Entscheidungsdatum: 29.11.2012
1. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention stehen der Regelung zur Handlungs- und Prozessfähigkeit minderjähriger Ausländer über 16 Jahre in Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 AufenthG (juris: AufenthG 2004) ) nicht entgegen.
2. Ausländische Sorgerechtsentscheidungen verstoßen nur dann gegen den ordre public in Art. 16 des Haager Minderjährigenschutzabkommens, wenn das Ergebnis zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint.
3. Der verfahrensrechtliche ordre public verlangt grundsätzlich, dass jedenfalls Jugendliche vor Erlass einer Sorgerechtsentscheidung persönlich angehört werden.
4. Die Berechnung des zur Sicherung des Lebensunterhalts i.S.v. § 2 Abs. 3 AufenthG notwendigen Bedarfs und Einkommens richtet sich bei erwerbsfähigen Ausländern und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, grundsätzlich nach den entsprechenden Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zweites Buch - SGB II (juris: SGB 2) - über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie (Richtlinie 2003/86/EG) gebietet es der Anwendungsvorrang des Unionsrechts, den Begriff der Lebensunterhaltssicherung sowohl auf der Einkommens- als auch auf der Bedarfsseite zu modifizieren (Weiterentwicklung der Rechtsprechung im Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 20.09 - BVerwGE 138, 135).
Die Kläger, zwei Brüder türkischer Staatsangehörigkeit, begehren Visa für den Familiennachzug zu ihrem in Deutschland lebenden Vater.
Der am 15. März 1994 geborene Kläger zu 1 und der am 6. Januar 1996 geborene Kläger zu 2 stellten im November 2008 Anträge auf Erteilung von Visa zum Zweck des Kindernachzugs zu ihrem Vater. Dieser, ebenfalls ein türkischer Staatsangehöriger, hält sich seit 1996 im Bundesgebiet auf. Er ist mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und besitzt seit 2001 eine Aufenthaltserlaubnis. Auf seinen Antrag wurde ihm mit Zustimmung der Mutter der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Cihanbeyli (Türkei) vom 24. Februar 2006 das alleinige Sorgerecht für beide Kläger übertragen.
Die Deutsche Botschaft in Ankara lehnte mit Bescheiden vom 27. Januar 2009 die Visaanträge ab. Der Vater der Kläger sei nicht allein personensorgeberechtigt, da die Sorgerechtsübertragung durch das türkische Gericht nicht wirksam sei, sondern gegen den ordre public verstoße.
Das Verwaltungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 25. Oktober 2011 die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Beklagte verpflichtet, den Klägern Visa zum Familiennachzug zu erteilen. Die Entscheidung ist darauf gestützt, dass dem Vater der Kläger infolge der Entscheidung des türkischen Familiengerichts das alleinige Sorgerecht zustehe. Diese rechtskräftige Entscheidung sei mit dem deutschen ordre public zu vereinbaren und deshalb aufenthaltsrechtlich zu respektieren. Dahinstehen könne, ob sich die Voraussetzungen für die Anerkennung der türkischen Sorgerechtsentscheidung vorrangig nach Art. 7 und 16 des Haager Minderjährigenschutzabkommens (MSA) oder nach Art. 7 und 10 des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens (ESÜ) richteten, da beide Regelungen hier zum gleichen Ergebnis führten. Aus beiden Übereinkommen ergebe sich, dass ausländische Sorgerechtsentscheidungen im Bundesgebiet grundsätzlich anerkannt werden müssten und die Vorbehaltsklausel des ordre public nur ausnahmsweise zum Tragen komme. Dieser Vorbehalt schließe es grundsätzlich aus, ausländische Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Ein ordre public-Verstoß liege erst vor, wenn das Entscheidungsergebnis nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheine oder die Entscheidung in einem Verfahren zustande gekommen sei, das grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genüge. Das Urteil des türkischen Familiengerichts entspreche sowohl in verfahrensrechtlicher wie materiellrechtlicher Hinsicht den Anerkennungsvoraussetzungen. Die Kläger seien vom Familiengericht persönlich gehört worden und hätten - wie auch ihre Mutter - der Übertragung des Sorgerechts zugestimmt. Ein materiellrechtlicher Verstoß gegen den ordre public liege ebenfalls nicht vor. Unerheblich sei, ob das türkische Recht eine Sorgerechtsübertragung auf den mit der Kindesmutter nicht verheirateten Vater vorsehe, denn eine Überprüfung am Maßstab türkischen Rechts sei deutschen Gerichten verwehrt. Von Bedeutung sei nicht, ob das Kindeswohl die Sorgerechtsübertragung zwingend erfordere, sondern ob es der Übertragung im Ergebnis zwingend entgegenstehe. Die das Urteil tragende Motivation, den Klägern durch die Übersiedlung zu ihrem Vater in Deutschland eine bessere Förderung und Ausbildung und damit bessere wirtschaftliche Ausgangsbedingungen zu bieten, spreche nicht gegen das Kindeswohl. Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen seien erfüllt. Insbesondere sei sowohl bei Vollendung des 16. Lebensjahres des Klägers zu 1 als auch im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung der Lebensunterhalt der aus den Klägern, ihrem Vater und dessen Ehefrau bestehenden Bedarfsgemeinschaft gesichert.
