Entscheidungsdatum: 26.02.2018
1. Fügt der Beschwerdeführer bei Einlegung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung den Beschwerdebescheid sowie ggf. den Bescheid über die weitere Beschwerde nicht bei, so hat dies nicht die Unzulässigkeit des Antrags zur Folge.
2. Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nicht allein verlangt werden, dass die Verpflichtung zu disziplinarer Behandlung eines Falls (§ 19 Abs. 2 WBO) isoliert ausgesprochen wird.
3. Kostenentscheidungen des Truppendienstgerichts können nur zusammen mit dem Rechtsmittel in der Hauptsache angefochten werden.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Ist eine Entscheidung des Truppendienstgerichts auf mehrere selbstständig tragende (prozess- oder materiell-rechtlich) Begründungen gestützt, setzt der Erfolg der Beschwerde voraus, dass hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. November 1991 - 4 B 190.91 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 237 und vom 27. September 2017 - 10 B 11.17 - juris Rn. 5). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, scheitert die Zulassung daran, dass diese Begründung hinweggedacht werden kann, ohne dass sich der Ausgang des Zulassungsverfahrens ändert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. April 1989 - 1 B 54.89 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 37 m.w.N.) So liegen die Dinge hier.
1. Zwar ist es verfahrensfehlerhaft, dass das Truppendienstgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig behandelt hat.
a) Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO kann in der fehlerhaften Handhabung von Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen (vgl. zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO als entsprechender Vorschrift des allgemeinen Verwaltungsprozessrechts BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1993 - 7 B 158.92 - Buchholz 310 § 91 VwGO Nr. 24 S. 4 m.w.N.). Der Antragsteller beanstandet insoweit zu Recht, dass das Truppendienstgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für unzulässig erachtet hat, weil ihm nicht die Bescheide über die Beschwerde und weitere Beschwerde beigefügt waren.
§ 17 Abs. 4 Satz 2 WBO, wonach der Beschwerdeführer, wenn er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung einlegt, unter Beifügung des Beschwerdebescheids sowie des Bescheids über die weitere Beschwerde die zur Begründung des Antrags dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben soll, ist ersichtlich der Vorschrift des § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO nachgebildet. Bei dieser hat nach einhelliger Auffassung die Nichtbeifügung der angefochtenen Bescheide für sich genommen keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Klage, soweit das Klagebegehren im Übrigen erkennbar ist oder sich ggf. durch gerichtliche Aufklärung feststellen lässt (vgl. z.B. Geiger, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 82 Rn. 13). Dies gilt auch für § 17 Abs. 4 Satz 2 WBO, der demzufolge als bloße Ordnungsvorschrift zu verstehen ist (ebenso im Ergebnis Bachmann, in: GKÖD, Stand 2017, Yo, § 17 WBO Rn. 153 ff.; unklar Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 17 Rn. 117 f.). Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber für Anträge auf gerichtliche Entscheidung nach der Wehrbeschwerdeordnung höhere Zulässigkeitshürden errichten wollte als für Klagen nach der Verwaltungsgerichtsordnung, als er mit der Neufassung des § 17 Abs. 4 WBO durch Art. 5 Nr. 13 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften vom 31. Juli 2008 (BGBl I S. 1629) beide Prozessordnungen weiter aneinander angeglichen und insbesondere die bis dahin geltende Begründungspflicht für Anträge auf gerichtliche Entscheidung (§ 17 Abs. 4 Satz 1 WBO a.F.) beseitigt hat.
Da sich aus der Antragsschrift vom 20. Februar 2017 Verfahrensgegenstand und Rechtsschutzbegehren des Antragstellers zweifelsfrei ergaben, durfte das Truppendienstgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht, wie geschehen, allein deshalb als unzulässig behandeln, weil ihm der Beschwerdebescheid und der Bescheid über die weitere Beschwerde nicht beigefügt waren.
b) Im Hinblick darauf, dass bereits die vorstehende Rüge begründet ist, kommt es auf die vom Antragsteller außerdem als Verfahrensmangel (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO) geltend gemachte Rüge einer nicht ausreichenden gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung (§ 18 Abs. 2 Satz 1 WBO, § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO), die sich auf die Zurückweisung des Antrags als unzulässig ausgewirkt haben soll, nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist gleichwohl nicht zuzulassen oder der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Truppendienstgericht zurückzuverweisen, weil das Truppendienstgericht den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hilfsweise als unbegründet zurückgewiesen hat. Insoweit bleibt die Beschwerde ohne Erfolg.
a) Die Beschwerdesache hat nicht die vom Antragsteller geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO). Die von ihm aufgeworfene Frage, ob im Rahmen eines Verfahrens nach § 17 SBG ein Ausspruch entsprechend § 13 Abs. 2 und § 19 Abs. 2 WBO veranlasst ist, wenn sich auf die Beschwerde einer Vertrauensperson ergibt, dass eine festzustellende Rechtsverletzung mit einer Verletzung von Dienstpflichten des Vorgesetzten einhergeht, rechtfertigt nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde, weil sie sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht stellen würde.
