Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 22.06.2017


BVerwG 22.06.2017 - 1 WB 43/16

Personalratsmitglied; Anfechtung einer Referenzgruppenbildung


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
22.06.2017
Aktenzeichen:
1 WB 43/16
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:220617B1WB43.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt die Neubildung der für ihn als freigestelltes Personalratsmitglied gebildeten Referenzgruppe.

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...

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Mit Schreiben vom 7. Oktober 2008 beantragte der Antragsteller bei der (damaligen) Stammdienststelle der Bundeswehr unter Hinweis auf seine Freistellung vom militärischen Dienst die Erstellung einer Vergleichsgruppe (= Referenzgruppe) und deren Mitteilung an ihn. Die Bildung einer Referenzgruppe unterblieb.

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Mit Schreiben vom 1. August 2014 beantragte der Antragsteller beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) seine fiktive Umsetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 9 mZ bewerteten Dienstposten z.b.V., ferner seine unverzügliche Einweisung in die Besoldungsgruppe A 9 mZ und gegebenenfalls seine status-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung.

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Daraufhin erfolgte eine Referenzgruppenbildung, die am 20. November 2015 wegen eines Verfahrensfehlers geändert und neugefasst werden musste; ihre Billigung erfolgte am 30. November 2015 durch den Abteilungsleiter IV im Bundesamt für das Personalmanagement.

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Über die neugebildete Referenzgruppe informierte das Bundesamt für das Personalmanagement den Antragsteller mit Schreiben vom 14. März 2016. Es teilte mit, dass die Referenzgruppe aus insgesamt zehn Soldaten bestehe; der Antragsteller belege in der Referenzgruppe den siebten Platz. Das Schreiben, dem eine Kopie der Referenzgruppe vom 20. November 2015 beigefügt war, wurde dem Antragsteller am 22. März 2016 gegen Empfangsbekenntnis eröffnet.

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Mit einem als "Einspruch" bezeichneten Schreiben vom 29. April 2016 rügte der Antragsteller das Zustandekommen der Referenzgruppe vom 20. November 2015 als rechtswidrig. Er machte unter anderem geltend, dass diese schon im Jahr 2009 umgehend nach seiner Freistellung hätte gebildet werden müssen. In der übermittelten Unterlage falle auf, dass es offensichtlich eine Art "Vorsortierung" gegeben habe, sodass die Soldaten in der Reihenfolge der Auflistung betrachtet worden seien. Nicht erkennbar sei, wie und nach welchen Kriterien diese Vorsortierung erfolgt sei. Die neue Vergleichsgruppe sei mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht vereinbar. Darüber hinaus seien die in die Referenzgruppe aufgenommenen Soldaten in ihrem Leistungsbild nicht hinreichend vergleichbar und die Förder- bzw. Auswahlsituation innerhalb dieser Gruppe lasse sich nicht nachvollziehen.

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Das Bundesministerium der Verteidigung wertete den "Einspruch" als Beschwerde und wies diese anschließend mit Beschwerdebescheid vom 28. Juli 2016 als unzulässig zurück. Zur Begründung führte es aus, dass der Rechtsbehelf verspätet eingelegt worden sei. Bei der Bildung der Referenzgruppe vom 20. November 2015 handele es sich um eine anfechtbare Maßnahme, für deren Anfechtung § 6 Abs. 1 WBO zu beachten sei. Der Antragsteller sei über die Bildung dieser Referenzgruppe mit Schreiben vom 14. März 2016 informiert worden, das ihm am 22. März 2016 eröffnet worden sei. Die Beschwerdefrist aus § 6 Abs. 1 WBO sei am 22. April 2016 abgelaufen. Seine Beschwerde datiere erst vom 29. April 2016. Das Schreiben des Bundesamts für das Personalmanagement vom 14. März 2016 enthalte die notwendigen Informationen nach dem Zentralerlass B-1336/2 "Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten".