Die Beklagte rügt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, dass die Anerkennung der Entscheidung des türkischen Familiengerichts zu einem mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbaren Ergebnis führe. Nach türkischem Recht stehe das Sorgerecht allein der Mutter zu. Ein Verlust bzw. eine Entziehung ihres Sorgerechts habe mangels der dafür notwendigen Voraussetzungen nicht stattgefunden. Das Amtsgericht habe das Kindeswohl völlig unzulänglich in den Blick genommen. So habe es nicht geprüft, ob zwischen den Klägern und ihrem Vater eine echte familiäre Bindung bestehe und wie sich die Betreuungssituation in Deutschland darstelle.
Die Kläger verteidigen die angegriffene Entscheidung. Sie machen geltend, das Sorgerecht sei nach dem Tenor der Entscheidung des türkischen Familiengerichts vollständig übertragen worden. Das Berufungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung vorlägen. Unerheblich sei dabei, ob das türkische Familiengericht das Kindeswohl unzulänglich in den Blick genommen habe. Denn maßgeblich seien allein die Wirkungen und das Ergebnis der Anerkennung der Sorgerechtsentscheidung.
Die Revision der Beklagten hat nur hinsichtlich des Klägers zu 1 Erfolg. Die Klagen beider Kläger sind zulässig (1.). Ihr Vater ist allein personensorgeberechtigt, da das türkische Sorgerechtsurteil nicht gegen den ordre public verstößt (2.). Die angefochtene Entscheidung beruht aber hinsichtlich des Klägers zu 1 auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zwar ist der Lebensunterhalt beider Kläger im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung gesichert, aber die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Annahme, dies sei beim Kläger zu 1 auch im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres der Fall (3.). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil kann der Senat in der Sache insoweit nicht selbst abschließend entscheiden, so dass der Rechtsstreit hinsichtlich des Klägers zu 1 gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (4.).
1. Die auf Erteilung von Visa zum Kindernachzug gerichteten Klagen sind zulässig. Auch der im Zeitpunkt der Revisionsverhandlung noch nicht volljährige Kläger zu 2 ist gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 1 AufenthG partiell handlungs- und infolgedessen im vorliegenden Verfahren prozessfähig. Nach § 80 Abs. 1 AufenthG ist fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nach diesem Gesetz ein Ausländer, der das 16. Lebensjahr vollendet hat, sofern er nicht nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschäftsunfähig oder im Falle seiner Volljährigkeit in dieser Angelegenheit zu betreuen und einem Einwilligungsvorbehalt zu unterstellen wäre. Den gegen diese Regelung geäußerten, aus dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes - UN-Kinderrechtskonvention (KRK) vom 20. November 1989 (BGBl 1992 II S. 121, 990) - abgeleiteten völkerrechtlichen Bedenken folgt der Senat jedenfalls für das Aufenthaltsrecht nicht.
Gemäß Art. 1 dieses Übereinkommens, das nach Rücknahme der Vorbehaltserklärung durch die Bundesrepublik Deutschland (BGBl 2011 II S. 600) nunmehr auch in Deutschland unmittelbar gilt, ist Kind jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher eintritt. Gemäß Art. 2 Abs. 1 KRK achten die Vertragsstaaten die in diesem Übereinkommen festgelegten Rechte und gewährleisten sie jedem ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Kind ohne jede Diskriminierung unabhängig u.a. von der nationalen Herkunft des Kindes, seiner Eltern oder seines Vormunds.
Die Auffassung, Art. 1 und 2 KRK stünden einer partiellen Herabsetzung der Mündigkeit nur für einen bestimmten Personenkreis (Ausländer) entgegen (Schmahl, UN-Kinderrechtskonvention, 2012, Art. 1 Rn. 12; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, II-§ 80 Rn. 11), überzeugt nicht. Personen, die - wie der Kläger zu 2 - das 16. aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind Kinder i.S.d. Art. 1 KRK. Die in § 80 Abs. 1 AufenthG geregelte partielle Handlungsfähigkeit lässt sowohl die Anwendbarkeit der Konvention als auch die Konventionsrechte in Art. 6 ff. KRK unberührt. Das gilt auch für den unmittelbar aufenthaltsrechtlich relevanten Art. 10 Abs. 1 KRK, wonach die Vertragsstaaten sich verpflichten, von einem Kind oder seinen Eltern zwecks Familienzusammenführung gestellte Anträge auf Einreise wohlwollend, human und beschleunigt zu bearbeiten. Hinsichtlich der in der Konvention gewährleisteten Rechte enthalten § 62 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 80 Abs. 1 AufenthG auch keine gemäß Art. 2 Abs. 1 KRK verbotene Diskriminierung nach der nationalen Herkunft. Soweit Minderjährige im nationalen Recht hinsichtlich der Handlungs- und infolgedessen auch der Prozessfähigkeit ausnahmsweise einem Volljährigen gleichgestellt werden (vgl. z.B. § 36 Abs. 1 SGB I), knüpft dies nicht an die Staatsangehörigkeit an. Die gesetzlichen Ausnahmen gelten vielmehr für bestimmte Sachbereiche, in denen sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Betroffenen zur Anwendung kommen. Dass sich die Bereichsausnahme im Ausländerrecht im Ergebnis nur bei ausländischen Kindern auswirkt, liegt in der Natur der Sache und stellt keine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit dar. Ob die in § 12 Abs. 1 AsylVfG geregelte asylverfahrensrechtliche Handlungsfähigkeit mit der speziellen Schutzregelung in Art. 22 Abs. 1 KRK für (unbegleitete) Kinder vereinbar ist, die Flüchtlingsschutz begehren, braucht hier nicht entschieden zu werden.
2. Die Kläger erfüllen die besonderen Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 AufenthG für einen Anspruch auf Kindernachzug. Nach § 32 Abs. 3 AufenthG ist dem minderjährigen Kind eines Ausländers, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Aufenthaltserlaubnis - und vor der Ausreise gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG ein Visum - zu erteilen, wenn beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil u.a. eine Aufenthaltserlaubnis besitzen.
