Entscheidungsdatum: 30.03.2017
Für die Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WBO ist das Gericht der Hauptsache zuständig.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die für ihn erstellte Beurteilung für Eignungsübende und gegen die dazu abgegebene Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten.
Der ... geborene Antragsteller hat nach eigenen Angaben im Jahr ... seinen Grundwehrdienst in der Bundeswehr angetreten und leistet seit ... jährlich Wehrübungen ab. Seit dem 1. Dezember 2016 bis zum 31. März 2017 absolviert er im Dienstgrad Oberstleutnant (vorl.) im ...eine Eignungsübung im Rahmen der Wiedereinstellung als Soldat auf Zeit in die Bundeswehr.
Unter dem 6. Februar 2017 erstellte der Abteilungsleiter ...zentrum ... für den Antragsteller eine Beurteilung von Eignungsübenden. Die Berufung des Antragstellers in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit empfahl er darin nicht. Zur Begründung führte er aus:
...
Zu dieser Beurteilung gab der Chef des Stabes des Kommandos ... unter dem 9. Februar 2017 als nächsthöherer Vorgesetzter folgende Stellungnahme ab:
...
Gegen die ihm am 6. Februar 2017 eröffnete Beurteilung und gegen die ihm am 9. Februar 2017 eröffnete Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten legte der Antragsteller mit Schreiben vom 10. Februar 2017 Beschwerde ein. Er beantragte mit Schreiben vom selben Tag gemäß § 3 Abs. 2 WBO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde. In seiner Beschwerdebegründung vom 1. März 2017 machte er im Wesentlichen geltend, dass sowohl der Erstbeurteiler als auch der Stellung nehmende nächsthöhere Vorgesetzte befangen seien. In der Sache seien die Beurteilung und die Stellungnahme aufzuheben, weil sie nicht im Einklang mit seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 und aus Art. 5 Abs. 1 GG stünden. Darüber hinaus verletzten sie die Vorschriften der ZDv A-1340/50. Der Beurteiler habe 21 von insgesamt nur 34 Zeilen Beurteilungsbegründung, also überproportional viel, einer angeblichen Meinungsäußerung von ihm, dem Antragsteller, gewidmet. Die beanstandete Einlassung liege mittlerweile sechs Jahre zurück. Weder bekleide er denselben Dienstposten wie damals noch bestehe ein sonstiger sachlicher Bezug zu dem, wofür er heute zu beurteilen sei. Der zugrundeliegende Vorfall sei seinerzeit vom Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages selber an die Medien herangetragen und mit einer der denkbar stärksten Wertungen belegt worden, nämlich dem der Meuterei. Unter diesem Stichwort sei das Unglück dann in der gesamten Presselandschaft aufgegriffen worden. Inwieweit seine, des Antragstellers wertende Stellungnahme, die sich in diesem Zusammenhang lediglich mit Gleichstellungsfragen auseinander gesetzt habe, mit der nachgewiesenen Dominanz des Themas Meuterei brechen solle, hätten weder der beurteilende Vorgesetzte noch der nächsthöhere Vorgesetzte dargelegt. Die Wertung des Erstbeurteilers zeichne sich nicht nur durch ihr intransparentes Zustandekommen aus, sondern auch durch weitere unbelegte und daher grundsätzlich sachfremde Behauptungen. Der als Referenz aufgeführte Aufsatz beschäftige sich weder mit den Zielen des ... noch mit Fragen der Flüchtlingspolitik. Ihm, dem Antragsteller, sei niemals Gelegenheit gegeben worden, sich mit dem Erstbeurteiler oder mit dem Stellung nehmenden nächsthöheren Vorgesetzten über politische Zusammenhänge auszutauschen. Wie der Erstbeurteiler zu seinen Behauptungen komme, sei weder dokumentiert noch sonst aus der Perspektive des Beurteilten nachvollziehbar. Umso schwerer wiege es, dass der nächsthöhere Vorgesetzte in seiner Stellungnahme keine Veranlassung gesehen habe, die Beurteilung nachzubessern.