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Gegen diese ihm am 8. August 2016 eröffnete Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 2. September 2016 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2016 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

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Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:

Ihm sei gegen die Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach bisheriger Rechtsprechung seien Mitteilungen, die eine Personalverfügung lediglich vorbereiteten, wie etwa die Mitteilung über das Ergebnis einer Perspektivkonferenz, nicht als anfechtbare Maßnahme betrachtet worden und deshalb nicht beschwerdefähig gewesen. Entsprechend hätten auch Verwaltungsgerichte, z.B. das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, die Mitteilung über eine Referenzgruppe bei Freistellung als eine nicht rechtsbehelfsfähige Maßnahme eingestuft. Zwar sei freigestellten Soldaten aufgegeben worden, zur Vermeidung einer Verwirkung ihrer Rechte etwaige Einwendungen gegen die Referenzgruppe zeitnah geltend zu machen. Dies habe er getan. Der Senat habe verschiedentlich erwogen, dass einiges dafür spreche, derartige Mitteilungen über die Referenzgruppenbildung als beschwerdefähig zu behandeln. Die Wehrdienstgerichte hätten diese Rechtsfrage jedoch bisher stets offengelassen. Unter diesen Umständen gehe es nicht an, dass das Bundesministerium der Verteidigung die von ihm geltend gemachten Einwendungen rückwirkend und ohne Vorwarnung als beschwerdepflichtig behandele. Er berufe sich insoweit auf Vertrauensschutz.

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Der Antragsteller beantragt,

den Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 28. Juli 2016 aufzuheben.

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Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

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Es verteidigt den Inhalt des angefochtenen Beschwerdebescheids.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 794/16 und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

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Der anwaltlich gestellte Sachantrag bedarf der Auslegung. Die materielle Beschwer des Antragstellers ergibt sich nicht allein aus dem Beschwerdebescheid vom 28. Juli 2016, sondern vorrangig aus der Referenzgruppe vom 20. November 2015, in der er auf Rangplatz 7 unter zehn Soldaten platziert worden ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist es sach- und interessengerecht, das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers dahin auszulegen, dass er die Aufhebung der Referenzgruppe vom 20. November 2015 und des Beschwerdebescheids vom 28. Juli 2016 sowie die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung beantragt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats eine neue Referenzgruppe zu bilden.

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1. In dieser Fassung ist der Antrag zulässig. Insbesondere stellt die Referenzgruppenbildung nach dem Zentralerlass (ZE) B-1336/2 "Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten" eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) und damit einen geeigneten Antragsgegenstand dar.

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a) Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG darf die Freistellung eines Personalratsmitglieds von seiner dienstlichen Tätigkeit nicht zu einer Beeinträchtigung seines beruflichen Werdegangs führen; dies gilt gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1 SBG (in der Fassung des Gesetzes zur Änderung soldatenbeteiligungs- und personalvertretungsrechtlicher Vorschriften vom 29. August 2016 , bis 1. September 2016: § 51 Abs. 3 Satz 1 SBG) auch für die Soldatenvertreter in den Personalvertretungen. In Umsetzung dieser gesetzlichen Verpflichtung hat das Bundesministerium der Verteidigung das Verfahren der sog. fiktiven Laufbahnnachzeichnung zunächst in der "Richtlinie für die Förderung vom Dienst freigestellter Soldatinnen und Soldaten" vom 11. Juli 2002 und den hierzu ergangenen "Erläuterungen zur Erlasslage" vom 9. August 2010 geregelt und im Wesentlichen unverändert in den heute geltenden Zentralerlass B-1336/2 übergeleitet. Das dort vorgesehene Referenzgruppenmodell ist nach der Rechtsprechung des Senats rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 1 Rn. 32 ff., vom 20. April 2016 - 1 WB 41.15 - juris Rn. 34 ff., vom 21. Juli 2016 - 1 WB 8.16 - Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 8 Rn. 28 ff. und vom 4. Mai 2017 - 1 WB 5.16 - Rn. 19 ff.).

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b) Die nach diesen Vorschriften gebildete Referenzgruppe stellt für den betroffenen freigestellten Soldaten eine anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar.

