Entscheidungsdatum: 17.12.2018
1. Die Beschwerde wegen eines Rechts, das einer Personenmehrheit nur gemeinschaftlich zusteht, ist keine unzulässige gemeinschaftliche Beschwerde im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 WBO.
2. Zu den Kosten der Wahl nach dem Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz, die die Dienststelle trägt (§ 3 Abs. 5, § 40 Abs. 4, § 41 Abs. 4 SBG), gehören auch die Kosten eines Wahlanfechtungsverfahrens.
Die Antragsteller begehren die Erstattung ihrer notwendigen Aufwendungen in einem vorgerichtlichen Wehrbeschwerdeverfahren.
Die Antragsteller haben beim Truppendienstgericht ... die Wahl des ersten Vertrauenspersonenausschusses ... angefochten. Hierzu beantragten sie mit Schreiben vom 22. März 2018 beim Kommando ... die Freistellung von den Kosten der Wahlanfechtung. Mit Schreiben vom 2. Mai und 22. Mai 2018 erinnerten sie das Kommando ... an ihr Anliegen.
Unter dem 13. Juni 2018 erhoben die Antragsteller durch ihre Bevollmächtigten Untätigkeitsbeschwerde wegen der ausstehenden Kostenübernahmeerklärung.
Mit Schreiben vom 15. Juni 2018 sagte das Kommando ... den Antragstellern die Kostendeckung für das Wahlanfechtungsverfahren zu. Die Antragsteller erklärten daraufhin die Beschwerde für in der Hauptsache erledigt und beantragten, die Kosten dem Bund aufzuerlegen.
Mit Beschwerdebescheid vom 18. September 2018 stellte der Generalinspekteur der Bundeswehr das Beschwerdeverfahren ein. In der Kostenentscheidung lehnte er die Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Antragsteller ab, weil die Beschwerde wegen ihrer gemeinschaftlichen Erhebung gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 WBO unzulässig gewesen sei.
Hiergegen haben die Antragsteller mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. Oktober 2018 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Sie begehren die Erstattung ihrer notwendigen Aufwendungen einschließlich der Vergütung ihres Bevollmächtigten. Bei dem Rechtsbehelf habe es sich nicht um eine unzulässige gemeinschaftliche Beschwerde, sondern um die Geltendmachung eines ihnen nur gemeinsam zustehenden Rechts gehandelt.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantragt die Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung und verweist auf die Gründe seines Beschwerdebescheids.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R I 6 - Az.: ... - hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, über den der Senat gemäß § 16a Abs. 5 Satz 3 und 4 WBO ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entscheidet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 2009 - 1 WB 31.09 - Buchholz 450.1 § 16a WBO Nr. 1 Rn. 16 f.), hat Erfolg.
Die Antragsteller haben Anspruch auf Erstattung ihrer notwendigen Aufwendungen einschließlich der Rechtsanwaltsvergütung, weil ihre Untätigkeitsbeschwerde (§ 1 Abs. 2 WBO), der vor Erlass des Beschwerdebescheids abgeholfen wurde, erfolgreich gewesen ist und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten notwendig war (§ 16a Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 und 3 WBO).
1. Die Beschwerde war nicht als gemeinschaftliche Beschwerde im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 WBO unzulässig.
Das Beschwerderecht nach § 1 Abs. 1 bis 3 WBO ist - wie die entsprechenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung - als Instrument des individuellen Rechtsschutzes konzipiert. Jeder Soldat soll mit der Beschwerde nur in eigener Sache tätig sein und für seine Anliegen persönlich eintreten, was nicht ausschließt, dass "mehrere Soldaten sich einzeln über denselben Sachverhalt beschweren, von dem jeder von ihnen betroffen wird" (so schon die Begründung zum Entwurf einer Wehrbeschwerdeordnung BT-Drs. 2/2359, S. 8). § 1 Abs. 4 Satz 1 WBO verbietet demgemäß (nur) die Bündelung mehrerer individueller Beschwerden zu einer gemeinschaftlichen Beschwerde. Dahinter steht - neben der Gesetzessystematik - die Befürchtung, dass "die Werbung für eine Sammelbeschwerde ... sich in hohem Maße disziplingefährdend auswirken" könne (so die Gesetzesbegründung a.a.O.).
