Entscheidungsdatum: 25.09.2013
Eine Hemmung der Verjährung nach § 213 BGB setzt nicht die Identität des Streitgegenstands voraus. Erforderlich ist aber, dass der Anspruchsgrund im Kern identisch ist. Ein bloßer wirtschaftlicher oder funktioneller Zusammenhang genügt nicht.
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 16. April 2012 - 12 Sa 19/11 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten über eine restliche arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001.
Der Kläger war seit dem 1. August 1999 bei dem Beklagten als Rechtsanwalt zu einem monatlichen Festgehalt in Höhe von 4.500,00 Euro brutto angestellt. Darüber hinaus enthielt der Arbeitsvertrag vom 15. Mai 1999 ua. folgende Regelung:
„§ 3
Gewinnbeteiligung
1. Herr Z erhält eine Beteiligung von 15 % am Gewinn der Kanzlei, die mindestens € 25.500,00/Jahr beträgt. Beträgt der Gewinn der Kanzlei mehr als € 250.000,00, erhöht sich die Gewinnbeteiligung auf 16 %, beträgt er mehr als € 300.000,00 auf 17 %.
…
4. Die Gewinnbeteiligung wird nach Feststellung des Gewinns der Kanzlei durch einen Steuerberater, spätestens zum 30.06. eines Jahres für das Vorjahr berechnet und gezahlt. Zuvor werden monatliche Vorwegentnahmen von € 1.500,00 gezahlt. Bei nicht ausreichender Liquidität kann die Vorwegentnahme gekürzt oder ausgesetzt werden. In den nachfolgenden Monaten ist die Kürzung auszugleichen.“
Im Jahr 2001 zahlte der Beklagte dem Kläger monatlich 6.000,00 Euro brutto (4.500,00 Euro brutto + 1.500,00 Euro brutto). Zum 1. Januar 2002 begründeten die Parteien eine Sozietät in Form einer BGB-Gesellschaft. Die Zusammenarbeit endete am 5. Dezember 2005. Im Jahr 2003 oder 2004 rechnete der Beklagte eine Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 in Höhe von 29.640,96 Euro ab. Eine Zahlung auf diese Abrechnung erfolgte aber nicht.
Nach Beendigung der Zusammenarbeit kam es zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten. Am 21. Dezember 2005 schlossen die Parteien vor dem Landgericht Mannheim (- 3 O 454/05 -) einen Prozessvergleich ab, der in § 4 folgende Regelung enthält:
„Die Parteien verzichten wechselseitig bis 31.12.2006 auf die Geltendmachung der Verjährung hinsichtlich finanzieller Ansprüche der jeweiligen Gegenseite aus der beruflichen Zusammenarbeit.“
Mit einer am 29. Dezember 2006 beim Landgericht Heidelberg eingegangenen Klage (- 2 O 366/07 -) verlangte der Kläger vom Beklagten ua. die Zahlung von 102.473,18 Euro Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001, hilfsweise die Einstellung eines solchen Betrags zugunsten des Klägers im Rahmen der Liquidation. Zur Begründung der Klage führte der Kläger insoweit aus, die Parteien hätten ab dem 1. Januar 2001 eine Anwaltssozietät als Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen „R Rechtsanwälte“ geführt. Aus dieser Sozietät stünde ihm eine hälftige Gewinnbeteiligung zu. Unter Anrechnung erhaltener Vergütung und geleisteter Sozialversicherungsbeiträge ergebe sich noch der geltend gemachte Betrag. Der Klageschrift war der Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Mai 1999 beigefügt.
Das Landgericht Heidelberg wies mit Urteil vom 19. Mai 2009 bezüglich der Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 sowohl den Haupt- als auch den Hilfsantrag ab. Es hat seine Entscheidung ua. damit begründet, dass im Jahr 2001 das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbestanden habe. Die Existenz einer BGB-Gesellschaft vor dem 1. Januar 2002 habe der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können.