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Der Senat hat bereits im Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - (Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 1 Rn. 45 ff.) ausgeführt, dass viel dafür spreche, die für einen freigestellten Soldaten gebildete Referenzgruppe als dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO einzustufen. Er hat nunmehr mit Beschluss vom 4. Mai 2017 - 1 WB 5.16 - Rn. 21 ff. ausdrücklich diese Qualifikation insbesondere aus den Gründen bejaht, die bereits in dem Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - als Argumente für eine wehrdienstgerichtliche Anfechtbarkeit der Referenzgruppenbildung genannt worden waren.

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Maßgeblich für die Qualifikation als dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO ist danach vor allem die Erwägung, dass die Bildung der - grundsätzlich statischen - Referenzgruppe und die Zuteilung eines Rangplatzes hierin die künftige berufliche Entwicklung des freigestellten Personalratsmitglieds und seine Chancen auf eine höherwertige Verwendung und Beförderung weitgehend determinieren. Sobald und solange die Betrachtung auf der Grundlage der Referenzgruppe erfolgt (Nr. 504 und 505 ZE B-1336/2), ist das Fortkommen des freigestellten Soldaten nicht mehr von eigenen Leistungen, sondern allein davon abhängig, dass die Anzahl der Auswahlentscheidungen zugunsten anderer Angehöriger der Referenzgruppe seinen Rangplatz erreicht. Die wesentliche und vorentscheidende Weichenstellung für die Verwirklichung des Rechts des freigestellten Personalratsmitglieds auf ein Fortkommen nach Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) erfolgt damit über die Referenzgruppenbildung, während das nachfolgende Verfahren der Umsetzung (Nr. 601 und 602 ZE B-1336/2) nur noch gleichsam automatisch die Konsequenzen zieht, die sich für den freigestellten Soldaten aus den Auswahlentscheidungen zugunsten anderer Angehöriger der Referenzgruppe ergeben. Die Referenzgruppenbildung stellt deshalb kein bloß vorbereitendes Element innerdienstlicher Willensbildung, sondern die für die Rechtsposition des freigestellten Personalratsmitglieds maßgebliche Entscheidung dar, die deshalb als (anfechtbare und anzufechtende) dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO zu qualifizieren ist (vgl. für eine ähnliche Konstellation - Auswahlkonferenz zum Bataillonskommandeur - BVerwG, Beschluss vom 27. November 2014 - 1 WB 61.13 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn. 23 ff.).

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Mit der Anfechtbarkeit der Referenzgruppenbildung kann das freigestellte Personalratsmitglied die wesentliche materielle Vorentscheidung für seine Entwicklung während der Freistellung zu einem frühen Zeitpunkt einer Überprüfung unterziehen, in dem sich mögliche Fehler in der Regel noch folgenlos beheben lassen. Zugleich werden spätere Streitigkeiten um die fiktive Versetzung oder die Beförderung (Nr. 601 und 602 ZE B-1336/2) vermieden oder jedenfalls deutlich entlastet, weil es sich insoweit nur noch um Fragen der korrekten Umsetzung nach Maßgabe der Referenzgruppe handeln kann. Mit der frühzeitigen Klärung wird das Personalratsmitglied schließlich in die Lage versetzt, seine Chancen auf dienstliches Fortkommen während der Freistellungsphase realistisch einzuschätzen und ggf. auf seine Freistellung zu verzichten, wenn er seinem persönlichen Fortkommen aufgrund planmäßiger Beurteilungen, die seine dienstliche Tätigkeit bewerten, den Vorrang einräumen will (im Einzelnen: BVerwG, Beschluss vom 4. Mai 2017 - 1 WB 5.16 - Rn. 25).

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2. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Neubildung einer Referenzgruppe, weil er nicht fristgerecht Beschwerde gegen die ihm mit Schreiben des Bundesamts für das Personalmanagement vom 14. März 2016 mitgeteilte Referenzgruppenbildung vom 20. November 2015 eingelegt hat und für ihn somit eine bereits bestandskräftig gebildete Referenzgruppe vorliegt.