Mit Bescheid vom 9. März 2017 wies der Inspekteur des Kommandos ... den Antrag nach § 3 Abs. 2 WBO zurück. Zur Begründung führte er aus, dass in der angegriffenen Beurteilung für Eignungsübende im Ergebnis die Nichteignung des Antragstellers für den in Aussicht gestellten Dienstposten festgestellt werde. Bei der Beurteilung von Eignungsübenden sei von einer Nichteignung bereits dann auszugehen, wenn tiefgreifende, nicht ausräumbare Zweifel an der Eignung bestünden. Diese tiefgreifenden Zweifel habe der beurteilende Vorgesetzte ausführlich und klar nachvollziehbar dargelegt. Hierbei habe er sich nicht nur auf den im Jahr 2011 erschienenen Artikel in der Zeitschrift "M" bezogen, sondern das Gesamtbild der publizistischen Tätigkeit des Antragstellers gewürdigt. Ein Erfolg der Ausgangsbeschwerde sei nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Gleiches gelte für den Einwand der Befangenheit gegen den Chef des Stabes des Kommandos .... Dieser habe in seiner Stellungnahme zwar die Feststellung der Nichteignung des Antragstellers für einen exponierten Dienstposten in der Öffentlichkeitsarbeit bestätigt, sich aber gleichzeitig für eine differenzierte Herangehensweise bezüglich der Übernahme des Antragstellers als Zeitsoldat ausgesprochen. Eine Befangenheit sei vor diesem Hintergrund nicht im Ansatz erkennbar.
Mit Schreiben vom 16. März 2017 hat der Antragsteller gegen den vorgenannten Bescheid die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Er wiederholt und vertieft sein Beschwerdevorbringen und ist der Auffassung, dass für die Entscheidung das Bundesverwaltungsgericht zuständig sei.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 9. März 2017 die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen die Beurteilung des Oberstarztes F. vom 6. Februar 2017 und die Stellungnahme durch den Chef des Stabes des Kommandos ... vom 9. Februar 2017 wieder herzustellen.
Der im Verfahren vom Gericht angehörte Generalinspekteur der Bundeswehr hat sich zu dem Antrag mit Schriftsatz vom 24. März 2017 geäußert. Er vertritt die Auffassung, dass zur Zeit noch keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für eine Entscheidung im Eilrechtsschutz gegeben sei. Der für die Entscheidung über die Erstbeschwerde zuständige Vorgesetzte sei im vorliegenden Fall der Inspekteur des ... der Bundeswehr, während er, der Generalinspekteur der Bundeswehr, für eine Entscheidung über eine mögliche weitere Beschwerde zuständig wäre. § 3 Abs. 2 Satz 2 WBO stelle jedoch nicht auf die Zuständigkeit des Gerichts in der Hauptsache ab und unterscheide sich somit von der Regelung des § 80 Abs. 5 VwGO. In der Sache sei die angefochtene Beurteilung ebenso wenig wie die angefochtene Stellungnahme rechtlich zu beanstanden, weil die beurteilenden Vorgesetzten die Grenzen ihres Beurteilungsspielraumes nicht überschritten hätten. Inzwischen sei eine Entscheidung über die Beschwerde ergangen, die dem Antragsteller aber noch nicht zugestellt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
Der Antrag hat Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Für den Antrag ist nach § 21 Abs. 1 und 2, § 22 WBO i.V.m. § 17 WBO das Bundesverwaltungsgericht und nicht - wie im Bescheid des Inspekteurs des Kommandos ... in der Rechtsbehelfsbelehrung angegeben - das Truppendienstgericht Süd sachlich zuständig.
Das Rechtsschutzsystem der Wehrbeschwerdeordnung ist dadurch gekennzeichnet, dass es die sachliche Zuständigkeit für gerichtliche Entscheidungen über vorläufigen Rechtsschutz grundsätzlich dem Gericht der Hauptsache zuweist. Das ergibt sich für Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unmittelbar aus § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Für Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO folgt das aus dem Umstand, dass diese Vorschrift der Regelung in § 80 Abs. 5 VwGO nachgebildet ist, deren Bestimmungen bei fehlenden Regelungen der Wehrbeschwerdeordnung zur Auslegung und Anwendung des § 17 Abs. 6 heranzuziehen sind (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 29. November 2004 - 1 WDS-VR 10.04 - und vom 28. Februar 2008 - 1 WDS-VR 3.08 - Rn. 9). Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs das Gericht der Hauptsache sachlich zuständig.