Die insoweit eingelegte Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe (- 1 U 115/09 -) nahm der Kläger nach gerichtlichem Hinweisbeschluss im Juli 2010 zurück. Ende 2010 wurde das Urteil des Landgerichts Heidelberg insgesamt rechtskräftig. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beklagten auf, restliche Gehaltsansprüche aus dem Geschäftsjahr 2001 bis zum 10. Januar 2011 abzurechnen und zu überweisen. In diesem Zusammenhang gaben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12. Januar 2011 folgende Erklärung ab:
„Natürlich verzichten wir hiermit für unseren Mandanten hinsichtlich der von Ihnen in Ihrem Schreiben vom 22. Dezember 2010 geltend gemachten etwaigen Gehaltsansprüche Ihres Mandanten aus dem Jahr 2001 auf die Einrede der Verjährung, und zwar befristet bis zum 28. Februar 2011 und nur soweit die Verjährung dieser Ansprüche nicht schon bei Zugang dieser Erklärung bei Ihnen eingetreten sein sollte.“
Die vorliegende Klage vom 4. Februar 2011, eingegangen beim Arbeitsgericht Mannheim per Fax am selben Tag, wurde dem Beklagten am 18. Februar 2011 zugestellt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Klage sei zulässig. Das Landgericht Heidelberg habe lediglich rechtskräftig entschieden, dass er keine Gewinnbeteiligung als Mitgesellschafter für das Jahr 2001 verlangen könne. Über den jetzt geltend gemachten arbeitsvertraglichen Gewinnbeteiligungsanspruch liege keine gerichtliche Entscheidung vor. Der Beklagte könne sich auch nicht auf die Verjährung der Klageforderung berufen. Das am 29. Dezember 2006 eingeleitete Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg habe den Eintritt der Verjährung gehemmt.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 29.640,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2002 zu zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, über seine arbeitsvertraglich zugesagte Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 Abrechnung zu erteilen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig. Ihr stehe die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Heidelberg entgegen, mit der ein Anspruch des Klägers auf eine Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 abgelehnt worden sei. Zwar habe sich das Landgericht Heidelberg nicht mit einem eventuellen arbeitsvertraglichen Anspruch befasst. Es sei aber gemäß § 17 Abs. 2 GVG verpflichtet gewesen, die Klage nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Dass das Landgericht dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, ändere nichts daran, dass die Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 unabhängig von ihrer rechtlichen Begründung Gegenstand des Verfahrens gewesen sei.
Jedenfalls sei die Klageforderung verjährt. Die Klage vor dem Landgericht Heidelberg habe den Eintritt der Verjährung nicht gehemmt. Sie habe sich durchgängig und ausschließlich auf den Lebenssachverhalt „Bestand einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ und nicht auf einen Lebenssachverhalt „Bestand eines Arbeitsverhältnisses“ bezogen. Angesichts derart unterschiedlicher Lebenssachverhalte sei der Weg zu einer Ausdehnung der verjährungshemmenden Wirkung einer Klage nach § 213 BGB versperrt.
Unabhängig davon habe der Kläger im Jahr 2002 umfangreiche Gewinnbeteiligungszahlungen erhalten, in denen auch etwaige Ansprüche aus dem Jahr 2001 enthalten gewesen seien.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel in vollem Umfang weiter.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Die auf Zahlung einer weiteren Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 und Abrechnung derselben gerichtete Klage ist zulässig (zu I), aber unbegründet (zu II). Ein möglicher Anspruch des Klägers ist verjährt (§§ 195, 214 Abs. 1 BGB).
I. Der Zulässigkeit der Klage steht die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Heidelberg vom 19. Mai 2009 (- 2 O 366/07 -) nicht entgegen. Ansprüche auf Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 aus einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten waren nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens. Vielmehr ging es dort ausschließlich um Ansprüche des Klägers aus einer von ihm bereits für das Jahr 2001 behaupteten BGB-Gesellschaft zwischen den Parteien.
1. Streitgegenstand ist der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung verstandene, eigenständige prozessuale Anspruch, der durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt wird. Zum Streitgegenstand zählen dabei alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens unterbreitet hat (BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 23; 11. Oktober 2011 - 3 AZR 795/09 - Rn. 17 mwN; BGH 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 -; vgl. auch zum identischen Streitgegenstandsbegriff im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren: BAG 5. März 2013 - 1 ABR 75/11 - Rn. 13). Der Streitgegenstand wird ausschließlich vom Kläger mit seinem Klagebegehren bestimmt. Das Vorbringen des Beklagten oder Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber Beklagtenvortrag verändert den vom Kläger mit seinem Antrag und seinem Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht (BGH 23. Juli 2008 - XII ZR 158/06 - Rn. 20).
