GVBl S. 443) als Erholungszonen festgesetzt. Der Strandzugang ist an fünf Durchgängen mit Kassenhäuschen sowie über den Parkplatz des Campingplatzes zu denselben Bedingungen wie in H. möglich.

5

Zur Erhaltung der Strandflächen sind wiederkehrende Ausbesserungsarbeiten einschließlich Sandaufspülungen erforderlich, deren Häufigkeit und Umfang zwischen den Beteiligten umstritten sind. Die Beigeladene zu 1 reinigt nach eigenen Angaben beide Strände und mäht die grasbewachsenen Flächen.

6

Die Kläger, Einwohner von Nachbargemeinden der Beklagten, verlangten von dieser und der Beigeladenen zu 1 vergeblich, ihnen ganzjährig den ungehinderten, unentgeltlichen Zugang zum gesamten im Gemeindegebiet liegenden Nordseestrand zum Spazierengehen, Baden und Wattwandern zu gewähren. Ihre Klage vor dem Amtsgericht wurde rechtskräftig als unzulässig abgewiesen. Daraufhin haben die Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben und sich auf den Gemeingebrauch am Meeresstrand und am Küstengewässer sowie auf naturschutzrechtliche Betretensrechte berufen. Ursprünglich haben sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Beigeladene zu 1 anzuweisen, ihnen unentgeltlichen Zugang zum Strand zu gewähren. Trotz Rechtswegrüge der Beklagten hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, ohne vorab über den Rechtsweg zu entscheiden.

7

Im Berufungsverfahren hat die Beigeladene zu 1 erneut eingewandt, bei den Strandbädern handele es sich um privatrechtlich betriebene öffentliche Einrichtungen, deren Benutzungsbedingungen zivilgerichtlich zu klären seien. Daraufhin haben die Kläger erläutert, sie begehrten keine kostenfreie Benutzung der Infrastruktur der Beigeladenen zu 1, sondern nur freien Zugang zum Strand und zum Küstengewässer. Pachtverträge könnten das Zugangsrecht nicht einschränken. Ergänzend haben sich die Kläger auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 des Grundgesetzes (GG) berufen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht haben sie ihr Zutrittsbegehren auf die in den Anlagen A 1 und A 2 zum Schriftsatz des Klägers vom 10. November 2015 rot umrandeten Flächen in S. und H. und auf die grün markierten Querungshilfen in H. beschränkt. Die Beklagte hat erklärt, darin liege eine Teilklagerücknahme, der sie nicht zustimme. Sie strebe eine endgültige Klärung an, um Folgeprozesse über andere Strandabschnitte zu vermeiden.

8

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufungen mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Leistungsklagen zulässig, aber unbegründet seien. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Das Klagebegehren richte sich auf den ganzjährig kostenfreien Zugang zu allen gemeindlichen Strandabschnitten. Die teilweise Klagerücknahme sei unwirksam, da die Beigeladene (zu 1) die erforderliche Einwilligung verweigert habe, ohne rechtsmissbräuchlich zu handeln. Das Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich aus der Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils.

9

Den Klägern stehe der geltend gemachte Einwirkungsanspruch nicht zu. Dabei könne offen bleiben, ob das Kommunalrecht "Brückennormen" enthalte, aus denen sich ein solcher Anspruch ergeben könne. Dahinstehen könne auch, ob es eines Einwirkungsanspruchs bedürfe, obwohl die Waldbehörde auf Antrag die Beseitigung unzulässiger Zugangssperren anordnen könne. Ein Einwirkungsanspruch scheitere jedenfalls daran, dass den Klägern kein Recht auf unentgeltlichen Zugang zu den von der Beigeladenen (zu 1) bewirtschafteten Strandabschnitten oder auch nur zu Teilabschnitten zustehe. Dazu bedürfe es einer Anspruchsgrundlage, weil die Kläger eine Leistung und nicht nur die abwehrrechtliche Beseitigung einer Störung verlangten. Eine Anspruchsgrundlage finde sich jedoch weder im Gesetz noch im Gewohnheitsrecht.

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Auf einen Gemeingebrauch am Küstengewässer lasse sich ein Anspruch auf freien Strandzugang nicht stützen. Der Gemeingebrauch an oberirdischen Gewässern gemäß § 25 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) oder § 32 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) erstrecke sich weder auf den Strand noch auf das Küstengewässer der Nordsee. Gewohnheitsrechtlich sei ein wasserrechtlicher Gemeingebrauch nicht zu begründen, da die bundes- und landesrechtlichen Vorschriften einen Gemeingebrauch am Küstengewässer ausschlössen. Jedenfalls folge aus einem etwaigen Gemeingebrauch am Gewässer noch kein Recht auf landseitigen Zugang.

11

Ein gewohnheitsrechtlicher Gemeingebrauch am Meeresstrand komme als Anspruchsgrundlage ebenfalls nicht in Betracht. Ein solcher habe Anfang des 20. Jahrhunderts im verfahrensgegenständlichen Bereich zwar noch bestanden. Der Staat sei aber schon damals befugt gewesen, Badekonzessionen zur Anlegung von Badeanstalten unter Ausschluss des Gemeingebrauchs Dritter zu erteilen. Eine solche Sondernutzung sei hier aufgrund von Vereinbarungen eingeführt worden. Spätestens mit Inkrafttreten der landesgesetzlichen Regelung des Rechts zum Betreten der freien Landschaft im Jahr 1981 durch § 67 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes vom 20. März 1981 (NdsGVBl. S. 31) sei der landesgewohnheitsrechtliche Gemeingebrauch am Meeresstrand aufgehoben worden, da die spätere Regelung desselben Sachverhalts die frühere verdränge. Selbst bei Fortbestehen des Gemeingebrauchs wäre im Übrigen ein Recht auf freien Strandzugang wegen der gegenwärtigen Sondernutzung zu verneinen. Sollten die Pachtverträge keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Strandbadbetrieb bieten, könne dieser jedenfalls auf Antrag der Beigeladenen (zu 1) durch die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis legalisiert werden.

12

Aus naturschutzrechtlichen Vorschriften ergebe sich ebenfalls kein Anspruch auf unentgeltlichen Zugang zum Strand. § 62 BNatSchG verpflichte öffentlich-rechtliche Körperschaften zur Bereitstellung von Erholungsflächen, lasse ihnen aber weiten Spielraum. Er richte sich zudem nur an die Eigentümer und Besitzer der Grundstücke, zu denen die Beklagte hier nicht gehöre. § 59 Abs. 1 BNatSchG, der das unentgeltliche Betreten der freien Landschaft zum Zweck der Erholung auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen gestatte, greife ebenfalls nicht ein. Zwar gehöre der Meeresstrand zur freien Landschaft. Die Strandflächen in H. und S. stellten aber keine ungenutzten Grundstücke dar, weil sie teils künstlich angelegt worden seien, regelmäßig in unterschiedlichem Umfang erneuert und, um attraktiv zu bleiben, ständig gereinigt werden müssten. Die Strandgrundstücke seien auch nicht teilweise ungenutzt. Bei Anlagen, die der Erholung dienten, müsse grundsätzlich auf eine Gesamtbetrachtung abgestellt werden. Das schließe - ebenso wie die fehlende straßenrechtliche Widmung der Querungshilfen - auch ein Betretensrecht bezüglich der über den Strand verlaufenden Wege aus. Die Gesamtbetrachtung sei verfassungsrechtlich geboten, weil § 59 Abs. 1 BNatSchG auch für private Grundstückseigentümer gelte und sonst deren Eigentums- und Berufsfreiheit (Art. 12 und 14 GG) unangemessen beeinträchtige. Zum selben Ergebnis führe es, den Strand als ungenutztes Grundstück zu betrachten, dessen Besitzer zur Wahrung seiner schutzwürdigen Interessen nach § 59 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG berechtigt sei, Uferabschnitte speziellen Benutzergruppen - hier den Benutzern der Strandbäder - vorzubehalten. Auf die Rechtmäßigkeit des Strandbadbetriebes komme es nach § 59 Abs. 1 BNatSchG nicht an. Aus dem Landesrecht ergebe sich kein weitergehender Anspruch auf unentgeltlichen Strandzugang.