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Der Lauf der Beschwerdefrist wurde durch die Mitteilung der Referenzgruppenbildung mit Schreiben vom 14. März 2016, dem Antragsteller förmlich eröffnet am 22. März 2016, ausgelöst.

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Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 1 WB 5.12 - juris Rn. 27 und vom 27. November 2014 - 1 WB 61.13 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt (nur) dann, wenn für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 30).

26

Nr. 605 Satz 5 ZE B-1336/2 bestimmt, dass die freigestellte Person über die Bildung bzw. eine Änderung der Referenzgruppe, deren Größe und ihre Platzierung aktenkundig zu informieren ist. Der Antragsteller wurde mit Schreiben des Bundesamts für das Personalmanagement vom 14. März 2016 auf die für ihn geltenden Grundlagen der Förderung während seiner Freistellung vom Dienst zur Wahrnehmung der Aufgaben als Personalrat beim Ausbildungszentrum Munster hingewiesen; ihm wurde mitgeteilt, dass für ihn eine Referenzgruppe gebildet worden sei. Er wurde über die Größe der Referenzgruppe (10 Soldaten) und seinen Rangplatz (7.) informiert. Dieses Schreiben mit der beigefügten Übersicht der vom Abteilungsleiter IV am 30. November 2015 gebilligten Referenzgruppe wurde dem Antragsteller gegen Empfangsbekenntnis am 22. März 2016 eröffnet.

27

Der Antragsteller hat damit am 22. März 2016 in der von der maßgeblichen Verwaltungsvorschrift vorgeschriebenen Form im Sinne des § 6 Abs. 1 WBO Kenntnis vom Beschwerdeanlass erhalten.

28

Begann danach die Monatsfrist gemäß § 6 Abs. 1 WBO am 22. März 2016 (§ 187 Abs. 1 BGB), so endete sie nach der im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Regelung des § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 22. April 2016. Innerhalb dieser Frist hat der Antragsteller keine Beschwerde erhoben. Die erst unter dem 29. April 2016 als "Einspruch" formulierte Beschwerde hat die Frist nicht gewahrt und ist im Übrigen erst am 13. Juni 2016 beim Bundesministerium der Verteidigung als der zuständigen Beschwerdestelle eingegangen.

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Der Fristablauf wurde nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 WBO als unabwendbarer Zufall zu werten sind.

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Es liegt kein Fall des § 7 Abs. 2 WBO vor. Die Mitteilung der Referenzgruppenbildung bedurfte als truppendienstliche Erstmaßnahme, gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, keiner Rechtsbehelfsbelehrung, weil dies gesetzlich nicht vorgeschrieben ist und die Regelungen über die Beschwerdeeinlegung als jedem Soldaten bekannt vorausgesetzt werden können (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Oktober 2015 - 1 WDS-VR 1.15 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 80 Rn. 39 m.w.N. und vom 4. Mai 2017 - 1 WB 5.16 - Rn. 38 m.w.N.). Rechtliche Fehleinschätzungen des Antragstellers über die Frage der Anfechtbarkeit dieser Referenzgruppenbildung liegen in seinem Risiko- und Verantwortungsbereich, ebenso wie eine unrichtige Rechtsauffassung oder mangelnde Rechtskenntnis den jeweiligen Beschwerdeführer in aller Regel nicht entlasten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 33 und vom 4. Mai 2017 - 1 WB 5.16 - Rn. 38). Ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger muss bei ihm nicht geläufigen oder für ihn nicht überschaubaren Rechtsfragen grundsätzlich juristischen Rat einholen (stRspr zu § 60 Abs. 1 VwGO: z. B. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 9 B 83.09 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 266 Rn. 3 m.w.N.). Diesem Erfordernis hat der Antragsteller vor Einlegung seines Rechtsbehelfs nicht Rechnung getragen.