Eine materiell rechtskräftige Entscheidung (§ 322 ZPO) über einen Streitgegenstand steht einer erneuten gerichtlichen Geltendmachung entgegen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Gericht über den ihm unterbreiteten Sachverhalt nicht unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte entschieden hat (BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 795/09 - aaO). Da der Streitgegenstand aber nicht allein durch den zur Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel) bestimmt wird, genügt die Einheitlichkeit des Klageziels mehrerer Verfahren nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein (BAG 14. Dezember 2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 37, BAGE 136, 302). Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 23 mwN; zu einer Fallgestaltung, in der der in einem Vorprozess entschiedene Streitgegenstand als Vorfrage Bindungswirkung für einen Folgeprozess hat: BAG 25. April 2007 - 10 AZR 586/06 - Rn. 16).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war Streitgegenstand der Klage vor dem Landgericht Heidelberg ausschließlich ein gesellschaftsrechtlicher Gewinnbeteiligungsanspruch für das Jahr 2001.
Nach dem Tatbestand der Entscheidung vom 19. Mai 2009 hatte der Kläger den Standpunkt vertreten, der im Jahr 1999 abgeschlossene Arbeitsvertrag sei bereits Ende 2000 beendet worden und seit dem 1. Januar 2001 habe eine BGB-Gesellschaft bestanden. Aus diesem Gesellschaftsverhältnis hat er einen Gewinnanteil in Höhe von 50 % verlangt, für das Jahr 2001 einen Betrag von 102.473,50 Euro. Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag hat der Kläger im Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg nicht, auch nicht hilfsweise, geltend gemacht und solche dem Gericht nicht zur Entscheidung unterbreitet. Der Kläger hat nicht lediglich seinen Vortrag auf eine mögliche Anspruchsgrundlage aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis beschränkt, was den Streitgegenstand nicht einschränken würde (vgl. dazu BGH 18. Juli 2000 - X ZR 62/98 - zu II 1 c der Gründe), sondern er hat Ansprüche nur aus dem Lebenssachverhalt „gesellschaftsrechtliche Verbindung zum Beklagten“ verlangt. Hierbei handelt es sich um eine gänzlich andere, eigenständige Tatsachengrundlage, die besondere Vereinbarungen voraussetzt, ein Arbeitsverhältnis ausschließt und grundsätzlich andere Rechtsfolgen bewirkt. Dies hat im Übrigen auch der Beklagte zunächst so gesehen. Das Landgericht hatte sich lediglich als logische Vorfrage damit auseinanderzusetzen, ob im Jahr 2001 noch ein Arbeitsverhältnis oder bereits ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen den Parteien bestand. Dadurch wurden arbeitsrechtliche Ansprüche aber nicht streitgegenständlich, ohne dass der Kläger diese zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat (vgl. BGH 23. Juli 2008 - XII ZR 158/06 - Rn. 22). Das Landgericht hat demgemäß über arbeitsrechtliche Ansprüche nicht entschieden und die Frage, ob solche bestehen, nicht behandelt.
Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG. Nach dieser Norm hat das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Dies gilt aber nur so weit, wie ein bestimmter Anspruch streitgegenständlich ist. Der vom Kläger bestimmte Streitgegenstand darf vom Gericht weder erweitert noch verändert werden (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. beispielhaft bei einem Unterlassungsantrag: BGH 3. April 2003 - I ZR 1/01 - BGHZ 154, 342). Beschränkt der Kläger zulässig seinen Streitgegenstand (und nicht nur seine Rechtsfolgebehauptung; vgl. dazu Zöller/Vollkommer 29. Aufl. Einl. Rn. 84), so ist das Gericht hieran gebunden.
II. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Ein möglicher Anspruch des Klägers auf eine weitere arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 ist verjährt.
1. Auf die streitgegenständliche Forderung findet neues Verjährungsrecht Anwendung. Der Anspruch auf Gewinnbeteiligung wurde gemäß § 3 Nr. 4 des Arbeitsvertrags nach Feststellung des Gewinns der Kanzlei, spätestens zum 30. Juni des Folgejahres fällig. Wegen der Notwendigkeit der Gewinnfeststellung lag die Fälligkeit damit keinesfalls vor dem 1. Januar 2002, sodass nach Art. 229 § 6 EGBGB die seit dem 1. Januar 2002 geltenden Verjährungsvorschriften auf die Forderung Anwendung finden.
2. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB Ende des Jahres 2002. Verjährung wäre damit mit dem 31. Dezember 2005 eingetreten. Durch Prozessvergleich vom 21. Dezember 2005 haben sich die Parteien aber darauf verständigt, den Verjährungseintritt um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2006 hinauszuschieben (vgl. zur Zulässigkeit solcher Vereinbarungen: Palandt/Ellenberger 72. Aufl. § 202 Rn. 1, 4). Darüber hinaus hat der Beklagte nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Jahr „2003 oder 2004“ die Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 abgerechnet. Einen genauen Zeitpunkt hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, letztlich kann dieser aber dahinstehen. Auch wenn man zugunsten des Klägers annimmt, dass die Abrechnung erst am 31. Dezember 2004 erfolgte und die Verjährung wegen der Abrechnung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu begann, endete die Verjährungsfrist nach § 195 BGB am 31. Dezember 2007. Eine Hemmung der Verjährung darüber hinaus ist nicht eingetreten.
a) Die Verjährung ist nicht durch Verhandlungen iSd. § 203 Satz 1 BGB gehemmt worden. Der entsprechenden Annahme des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger in der Revisionsinstanz nicht mehr entgegengetreten.
b) Eine Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung iSv. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist durch die Klageerhebung vor dem Landgericht Heidelberg (- 2 O 366/07 -) nicht erfolgt. Eine solche Hemmung tritt nur für Ansprüche ein, die streitgegenständlich sind (BGH 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 - Rn. 15). Arbeitsrechtliche Ansprüche waren - wie dargelegt - nicht Streitgegenstand des landgerichtlichen Verfahrens.
c) Durch das Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg war die Verjährung auch nicht iSv. §§ 213, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 213 BGB liegen nicht vor. Der Anspruch auf arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung beruht weder auf „demselben Grunde“ wie die vor dem Landgericht streitgegenständlichen Ansprüche noch besteht er wahlweise neben diesen Ansprüchen oder an deren Stelle.
aa) § 213 BGB erstreckt die Hemmungswirkung nach § 203 ff. BGB auf Ansprüche „die aus demselben Grunde wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind“. Die mit der Schuldrechtsreform neu eingeführte Norm verallgemeinert einen Gedanken, der vorher lediglich im Bereich des Kaufvertrags- und Werkvertragsrechts Anwendung fand (§ 477 Abs. 3 BGB aF, § 639 Abs. 1 BGB aF; vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 91; jurisPK-BGB/Lakkis 6. Aufl. § 213 Rn. 1). Der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform wollte den Gläubiger, „der ein bestimmtes Interesse mit einem bestimmten Anspruch verfolgt“ davor schützen, „dass inzwischen andere Ansprüche auf dasselbe Interesse verjähren, die von vornherein wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch gegeben sind oder auf die er stattdessen übergehen kann“. Der Gläubiger sollte nicht gezwungen werden, insoweit gesonderte Hilfsanträge zu stellen (BT-Drucks. 14/6040 S. 121).
bb) Tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 213 BGB ist zunächst, dass der Anspruch „aus demselben Grunde“ gegeben ist.