2.1 Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr, Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 10). Während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind vom Revisionsgericht allerdings zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es nunmehr anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279>). Daher sind die Nachzugsansprüche der Kläger an dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) zu messen, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Hochqualifizierten-Richtlinie der Europäischen Union vom 1. Juni 2012 (BGBl I S. 1224). Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der hier einschlägigen Bestimmungen aber nicht geändert.
Sind aufenthaltsrechtliche Ansprüche an eine Höchstaltersgrenze geknüpft - wie hier beim Kindernachzug die Vollendung des 16. Lebensjahres -, ist für die Einhaltung der Altersgrenze ausnahmsweise auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen (vgl. Urteil vom 7. April 2009 a.a.O.). Wenn die Altersgrenze im Laufe des Verfahrens überschritten wird, folgt daraus, dass die übrigen Anspruchsvoraussetzungen spätestens auch im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze vorgelegen haben müssen. Danach eingetretene Sachverhaltsänderungen zugunsten des Betroffenen können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Insoweit bedarf es mithin bei Anspruchsgrundlagen mit einer Höchstaltersgrenze, die der Betroffene - wie hier der Kläger zu 1 - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Verhandlung oder Entscheidung überschritten hat, einer auf zwei unterschiedliche Zeitpunkte bezogenen Doppelprüfung (Urteil vom 7. April 2009 a.a.O.).
Das Berufungsgericht hat das Nachzugsbegehren der Kläger zutreffend an § 32 Abs. 3 AufenthG und nicht nach der Vorgängerregelung des § 20 Abs. 3 Satz 1 Ausländergesetz 1990 (AuslG) geprüft. Der Vater der Kläger hat sich vor dem 1. Januar 2005 rechtmäßig in Deutschland aufgehalten, und die Kläger sind vor diesem Zeitpunkt geboren. Damit gilt nach § 104 Abs. 3 AufenthG hinsichtlich der personen- und familienbezogenen Nachzugsvoraussetzungen weiterhin § 20 AuslG, es sei denn das Aufenthaltsgesetz gewährt eine günstigere Rechtsposition. Dies ist hier der Fall, da § 32 Abs. 3 AufenthG bei Vorliegen der Tatbestandvoraussetzungen einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis vermittelt, während § 20 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AuslG den Nachzug zu einem allein sorgeberechtigten Elternteil in das Ermessen der Ausländerbehörde stellt (Urteil vom 26. August 2008 - BVerwG 1 C 32.07 - BVerwGE 131, 370 Rn. 14 f.).
2.2 Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 AufenthG bei beiden Klägern vorliegen. Die gesetzliche Höchstaltersgrenze ist eingehalten, denn zum Zeitpunkt der Antragstellung im November 2008 hatten die Kläger das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet. Ihr Vater besitzt seit 2001 eine Aufenthaltserlaubnis und ist nach der Sorgerechtsentscheidung im Urteil des Amtsgerichts Cihanbeyli vom 24. Februar 2006 für beide Kläger allein personensorgeberechtigt. Diese Entscheidung ist im vorliegenden Verfahren jedenfalls nach dem Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5. Oktober 1961 (BGBl 1971 II S. 217, 1150) - Minderjährigenschutzabkommen (MSA) - anzuerkennen.
2.2.1 Der Begriff der alleinigen Personensorgeberechtigung ist mit Blick auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl EG L 251 S. 12 vom 3. Oktober 2003) - sog. Familienzusammenführungsrichtlinie - unionsrechtlich auszulegen. Im Sinne dieser Bestimmung besitzt ein Elternteil das Sorgerecht nur, wenn er "allein" sorgeberechtigt ist, dem anderen Elternteil also bei der Ausübung des Sorgerechts keine substantiellen Mitentscheidungsrechte und -pflichten zustehen, etwa in Bezug auf Aufenthalt, Schule und Ausbildung oder Heilbehandlung des Kindes (Urteil vom 7. April 2009 a.a.O. Rn. 16).
2.2.2 Wem das Sorgerecht für ein Kind zusteht, beurteilt sich in Fällen mit Auslandsbezug anhand der Regelungen des Internationalen Privatrechts nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 21 EGBGB). Diese Kollisionsnorm, die die Auswahl des materiellrechtlichen Prüfungsmaßstabs bei einer anstehenden Sorgerechtsentscheidung steuert, tritt zurück, wenn bereits eine Sorgerechtsentscheidung einer ausländischen Stelle vorliegt und sich die verfahrensrechtliche Frage nach deren Anerkennung stellt.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass das rechtskräftige türkische Sorgerechtsurteil dem Vater der Kläger das alleinige Sorgerecht verschafft hat. Diese Würdigung ist revisionsrechtlich gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 293 ZPO wie eine Tatsachenfeststellung zu behandeln (vgl. Urteile vom 7. April 2009 a.a.O. Rn. 17 und vom 19. Juli 2012 - BVerwG 10 C 2.12 - NJW 2012, 3461 Rn. 16); § 545 Abs. 1 ZPO findet keine Anwendung. An diese Feststellung des Berufungsgerichts zum Inhalt und den Rechtswirkungen des ausländischen Urteils ist der Senat deshalb gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da die Revision keine Verfahrensrüge erhoben hat und ihre Angriffe gegen die inhaltliche Richtigkeit der Sorgerechtsentscheidung daher ins Leere gehen.
