Entscheidungsdatum: 17.05.2018
Das Truppendienstgericht ist nicht befugt, im Rahmen der Entscheidung, ob einer Nichtzulassungsbeschwerde abgeholfen wird, den angefochtenen Beschluss nachzubessern und gerügte Verfahrensmängel zu beheben.
Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Truppendienstgerichts Nord vom 13. Dezember 2017 ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Truppendienstgericht (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 133 Abs. 6 VwGO).
Der Antragsteller macht mit Erfolg geltend, dass das Truppendienstgericht mit dem angefochtenen Beschluss nur über den (Hilfs-)Antrag, die Wahl zum Vertrauenspersonenausschuss ... vom 7. November 2017 für ungültig zu erklären, nicht aber über den (Haupt-)Antrag, die Nichtigkeit dieser Wahl festzustellen, entschieden hat. Damit liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO).
Das Wehrdienstgericht hat die Pflicht, im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 88 VwGO) über alle gestellten Sachanträge zu entscheiden. Diese Verfahrenspflicht ist nicht nur verletzt, wenn nach Zurückweisung eines Hauptantrags über einen Hilfsantrag nicht entschieden wird (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260 <262 ff.>), sondern auch - und erst recht - dann, wenn sich das Gericht unter Übergehung des Hauptantrags nur mit dem Hilfsantrag befasst. So liegt der Fall hier.
Der Antragsteller hat mit seinem am 29. November 2017 beim Truppendienstgericht eingegangenen Schreiben unter 1. zwar zunächst nur die Ungültigerklärung der Wahl zum Vertrauenspersonenausschuss ... beantragt. Er macht jedoch zurecht geltend, dass er mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Dezember 2017 den Antrag zu 1. dahingehend präzisiert hat, dass er beantragt, a) die Nichtigkeit der Wahl vom 7. November 2017 festzustellen, b) hilfsweise, die Wahl für ungültig zu erklären, und c) weiter hilfsweise, die Wahl für nicht (richtig: nichtig), hilfsweise ungültig zu erklären, soweit sich festgestellte Wahlfehler auf einzelne Wahlgänge beschränken. Der Schriftsatz vom 8. Dezember 2017 befindet sich nicht in der Gerichtsakte des hier gegenständlichen Verfahrens ..., wohl aber in der Gerichtsakte des Parallelverfahrens ..., die dem Senat aufgrund der dort zugelassenen Rechtsbeschwerde vorliegt. Der Schriftsatz bezieht sich mit der Angabe der gerichtlichen Aktenzeichen eindeutig auf beide Verfahren ... und ... Auch war der anwaltliche Vertreter des Antragstellers nicht nur im Verfahren ..., sondern auch im Verfahren ... bevollmächtigt, wovon auch das Truppendienstgericht ausweislich des Rubrums ausgeht.
Das Truppendienstgericht hat sich in dem angefochtenen Beschluss nur mit dem am 29. November 2017 eingegangenen Schreiben und dem dort gestellten Antrag, die Wahl zum Vertrauenspersonenausschuss für ungültig zu erklären, befasst. Es hat jedoch nicht über den mit dem Schriftsatz vom 8. Dezember 2017 vorgeschalteten, nach herrschender Auffassung nicht an Fristen oder Antragsteller-Quoren gebundenen (vgl. für die Wahl zum Gesamtvertrauenspersonenausschuss Höges, SBG, Stand März 2018, § 47 Rn. 20) (Haupt-)Antrag, die Nichtigkeit der Wahl festzustellen, entschieden.
Diese Entscheidung konnte auch nicht durch die Ausführungen in dem Nichtabhilfebeschluss vom 21. März 2018 nachgeholt werden. Das Truppendienstgericht erklärt dort zu der entsprechenden Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde zwar, dass es die Art von offensichtlichen Mängeln, die zur Nichtigkeit der Wahl führen könnten, nicht für gegeben erachtet. Die Entscheidung, ob einer Nichtzulassungsbeschwerde abgeholfen wird, ist jedoch nicht dazu bestimmt und nicht geeignet, Mängel in dem dem angefochtenen Beschluss zugrundeliegenden Verfahren zu beseitigen. Der Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde unterscheidet sich insoweit von der Anhörungsrüge. Ist die Anhörungsrüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist; das Verfahren wird hierzu in die Lage zurückversetzt, in dem es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. des Zeitpunkts, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, befand (§ 23a Abs. 3 WBO i.V.m. § 152a Abs. 5 VwGO). Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde kann eine Abhilfe dagegen nur darin bestehen, dass das Truppendienstgericht die in dem angefochtenen Beschluss zunächst abgelehnte Zulassung der Rechtsbeschwerde nachträglich ausspricht und das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren anschließend als Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt wird (§ 22b Abs. 5 Satz 1 WBO; ebenso § 139 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das Truppendienstgericht hat sich in dem Nichtabhilfebeschluss demgemäß ausschließlich mit der Frage zu befassen, ob ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinne des § 22a Abs. 2 WBO vorliegt. Es ist nicht befugt, den angefochtenen Beschluss nachzubessern und etwaige Verfahrensmängel selbst zu beheben.
Unabhängig davon ist der Nichtabhilfebeschluss in einer vorschriftswidrigen Besetzung (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 138 Nr. 1 VwGO) und damit selbst verfahrensfehlerhaft ergangen. An dem Beschluss haben nur zwei ehrenamtliche Richter mitgewirkt, was bereits der Zahl nach nicht der Vorschrift des § 52 Abs. 3 Satz 2 SBG 2016 entspricht, wonach der Kammer oder dem Senat des Wehrdienstgerichts jeweils eine ehrenamtliche Richterin oder ein ehrenamtlicher Richter aus den Laufbahngruppen der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften angehört, die oder der aus der Mitte der Vertrauenspersonen zu berufen ist.
Da die Nichtzulassungsbeschwerde bereits aus dem dargelegten Grund Erfolg hat, bedürfen die weiteren Rügen des Antragstellers keiner Entscheidung. In den Verfahren nach §§ 22a und 22b WBO gilt gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO auch die Vorschrift des § 133 Abs. 6 VwGO entsprechend, die es dem Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde erlaubt, den Rechtsstreit bei einem festgestellten Verfahrensmangel unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - 1 WNB 3.14 - juris Rn. 13 m.w.N.). Davon macht der Senat hier Gebrauch, weil über den Hauptantrag des Antragstellers von dem erstinstanzlich zuständigen Truppendienstgericht bisher noch nicht vorschriftsmäßig entschieden worden ist.