(1) Gemeint ist damit der durch das Anspruchsziel geprägte Sachverhalt (Erman/J. Schmidt-Räntsch 13. Aufl. § 213 Rn. 3), nicht der Streitgegenstand im prozessualen Sinn. Dies ergibt sich aus systematischen Erwägungen: Für Ansprüche, die im Vorprozess streitgegenständlich waren, tritt eine Hemmung der Verjährung bereits nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ein. Würde man eine Identität des Streitgegenstands verlangen, wäre § 213 BGB überflüssig (jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 2). Die Norm erstreckt die Hemmung im Sinne einer „Wirkungserstreckung“ (Erman/J. Schmidt-Räntsch § 213 Rn. 1; MüKoBGB/Grothe 6. Aufl. § 213 Rn. 1) auf bestimmte weitere Ansprüche, die nicht unmittelbar Streitgegenstand waren. Dabei genügt aber nicht, dass die Ansprüche irgendwie wirtschaftlich zusammenhängen. Ebenso wenig ist ausreichend, dass die Ansprüche gegen denselben Schuldner gerichtet sind; dies ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung. Vielmehr müssen sie sich aus demselben Lebenssachverhalt ergeben, der Anspruchsgrund muss mindestens „im Kern identisch“ sein (Bamberger/Roth/Henrich 3. Aufl. § 213 Rn. 2; MüKoBGB/Grothe § 213 Rn. 3; Palandt/Ellenberger § 213 Rn. 2). Durch das Tatbestandsmerkmal wird die Wirkungserstreckung auf Ansprüche beschränkt, die in einem ähnlichen Verhältnis zueinander stehen wie die Gewährleistungsansprüche des § 477 Abs. 1 BGB aF oder die Ansprüche des § 638 BGB aF (Erman/J. Schmidt-Räntsch § 213 Rn. 3). Dies macht auch der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens deutlich: Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 14/6040 S. 5) sollte § 213 BGB folgenden Wortlaut haben: „Die Hemmung und der erneute Beginn der Verjährung gelten auch für Ansprüche, die neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind.“ Dieser Wortlaut ließ die Deutung zu, dass ein Zusammenhang im Anspruchsgrund nicht Voraussetzung für die Anwendung der Norm sein sollte. Der Bundesrat hat die Auffassung vertreten, aus dieser Formulierung werde weder das nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/6040 S. 121 f.) erforderliche Wahlverhältnis zwischen den Ansprüchen noch die Tatsache deutlich, dass die Ansprüche auf das gleiche Interesse gerichtet sein müssen (BT-Drucks. 14/6857 S. 10). Die Bundesregierung hat diese Bedenken aufgegriffen; mit der jetzigen Gesetzesfassung sollten diese den Anwendungsbereich der Norm einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen - die sich früher bereits aus der systematischen Stellung des § 477 Abs. 3 BGB aF ergaben - klargestellt werden (BT-Drucks. 14/6857 S. 46).
Von einem derart beschränkten Anwendungsbereich der Norm geht auch die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte aus. So werden beispielsweise Nacherfüllungs- und Gewährleistungsrechte, die auf demselben Mangel beruhen, als aus demselben Grund gegeben angesehen (BGH 8. Dezember 2009 - XI ZR 181/08 - Rn. 49; KG Berlin 9. Februar 2010 - 6 U 204/08 - Rn. 57). Ebenso wird dies für eine Vorschussklage zur Mängelbeseitigung und einen Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB aF angenommen (OLG Celle 17. Januar 2013 - 16 U 94/11 - Rn. 59 ff.) oder im Verhältnis zwischen einem Erfüllungsanspruch und dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (OLG Hamm 25. Februar 2010 - 22 U 89/09 - Rn. 47 ff.). Abgelehnt wurde hingegen eine Anwendung des § 213 BGB auf das Verhältnis zwischen einem abstrakten Schuldversprechen einerseits und einem Darlehensvertrag andererseits (OLG Frankfurt 11. Juli 2007 - 23 U 7/07 -), da die Ansprüche nur erfüllungsmäßig funktionell miteinander verknüpft seien.
(2) Ausgehend davon ist der Grund der vom Kläger in beiden Verfahren verfolgten Ansprüche nicht derselbe, er ist auch nicht im Kern identisch. Zwar hat der Kläger vor dem Landgericht Heidelberg ebenso einen Zahlungsanspruch auf Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 geltend gemacht wie nunmehr (in niedrigerer Höhe) im arbeitsgerichtlichen Verfahren. Auch beruhen beide Ansprüche auf der Arbeit des Klägers in der Kanzlei im Jahr 2001. Der Rechtsgrund unterscheidet sich jedoch deutlich. Die Förderung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise (§ 705 BGB) ist etwas grundlegend anderes als die Leistung abhängiger, fremdbestimmter Arbeit. Der Anspruch aus einem Arbeitsvertrag auf Gewinnbeteiligung, der nur kraft besonderer Vereinbarung neben dem Anspruch auf eine arbeitsvertragliche Grundvergütung besteht, unterscheidet sich nach Modell und Inhalt grundlegend vom gesetzlichen Anspruch eines Gesellschafters auf einen bestimmten Anteil des Gewinns einer BGB-Gesellschaft nach §§ 721, 722 BGB. Der Schuldner, gegenüber dem einer dieser Ansprüche gerichtlich geltend gemacht wird, muss nicht damit rechnen, dass nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Rechtsstreits und nach Ablauf der Verjährungsfrist ein Anspruch aus einer völlig anderen Vertragsbeziehung durchgesetzt werden kann. Es fehlt ihm gegenüber an einer hinreichenden „Warnung“ durch das erste Klageverfahren, die seine Schutzbedürftigkeit im Hinblick auf die Verjährung entfallen lässt (vgl. zu diesem Gedanken: BT-Drucks. 14/6040 S. 121; jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 1).