Die Anerkennung ausländischer Urteile richtet sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 328 ZPO. Für die Anerkennung ausländischer Sorgerechtsentscheidungen enthält § 108 Abs. 1 i.V.m. § 109 FamFG allerdings eine Sonderregelung, die die Grundnorm des § 328 ZPO auch im Verwaltungsprozess verdrängt. Gemäß § 108 Abs. 1 FamFG ist für die Anerkennung von Sorgerechtsentscheidungen ausländischer Gerichte kein besonderes Verfahren vor deutschen Gerichten oder Behörden vorgesehen, sondern es gilt der Grundsatz der Inzidentanerkennung (OLG Köln, Beschluss vom 9. April 2010 - 4 UF 56/10 - NJW-RR 2010, 1225 <1226>). Nach § 97 Abs. 1 FamFG gehen allerdings Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Vorschriften des FamFG vor.
Das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 (BGBl 2009 II S. 602) - Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ) - ist mangels Ratifizierung des Übereinkommens durch die Türkei hier nicht anwendbar. Daher kommen im vorliegenden Fall als gemäß § 97 Abs. 1 FamFG vorrangig anzuwendende völkerrechtliche Vereinbarungen nur das Haager Minderjährigenschutzabkommen und das Europäische Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses vom 20. Mai 1980 (BGBl 1990 II S. 220) - Europäisches Sorgerechtsübereinkommen (ESÜ) - in Betracht. Es spricht einiges dafür, dass sich die Anerkennung einer ausländischen Sorgerechtsentscheidung als Vorfrage für den Kindernachzug vorrangig nach dem auf jeden Fall anwendbaren Haager Minderjährigenschutzabkommen bestimmt. Denn dieses Vertragswerk regelt die behördliche Zuständigkeit und das anzuwendende Recht zum Schutz von Minderjährigen ganz allgemein, während das Europäische Sorgerechtsübereinkommen spezifische, zwischenstaatlich koordinierte Interventionsregelungen bei gestörten Sorgerechtsverhältnissen enthält. Das bedarf hier aber keiner Entscheidung. Denn keines der beiden Übereinkommen enthält eine abschließende Regelung für die Anerkennung ausländischer Sorgerechtsentscheidungen; insbesondere schließt Art. 19 ESÜ die Anwendung anderer internationaler Übereinkünfte nicht aus, um die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung zu erwirken. Da im vorliegenden Verfahren die Voraussetzungen für eine Anerkennung nach dem Haager Minderjährigenschutzabkommen vorliegen, kann dahinstehen, ob die Entscheidung auch nach dem Europäischen Sorgerechtsabkommen anzuerkennen wäre.
2.2.3 Das Minderjährigenschutzabkommen findet auf die Kläger als Minderjährige, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei haben, Anwendung (vgl. Art. 12, 13 MSA). Gemäß Art. 7 Satz 1 MSA sind die Maßnahmen, welche die nach den vorstehenden Artikeln zuständigen Behörden getroffen haben, in allen Vertragsstaaten anzuerkennen; Maßnahmen in diesem Sinne sind auch gerichtliche Sorgerechtsentscheidungen (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 1976 - IV ZB 38/76 - BGHZ 67, 255 <260> und 28. Mai 1986 - IVb ZB 36/84 - NJW-RR 1986, 1130; Urteil vom 11. April 1979 - IV ZR 93/78 - FamRZ 1979, 577). Ein förmliches Anerkennungsverfahren sieht das Abkommen nicht vor. Als Grenze der gegenseitigen Anerkennung enthält Art. 16 MSA nur den Vorbehalt, dass die Bestimmungen dieses Übereinkommens in den Vertragsstaaten unbeachtet bleiben dürfen, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist (ordre public).
Abzustellen ist dabei nicht auf Art. 6 EGBGB, sondern auf den anerkennungsrechtlichen ordre public international (vgl. nur BGH, Urteile vom 18. Oktober 1967 - VIII ZR 145/66 - BGHZ 48, 327 und vom 21. April 1998 - XI ZR 377/97 - BGHZ 138, 331 <334>). Mit diesem ist eine ausländische Entscheidung nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter - hätte er die zur Anerkennung stehende Entscheidung getroffen - aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Ergebnis der ausländischen Entscheidung zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint. Prüfungsmaßstab sind dabei vor allem die Grundrechte. Die ausländische Entscheidung ist nicht auf ihre Rechtmäßigkeit am Maßstab des ausländischen Rechts zu überprüfen (Verbot der révision au fond). Bei der Anerkennung ausländischer Sorgerechtsentscheidungen liegt in materieller Hinsicht ein Verstoß gegen den ordre public erst dann vor, wenn die Hinnahme der Entscheidung wegen ihres Inhalts im Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Familien- und Kindschaftsrechts offensichtlich unvereinbar ist (materiellrechtlicher ordre public). Dabei steht das Wohl des Kindes im Mittelpunkt der Prüfung. Jede Regelung des Sorgerechts wirkt sich auf das Wohl des Kindes aus und muss daher das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen. Ein Verstoß gegen den ordre public kann sich auch aus dem der anzuerkennenden Entscheidung vorangegangenen Verfahren ergeben, also der Art und Weise ihres Zustandekommens. Dies ist der Fall, wenn die ausländische Entscheidung aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass sie nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (verfahrensrechtlicher ordre public). Eine am Kindeswohl orientierte Sorgerechtsentscheidung erfordert daher auch eine Verfahrensgestaltung, die eine hinreichende Berücksichtigung der grundrechtlichen Stellung des betroffenen Kindes garantiert (siehe etwa Art. 12 Abs. 2 KRK; vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 5. November 1980 - 1 BvR 349/80 - BVerfGE 55, 171 <182> und vom 14. Juli 2010 - 1 BvR 3189/09 - BVerfGK 17, 407 Rn. 19). Das Sorgerechtsverfahren ist unter Berücksichtigung des Alters des Kindes, seines Entwicklungsstandes und seiner seelischen Verfassung so zu gestalten, dass der Entscheidungsträger möglichst zuverlässig die Grundlagen einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen kann. Das erfordert jedenfalls bei Jugendlichen grundsätzlich eine persönliche Anhörung und bei jüngeren Kindern zumindest ein funktionales Äquivalent, durch das ihnen Gelegenheit gegeben wird, ihre Interessen auf altersgerechte Weise zu formulieren und in das Verfahren einzubringen.