13

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren unbeschränkt weiter. Das Revisionsbegehren der Klägerin ist auf die Flächen und Querungshilfen beschränkt, die Gegenstand ihres Antrags in der Berufungsverhandlung waren.

14

Die Beklagte tritt den Revisionen entgegen. Sie verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor, § 62 BNatSchG verpflichte nur den Beigeladenen zu 2. Ob Erholungsflächen in angemessenem Umfang bereitgestellt würden, sei landesweit und nicht im gemeindlichen Bezugsrahmen zu beurteilen. Die Erhebung eines Entgelts für den Strandzugang rechtfertige sich jedenfalls aus dem Aufwand für die Ausstattung, Unterhaltung und Reinigung der Strandflächen. Die Beigeladenen unterstützen das Beklagtenvorbringen, stellen jedoch keine eigenen Anträge. Der Beigeladene zu 2 meint, § 59 Abs. 1 BNatSchG begründe kein subjektives Recht, sondern sei als Programmsatz zu verstehen.

15

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Revisionsvorbringen, ohne einen Antrag zu stellen. Er hält die berufungsgerichtlich mit einer Gesamtbetrachtung begründete Annahme einer flächendeckenden Nutzung der Strandgrundstücke für fehlerhaft. Sie widerspreche dem Gesetzesziel der Erholungsvorsorge (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 BNatSchG) und löse den Grundrechtskonflikt zwischen Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 2 GG einerseits und Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG andererseits einseitig zulasten des Gemeingüterschutzes auf.

Entscheidungsgründe

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Die unbeschränkt eingelegte Revision des Klägers ist teilweise begründet, die beschränkte Revision der Klägerin hat in vollem Umfang Erfolg. Das Berufungsurteil verletzt § 59 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), soweit es ein Recht der Kläger auf unentgeltliches Betreten der jeweils im Tenor bezeichneten Strandflächen und -wege verneint. Insoweit stellt es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

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1. Gegen die Zulässigkeit der Revisionen im jeweiligen Umfang bestehen keine Bedenken.

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a) Der Revisionsantrag des Klägers enthält keine nach § 142 Abs. 1 VwGO unzulässige Klageerweiterung; er geht nicht über den Gegenstand des Berufungsverfahrens hinaus. Die mit den Schriftsätzen des Klägers vom 10. und 19. November 2015 angekündigten, in der Berufungsverhandlung gestellten Anträge hat das Oberverwaltungsgericht gemäß § 92 Abs. 1 VwGO zutreffend als unwirksame Teilklagerücknahmen behandelt. Es ist in sachgerechter Auslegung des Klagebegehrens gemäß § 88 VwGO davon ausgegangen, dass die Klage sich ursprünglich auf ganzjährig freien Zugang zum gesamten Strand und nicht nur zu einzelnen Abschnitten und Wegen richtete. Der erstinstanzliche Klageantrag zielte nach der Klagebegründung darauf ab, den Gemeingebrauch am gesamten Strand gegen dessen nahezu vollständige Inanspruchnahme für den Betrieb kostenpflichtiger Strandbäder durchzusetzen. Die Kläger erläuterten schriftsätzlich, Verfahrensgegenstand seien 9 km Strand im Gebiet der Beklagten, die in S. zu 90 % und in H. zu 100 % abgesperrt seien. Sie begehrten freien Zugang auch zu den gesperrten Flächen, allerdings ohne Nutzung der Infrastruktur. Erst im Berufungsverfahren erklärten sie eine räumliche Begrenzung ihres Zutrittsbegehrens. Darin lag keine ohne Weiteres zulässige Konkretisierung oder Beschränkung der Klage gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO, sondern eine teilweise Klagerücknahme gemäß § 92 Abs. 1 VwGO, weil die Beschränkung mit einer Verschiebung der materiell-rechtlichen Anspruchsbegründung einherging (zu diesem Kriterium vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 - 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <135>). Der Sache nach gaben die Kläger im Berufungsverfahren das mit dem Gemeingebrauch begründete umfassende Zutrittsbegehren auf und machten stattdessen nur noch ein naturschutzrechtlich begründetes Recht zum Betreten von Wegen und ungenutzten Grundflächen in der freien Landschaft geltend. Diese Teilklagerücknahme war unwirksam, weil die gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderliche Einwilligung der Beklagten weder erteilt noch gemäß Satz 3 der Vorschrift fingiert wurde. Zwar wahrte der Widerspruch gegen die Neufassung des Antrags mit Schriftsatz vom 10. November 2015 nicht die gesetzliche Zweiwochenfrist. Dies führte aber nicht zur Einwilligungsfiktion, weil der nach § 92 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 VwGO erforderliche Hinweis auf die Fiktionsregelung bei der Zustellung des Schriftsatzes nicht erteilt worden war.

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b) Im eingeschränkten Revisionsantrag der Klägerin liegt eine zulässige Revisionsbeschränkung, die ohne Zustimmung der übrigen Beteiligten wirksam ist. Eine unbeschränkt zugelassene Revision kann durch einen in der Begründungsfrist angekündigten eingeschränkten Antrag wirksam beschränkt werden, weil nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO erst die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten muss (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 1991 - 3 C 6.89 - Buchholz 310 § 140 VwGO Nr. 5).

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2. Das angegriffene Urteil leidet nicht an wirksam gerügten Verfahrensmängeln. Der Vortrag der Klägerin, das Berufungsgericht gehe ohne Beweisaufnahme von den bestrittenen Angaben des Beklagten zur Strandpflege aus, enthält keine substantiierte Darlegung eines Aufklärungsmangels oder einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO). Die Vorinstanz hat das Bestreiten des Umfangs und der Häufigkeit der Maßnahmen zur Unterhaltung und Pflege des Strandes ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils berücksichtigt. Nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung kam es für das Vorliegen einer Nutzung im Sinne des § 59 Abs. 1 BNatSchG jedoch nicht auf diese Streitpunkte an, sondern nur auf die künstliche Schaffung eines Teils des Strandes, das Vorhalten von Infrastruktureinrichtungen und die Notwendigkeit von Unterhaltungsmaßnahmen überhaupt. Ein substantiiertes Bestreiten auch dieser Umstände legt die Klägerin nicht dar. Ihre Berufung - auch - auf Art. 2 Abs. 1 GG wird im Tatbestand des angegriffenen Urteils wiedergegeben. Dass dessen Entscheidungsgründe nicht näher darauf eingehen, erklärt sich aus der berufungsgerichtlichen Auslegung des § 59 Abs. 1 BNatSchG, die Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG größeres Gewicht beimisst.