Ist der Beschwerdeführer durch ein Dienstvergehen verletzt worden, so spricht das Truppendienstgericht gemäß § 19 Abs. 2 WBO auch die Verpflichtung aus, nach Maßgabe der Wehrdisziplinarordnung zu verfahren. Wie sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ("auch") ergibt, kann die Verpflichtung, nach Maßgabe der Wehrdisziplinarordnung zu verfahren, nur zusätzlich ausgesprochen werden; mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nicht allein verlangt werden, dass die Verpflichtung zu disziplinarer Behandlung eines Falls isoliert ausgesprochen wird (vgl. Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 19 Rn. 20). Die Vorschrift des § 19 Abs. 2 WBO ist deshalb akzessorischer Natur, d.h. sie eröffnet den zusätzlichen Ausspruch einer Verpflichtung zu disziplinarer Würdigung nur dann, wenn das Truppendienstgericht gleichzeitig eine materielle Entscheidung in einem Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung trifft (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. April 1980 - 1 WB 118.79 - BVerwGE 73, 1 <4> und vom 9. November 1982 - 1 WB 85.81 - BA S. 11 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall hatte der Kommandeur des Kommandos ... mit seinem Bescheid vom 16. Januar 2017 bereits der weiteren (Untätigkeits-)Beschwerde des Antragstellers vollständig stattgegeben und für Abhilfe gesorgt (§ 16 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 WBO). Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ging es dem Antragsteller - neben Kostenfragen - ausschließlich um die Feststellung eines Dienstvergehens und die Verpflichtung, nach Maßgabe der Wehrdisziplinarordnung zu verfahren (§ 19 Abs. 2 WBO). Ein solches isoliertes Begehren, eine Verpflichtung nach § 19 Abs. 2 WBO auszusprechen, ist nicht zulässig. Der angefochtene Beschluss stellt sich damit insoweit jedenfalls aus anderen Gründen als richtig dar (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 144 Abs. 4 VwGO), sodass die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen wäre, ohne dass es hierfür auf die vom Antragsteller aufgeworfene Rechtsfrage ankäme.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO lediglich eine Prüfungspflicht für den nach § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Disziplinarvorgesetzten statuiert, für den beschwerdeführenden Soldaten aber keinen Rechtsanspruch darauf begründet, dass ein Dritter oder der Betroffene der Beschwerde gemaßregelt wird (vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2010 - 1 WB 63.09 - Buchholz 450.1 § 13 WBO Nr. 2 Rn. 27 m.w.N.). Ein Soldat hat auch dann keinen Anspruch auf ein disziplinares Tätigwerden im Rahmen des § 13 Abs. 2 Satz 1 WBO, wenn sich die Tatsache, dass ein Dienstvergehen vorliegt, im Zusammenhang mit einer begründeten Wehrbeschwerde ergibt. Die Verpflichtung aus dieser Vorschrift, nach der Wehrdisziplinarordnung zu verfahren, ändert nichts daran, dass disziplinare Ermittlungen allein im öffentlichen Interesse stattfinden und es im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen Disziplinarvorgesetzten, der über die Beschwerde entscheidet, liegt, zu bestimmen, ob und ggf. wie wegen eines Dienstvergehens einzuschreiten ist (§ 15 Abs. 2 Halbs. 1 WDO).
b) Soweit der Antragsteller beanstandet, dass der angefochtene Beschluss ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat er damit keinen Verfahrensmangel geltend gemacht, der vorliegt und auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO).
Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO entscheidet das Truppendienstgericht ohne mündliche Verhandlung, kann jedoch mündliche Verhandlung anberaumen, wenn es dies für erforderlich hält. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist deshalb nach der gesetzlichen Konstruktion der Regelfall (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. März 2014 - 1 WRB 1.14 und 2.14 - Buchholz 450.1 § 18 WBO Nr. 6 Rn. 16). Der Antragsteller hat im Verfahren vor dem Truppendienstgericht weder unter Anführung von Gründen eine mündliche Verhandlung beantragt oder angeregt noch hat er einen Beweisantrag gestellt, der dem Gericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "erforderlich" im Sinne von § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO nahegelegt hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 24. März 2014 - 1 WRB 1.14 und 2.14 - Buchholz 450.1 § 18 WBO Nr. 6 Rn. 17). Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde darauf verweist, dass das Truppendienstgericht am selben Tag und in derselben Besetzung aufgrund mündlicher Verhandlung über einen gegen ihn gerichteten Antrag auf Abberufung als Vertrauensperson entschieden hat (Beschluss vom 10. Juli 2017 - N 6 SL 5/17 -), besagt dies schon für sich genommen nichts für das vorliegende Verfahren, weil die Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung eine Frage des jeweiligen Einzelfalls ist; dies zeigt sich auch daran, dass das Truppendienstgericht im genannten Verfahren, wie dem Senat aus den Akten des (abgeschlossenen) Rechtsbeschwerdeverfahrens BVerwG 1 WRB 2.17 bekannt ist, eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt hat.
3. Soweit sich der Antragsteller speziell gegen die Kostenentscheidungen in Nr. 2 und 3 des angefochtenen Beschlusses wendet, ist die Beschwerde unzulässig, weil Kostenentscheidungen nur zusammen mit dem Rechtsmittel in der Hauptsache angefochten werden können (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 158 Abs. 1 VwGO). Eine Rechtsbeschwerde kann auch nicht allein wegen der grundsätzlichen Bedeutung einer Kostenfrage zugelassen werden, weil dies eine Umgehung des § 158 Abs. 1 VwGO bedeutete (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Februar 1996 - 6 B 65.95 - NVwZ-RR 1996, 505 <507> und vom 29. Juli 2009 - 5 B 46.09 - Beck RS 2009, 38085 Rn. 5). Die Unzulässigkeit einer isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung im Wehrbeschwerdeverfahren ergibt sich auch aus § 20 Abs. 4 WBO, der nur die entsprechende Anwendung von § 141 Abs. 1 und 2 WDO, nicht jedoch von § 141 Abs. 5 WDO (Kostenbeschwerde) anordnet, sowie aus § 16a Abs. 5 Satz 3 WBO, wonach die Entscheidung des Truppendienstgerichts über die Erstattung der notwendigen Aufwendungen sowie die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten "endgültig" ist.