Nichts anderes gilt für die gerichtliche Entscheidung über einen Antrag nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WBO.
Das gerichtliche Rechtsschutzverfahren nach erfolglosem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 WBO ist durch Art. 5 Nr. 3 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz 2008) vom 31. Juli 2008 (BGBl. I S. 1629) in die Wehrbeschwerdeordnung aufgenommen worden. Die amtliche Begründung zu dieser Neuregelung dokumentiert den Willen des Gesetzgebers, dass sich auch dieser zusätzliche vorläufige Rechtsschutz an § 17 Abs. 6 WBO orientieren soll; dem Beschwerdeführer soll die Möglichkeit eröffnet werden, "die Eilentscheidung des zuständigen Wehrdienstgerichts (zu) beantragen, das nach Maßgabe des § 17 Abs. 6 entscheidet" (BTDrucks 16/7955 vom 30. Januar 2008, Seite 11, 34 zu Nr. 3). Das Verfahren nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WBO ist mithin an § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO ausgerichtet und stimmt in den angeordneten Rechtsfolgen mit ihm überein. Lediglich in den Verfahrensvoraussetzungen bestehen Unterschiede, weil für den Antrag nach § 3 Abs. 2 Satz 2 WBO zunächst der für die Entscheidung über die Beschwerde zuständige Disziplinarvorgesetzte ablehnend entschieden haben muss, während die gerichtliche Entscheidung nach § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO die ablehnende Entscheidung des Disziplinarvorgesetzten bzw. der Dienststelle voraussetzt, der bzw. die aktuell im Beschwerdeverfahren mit der Beschwerde befasst ist (vgl. im Einzelnen: Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 3 Rn. 23). Hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache gibt es deshalb zwischen § 3 Abs. 2 Satz 2 WBO einerseits und § 17 Abs. 6 Satz 2 WBO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keine Unterschiede.
Das Gericht der Hauptsache ist im vorliegenden Verfahren das Bundesverwaltungsgericht (§ 21 Abs. 1 und 2, § 22 WBO).
Der Abteilungsleiter ...zentrum ... und der Chef des Stabes des Kommandos ... waren im Fall des Antragstellers für die Erstellung der Beurteilung von Eignungsübenden und für die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten zuständig. Gegenteiliges haben die Verfahrensbeteiligten nicht geltend gemacht. Über Beschwerden gegen eine Beurteilung oder gegen eine Stellungnahme entscheiden die ersten Disziplinarvorgesetzten, die zur Beurteilung noch nicht Stellung genommen haben (Nr. 1103 Buchst. b ZDv A-1340/50). Da der Chef des Stabes des Kommandos ... bereits am 9. Februar 2017 die (angefochtene) Stellungnahme abgegeben hat, ist für die Entscheidung über die (Erst)Beschwerde vom 10. Februar 2017 der Inspekteur des Kommandos ... zuständig. Der Generalinspekteur der Bundeswehr wäre für die Entscheidung über eine mögliche weitere Beschwerde des Antragstellers zuständig. Dies hat der Generalinspekteur der Bundeswehr im Schriftsatz vom 24. März 2017 bekräftigt. Ein möglicher Beschwerdebescheid des Generalinspekteurs der Bundeswehr über die weitere Beschwerde kann nach § 22 WBO Gegenstand des wehrdienstgerichtlichen Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht sein.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Der Gesetzgeber hat dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit truppendienstlicher Maßnahmen grundsätzlich den Vorrang vor den persönlichen Belangen des Soldaten eingeräumt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 WBO). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt deshalb nur in Betracht, wenn sich bereits bei summarischer Prüfung durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme ergeben oder dem Soldaten durch deren sofortige Vollziehung unzumutbare, insbesondere nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden (stRspr zu § 17 Abs. 6 Satz 1 WBO, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 2. Februar 2015 - 1 WDS-VR 3.14 - juris Rn. 22 m.w.N.).
Bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Beurteilung von Eignungsübenden vom 6. Februar 2017 und der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 9. Februar 2017.
Beurteilungen von Eignungsübenden stellen gemäß Nr. 201 Buchst. a Nr. 4 ZDv A-1340/50 eine Beurteilungsart dar, für die - zusätzlich zu den allgemeinen Bestimmungen für Beurteilungen - speziell Nr. 209 bis Nr. 211 ZDv A-1340/50 gelten.
Dienstliche Beurteilungen von Soldatinnen und Soldaten sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats truppendienstliche Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO, die vor den Wehrdienstgerichten angefochten werden können. Zwar sind Aussagen und Wertungen in Beurteilungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung und Leistung der Beurteilten grundsätzlich nicht anfechtbar (ebenso: Nr. 1101 Satz 1 ZDv A-1340/50). Derartige Aussagen und Wertungen sind als höchstpersönliche Werturteile einer inhaltlichen gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Ein Soldat kann jedoch eine Beurteilung mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 27). Dementsprechend erklärt Nr. 1101 Satz 2 ZDv A-1340/50 Beschwerden gegen Beurteilungen als nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Klarstellend weist Nr. 1102 ZDv A-1340/50 darauf hin, dass sich Soldatinnen und Soldaten beschweren können, wenn sie glauben, dass bei der Erstellung der Beurteilung, einschließlich der Stellungnahmen, solche Rechte verletzt worden sind, die ihnen als Garantie für eine sachgerechte Beurteilung nach der Rechtsordnung eingeräumt sind. Hiernach ist eine Beschwerde - unter anderem - dann statthaft, wenn der Beurteilte einen Verstoß gegen die Beurteilungsgrundsätze nach Nr. 401 bis 409 ZDv A-1340/50 geltend macht. Das ist hier durch den Antragsteller geschehen.
Dies gilt auch für die Stellungnahme eines höheren Vorgesetzten, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine selbstständig anfechtbare Maßnahme im Sinne des § 17 WBO bildet, die nach Maßgabe des § 2 Abs. 1 Satz 2 SLV i.V.m. Nr. 1102 ZDv A-1340/50 vor den Wehrdienstgerichten angefochten werden kann (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2006 - 1 WB 24.05 - Rn. 20 m.w.N.).
Dienstliche Beurteilungen und hierzu abgegebene Stellungnahmen sind gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den beurteilenden Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung des zu beurteilenden Soldaten ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der beurteilende Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat das Bundesministerium der Verteidigung Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig orientiert, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den normativen Regelungen für Beurteilungen in Einklang stehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 3. Juli 2001 - 1 WB 17.01 - Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 16 S. 31, vom 16. September 2004 - 1 WB 21.04 - Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 5 S. 8 und vom 25. Oktober 2011 - 1 WB 51.10 - Rn. 22).
Die strittige Beurteilung von Eignungsübenden verstößt gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 SLV i.V.m. Nr. 406 Buchst. a ZDv A-1340/50. Nach dieser Vorschrift fließen in die Beurteilungen (nur) die Erfahrungen und Erkenntnisse ein, die während des Beurteilungszeitraumes gewonnen werden. Ergänzend bestimmt Nr. 404 ZDv A-1340/50, dass Ausgangspunkt für die Wertungen von Eignung und Leistung die an die Soldatin oder den Soldaten im Beurteilungszeitraum gestellten Anforderungen sind. Diese Regelungen in Kapitel 4 der ZDv A-1340/50, das die Grundsätze für das Erstellen von Beurteilungen formuliert, gelten auch für Beurteilungen von Eignungsübenden im Sinne der Nr. 209 ZDv A-1340/50.