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Die Bezugnahmen der Kläger auf die Begründungen ihrer Nichtzulassungsbeschwerden genügen nicht zur prozessordnungsgemäßen substantiierten Darlegung weiterer Verfahrensmängel. Wurden im Beschwerdeverfahren mehrere Rügen erhoben, muss eine Bezugnahme zumindest klarstellen, auf welche dieser Gründe die Revision gestützt werden soll (BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 1987 - 1 C 10.85 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 49 - LS 1 und S. 17 sowie vom 30. August 1988 - 9 C 20.88 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 93 - LS 1 und S. 126). Das ist hier nicht geschehen.

22

3. Die Zulässigkeit der Leistungsklagen hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht bejaht.

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Die Kläger sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Das von ihnen geltend gemachte Recht auf ungehinderten Zutritt zum gesamten Strand kann seine Grundlage in § 59 Abs. 1 BNatSchG und Art. 2 Abs. 1 GG finden, weil es nicht auf die unentgeltliche Zulassung zur Benutzung der Strandbäder als kommunaler Einrichtungen zielt, sondern auf die Ausübung eines durch den Strandbadbetrieb beeinträchtigten, quasi-dinglichen Rechts zum Betreten des Strandes zu Erholungszwecken. Wegen der Grundrechtsbindung der Beklagten und ihrer Eigengesellschaft, der Beigeladenen zu 1 (dazu sogleich unter 4.), kann sich aus einem solchen Recht ein Anspruch der Kläger gegen die Beklagte ergeben, die von ihr zur Strandbewirtschaftung eingesetzte Beigeladene zu 1 anzuweisen, die Ausübung des Zugangsrechts zu dulden.

24

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt weder wegen der - überschaubaren - Entfernung der Wohnorte der Kläger zum Strand noch wegen der Möglichkeit, die zuständige Waldbehörde einzuschalten. Deren Zuständigkeit erstreckt sich nicht auf die Durchsetzung sämtlicher in Betracht kommenden Zugangsrechte. Sie beschränkt sich nach § 31 Abs. 4 Satz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung vom 21. März 2002 - NWaldLG - (NdsGVBl. S. 112), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 2016 (NdsGVBl. S. 97), auf Anordnungen zur Beseitigung von Hindernissen, die der Ausübung der in §§ 23 ff. NWaldLG geregelten Betretensrechte entgegenstehen.

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4. Das Berufungsurteil geht jedoch zu Unrecht davon aus, der geltend gemachte Einwirkungsanspruch sei unbegründet, weil den Klägern kein Recht auf unentgeltlichen Zugang zum Strand oder zu Teilen davon zustehe. Diese Annahme beruht auf einer fehlerhaften Anwendung des Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. § 59 Abs. 1 BNatSchG. Bezüglich der im Tenor bezeichneten Strandflächen und -wege trifft sie auch im Ergebnis nicht zu.

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a) Zur Konstruktion des Einwirkungsanspruchs sind keine kommunalrechtlichen "Brückennormen" erforderlich. Es genügt, dass den Klägern gegen die Beklagte ein Recht zur Abwehr rechtswidriger Beeinträchtigungen eines etwaigen, gegen die Beklagte oder die Beigeladene zu 1 gerichteten Rechts auf freien Strandzugang zusteht.

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Die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Auffassung, ein Recht der Kläger auf freien Strandzugang bedürfe einer einfach-rechtlichen Anspruchsgrundlage, ist revisionsrechtlich fehlerhaft. Sie beruht auf der unrichtigen Annahme, die Kläger verlangten eine Leistung und keine Störungsbeseitigung. Das träfe nur zu, wenn sie sich auf ein Recht zur unentgeltlichen Benutzung der Strandbäder als kommunaler Einrichtungen beriefen. Sie machen jedoch keinen solchen Zulassungsanspruch geltend, sondern ein zulassungsunabhängiges Recht zum Betreten des Strandes zum Spazierengehen, Baden und Wattwandern. Ein solches Recht kann sich nicht nur aus einem etwaigen Gemeingebrauch oder aus naturschutzrechtlichen Vorschriften ergeben, sondern auch aus Art. 2 Abs. 1 GG, sofern die beabsichtige Strandnutzung in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit fällt und ihre Beschränkung durch die Absperrung und die Entgelterhebung nicht durch die verfassungsmäßige Ordnung gedeckt ist.

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Als kommunale Gebietskörperschaft und als Teil der vollziehenden Gewalt kann die Beklagte sich ihrer öffentlich-rechtlichen Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) einschließlich der Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) nicht dadurch entziehen, dass sie sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben einer privatrechtlich organisierten Eigengesellschaft wie der Beigeladenen zu 1 bedient. Vielmehr hat sie für die Rechtmäßigkeit des Handelns ihrer Eigengesellschaft einzustehen und zu gewährleisten, dass diese keine Rechte Dritter verletzt. Schränkt die Verweigerung des Strandzugangs durch die Beigeladene zu 1 Zugangsrechte der Kläger rechtswidrig ein, muss die Beklagte die Beigeladene zu 1 anweisen, den rechtswidrigen Eingriff abzustellen. Entgegen der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Auffassung kommt es dabei nicht darauf an, ob das Zugangsrecht gegenüber der Beklagten oder nur gegenüber der Beigeladenen zu 1 begründet ist. Im ersten Fall ist die Beklagte verpflichtet, die Ausübung des Zugangsrechts zu gewährleisten und dazu die von ihr zur Strandbewirtschaftung eingesetzte Beigeladene zu 1 anzuweisen, die Ausübung des Rechts zu dulden. Im zweiten Fall muss die Beklagte die Beigeladene zu 1 zur Erfüllung des gegen diese gerichteten Zugangsanspruchs anhalten. In beiden Fällen können die Zugangsberechtigten, deren Recht ohne eine solche Anweisung vereitelt würde, das erforderliche Einwirken der Beklagten verlangen.

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b) Die Annahme der Vorinstanz, ein Recht der Kläger auf unentgeltlichen Strandzugang sei nicht aus einem Gemeingebrauch am Küstengewässer (dazu aa) oder am Meeresstrand (dazu bb) zu begründen, wird zwar mit teils bundesrechtswidrigen Erwägungen begründet. Sie beruht aber nicht auf der darin liegenden Verletzung revisiblen Rechts.