Ein solcher Fall einer unzulässigen gemeinschaftlichen oder Sammelbeschwerde liegt hier nicht vor.
Gemäß § 52 Abs. 2 SBG kann die Wahl der Vertrauenspersonenausschüsse der militärischen Organisationsbereiche von drei Wahlberechtigten (oder dem jeweiligen Kommando des militärischen Organisationsbereichs) beim Truppendienstgericht angefochten werden. Die "drei Wahlberechtigten" sind dabei nicht als einzelne Soldaten, sondern als gesetzliches (Mindest-)Quorum angesprochen; die Antragsbefugnis für die Wahlanfechtung ist nur gegeben, wenn die Ungültigkeit der Wahl von (mindestens) drei Soldaten in gemeinschaftlicher Form geltend gemacht wird (vgl. zur Antragsbefugnis eines Quorums von mindestens einem "Viertel der Mitglieder" für ein Abberufungsverfahren gegen ein Mitglied des Gesamtvertrauenspersonenausschusses BVerwG, Beschluss vom 8. November 2017 - 1 WB 30.16 - BVerwGE 160, 247 Rn. 29 ff.; zum Mindestquorum bei der Anfechtung der Wahl zum Gesamtvertrauenspersonenausschuss vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2009 - 1 WB 18.08 - BVerwGE 134, 228 Rn. 22). Bei der Wahlanfechtung durch (mindestens) drei Soldaten handelt es sich mithin nicht um die gebündelte Ausübung individueller Rechte; ein durch einen einzelnen Soldaten gestellter Wahlanfechtungsantrag wäre unzulässig. Es handelt sich vielmehr um ein Recht, das von vornherein einer Mehrheit von Soldaten in gemeinschaftlicher Form zusteht und nur in dieser Form - als ein gemeinschaftlich getragener Wahlanfechtungsantrag - ausgeübt werden kann.
Gleiches muss für den Anspruch der Antragsteller auf Kostenübernahme durch die Dienststelle gelten. Dieser folgt hier aus § 41 Abs. 4 SBG (siehe auch § 3 Abs. 5 SBG und § 40 Abs. 4 SBG für die Wahl der Vertrauenspersonen und der Mitglieder des Gesamtvertrauenspersonenausschusses). Nach der auf das Soldatenbeteiligungsrecht übertragbaren Rechtsprechung zum Personalvertretungsrecht gehören zu den Kosten der Wahl, die die Dienststelle trägt (§ 24 Abs. 2 Satz 1 BPersVG), auch die Kosten eines Wahlanfechtungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der anfechtungsberechtigten Beteiligten, es sei denn - was hier nicht in Rede steht -, dass die Rechtsverfolgung von vornherein aussichtslos ist oder mutwillig betrieben wird (vgl. für die Anfechtung von Personalratswahlen BVerwG, Beschlüsse vom 29. August 2000 - 6 P 7.99 - BVerwGE 112, 12 <15 ff.> und vom 11. Oktober 2010 - 6 P 16.09 - Buchholz 251.95 § 17 MBGSH Nr. 1 Rn. 14 sowie Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 24 Rn. 14; ebenso zu § 4 Abs. 5 SBG a.F. Höges, in: Wolf/Höges, SBG, Stand Oktober 2018, § 4 Rn. 19).