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Die von seinem Bevollmächtigten im gerichtlichen Verfahren aufgeworfene Frage, ob ihm wegen einer Änderung der Qualifikation der Referenzgruppenbildung als truppendienstliche Maßnahme eine "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" gegen die Versäumung der Beschwerdefrist oder zumindest ein fristenhemmender Vertrauensschutz zuzubilligen sei, bedarf keiner Klärung. Ein Fall der Rechtsprechungsänderung liegt nicht vor.

32

Mit seinem pauschalen, nicht näher ausgeführten Hinweis auf Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg bezieht sich der Antragsteller offensichtlich auf dessen Beschluss vom 26. März 2013 - 5 LA 210/12 - (juris Rn. 15), worin sich das Gericht auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats zu (nicht beschwerdefähigen) Entscheidungen der Perspektivkonferenzen über die individuelle Förderperspektive eines Soldaten bezogen hat, ohne jedoch zu begründen, wieso diese Senatsrechtsprechung auch für die verpflichtend statische Referenzgruppenbildung gelten soll. Der für das Dienstrecht der Beamten zuständige 2. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts hat sich zu dieser Frage nicht verhalten, sondern im Jahr 2014 nur mehrfach judiziert, dass Einwände gegen die Referenzgruppenbildung von dem freigestellten Personalratsmitglied zeitnah geltend gemacht werden müssten (BVerwG, Beschlüsse vom 6. Juni 2014 - 2 B 75.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 73 Rn. 15 ff., 17 und vom 25. Juni 2014 - 2 B 1.13 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 74 Rn. 27).

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Der beschließende Senat hat entgegen der Behauptung des Antragstellers in dessen Schreiben vom 8. August 2016 zu keiner Zeit ausgesprochen, dass die Referenzgruppenbildung keine beschwerdefähige Maßnahme sei. Vielmehr hat der Senat bereits in dem zitierten Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 -, der eine fiktive Versetzung betraf, betont, es spreche viel dafür, die Referenzgruppenbildung als anfechtbare truppendienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO zu qualifizieren. Damit lag bereits ab Ende des Jahres 2014 die gerichtliche Qualifikation der Referenzgruppenbildung als anfechtbare truppendienstliche Maßnahme gleichsam "in der Luft". Das hat der Senat sodann im Beschluss vom 4. Mai 2017 - 1 WB 5.16 - auch so entschieden. Vor diesem Hintergrund war objektiv auch nicht eine unklare Rechtslage gegeben, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. hier im Rahmen des § 7 Abs. 1 WBO eine Fristverlängerung nahelegen könnte (so zu § 60 Abs. 1 VwGO: BVerwG, Urteil vom 13. Juni 1979 - 6 C 111.78 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 108, S. 54 <57>).

34

Sofern sich der Antragsteller subjektiv hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Referenzgruppenbildung im Unklaren gewesen sein sollte, war es ihm ohne weiteres zumutbar, hierzu juristischen Rat einzuholen, beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr wegen des Fristlaufs nachzufragen oder vorsorglich gegen die ihm förmlich eröffnete Referenzgruppen-Mitteilung Beschwerde einzulegen. § 1 Abs. 1 WBO eröffnet umfassend die - kostenfreie - Möglichkeit der Beschwerde gegen verschiedenste Beschwerdegegenstände (z.B. Behandlung, Verhalten), bei denen es nicht darauf ankommt, ob sie zugleich auch die Rechtsnatur einer dienstlichen Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO aufweisen. Im Übrigen hat auch der Senat bereits im Jahr 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der Eröffnung des Rechtsschutzes nach der Wehrbeschwerdeordnung der betroffene Soldat nicht nur berechtigt, sondern auch gehalten ist, seine Beschwerde innerhalb der dafür geltenden Monatsfrist nach § 6 Abs. 1 WBO zu erheben, wenn die Referenzgruppenbildung nicht in Bestandskraft erwachsen soll (vgl. insbesondere: BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - Buchholz 449.7 § 51 SBG Nr. 1 Rn. 47).