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aa) Entgegen den Erwägungen des Berufungsurteils ist ein Gemeingebrauch am Küstengewässer nicht bundesrechtlich ausgeschlossen. Bundesrecht begründet zwar keinen solchen Gemeingebrauch. Es schließt aber nicht aus, dass er sich aus anderen, etwa landesgesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Rechtssätzen ergibt. Die gegenteilige Auffassung beruht auf einem unzulässigen Umkehrschluss aus § 25 WHG (Wasserhaushaltsgesetz). Diese Vorschrift betrifft nur oberirdische (Binnen-)Gewässer im Sinne des § 3 Nr. 1 WHG und enthält auch insoweit keine abschließende Regelung des Gemeingebrauchs. Sie verweist vielmehr auf dessen landesrechtliche Ausgestaltung und schränkt die Regelungsbefugnis des Landesgesetzgebers nur hinsichtlich des Einleitens und Einbringens von Stoffen ein, um Ziele des Wasserhaushaltsgesetzes zu verwirklichen (Schmid, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 25 Rn. 1 ff.). Für den Gemeingebrauch am Küstengewässer, das in § 3 Nr. 2 WHG als Teil des Meeres definiert wird, folgt daraus nichts. Seine Nutzung wird bundesrechtlich in § 43 WHG, und zwar ebenfalls nicht abschließend geregelt. Diese Vorschrift ermächtigt die Länder, bestimmte nach § 8 WHG erlaubnispflichtige Benutzungen im Sinne des § 9 WHG von der Erlaubnispflicht auszunehmen. Damit betrifft sie nur Handlungen, die regelmäßig die Substanz oder stoffliche Zusammensetzung des Gewässers nicht unerheblich beeinträchtigen. Unterhalb dieser Schwelle liegende Nutzungen wie das Baden werden nicht normiert. Insoweit richtet sich der Gemeingebrauch nach den einschlägigen landesrechtlichen Regelungen (Heselhaus, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 43 Rn. 3, 19 f.; Czychowski/Reinhardt, WHG, 11. Aufl. 2014, § 43 Rn. 2 und 4; im Ergebnis ebenso Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 1998, S. 25: erlaubnisfreier Sondergebrauch; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 303, 473: erlaubnisfreie Nutzung im Rahmen des Landesrechts). Das Bundeswasserstraßenrecht schließt einen Gemeingebrauch am Küstengewässer ebenfalls nicht aus, da Badeanstalten und der trockenfallende Badestrand nach § 1 Abs. 2 Satz 2 WaStrG nicht zu den Seewasserstraßen des Bundes zählen.

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Das Berufungsurteil beruht aber nicht auf der unrichtigen Anwendung der bundeswasserrechtlichen Vorschriften. Es verneint ein Recht auf freien Strandzugang kraft Gemeingebrauchs am Küstengewässer mit der selbständig tragenden, revisionsrechtlich fehlerfreien Alternativerwägung, dass aus einem Gemeingebrauch am Gewässer noch kein Recht auf landseitigen Zugang zum Gewässer folgt.

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bb) Einen Gemeingebrauch am Meeresstrand, der ein solches Zugangsrecht begründen könnte, hat das Oberverwaltungsgericht für das Gebiet der Beklagten im maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt verneint. Zwar geht es in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung davon aus, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts habe dort ein gewohnheitsrechtlicher, an die Eigenschaft des Meeresstrandes als öffentlicher Sache anknüpfender Gemeingebrauch bestanden (vgl. OVG Oldenburg, Urteil vom 1. Juni 1908, OldZ 36 [1909] 39 <46>). Es meint aber, dieser Gemeingebrauch sei in Niedersachsen spätestens 1981 durch § 67 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes vom 20. März 1981 (NdsGVBl. S. 31) aufgehoben worden, da diese landesgesetzliche Regelung des Rechts zum Betreten der freien Landschaft denselben Sachverhalt normiere und die frühere gewohnheitsrechtliche Regelung verdrängt habe. An diese berufungsgerichtliche Anwendung des Landesrechts ist das Revisionsgericht gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden, weil sie ausschließlich irrevisibles Recht betrifft (§ 137 Abs. 1 VwGO) und kein Bundesrecht verletzt.

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Sowohl der gewohnheitsrechtliche Gemeingebrauch als auch die ihn angeblich aufhebende gesetzliche Regelung gehören nach § 137 Abs. 1 VwGO zum irrevisiblen Landesrecht. Die vorkonstitutionelle gewohnheitsrechtliche Regelung des Gemeingebrauchs am Meeresstrand galt unter dem Grundgesetz gemäß Art. 123 Abs. 1, Art. 124 f. GG als Landesrecht fort. Nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung bei Zusammentritt des ersten Bundestages am 7. September 1949 fielen die einschlägigen Materien des Wasser- und Naturschutzrechts weder in die ausschließliche noch in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, sondern nach Art. 75 Nr. 3 und 4 GG a.F. in dessen Rahmengesetzgebungskompetenz. Selbst wenn diese bei der Anwendung des Art. 125 GG der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz gleichzustellen wäre, hätte das Gewohnheitsrecht des Gemeingebrauchs am Meeresstrand als Detailregelung jedenfalls keinen rahmenrechtlichen Charakter, der eine Fortgeltung als Bundesrecht nach Art. 125 GG begründen könnte (dazu vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 1958 - 2 BvO 2/57 - BVerfGE 8, 186 <192 f.>; BVerwG, Urteil vom 21. Juni 1956 - 1 C 202.54 - BVerwGE 3, 333 <339 f.>). Die 1981 erlassene landesnaturschutzgesetzliche Regelung zählt nach § 137 Abs. 1 VwGO ebenfalls nicht zum revisiblen Recht.

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Allerdings ist zweifelhaft, ob die landesgesetzliche Betretensregelung als (widmungsunabhängige) Inhalts- und Schrankenbestimmung des Privateigentums mit dem (widmungsabhängigen) Gemeingebrauch an öffentlichen Sachen kollidiert oder ob sie diesen nicht vielmehr im Rahmen der naturschutzrechtlichen Erholungsvorsorge um das Recht zum Betreten auch ungewidmeter Grundstücke in der freien Landschaft ergänzt. Diese Frage unterliegt nach § 137 Abs. 1 VwGO jedoch ebenfalls nicht der revisionsgerichtlichen Kontrolle. Die Anwendung des Derogationsgrundsatzes, dem zufolge die Regelung eines Sachverhalts durch eine spätere, mit ihr kollidierende Regelung desselben Sachverhalts verdrängt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. August 1990 - 4 C 3.90 - BVerwGE 85, 289 <292 f.>), ist nicht revisibel, wenn beide Regelungen zum irrevisiblen Landesrecht gehören (BVerwG, Beschlüsse vom 24. Oktober 1990 - 4 NB 29.90 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 23 = juris LS 1 und Rn. 6 und vom 11. Dezember 1997 - 8 B 247.97 - juris LS 1 und Rn. 2).

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Bundesrecht steht der berufungsgerichtlichen Annahme einer Verdrängung des gewohnheitsrechtlichen Gemeingebrauchs am Meeresstrand durch die landesgesetzliche Betretensregelung auch im Übrigen nicht entgegen. Die 1981 noch als Bundesrahmenrecht geltenden naturschutz- und wasserhaushaltsrechtlichen Vorschriften verpflichteten den Landesgesetzgeber nicht, den Gemeingebrauch am Meeresstrand im bisherigen Umfang aufrecht zu erhalten. Art. 2 Abs. 1 GG schützte zwar die Teilnahme am bestehenden Gemeingebrauch, verbot aber nicht dessen gesetzliche Aufhebung (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1969 - 4 C 77.67 - BVerwGE 32, 222 <225 f.>; Beschluss vom 4. Oktober 2007 - 4 BN 40.07 - BauR 2008, 483 f.).

36

c) Das Berufungsurteil berücksichtigt jedoch nicht, dass sich aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. § 59 Abs. 1 BNatSchG ein Recht der Kläger auf unentgeltlichen Zugang zum Meeresstrand im jeweils im Tenor umschriebenen Umfang ergibt.