cc) Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche stehen auch nicht in elektiver oder alternativer Konkurrenz. Es fehlt ein Nebeneinander mehrerer inhaltlich verschiedener, sich gegenseitig ausschließender Rechte, unter denen der Berechtigte auswählen kann (jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 5), bzw. die dadurch entstehen können, dass das andere Recht ausfällt.
§ 213 BGB soll insoweit dem Gläubiger Hilfsanträge bei seinem ersten Vorgehen ersparen. Die Bestimmung nimmt sich der Situation an, die sich ergibt, wenn der Gläubiger mehreres verlangen kann, das eine Begehren aber das andere - oder die anderen - ausschließt (Staudinger/Peters/Jacoby (2009) § 213 Rn. 6). Ein solches Wahlrecht stand und steht dem Kläger in der vorliegenden Situation weder gesetzlich (vgl. dazu OLG Frankfurt 15. April 2008 - 8 U 238/06 - Rn. 39) noch vertraglich zur Verfügung. Auch ist kein Anspruch an die Stelle eines anderen Anspruchs getreten, etwa ein gesetzlicher Anspruch an die Stelle eines unwirksamen Vertrags wie der Bereicherungsanspruch beim nichtigen Werkvertrag (vgl. noch zur alten Rechtslage: BGH 18. Juli 2000 - X ZR 62/98 - zu II 2 a der Gründe). Ob dem Kläger für das Jahr 2001 ein arbeitsvertraglicher Gewinnbeteiligungsanspruch oder ein Anteil am Gewinn einer Gesellschaft zusteht, hängt vielmehr ausschließlich davon ab, ob die Tätigkeit, die er im Jahr 2001 erbracht hat, noch auf arbeitsvertraglicher Grundlage erfolgt ist, oder ob der Arbeitsvertrag (gegebenenfalls konkludent) durch Eingehung einer BGB-Gesellschaft mit dem Beklagten abgelöst wurde. Der Kläger konnte also nicht wählen, ob er den einen oder anderen Anspruch geltend macht, sondern die objektive Vertragslage ist maßgebend. Er konnte sich nur dafür entscheiden, welche Rechtsauffassung er zu dieser Frage vertritt und ob er - wie erfolgt - lediglich einen der beiden Ansprüche zum Streitgegenstand eines Prozesses macht oder (gegebenenfalls in einem Hilfsverhältnis) beide Ansprüche. Dass sich die beiden Ansprüche - jedenfalls in der vorliegenden Situation - logisch ausschließen, betrifft lediglich die zu beantwortende Vorfrage, ob noch ein Arbeitsverhältnis im Jahr 2001 bestand, begründet aber kein Wahlrecht iSd. § 213 BGB. Auch ergibt sich nicht ohne Weiteres ein arbeitsvertraglicher Gewinnbeteiligungsanspruch, wenn kein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist; vielmehr bedarf es insoweit einer besonderen Vereinbarung, die im Arbeitsverhältnis keineswegs selbstverständlich ist. Es kommt nicht darauf an, dass diese Vereinbarung zwischen den Parteien von Anfang an unstreitig war.
3. Da der Kläger einen arbeitsvertraglichen Gewinnbeteiligungsanspruch für das Jahr 2001 jedenfalls nicht mehr durchsetzen kann, kann er auch keine hierauf gerichtete Abrechnung verlangen.
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
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Mikosch |
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W. Reinfelder |
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Simon |
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A. Effenberger |