Die angefochtene Beurteilung vom 6. Februar 2017 verstößt gegen die vorbezeichneten Bestimmungen, weil sie in ihrem zweiten Abschnitt zentral auf eine Publikation des Antragstellers in einem Fachblatt der ... aus dem Jahr 2011 abstellt und zur ausschlaggebenden Grundlage für die negative Einschätzung der Eignung des Antragstellers macht. Der Beurteilungszeitraum, den der Erstbeurteiler in seiner Beurteilung in den Blick zu nehmen hatte, war der Zeitraum der Eignungsübung (1. Dezember 2016 bis 31. März 2017). Der veröffentlichte Text, auf den er sein Votum der fehlenden Eignung des Antragstellers für den Status eines Soldaten auf Zeit stützt, liegt demnach mehr als 6 Jahre zurück. Zwar gestattet Nr. 406 Buchst. b ZDv A-1340/50 ausnahmsweise, dass auch Erkenntnisse aus der Zeit vor dem Beurteilungszeitraum in einer Beurteilung verwertet werden. Dies ist allerdings nur dann zulässig, wenn diese Erkenntnisse die Entwicklung der Soldatin oder des Soldaten charakterisieren; hierauf ist in der Beurteilung hinzuweisen. Zur Entwicklung des Antragstellers verhält sich der Begründungstext der angefochtenen Beurteilung überhaupt nicht. Im Gegenteil wird zunächst ein positives Bild des Antragstellers während des Beurteilungszeitraums gezeichnet und sodann lediglich aus seiner Veröffentlichung des Jahres 2011 das Votum abgeleitet, der Antragsteller sei für das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit im Bereich der Informationsarbeit nicht geeignet. Die Beurteilung enthält keinerlei Informationen und Wertungen dazu, inwiefern die Publikation aus dem Jahre 2011 die während des Beurteilungszeitraums gezeigten Leistungen des Antragstellers (negativ) beeinflusst hat. Sie weist auch keine Auseinandersetzung mit dem Umstand auf, dass der Antragsteller diese Publikation seinerzeit - wie er darlegt - als Privatmann in Reaktion auf Äußerungen des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages gefertigt hat. Es fehlt im Übrigen auch jeglicher Hinweis auf Zeit und Ort, an dem er sich zur Flüchtlingspolitik geäußert haben soll.
Diese durchgreifenden Mängel werden dadurch verstärkt, dass der Erstbeurteiler darauf verzichtet hat, die Entwicklung des Antragstellers zu "charakterisieren". Insoweit hat er sich auch nicht inhaltlich mit vorangegangenen positiven Beurteilungen des Antragstellers auseinander gesetzt. Diese Beurteilungen hatte der Antragsteller in seiner Stellungnahme zur Beurteilung im Einzelnen für die Jahre 1998, 2007, 2010 und 2011 sowie 2014 benannt und aus diesen Beurteilungen zitiert.
Die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten leidet an demselben Mangel. Zwar hat der nächsthöhere Vorgesetzte im Hinblick auf die im Beurteilungszeitraum während der Eignungsübung gezeigten Leistungen keine Bedenken gegen eine Übernahme des Antragstellers in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit geäußert. Insoweit bezieht er sich auch auf "die hervorragenden Beurteilungen aus dem Bereich des Heeres". Andererseits hat sich der nächsthöhere Vorgesetzte in seiner Stellungnahme uneingeschränkt dem Votum des Erstbeurteilers angeschlossen, den Antragsteller nicht im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des ... bzw. des Zentralen ... verwenden zu lassen. Damit hat sich der Stellung nehmende Vorgesetzte dem Inhalt des negativen Votums des Erstbeurteilers angeschlossen und sich dessen Wertung zu Eigen gemacht. Auch in der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten fehlen Äußerungen zu einer möglichen Entwicklung des Antragstellers und vor allem zu der Frage, inwieweit dessen Publikation aus dem Jahre 2011 seine derzeitige Nicht-Eignung für den angestrebten Statuswechsel im Sinne einer Prognose stützt.
Der angefochtene Bescheid des Inspekteurs des Kommandos ... vom 9. März 2017 ist deshalb aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO) und dem Eilrechtsschutzantrag des Antragstellers ist zu entsprechen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.