37

aa) Der von den Klägern begehrte freie Zutritt zum Strand zum Baden, Spazierengehen und Wattwandern fällt in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG, der die allgemeine Handlungsfreiheit im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet. Beschränkungen lässt Art. 2 Abs. 1 GG nur zu, wenn sie durch die verfassungsmäßige Rechtsordnung gedeckt sind (BVerfG, Urteil vom 16. Januar 1957 - 1 BvR 253/56 - BVerfGE 6, 32 <37 ff.>; Beschluss vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 - BVerfGE 80, 137 <153>). Das Berufungsurteil übersieht den grundrechtlichen Schutz des Strandzugangs, weil es unzutreffend annimmt, dieser könne wegen des Grundstückseigentums des Beigeladenen zu 2 und der vertraglich vereinbarten Nutzung durch die Beigeladene zu 1 nicht Gegenstand eines Abwehrrechts sein, sondern setze einen Leistungsanspruch voraus.

38

Die allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG schützt jede Form menschlichen Handelns, also auch das Betreten des Strandes. Dazu gehören der sogenannte trockene Strand zwischen dem Deichfuß und der Uferlinie, die durch das mittlere Tidehochwasser bestimmt wird, und der seeseits der Uferlinie liegende nasse Strand, der bis zur Tideniedrigwasserlinie (Strand- oder Wattlinie) reicht und sich, je nach Tidestand, zum Baden oder Wattwandern eignet (zur Terminologie und Abgrenzung vgl. Lüders/Luck, Kleines Küstenlexikon, 1976, S. 14, 119 f. mit Abbildung 159; Petersen, Deutsches Küstenrecht, 1989, Rn. 74 f.).

39

Das Eigentum des Beigeladenen zu 2 an den seewärtig bis zur Uferlinie reichenden, verfahrensgegenständlichen Strandgrundstücken schließt ein grundrechtliches Abwehrrecht gegen Beschränkungen ihres Betretens nicht aus. Die Gewährleistung der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG schützt nicht nur die Betätigung auf eigenen oder der entsprechenden Benutzung gewidmeten Grundstücken, sondern auch das Betreten sonstiger fremder Grundstücke im Rahmen der jeweils geltenden, verfassungsmäßigen Rechtsordnung. Das Eigentumsrecht gemäß Art. 14 Abs. 1 GG stellt keine grundrechtsimmanente Schranke der allgemeinen Handlungsfreiheit in dem Sinne dar, dass Privateigentum von vornherein verfassungskräftig der Ausübung von Freiheitsrechten anderer Grundstücksträger entzogen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989 - 1 BvR 921/85 - BVerfGE 80, 137 <152>). Vielmehr wird sein Inhalt nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG auch hinsichtlich der Befugnis zur Abwehr von Handlungen privater Dritter erst durch die einfache Rechtsordnung ausgestaltet (BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1989 a.a.O. S. 151). Der Ausgleich gegenläufiger Grundrechtspositionen bleibt dem Gesetzgeber überlassen. Er kann durch verfassungskonforme, insbesondere verhältnismäßige Regelungen einerseits Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 und 2 GG bestimmen und andererseits die Grenzen zulässiger Freiheitsausübung auf fremdem Eigentum nach Art. 2 Abs. 1 GG festlegen, wie dies etwa in § 59 Abs. 1 BNatSchG geschehen ist.

40

Art. 2 Abs. 1 GG verpflichtet gemäß Art. 1 Abs. 3 GG neben der Beklagten und dem Beigeladenen zu 2 auch die Beigeladene zu 1. Als Eigengesellschaft eines Hoheitsträgers ist sie gemäß Art. 1 Abs. 3 GG unabhängig von der Rechtsform ihrer Tätigkeit unmittelbar an die Grundrechte gebunden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Juli 2016 - 2 BvR 470/08 - juris Rn. 24 ff., 29 ff. m.w.N.).

41

bb) Mit dem Absperren der verfahrensgegenständlichen Strandgrundstücke und der Erhebung eines Eintritts für den Zugang zu diesen Flächen greift die Beigeladene zu 1 in die allgemeine Handlungsfreiheit der Kläger ein. Hinsichtlich der jeweils im Tenor bezeichneten Strandflächen und -wege ist dieser Eingriff nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil er nicht im Einklang mit der verfassungsmäßigen Rechtsordnung steht.

42

aaa) Mit der Bewirtschaftung der gesamten Fläche als kommunaler öffentlicher Einrichtung kann die Verweigerung freien Zugangs nicht gerechtfertigt werden, weil keine Widmung der Grundstücke für den Strandbadbetrieb vorliegt und die Pachtverträge - soweit sie noch bestehen - die erforderliche Widmung nicht ersetzen können.

43

Eine Widmung liegt nicht schon in der Ausstattung und faktischen Bewirtschaftung der Grundstücke als Strandbäder, sondern setzt als hoheitlicher, dinglich wirkender Rechtsakt eine Regelung der Zweckbestimmung der Sache und ihrer Nutzung durch Rechtssatz oder dinglichen Verwaltungsakt voraus (vgl. Papier, Recht der öffentlichen Sachen, 3. Aufl. 1998, S. 39 ff.). Zur Widmung kommunaler Einrichtungen ist entweder der Erlass einer Satzung oder eine hoheitliche Einzelfallregelung durch den Gemeinderat als zuständiges Gemeindeorgan erforderlich. Eine solche Regelung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie ergibt sich auch nicht aus den von ihm in Bezug genommenen Akten. Ein entsprechender Beschluss des Rates der Gemeinde M. anlässlich der Übernahme des zuvor von einem Privaten betriebenen Strandbades in S. im Jahr 1956 ist nicht in den Akten enthalten. Eine Widmung durch den Rat der Beklagten ist darin weder für die Strandgrundstücke in S. noch für die 1974 geschaffenen Strandgrundstücke in H. belegt. Nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten ist eine Widmung auch nicht anderweitig belegbar, da sämtliche noch auffindbaren Unterlagen im gerichtlichen Verfahren vorgelegt wurden.

44

Überdies hätte die Wirksamkeit einer etwaigen Widmung eine Zustimmung des Beigeladenen zu 2 als Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Grundstücke vorausgesetzt. Da die Widmung eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit begründet, die das Grundstück unabhängig von der Wirksamkeit und Laufzeit des zivilrechtlichen Kausalgeschäfts belastet, muss die Zustimmung zur Widmung durch öffentlich-rechtliche Willenserklärung erteilt werden (vgl. Papier, a.a.O. S. 2). Auch eine solche Erklärung liegt hier nicht vor.

45

Die in den Akten enthaltenen Pachtverträge mit dem Beigeladenen zu 2 sind privatrechtlicher Natur und können weder eine öffentlich-rechtliche Widmung noch die erforderliche öffentlich-rechtliche Zustimmung des Eigentümers ersetzen. Die Verträge beschränken sich auf Abreden zur Gebrauchsüberlassung der Grundstücke und zum Pachtzins. Öffentlich-rechtliche Regelungsgegenstände wie Erlaubnisvorbehalte und Verpflichtungen aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften werden ausdrücklich ausgeklammert. Soweit die zuletzt abgeschlossenen Verträge den Pachtzweck benennen, überlassen sie es der Eigengesellschaft der Beklagten, festzulegen, welche Pachtgrundstücke in welchem Umfang als Campingplatz oder als Strandbad genutzt werden sollen. Damit werden bereits die Anforderungen an die sachenrechtliche Bestimmtheit der Widmung verfehlt. Wegen ihrer dinglichen Wirkung muss sie die gewidmete Sache eindeutig bezeichnen und einem bestimmten Widmungszweck zuordnen.