Nach diesen Maßstäben steht der ordre public der Anerkennung des Urteils des Amtsgerichts Cihanbeyli vom 24. Februar 2006 nicht entgegen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass beide Kläger von dem türkischen Familiengericht persönlich angehört worden sind und der Übertragung des Sorgerechts jeweils zugestimmt haben. Auch ihre Mutter ist vor dem Gericht aufgetreten und hat ihr Einverständnis mit der Sorgerechtsübertragung erklärt. Mit Blick auf diese Verfahrenshandhabung und das Vorliegen einer einvernehmlichen Sorgerechtsentscheidung überspannt die Beklagte mit ihrer Rüge, das türkische Gericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt, die Anforderungen des verfahrensrechtlichen ordre public. Die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf den Vater der Kläger lässt auch materiell kein Ergebnis erkennen, das mit Blick auf das Kindeswohl mit den Grundwerten des deutschen Familien- und Kindschaftsrechts offensichtlich nicht zu vereinbaren ist. Auch das deutsche Familienrecht kennt das alleinige Sorgerecht des nichtehelichen Vaters (§ 1672 Abs. 1 BGB). Der Vorhalt der Revision, im konkreten Fall sei die Sorgerechtsentscheidung im Wesentlichen ausländerrechtlich motiviert bzw. von ökonomischen Interessen getragen, geht von der Fehlvorstellung aus, diese Kriterien stünden notwendigerweise im Gegensatz zum Kindeswohl. Das ist schon wegen des Förderprinzips als Ausfluss des Kindeswohls nicht der Fall. Der Sache nach greift die Revision im Gewande der Rüge eines Verstoßes gegen den ordre public die ihrer Auffassung nach falsche Abwägung des türkischen Familiengerichts an, das den absehbaren Integrationsproblemen der Kinder nicht das für deren Wohl gebotene Gewicht beigemessen habe; mit dieser eigenen Bewertung des Kindeswohls muss sie indes erfolglos bleiben.
3. Hinsichtlich des Klägers zu 1 beruht die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung von Bundesrecht. Zwar sind die Nachzugsvoraussetzungen der Passpflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG) sowie das Erfordernis ausreichenden Wohnraums (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) nach den Feststellungen im Berufungsurteil erfüllt. Das Berufungsgericht ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Lebensunterhalt des Klägers zu 1 auch im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres gesichert war und damit die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in seiner Person vorliegt.
3.1 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Dies ist nach § 2 Abs. 3 AufenthG der Fall, wenn der Ausländer ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Dabei bleiben die in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufgeführten öffentlichen Mittel außer Betracht. Erforderlich ist mithin die positive Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft auf Dauer ohne Inanspruchnahme anderer öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den nachhaltig zur Verfügung stehenden Mitteln. Dabei richten sich sowohl die Ermittlung des zur Verfügung stehenden Einkommens als auch der Unterhaltsbedarf bei erwerbsfähigen Ausländern und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, seit dem 1. Januar 2005 grundsätzlich nach den entsprechenden Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs (SGB) Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II. Unerheblich ist dabei, ob Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen werden; nach dem gesetzlichen Regelungsmodell kommt es nur auf das Bestehen eines entsprechenden Anspruchs an (grundlegend Urteil vom 26. August 2008 - BVerwG 1 C 32.07 - BVerwGE 131, 370 Rn. 19 ff.).
3.1.1 Demzufolge ist der Einkommens- und Bedarfsberechnung grundsätzlich der Personenkreis zugrunde zu legen, der sich aus den Regeln über die Bedarfsgemeinschaft gem. § 9 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 7 Abs. 2 bis 3a SGB II ergibt (Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 21.09 - BVerwGE 138, 148 Rn. 14 ff.) unabhängig davon, inwieweit zwischen diesen Personen unterhaltsrechtliche Beziehungen bestehen. Ob mit Blick auf § 2 Abs. 3 AufenthG auch volljährige Kinder in die Bedarfsgemeinschaft ihres leiblichen Elternteils und dessen nicht verheirateten Partners einzubeziehen sind, braucht hier nicht entschieden zu werden. Innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft, deren gesamter Bedarf nicht aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt wird, gilt jede Person im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig (§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II) und hat im Regelfall einen Leistungsanspruch in Höhe dieses Anteils. Das führt regelmäßig dazu, dass der Lebensunterhalt des Ausländers dann nicht gesichert ist, wenn der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, deren Mitglied er ist, nicht durch eigene Mittel bestritten werden kann.
