Entscheidungsdatum: 26.06.2017
Die Klägerin wendet sich gegen die Zuordnung von 21 in ihrem Gebiet belegenen, als Landwirtschafts- und teils auch als Verkehrsflächen ausgewiesenen Flurstücken an die Beigeladene. 1989 war im Grundbuch jeweils Eigentum des Volkes in Rechtsträgerschaft der Gemeinde eingetragen. Einem Antrag der Klägerin entsprechend, wurden die Flurstücke auf Ersuchen des Landrates vom 2. Oktober 1990 rückwirkend auf diesen Tag auf die Klägerin umgeschrieben. Mit Sammelzuordnungsbescheid vom 18. Juni 1996, der der Klägerin nicht zugestellt wurde, übertrug der Präsident der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben sämtliche Flurstücke auf die Beigeladene. Diese beantragte mit Schreiben vom 7. Juni 2013 die Zuordnung der Flächen an sich selbst. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) nahm mit Bescheid vom 10. Oktober 2013 die "Entscheidung des Landrates ... vom 2. Oktober 1990" rückwirkend auf den Zeitpunkt ihres Erlasses zurück (III.1.), stellte den Eigentumsübergang der Flächen auf die Treuhandanstalt zum 4. September 1990 fest (III.2.) und bestätigte die Zuordnung an die Beigeladene (III.3.). Auf die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 10. Oktober 2013 in Nr. III.1. und 3. bezüglich dreier Flurstücke wegen eines Restitutionsanspruchs der Klägerin aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen.
Die dagegen eingelegte Beschwerde der Klägerin, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Sache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft, hat keinen Erfolg. Dabei kann offenbleiben, ob die Beschwerde schon gemäß § 67 Abs. 4 VwGO unzulässig ist. Die Beschwerdeschrift vom 30. August 2016 und die diese ergänzende Erklärung vom 1. September 2016 lassen nicht erkennen, dass der einzige Unterzeichner beider Schriftsätze - der Bürgermeister der Klägerin - zu den in § 67 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 aufgezählten Personen gehört oder über die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO vorausgesetzte Befähigung zum Richteramt verfügt. Weiterer Aufklärung bedarf es insoweit jedoch nicht. Die Unzulässigkeit der Beschwerde ergibt sich jedenfalls daraus, dass die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht substantiiert dargelegt wird.
Gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hätte die Klägerin eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts formulieren und dartun müssen, dass dieser eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die Frage,
"ob durch den Bescheid eines Landratsamtes auf Umschreibung von volkseigenen Grundstücken in das Eigentum der Kommune rechtswirksam vorgenommen werden kann",
ist unklar formuliert, weil offenbleibt, was Gegenstand der Vornahme sein soll. Falls die Klägerin geklärt wissen möchte, ob aufgrund einer Entscheidung des Landratsamtes eine wirksame Umschreibung von volkseigenen Grundstücken in kommunales Eigentum vorgenommen werden kann, wäre die Frage verständlich, ihre Erheblichkeit für das Revisionsverfahren und ihre Klärungsbedürftigkeit aber nicht dargetan.