46

Soweit eine allfällige kommunale Widmung vor der vom Berufungsgericht angenommenen und auf das Jahr 1981 datierten Aufhebung des Gemeingebrauchs am Meeresstrand vorgenommen worden sein sollte, hätte sie den zuvor noch bestehenden Gemeingebrauch nach der berufungsgerichtlichen Auslegung des damaligen irrevisiblen Landesrechts überdies nur auf der Grundlage einer sogenannten "Badekonzession" rechtmäßig einschränken können. Dazu wäre eine von dem Beigeladenen zu 2 als Sachherrn der Strandgrundstücke erteilte Sondernutzungserlaubnis erforderlich gewesen, die dem Adressaten die über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung des Strandes unter Einschränkung oder Ausschluss des Gemeingebrauchs Dritter gestattete. Nach den Feststellungen der Vorinstanz und dem von dieser in Bezug genommenen Akteninhalt fehlt eine solche Sondernutzungserlaubnis ebenso wie die Widmung und die öffentlich-rechtliche Zustimmung dazu. Entgegen der im Berufungsurteil vertretenen Auffassung ist das Fehlen einer bis 1981 erforderlichen Sondernutzungserlaubnis auch nicht unbeachtlich. Bestehende Zugangs- und Nutzungsrechte dürfen nach Art. 2 Abs. 1 GG nur durch rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen beschränkt werden. Dass eine rechtswidrige Beschränkung künftig legalisiert werden könnte, reicht zur Eingriffsrechtfertigung nicht aus.

47

Selbst wenn eine Widmung sämtlicher verfahrensgegenständlicher Grundstücke samt öffentlich-rechtlicher Zustimmung und - gegebenenfalls - samt Sondernutzungserlaubnis vorläge, wäre sie - und wäre gegebenenfalls auch die Sondernutzungserlaubnis - materiell rechtswidrig, weil das Recht der Kläger auf freien Zugang zum Strand unverhältnismäßig eingeschränkt würde. Der verfassungsrechtlich legitime Zweck, den Betrieb der Strandbäder als öffentlicher Einrichtungen zu sichern, kann nur eine den freien Zugang ausschließende Widmung derjenigen Flächen erfordern, die für die Durchführung des aktuellen Badebetriebs benötigt werden. Die Inanspruchnahme nahezu des gesamten Deichvorlandes geht weit darüber hinaus. Sie sichert nicht den störungsfreien Betrieb der Strandbäder als öffentlicher Badeanstalten, sondern das von der Beklagten gewählte Modell der Finanzierung von Unterhaltung und Pflege auch der nicht vom Badebetrieb in Anspruch genommenen Flächen des Vordeichgeländes.

48

bbb) Das Fehlen einer wirksamen Widmung der Strandgrundstücke zu einer kommunalen öffentlichen Einrichtung hat allerdings nicht zur Folge, dass die Beigeladene zu 1 den Klägern freien Zugang zum gesamten von ihr bewirtschafteten Strand gestatten müsste. Vielmehr beschränkt § 59 Abs. 1 BNatSchG das grundrechtlich geschützte Recht auf freien Zugang zu diesen Grundstücken verfassungskonform auf die im Tenor jeweils bezeichneten Strandflächen und -wege. Diese Vorschrift konkretisiert als verfassungskonforme Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums auch die Duldungspflichten des Beigeladenen zu 2; diese können durch den Pachtvertrag nicht abbedungen werden.

49

(1) Nach § 59 Abs. 1 BNatSchG ist das Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung allen gestattet. Der Anwendungsbereich der Vorschrift erstreckt sich auch auf Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand wie die im Eigentum des Beigeladenen zu 2 stehenden Strandgrundstücke. § 59 Abs. 1 BNatSchG differenziert nicht nach der Rechtsnatur des Grundstückseigentümers und setzt weder eine Widmung voraus, noch nimmt er selbst eine Widmung vor (Agena/Louis, NuR 2015, 10 <11>). Vielmehr enthält er eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, die Eigentümer und Besitzer von Grundstücken in der freien Landschaft verpflichtet, deren Betreten durch Dritte im tatbestandlichen Umfang zu dulden. Gleichzeitig normiert § 59 Abs. 1 BNatSchG ein subjektiv-öffentliches Recht jedes Einzelnen, solche Grundstücke - nur - im entsprechenden Umfang unentgeltlich zu Erholungszwecken zu betreten. Die Vorschrift dient nicht nur dem öffentlichen Interesse an der Verwirklichung des gesetzlichen Ziels der Erholungsvorsorge (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG), sondern auch dem individuellen Interesse der zutrittsberechtigten natürlichen Personen, die nach der Einschätzung des Gesetzgebers zur wohnortnahen Erholung in der freien Landschaft auf das Betretensrecht angewiesen sind (Heym, in: Schlacke [Hrsg.], GK-BNatSchG, 2012, vor §§ 59-62 Rn. 4 ff. und § 59 Rn. 41 f.; Konrad, in: Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 59 BNatSchG Rn. 2 f.; Agena/Louis, NuR 2015, 10 <12> m.w.N.). Daher hat der Gesetzgeber das Betretensrecht in § 59 Abs. 1 BNatSchG als unmittelbar geltende, vollzugsfähige Regelung ausgestaltet und ausdrücklich als allgemeinen Grundsatz des Naturschutzrechts normiert, von dem das Landesrecht nicht abweichen darf (vgl. Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GG; Begründung des Gesetzesentwurfs vom 17. März 2009, BT-Drs. 16/12274, S. 74).

50

(2) Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 2 ist die Vorschrift auch verfassungskonform. Sie ist von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Naturschutz und die Landschaftspflege (Art. 74 Nr. 29 GG) gedeckt, weil diese Materien die Regelung der Nutzung der Natur zu Erholungszwecken einschließen. § 59 Abs. 1 BNatSchG schränkt weder das Eigentumsrecht des Duldungspflichtigen noch die allgemeine Handlungsfreiheit der Erholungsuchenden unverhältnismäßig ein. Die Beschränkung des Betretensrechts auf Straßen und Wege sowie ungenutzte Grundflächen sichert die Verhältnismäßigkeit der Inhalts- und Schrankenbestimmung des betroffenen Grundstückseigentums. In Verbindung mit dem Regelungsvorbehalt in § 59 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BNatSchG gewährleistet sie, dass die privatnützige Verwendung der Grundstücke durch das Betretensrecht nicht stärker beeinträchtigt wird, als es zur Verwirklichung des gesetzlichen Ziels der Erholungsvorsorge notwendig und auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist. Dass § 59 Abs. 1 BNatSchG auf die tatsächliche Nutzung und nicht auf deren Rechtmäßigkeit abstellt, soll den Betroffenen in der freien Landschaft eine verlässliche Einschätzung ihrer Rechte und Pflichten "auf Sicht" ermöglichen, ohne erst (regelmäßig nicht kurzfristig verfügbaren) Rechtsrat einholen zu müssen. Die Regelung verpflichtet den Eigentümer auch nicht, dem Betretensrecht unterliegende Grundflächen im gegenwärtigen Zustand zu erhalten, sondern stellt auf den jeweils aktuellen Zustand ab.