Für die Berechnung des zur Verfügung stehenden Einkommens sind von dem gemäß § 11 Abs. 1 SGB II zu ermittelnden Bruttoeinkommen die in § 11b SGB II genannten Beträge abzuziehen. Dazu zählen grundsätzlich auch die freiwillig geleisteten Altersvorsorgebeiträge (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 4 SGB II), hinsichtlich derer eine gewisse Vermutung dafür spricht, dass sie auch zukünftig in gleicher Höhe gezahlt werden. Abzusetzen sind ferner der Freibetrag für Erwerbstätige gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II sowie die Pauschale von 100 €, die nach § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II an die Stelle der Beträge nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 tritt. Allerdings sind gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen abweichend von § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 SGB II unabhängig von einer Titulierung einkommensmindernd zu berücksichtigen (Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 33). Dies gilt allerdings nur in der Höhe, in der eine Titulierung auch unter Berücksichtigung des Ranges der Unterhaltsgläubiger rechtlich möglich wäre, und auch nur solange, wie die Erbringung bzw. Geltendmachung von Unterhaltsleistungen tatsächlich zu erwarten ist. Wurden Unterhaltsleistungen über einen längeren Zeitraum weder erbracht noch geltend gemacht, ist regelmäßig davon auszugehen, dass dies auch in der Zukunft der Fall sein wird.
Die Bedarfsberechnung bestimmt sich grundsätzlich nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II; danach umfassen die Leistungen des Arbeitslosengelds II den Regelbedarf, die Mehrbedarfe sowie den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Aufenthaltsrechtlich nicht anzusetzen sind jedoch die in § 28 SGB II enthaltenen Bedarfe für Bildung und Teilhabe. Denn würde man sie als aufenthaltsschädlich berücksichtigen, liefe das dem Grundanliegen des Gesetzgebers zuwider, gerade die Integration ausländischer Kinder systematisch zu fördern, um u.a. Defizite in der sprachlichen Verständigung abzubauen, die den tatsächlichen Zugang zum Arbeitsmarkt beschränken und damit oft zu entsprechenden sozialen Folgelasten führen (vgl. BTDrucks 15/420 S. 61, 68).
Etwaige Ansprüche auf Bewilligung von Wohngeld bleiben bei der Berechnung der Sicherung des Lebensunterhalts grundsätzlich außen vor. Wohngeld gehört nicht zu den in § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG genannten privilegierten öffentlichen Leistungen und ist daher nicht geeignet, eine bestehende Einkommenslücke zu schließen (vgl. Beschluss vom 4. November 1996 - BVerwG 1 B 189.96 - Buchholz 402.240 § 17 AuslG 1990 Nr. 7). Auf der anderen Seite schadet der Bezug von Wohngeld aber auch nicht, wenn der Bedarf aus eigenem Einkommen, Vermögen oder aufenthaltsrechtlich unschädlichen öffentlichen Leistungen bereits gedeckt ist.
Ist der nach den Regelungen des SGB II bestehende Bedarf nicht vollständig gedeckt, ist zu prüfen, ob die verbleibende Einkommenslücke durch einen Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG geschlossen werden kann. Denn der Kinderzuschlag gehört gemäß § 2 Abs. 3 AufenthG zu den aufenthaltsrechtlich unschädlichen Sozialleistungen und soll verhindern, dass Eltern nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Arbeitslosengeld II in Anspruch nehmen müssen (BTDrucks 15/1516 S. 83).
3.1.2 Im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie (Richtlinie 2003/86/EG) - und damit auch im vorliegenden Fall - ist der Begriff der Lebensunterhaltssicherung zu modifizieren. Denn in der Systematik dieser Richtlinie stellt der Anspruch auf Genehmigung der Familienzusammenführung gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie die Grundregel dar, so dass die den Mitgliedstaten in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie verliehene Befugnis zur Regelung der Nachzugsvoraussetzungen eng auszulegen ist (EuGH, Urteil vom 4. März 2010 - Rs. C-578/08, Chakroun - Slg. 2010, I-1839 = NVwZ 2010, 697 Rn. 43). Der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie eröffnete Handlungsspielraum darf von den Mitgliedstaaten nicht in einer Weise genutzt werden, dass das Richtlinienziel - die Begünstigung der Familienzusammenführung - und die praktische Wirksamkeit der Richtlinie beeinträchtigen werden (EuGH, Urteil vom 4. März 2010 a.a.O. Rn. 43). Nach dieser Rechtsprechung bezieht sich der Begriff der Sozialhilfe(leistungen) in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie als autonomer Begriff des Unionsrechts nur auf Unterstützungsleistungen, die einen Mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften ausgleichen, nicht aber auf eine Hilfe, die es erlauben würde, außergewöhnliche oder unvorhergesehene Bedürfnisse zu befriedigen (EuGH, Urteil vom 4. März 2010 a.a.O. Rn. 49). Die Sozialhilfe i.S.d. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG erfasst daher nur Leistungen, die von öffentlichen Behörden zur Kompensation des Mangels an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften gewährt werden, um die allgemein notwendigen Kosten des Lebensunterhalts für den Ausländer und seine Familienangehörigen zu bestreiten; sie schließt nicht die besondere Sozialhilfe zur Bestreitung besonderer, individuell bestimmter notwendiger Kosten des Lebensunterhalts ein (EuGH, Urteil vom 4. März 2010 a.a.O. Rn. 52).
Für die von der Richtlinie 2003/86/EG erfassten Fälle hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden, dass es der Anwendungsvorrang des Unionsrechts gebietet, bei der Einkommensberechnung den Freibetrag für Erwerbstätigkeit nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II nicht zu Lasten des nachzugswilligen Ausländers abzusetzen. Denn dieser Freibetrag wird in erster Linie aus arbeitsmarkt- bzw. beschäftigungspolitischen Gründen gewährt und soll eine Anreizfunktion zur Aufnahme bzw. Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit haben, nicht aber einen Mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgleichen (Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 20.09 - BVerwGE 138, 135 Rn. 33). Hinsichtlich des in § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II pauschaliert erfassten Werbungskostenabzugs verlangt das Gebot der individualisierten Prüfung gemäß Art. 17 der Richtlinie 2003/86/EG, den Nachweis geringerer Aufwendungen als die gesetzlich veranschlagten 100 € zuzulassen (Urteil vom 16. November 2010 a.a.O. Rn. 34).