Steht die Befugnis zur Wahlanfechtung - wie hier - einem Quorum von Soldaten gemeinschaftlich zu, so kann auch für den - akzessorischen - Anspruch auf Übernahme der Kosten des Wahlanfechtungsverfahrens durch die Dienststelle das Verbot der gemeinschaftlichen Sammelbeschwerde nicht gelten. Jedenfalls in den Fällen, in denen mehrere anfechtungsberechtigte Soldaten denselben Anwalt beauftragt haben, wirkt die soldatenbeteiligungsrechtliche Ausnahmesituation fort. Denn es wäre wenig verfahrensökonomisch, wenn die gemeinsame Wahlanfechtung in einem Beschwerdeverfahren behandelt werden könnte, die Kostenerstattung für die gemeinschaftliche anwaltliche Vertretung aber in einer Vielzahl paralleler Beschwerdeverfahren geklärt werden müsste. Daher ist in diesen Fällen § 1 Abs. 4 Satz 1 WBO auch für den akzessorischen Anspruch auf Kostenübernahme aus § 41 Abs. 4 SBG nicht anwendbar. Aus den angeführten Gründen gilt auch für den hier streitumfangenen Anspruch aus § 16a Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 und 3 WBO nichts anderes. Werden beide zur Wahlanfechtung akzessorischen Ansprüche (aus § 41 Abs. 4 SBG und § 16a Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 und 3 WBO) von einem Quorum von wahlberechtigten Soldaten vom selben Anwalt gemeinschaftlich geltend gemacht, handelt es sich nicht um eine Bündelung mehrerer individueller Beschwerden, sondern um eine einzelne Beschwerde zur Verfolgung eines gemeinschaftlichen Ziels.
2. Die Beschwerde ist auch erfolgreich, sodass den Antragstellern die ihnen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erwachsenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten sind (§ 16a Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 WBO). Die Antragsteller haben, wie sich bereits aus Vorstehendem ergibt und vom Generalinspekteur der Bundeswehr auch nicht bestritten wird, einen Anspruch aus § 41 Abs. 4 SBG auf Übernahme der Kosten des Wahlanfechtungsverfahrens, dem das Kommando ... als zuständige Dienststelle mit der Erteilung der entsprechenden Kostendeckungszusage Rechnung getragen hat.
Den Antragstellern ist dabei auch die Vergütung ihres Rechtsanwalts zu erstatten, weil die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Sinne von § 16a Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 WBO notwendig war.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Dezember 2009 - 1 WB 61.09 - Buchholz 450.1 § 16a WBO Nr. 2 Rn. 18 und vom 20. Oktober 2017 - 1 WB 21.17 - NZWehrr 2018, 35 = juris Rn. 18) ist die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im vorgerichtlichen Verfahren unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich ein "vernünftiger Soldat" mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte.
Nach diesem Maßstab wird es Mandatsträgern nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz - je nach Lage des Einzelfalls - häufig zuzumuten sein, übliche Fälle der Kostentragung, die sich aus der laufenden Geschäftsführung ergeben, auch ohne Hinzuziehung eines Rechtsanwalts mit der Dienststelle zu klären. Die aus einer Wahlanfechtung entstehenden Kosten sind jedoch keine solchen, die sich aus der Tätigkeit der Beteiligungsorgane ergeben; ihre Erstattung bemisst sich deshalb auch nicht nach den Vorschriften über die Kosten der Geschäftsführung (§ 8 Abs. 4, § 33 Abs. 7 Satz 2, § 50 SBG), sondern nach denen über die Kosten der Wahl (§ 3 Abs. 5, § 40 Abs. 4, § 41 Abs. 4 SBG), über deren Handhabung nicht in gleicher Weise Kenntnisse vorausgesetzt werden können. Bei dem Vertrauenspersonenausschuss ... handelt es sich zudem um ein mit dem SBG 2016 neu geschaffenes und mit der angefochtenen Wahl erstmals gebildetes Beteiligungsgremium. Dass in diesem Zusammenhang Beratungsbedarf besteht, lässt sich daran ersehen, dass ausweislich der Akten sich auch der Generalinspekteur der Bundeswehr zur Kostentragungspflicht des Kommandos ... rechtliche Auskunft bei dem für Beteiligungsrechte zuständigen Fachreferat des Bundesministeriums der Verteidigung ... eingeholt hat. Nimmt man hinzu, dass die Antragsteller auf ihren Antrag auf Kostenfreistellung vom 22. März 2018, auch nachdem sie zweimal an dessen Bescheidung erinnert hatten, keine Reaktion des Kommandos ... erhalten haben, erscheint es - auch unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit - legitim, dass sie sich im Beschwerdeverfahren anwaltlicher Hilfe bedient haben.
3. Die Kostenentscheidung für das vorliegende gerichtliche Antragsverfahren beruht auf § 22 WBO i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.