51

(3) Die von der Beigeladenen zu 1 bewirtschafteten Strandgrundstücke sind nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (§ 137 Abs. 2 VwGO) Teil der freien Landschaft. Dazu gehören nicht nur naturbelassene, sondern auch künstlich angelegte, aber naturhaft geprägte Grundstücke außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile. Das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs richtet sich nicht nach bauplanungsrechtlichen Kriterien, sondern danach, ob die Grundstücke durch eine Bebauung geprägt oder dieser funktional zugeordnet sind (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. April 2009 - 11 B 9.08 - NuR 2009, 490 - juris Rn. 35 ff.; Maus, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 59 Rn. 14). Die Strandgrundstücke in S. und die 1974 angelegten Strandgrundstücke in H. liegen jeweils im Vordeichgelände außerhalb der Ortslage. Ihr tatsächliches Erscheinungsbild wird nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen und den von der Vorinstanz in Bezug genommenen Lageplänen und Luftbildern nicht durch die Ausstattung mit wenigen, kleinen Gebäuden geprägt. Die Strandgrundstücke sind diesen Gebäuden auch nicht funktional zugeordnet, sondern werden - umgekehrt - in ihrer Funktion als naturhaft gestaltete Erholungsfläche durch Einrichtungen der Infrastruktur wie die Kioske mit Sanitäranlagen ergänzt. Für das tatsächliche Erscheinungsbild prägend bleiben die naturhafte Gestaltung der Strandgrundstücke und der ursprüngliche Charakter des jenseits der Uferlinie an sie angrenzenden nassen Strandes.

52

(4) Das Recht zum Betreten von Grundflächen zum Zweck der Erholung besteht freilich nicht, wenn, soweit und solange die Grundflächen genutzt werden. Eine derartige Nutzung besteht hier nicht im vom Berufungsgericht angenommenen räumlichen Umfang und auch nicht aus den von ihm angenommenen Gründen.

53

(a) Das Berufungsurteil geht unzutreffend davon aus, eine das Betretensrecht ausschließende Nutzung der gesamten von der Beigeladenen zu 1 bewirtschafteten Strandgrundstücke im Sinne des § 59 Abs. 1 BNatSchG sei schon wegen der künstlichen Anlage des Strandes in H. und der regelmäßigen Maßnahmen zur Unterhaltung und Pflege beider Strände zu bejahen.

54

Eine Nutzung im Sinne des § 59 Abs. 1 BNatSchG setzt eine Verwendung einer in der freien Landschaft liegenden Grundfläche durch den Eigentümer oder Besitzer des Grundstücks voraus. In der künstlichen Schaffung eines Grundstücks liegt noch keine Verwendung. Vielmehr ermöglicht die künstliche Anlage der Fläche erst deren spätere Nutzung.

55

Die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustands der Strandflächen stellt ebenfalls noch keine Verwendung dar. Das regelmäßige Aufspülen von Sand, die Strandreinigung und die Pflege der Grünflächen können das Recht zum unentgeltlichen Betreten der entsprechenden Flächen daher nicht ausschließen. Der Einwand der Beklagten, damit werde sie indirekt dazu verpflichtet, der Allgemeinheit aufwändig instand gehaltene und gepflegte Strände zur Verfügung zu stellen, trifft nicht zu. § 59 Abs. 1 BNatSchG begründet keine Pflicht des Eigentümers zur Grundstückserhaltung, -gestaltung oder -pflege. Inwieweit sich Pflichten zur Instandhaltung oder Instandsetzung des Strandes, zur Pflege der Grünflächen des Vordeichgeländes und zur Strandreinigung aus § 21 Abs. 1 Satz 1 oder 2 des Niedersächsischen Deichgesetzes vom 23. Februar 2004 - NDG - (NdsGVBl. S. 83), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 13. Oktober 2011 (NdsGVBl. S. 353), aus abfallrechtlichen Vorschriften oder aus Verkehrssicherungspflichten ergeben, kann hier dahinstehen. Für die Begründung und den Umfang des Betretensrechts sind sie ohne Bedeutung.

56

(b) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, jedenfalls stelle die Inanspruchnahme der gesamten umzäunten Fläche für den Strandbadbetrieb eine das Betretensrecht ausschließende Nutzung sämtlicher Grundstücke dar, ist ebenfalls revisionsrechtlich fehlerhaft.

57

Die vollständige Absperrung der im Besitz der Beigeladenen zu 1 befindlichen Strandgrundstücke ist keine Nutzung im Sinne des § 59 Abs. 1 BNatSchG. In der Errichtung von Zugangssperren liegt keine das Betretensrecht tatbestandlich ausschließende Verwendung eines Grundstücks, sondern eine Einschränkung dieses Rechts, die nur nach Maßgabe des § 59 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG gerechtfertigt sein kann. Zu Unrecht geht das Berufungsurteil hier von einer solchen Rechtfertigung aus. Die vollständige Sperrung durch Zäune und Kassenhäuschen dient keinem der in § 59 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG aufgezählten Gründe des Naturschutzes oder der Gefahrenabwehr. Sie dient auch keinen sonstigen schutzwürdigen Interessen des Grundstücksbesitzers, da die Inanspruchnahme der Strandgrundstücke für den Betrieb der kommunalen Strandbäder rechtswidrig ist. Wie oben dargelegt, kann sie sich nicht auf eine wirksame Widmung stützen und geht überdies weit über den für den Strandbadbetrieb erforderlichen Umfang hinaus.

58

Selbst eine wirksame Widmung würde für sich genommen noch keine Nutzung begründen. Zum einen stellt der Nutzungsbegriff des § 59 Abs. 1 BNatSchG auf die faktische Verwendung der Grundfläche und nicht auf deren Rechtsgrundlage ab. Zum anderen schließt die Einbeziehung einer Grundfläche in eine öffentliche Einrichtung das Betretensrecht nicht von vornherein aus (vgl. Burgi, Erholung in freier Natur, 1993, S. 129 ff.).

59

(c) Eine das Betretensrecht nach § 59 Abs. 1 BNatSchG ausschließende Nutzung kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift schließlich nicht darin liegen, ein Entgelt für das nach dieser Vorschrift unentgeltlich zu duldende Verhalten zu fordern. Die Unentgeltlichkeit des Betretensrechts wird in § 59 Abs. 1 BNatSchG zwar nicht ausdrücklich normiert, ist aber - zu Recht - allgemein anerkannt (vgl. nur Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Mai 2017, § 59 BNatSchG Rn. 3; Heym, in: Schlacke [Hrsg.], GK-BNatSchG, 2012, § 59 Rn. 23; Agena/Louis, NuR 2015, 10 <16> je m.w.N.). Sie ergibt sich aus der gesetzlichen Ausgestaltung des Betretensrechts als Jedermannsrecht, das nur nach Maßgabe des § 59 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG zu den dort genannten Zwecken beschränkt und damit gerade nicht von der Zahlung eines Entgelts abhängig gemacht werden darf. Außerdem entspricht die Unentgeltlichkeit dem sozialstaatlichen Ziel der Regelung, im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG allen Menschen die naturnahe Erholung als Erfüllung eines Grundbedürfnisses zu ermöglichen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 1 Abs. 4 Nr. 2 BNatSchG, BT-Drs. 16/12274, S. 74).