Der Bedarfsberechnung sind auch im Anwendungsbereich der Familienzusammenführungsrichtlinie neben dem Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) grundsätzlich die in § 20 SGB II vorgesehenen Regelbedarfssätze zugrunde zu legen (zur Nichtberücksichtigung der nach § 77 Abs. 4 SGB II für eine Übergangszeit geltenden
- Die Mehrbedarfszuschläge für Alleinerziehende (§ 21 Abs. 3 SGB II; vgl. Urteil vom 26. August 2008 - BVerwG 1 C 32.07 - BVerwGE 131, 370 Rn. 25) sowie die Kosten der dezentralen Warmwassererzeugung (§ 21 Abs. 7 SGB II) sind in die Bedarfsberechnung einzustellen. Denn sie decken allgemein notwendige Kosten des Lebensunterhalts der anspruchsberechtigten Personengruppen und dienen nicht der Befriedigung außergewöhnlicher oder unvorhergesehener Bedürfnisse.
- Nicht zu berücksichtigen sind dagegen die Mehrbedarfe für werdende Mütter (§ 21 Abs. 2 SGB II), für erwerbsfähige Behinderte (§ 21 Abs. 4 SGB II), für eine aus medizinischen Gründen notwendige kostenaufwändige Ernährung (§ 21 Abs. 5 SGB II), für einen im Einzelfall unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf (§ 21 Abs. 6 SGB II) und die Erstausstattungsbedarfe (§ 24 Abs. 3 SGB II). Diese Leistungen betreffen besondere, individuell bestimmte notwendige Kosten außerhalb des allgemein notwendigen Lebensunterhalts und dienen der Befriedigung außergewöhnlicher oder unvorhergesehener Bedürfnisse. Daher sind sie unionsrechtlich der von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG nicht abgedeckten "besonderen Sozialhilfe" zuzurechnen, die nicht zulasten nachzugswilliger Ausländer berücksichtigt werden darf.
3.1.3 Ist der Lebensunterhalt - auch unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben - nicht (vollständig) gesichert, ist weiter zu prüfen, ob in dem jeweiligen Einzelfall eine Ausnahme von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in Betracht kommt. Verfassungs-, unions- oder völkerrechtliche Gewährleistungen sowie atypische Umstände des Einzelfalles, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regelung beseitigen, können Ausnahmen vom Regelfall des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG rechtfertigen (Urteile vom 26. August 2008 a.a.O. Rn. 27, vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 21.09 - BVerwGE 138, 148 Rn. 18 und vom 22. Mai 2012 - BVerwG 1 C 6.11 - DVBl 2012, 1167 Rn. 11). Dabei sind auch im Hinblick auf das unionsrechtliche Gebot der Einzelfallprüfung die in Art. 17 der Richtlinie 2003/86/EG genannten Aspekte zu berücksichtigen. Ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt in jedem Fall vollständiger gerichtlicher Überprüfung (Urteil vom 22. Mai 2012 a.a.O.).
3.2 An diesen Grundsätzen gemessen ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Lebensunterhalt des Klägers zu 2 sei gesichert, im Ergebnis nicht zu beanstanden (3.2.1). Das Berufungsurteil beruht jedoch auf einer Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG hinsichtlich des Klägers zu 1 im Hinblick auf den Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres (3.2.2).
3.2.1 Der am 6. Januar 1996 geborenen Kläger zu 2 hat das 16. Lebensjahr erst während des Revisionsverfahrens vollendet. Demzufolge sind für die Prüfung der Lebensunterhaltssicherung hinsichtlich seiner Person nur die Verhältnisse im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung (25. Oktober 2011) maßgeblich.
Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der Lebensunterhaltssicherung zutreffend auf die Bedarfsgemeinschaft abgestellt, die die Kläger nach ihrem Zuzug mit ihrem Vater und dessen Ehefrau als erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bilden (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB II). Es hat bei der Einkommensberechnung des selbständig tätigen Vaters einen Gesamtbetrag der Einkünfte i.H.v. 22 671 € ermittelt, wie er sich aus dem Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2010 ergibt, und ist auf diese Weise zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von 1 889,25 € gelangt. Zwar ist im Anwendungsbereich des SGB II die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit gemäß § 3 der Alg II-V seit dem 1. Januar 2008 in weiten Teilen losgelöst von einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen geregelt. Dennoch ist die steuerliche Betrachtungsweise im Aufenthaltsrecht als Ausgangspunkt der Einkommensberechnung revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn bei der Feststellung der Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die der tatrichterlichen Würdigung obliegt.
In einem weiteren Schritt hat das Berufungsgericht mit Blick auf die gebotene Verlässlichkeit des Mittelzuflusses (vgl. Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 33) in einer tatrichterlichen Gesamtschau die Nachhaltigkeit der Einnahmesituation des selbständig tätigen Vaters durch Betrachtung der Einkünfte mehrerer Veranlagungszeiträume in den Blick genommen. Diese Vorgehensweise genügt dem strengen Maßstab, der wegen des grundlegenden staatlichen Interesses, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu verhindern (BTDrucks 15/420 S. 70), an die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG anzulegen ist (Urteil vom 26. August 2008 a.a.O. Rn. 21 und 23). Die alternative Möglichkeit einer mehrere Jahre einbeziehenden Bilanzierung der Einnahmen eines Selbständigen ist aufenthaltsrechtlich nicht zwingend geboten.