Das angegriffene Urteil verneint eine rechtsgültige Eigentumsübertragung nicht wegen Mängeln der Umschreibung, sondern mangels ordnungsgemäßer Übergabe der volkseigenen Flurstücke gemäß § 7 Abs. 3 Kommunalvermögensgesetz (KVG). Diese Vorschrift regelte die Übertragung des kommunalen Aufgaben dienenden Vermögens auf die Gemeinden. Sie war ein Vorläufer des späteren Vermögenszuordnungsverfahrens und galt nach dem Beitritt nach Maßgabe der Art. 21 und 22 Einigungsvertrag (EV) bis zum Inkrafttreten des Vermögenszuordnungsgesetzes fort (vgl. EV Anlage II Kap. IV Abschnitt III Nr. 2 Buchst. a; Art. 7 und 15 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen vom 22. März 1991, BGBl. I S. 766; § 9 Abs. 2 VZOG a.F.; dazu vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 - 3 C 21.11 - BVerwGE 142, 219 Rn. 31). § 7 Abs. 3 KVG schrieb eine Übertragung des volkseigenen Vermögens durch Übergabe-Übernahme-Protokolle vor, an denen Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Landrat als Vertreter der übernehmenden Seite sowie - unter anderem - ein Beauftragter des Präsidenten der Treuhandanstalt oder des zuständigen Ministers als Vertreter der übergebenen Seite mitzuwirken hatten. Die so vollzogene Eigentumsübertragung war gemäß § 7 Abs. 6 KVG in das Grundbuch einzutragen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2012 - 3 C 21.11 - (BVerwGE 142, 219 Rn. 31 f.) stellt klar, dass eine Übergabe durch den Landrat - auch wo sie in der Praxis üblich war - nicht im Einklang mit der Rechtslage stand, dass sie zur Unwirksamkeit des Übergabe-Übernahme-Protokolls und damit zur Unwirksamkeit der Eigentumsübertragung und der Fehlerhaftigkeit einer entsprechenden Grundbuchumschreibung führte. Das Verwaltungsgericht entnimmt dieser Rechtsprechung, dass eine wirksame Eigentumsübertragung nach § 7 KVG eine rechtmäßige Übergabe nach Absatz 3 der Regelung voraussetzt. Eine solche Übergabe verneint es mangels Beteiligung eines Vertreters der übergebenden Seite.
Die Klägerin setzt sich weder mit dieser Argumentation noch mit dem einschlägigen bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil und den daraus für den vorliegenden Fall zu ziehenden Folgerungen auseinander. Sie legt insbesondere nicht dar, inwieweit hier erhebliche Anforderungen an eine wirksame Eigentumsübertragung weiterer revisionsgerichtlicher Klärung bedürften.
Eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der zweiten aufgeworfenen Frage,
"ob die Nichtzustellung eines Sammelzuordnungsbescheides des Präsidenten der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben an die von diesem Bescheid betroffene Kommune und die Geltendmachung von Rechten durch die [beigeladene] BVVG 17 Jahre nach Erlass des Bescheides nicht rechtsmissbräuchlich ist",
ist ebenfalls nicht prozessordnungsgemäß dargetan (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Bezüglich der ersten Teilfrage geht aus der Beschwerdebegründung nicht hervor, inwieweit das behördliche Unterlassen der Zustellung eines Bescheides dem vom Bescheid Begünstigten als Missbrauch der eigenen Rechtsstellung zuzurechnen und deshalb im Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre. Bezüglich der zweiten Teilfrage fehlt die Darlegung, dass diese nicht schon anhand der bisherigen Rechtsprechung zur rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen zu beantworten ist. Danach setzt rechtsmissbräuchliches Verhalten eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben voraus (entsprechend § 242 BGB). Davon ist etwa auszugehen, wenn die Geltendmachung des Anspruchs im Widerspruch zu früherem Verhalten des Berechtigten steht (venire contra factum proprium, dazu vgl. BVerwG, Urteile vom 4. September 2008 - 5 C 12.08 - BVerwGE 132, 21 Rn. 15 f. und vom 30. Juni 2010 - 5 C 2.10 - juris Rn. 12, jeweils m.w.N.) oder wenn dieser das Geforderte von Rechts wegen umgehend zurückgeben müsste (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est; dazu vgl. BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 4 C 5.15 - BVerwGE 156, 1 Rn. 17 m.w.N.). Langes Untätigbleiben des Berechtigten begründet für sich genommen noch keinen Rechtsmissbrauch, so wie das Zeitmoment allein auch noch keine Verwirkung eines Zuordnungsanspruchs oder der Befugnis zur Rücknahme einer rechtswidrigen Zuordnungsentscheidung zur Folge hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2013 - 3 C 19.12 - Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 21 Rn. 19). Weiterer Klärungsbedarf wird insoweit nicht dargelegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG nicht erhoben. Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.