60

(5) Allerdings erstreckt sich das Betretensrecht der Kläger nicht auf sämtliche Strandflächen. Ausgenommen sind diejenigen Teilflächen, die tatsächlich als Strandbäder genutzt werden. Dies sind diejenigen Teilflächen der Strände in H. und S., die jeweils von mehreren benachbarten, funktional aufeinander bezogenen Einrichtungen der Bade-Infrastruktur geprägt sind. Die berufungsgerichtliche Annahme einer flächendeckenden Nutzung der Grundstücke als Strandbäder beruht auf einer Überdehnung des Nutzungsbegriffs und auf einer unzulässigen Gesamtbetrachtung, die über den begrifflichen Unterschied zwischen Grundstücken und Grundflächen im Sinne des § 59 Abs. 1 BNatSchG hinweggeht.

61

Eine das Betretensrecht ausschließende Nutzung einer Strandfläche als kostenpflichtiges Strandbad kann nur vorliegen, wenn als Gegenleistung für den Eintritt nicht allein die vom Begriff des Betretens im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG umfasste, natur- und landschaftsverträgliche Freizeitbetätigung ermöglicht wird. Vielmehr muss die Gegenleistung in einer darüber hinausgehenden, qualitativ von der Ausübung des Betretensrechts zu unterscheidenden Benutzung einer (Strand-)Badeanstalt bestehen. Das ist nicht schon der Fall, wenn auf dem Strand punktuell Abfallbehälter oder einzelne Container oder Kioske mit Sanitäranlagen aufgestellt werden. Erforderlich ist eine Mehrzahl benachbarter, in funktionalem Zusammenhang stehender Einrichtungen des Badebetriebs wie beispielsweise Einrichtungen der Badeaufsicht, Rettungs- und Erste-Hilfe-Stationen, Umkleidekabinen, Strandduschen oder Kinderspielbereiche, deren Nutzung jeweils schon mit dem Eintritt für den Strandbadbesuch abgegolten ist. Stehen dagegen Einrichtungen - wie etwa Strandkörbe - nur aufgrund gesondert abzuschließender Mietverträge gegen zusätzliches, über den Strandbadeintritt hinausgehendes Entgelt zur Verfügung, sind sie bei der Bestimmung des funktionalen Nutzungszusammenhangs nicht zu berücksichtigen.

62

Die Grundflächen, die in H. und S. nach diesen Maßstäben als Strandbäder genutzt werden, lassen sich auf der Grundlage der revisionsrechtlich bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts anhand der von ihm in Bezug genommenen Lagepläne und der in den Akten enthaltenen zugehörigen Luftbilder abgrenzen, sodass eine revisionsgerichtliche Entscheidung in der Sache selbst möglich ist (§ 137 Abs. 2, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

63

Durch eine Mehrzahl funktional aufeinander bezogener Einrichtungen des Badebetriebs geprägt sind der Textilstrand in H. und die beiden unter anderem mit DLRG-Rettungs- und Erste-Hilfe-Stationen, Kiosken und Sanitäranlagen ausgestatteten Strandbereiche in S., von denen der eine südlich in Hafennähe und der zweite nordöstlich des Campingplatzes liegt. Nicht von der Nutzung als Strandbad erfasst wird die dazwischen auf dem S. Außengroden liegende, in Blatt 22 der Anlage 3 zum Gesetz über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (NWattNPG) vom 11. Juli 2001 (GVBl S. 443) als Erholungszone gelb gekennzeichnete Fläche, die das Kinderspielhaus samt zugehöriger Freifläche ausspart. Ungenutzt ist auch der Strandabschnitt, der in S. nordwestlich des am Campingplatz gelegenen Strandbades liegt. Dieser Strandabschnitt umfasst die in der Anlage A 2 zum Schriftsatz des Klägers vom 10. November 2015 rot umrandeten Flächen und die teilweise deckungsgleiche, westlich darüber hinausreichende, ebenfalls in Blatt 22 der Anlage 3 zum NWattNPG als Erholungszone gelb gekennzeichnete Fläche.

64

Daraus ergibt sich ein Recht der Kläger zum unentgeltlichen Betreten der jeweils im Tenor bezeichneten ungenutzten Teilflächen der Strandgrundstücke. § 59 Abs. 1 BNatSchG schließt ein Recht zum unentgeltlichen Betreten ausdrücklich nur für genutzte Grundflächen und nicht stets schon für das gesamte Grundstück aus. Aktuell ungenutzte Teilflächen dürfen daher auch dann unentgeltlich betreten werden, wenn eine andere auf demselben (Buch-)Grundstück liegende Grundfläche einer tatbestandsmäßigen Nutzung unterliegt. Die im Berufungsurteil angestellte Gesamtbetrachtung findet im Gesetz keine Stütze.

65

(6) Darüber hinaus können die Kläger auch verlangen, ihnen im jeweils tenorierten Umfang die unentgeltliche Benutzung des Teekabfuhrweges und der über den östlichen Strand von H. zum Küstengewässer führenden Querungshilfen zu gewähren. Die gegenteilige Annahme des Berufungsurteils stellt zur Beurteilung der Frage, ob ein dem Betretensrecht unterliegender Weg im Sinne des § 59 Abs. 1 BNatSchG vorliegt, unzutreffend auf die Kriterien der straßenrechtlichen Widmung und der Befestigung ab. Das Recht zum Betreten von Straßen und Wegen in der freien Landschaft gemäß § 59 Abs. 1 BNatSchG gilt jedoch gerade für nicht gewidmete Privatwege, sofern sie von mindestens einer Person zur Fortbewegung genutzt werden. Es soll der Erholungsnutzung nicht nur die öffentlichen Verkehrsflächen, sondern auch private, tatsächlich genutzte Verkehrsflächen zugänglich machen und setzt nur voraus, dass die Oberfläche des Weges sich erkennbar von der Umgebung unterscheidet (Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 2013, § 59 BNatSchG, Rn. 9). Das trifft ausweislich der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz sowohl auf den Teekabfuhrweg als auch auf die Querungshilfen zu; beide werden auch von den Strandbesuchern genutzt.

66

d) Aus § 62 BNatSchG ergibt sich kein weitergehendes Recht der Kläger auf freien Zugang zum Strand. Diese Vorschrift verpflichtet die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, in angemessenem Umfang für die Erholung der Bevölkerung geeignete Flächen bereitzustellen. Dazu gehören insbesondere Ufergrundstücke und Grundstücke, die den Zugang zum Meeresstrand ermöglichen oder erleichtern (vgl. die Gesetzesbegründung vom 17. März 2009, BT-Drs. 16/12274, S. 75 mit dem Hinweis auf § 28 Nr. 1 und 3 BNatSchG a.F.). Gemäß § 3 Abs. 7 BNatSchG trifft die Bereitstellungspflicht wegen des Verbotes bundesgesetzlicher Aufgabendelegation an die Gemeinden (Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG) und mangels landesrechtlicher Aufgabenzuweisung nicht die Beklagte. Sie trifft aber den Beigeladenen zu 2 und kann daher bei der Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen, über die Zustimmung zu kommunalen Widmungen und über die Ausgestaltung von Pachtverträgen sowie bei deren Auslegung Bedeutung erlangen. Eine nähere Prüfung erübrigt sich hier, weil eine wohnortnahe Erholung am Meeresstrand im Gebiet der Beklagten jedenfalls durch den gegenwärtig gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. § 59 Abs. 1 BNatSchG gewährleisteten Zugang zum Strand in angemessenem Umfang gewährleistet ist.

67

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 i.V.m. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen keine eigenen Anträge gestellt haben, waren ihnen keine Kosten aufzuerlegen. Ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären, entsprach nicht der Billigkeit, da sie sich keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.