Das Einkommen erhöht sich um das gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 AufenthG aufenthaltsrechtlich unschädliche Kindergeld i.H.v. 368 € für beide Kläger. Abzuziehen sind gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II die auf das Einkommen entrichteten Steuern i.H.v. monatlich 16,83 €. Im Ergebnis unschädlich erweist sich, dass das Berufungsgericht den Krankenversicherungsbeitrag i.H.v. 323,06 € nicht gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a SGB II vom Einkommen abgezogen, sondern dem Bedarf zugeschlagen hat. Entgegen § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b SGB II hat es jedoch die Altersvorsorgebeträge nicht berücksichtigt, die der Vater der Kläger - wofür der Abzug von "übrigen Vorsorgeaufwendungen" i.H.v. 2 053 € laut Einkommensteuerbescheid 2010 spricht - geleistet hat. Fehlerhaft erweist sich auch der Abzug der Werbungskostenpauschale i.H.v. 100 €. Denn beim Vater der Kläger greift § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II, da sein monatliches Einkommen mehr als 400 € beträgt und die Summe der nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II abzusetzenden Beträge 100 € übersteigt. Daraus ergibt sich bei überschlägiger Berechnung ein bereinigtes Monatseinkommen i.H.v. 1 746 € im Jahr 2010.
Auf der Bedarfsseite ist das Berufungsgericht zutreffend gemäß § 20 Abs. 4 SGB II von einem Regelbedarf i.H.v. 328 € für den Vater der Kläger und seine Ehefrau ausgegangen. Nicht mit Bundesrecht vereinbar erweist sich jedoch der Ansatz i.H.v. je 287 € für die Kläger. Zwar ergibt sich dieser Betrag aus § 77 Abs. 4 Nr. 1 SGB II in Abweichung von dem in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II genannten Betrag von 275 €. Aber diese abschmelzende Bestandsschutzregelung ist im Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/86/EG wegen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs nicht anwendbar. Denn bei der Betragsdifferenz von 12 € handelt es sich nach der immanenten Systematik der genannten gesetzlichen Regelungen nicht um Sozialhilfe i.S.d. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG als Unterstützungsleistung, die einen Mangel an ausreichenden festen und regelmäßigen Einkünften ausgleicht. Die Kosten für Unterkunft und Heizung betragen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 413,20 €, so dass sich ein Gesamtbedarf i.H.v. 1 619,20 € errechnet. Damit übersteigen die Einnahmen den Bedarf bei überschlägiger Berechnung um 127 €, so dass die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht für beide Kläger erfüllt ist.
3.2.2 Das Berufungsurteil beruht jedoch auf einer Verletzung von Bundesrecht, da es den Lebensunterhalt des Klägers zu 1 auch im Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres am 15. März 2010 als gesichert angesehen hat.
Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht nur im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz vorliegen muss, sondern auch bereits bei Überschreiten der in § 32 Abs. 3 AufenthG enthaltenen Altersgrenze. Es hat jedoch unter Verstoß gegen Bundesrecht bei der Einkommensermittlung des Vaters der Kläger auch hinsichtlich dieses Zeitpunkts auf den Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2010 abgestellt. Dadurch hat es seiner Berechnung für den Stichtag 15. März 2010 die Einkommensentwicklung im gesamten Jahr 2010 zugrunde gelegt, obwohl alle Nachzugsvoraussetzungen spätestens (auch) im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze vorgelegen haben müssen. Denn nach diesem Zeitpunkt eingetretene Sachverhaltsänderungen zugunsten des Betroffenen können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (Urteil vom 7. April 2009 a.a.O. Rn. 10 mit Verweis auf das Urteil vom 26. August 2008 - BVerwG 1 C 32.07 - BVerwGE 131, 370 Rn. 17). Dieser Fehler ist nicht unerheblich, da die Jahreseinkünfte in den Jahren 2007 und 2009 bei überschlägiger Betrachtung der Einkommensentwicklung für eine Sicherung des Lebensunterhalts der Kläger nicht ausreichten. Mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen ist dem Senat insoweit eine abschließende Entscheidung aber verwehrt.
Das Berufungsurteil erweist sich hinsichtlich des Klägers zu 1 auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Berufungsgericht hat - von seiner Rechtsauffassung her konsequent - keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen für ein Absehen von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen.
4. Da die Visa- und Klageanträge für die Kläger kumulativ zur Entscheidung gestellt wurden, ist der Rechtsstreit hinsichtlich des Klägers zu 2 entscheidungsreif. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil zur Sicherung des Lebensunterhalts am Stichtag 15. März 2010 kann der Senat hingegen hinsichtlich des Klägers zu 1 nicht selbst abschließend entscheiden, so dass der Rechtsstreit insoweit zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen ist. Das Berufungsgericht wird in dem neuen Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob die Einkommensentwicklung des Vaters bis zum 15. März 2010 die Prognose rechtfertigt, dass der Lebensunterhalt des Klägers zu 1 schon damals gesichert war und auch weiterhin gesichert ist. Kommt das Berufungsgericht insoweit hinsichtlich eines oder beider maßgeblichen Zeitpunkte zu einem negativen Ergebnis, wird es im Weiteren der Frage nachzugehen haben, ob zum 15. März 2010 oder in dem Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bzw. seiner Entscheidung die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen.