Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 31.01.2018


BVerwG 31.01.2018 - 1 WB 24/17

Unrichtige Angaben in der Sicherheitserklärung; Auslandsbeziehungen


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
31.01.2018
Aktenzeichen:
1 WB 24/17
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2018:310118B1WB24.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
§ 5 Abs 1 S 1 Nr 2a SÜG
Art 6 Abs 1 MRK
Art 6 Abs 2 MRK

Leitsätze

Werden in einer Sicherheitserklärung unrichtige Angaben zu Beziehungen ins Ausland gemacht, kann dies die Feststellung eines Sicherheitsrisikos im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG nach sich ziehen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen einen ihm nachteiligen Sicherheitsüberprüfungsbescheid.

2

... Für den Antragsteller war zuletzt am 28. April 2011 eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung ohne Auflagen abgeschlossen worden. Am 15. April 2016 leitete der Sicherheitsbeauftragte ... eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen W3/Ü3 ein, da der Antragsteller wieder für einen Auslandseinsatz als Kommandeur ... vorgesehen war und dafür die Berechtigung zum Zugang zu Verschlusssachen bis STRENG GEHEIM benötigte.

3

Nach Durchführung der vorgesehenen Überprüfungsmaßnahmen schlug der Militärische Abschirmdienst (MAD) dem Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung vor, für den Antragsteller ein Sicherheitsrisiko festzustellen. Der Antragsteller habe die Frage 8.4 nach Beziehungen zu Personen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken in seiner Sicherheitserklärung vom 9. April 2016 mit "nein" beantwortet. Er unterhalte jedoch auch nach Beendigung des Einsatzes ... Beziehungen insbesondere zur Leiterin einer ..., Frau X. Er habe ihr im September 2015 über die Dienstpost einen Umschlag mit drei Musik-CDs und folgender Begleitkarte zukommen lassen:

"Liebe ...,

Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag (er war doch am 23. oder 26.09?). Die CD`s sind für Deine Praxis. Enya hast Du ja schon. Ich vermisse Dein Lächeln ...

Dein ...".

4

Ferner habe er nach Beendigung des Einsatzes im Zusammenhang mit der Reparatur eines TV-Receivers zu einer Ortskraft, Herrn Y, erneut Verbindung aufgenommen, ohne dies anzugeben. Zudem habe er vorschriftswidrig in seinem Dienstzimmer geraucht und Dienstpost regelmäßig in der Betreuungseinrichtung bearbeitet. Am 23. April 2015 habe er beabsichtigt, Post mit der Einstufung NATO SECRET dort zu bearbeiten und mit dem EloKa-Offizier zu besprechen. Die Besprechung sei auf Intervention des EloKa-Offiziers in ein Dienstzimmer verlegt worden.

5

Der Antragsteller erklärte hierzu in den am 4. November 2016 und 10. Januar 2017 durchgeführten persönlichen Anhörungen, dass er die Kontakte zu Frau Y und Herrn X nicht als Beziehungen im Sinne der Frage 8.4. der Sicherheitserklärung angesehen habe. Er bestreite, ein intimes Verhältnis zu Frau Y gehabt zu haben. .... Dabei habe er Frau Y als nützliche Informationsquelle entdeckt. Den Kontakt habe er aufrechterhalten, weil eine Rückkehr als Kommandeur ... geplant gewesen sei. Er habe bei Herrn X einen Sat-Receiver und ein bezahlpflichtiges Abo erworben, was im Feldlager üblich gewesen sei. In Deutschland sei das Abo vermutlich abgelaufen (Bildschirm schwarz), woraufhin er Kontakt mit der Ortskraft aufgenommen und auf Nachfrage das Abo verlängert habe. Ein anderes Mal, als der Receiver kaputt gegangen sei, habe er diesen auf dem Postweg an die Adresse der Ortskraft geschickt. Er räume ein, im Dienstgebäude geraucht zu haben. Unverfängliche Dienstpost habe er tatsächlich in der Betreuungseinrichtung bearbeitet, aber immer alleine und abgesetzt. An den Vorgang am 23. April 2015 könne er sich nicht erinnern. Er habe wohl auch in dem Einsatz keine Dokumente NATO SECRET bearbeitet.

6

Mit förmlichem Bescheid vom 11. Januar 2017 stellte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung ein Sicherheitsrisiko fest. Zur Begründung führte er im Schreiben vom 30. März 2017 aus, dass die unwahren Angaben des Antragstellers in seiner Sicherheitserklärung Zweifel an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründeten. Jedenfalls bei Durchsicht der Anleitung zum Ausfüllen der Sicherheitserklärung hätte der Antragsteller erkennen müssen, dass bei der Frage nach Auslandsbeziehungen alle fortbestehenden Kontakte zu Personen im ... anzugeben gewesen wären. Daher hätten die Beziehungen zu Frau Y und Herrn X vom Antragsteller nicht verschwiegen werden dürfen. Die bekannt gewordenen Umstände führten dazu, dass bei ihm ein mangelndes Sicherheitsbewusstsein festzustellen sei.

7

Unabhängig davon lasse auch die Tatsache, dass der Antragsteller telefonisch, per Post und persönlich intensiv Kontakt zu Personen im ... unterhalte, Rückschlüsse auf ein mangelndes Sicherheitsverständnis als ... zu. Durch die nachhaltigen außerdienstlichen Kontakte zu Ortskräften, auch außerhalb des Einsatzzeitraumes unter Nutzung von sozialen Netzwerken und anderen Verbindungsmöglichkeiten, verstoße der Antragsteller gegen die Grundsätze der Weisung für die Erhöhung der Sicherheit im Rahmen von Auslandseinsätzen. Dadurch bestehe die Gefahr der nachrichtendienstlichen Ansprache durch fremde Nachrichtendienste, weil er für einen angreifenden Nachrichtendienst nicht interessen-, wohl aber personenbezogene Ansatzpunkte biete. Durch seine exponierte Stellung ... müsse davon ausgegangen werden, dass er in das Blickfeld eines Nachrichtendienstes geraten sei. Durch sein bisheriges Verhalten - falsche Beantwortung von Fragen, Missachtung bestehender Weisungslagen - werde die nachrichtendienstliche Gefährdung unkalkulierbar.

8

Durch den Verstoß gegen das Rauchverbot in Dienstgebäuden zeige der Antragsteller, dass er seinem Individualinteresse Vorrang zu bestehenden Regelungen einräume; hinsichtlich der vom Antragsteller eingeräumten Bearbeitung der Dienstpost in der Betreuungseinrichtung könne ein Verstoß gegen oder die "freie" Auslegung von Dienstvorschriften nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. In der Gesamtschau begründe der Sachverhalt nicht zurückstellbare Zweifel hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Antragstellers bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Auch in näherer Zukunft sei zu besorgen, dass er seiner Wahrheits- und Offenbarungspflicht hinsichtlich sicherheitsrelevanter Aspekte nicht vollumfänglich nachkommen werde. Daher könne vorerst keine günstige Prognose gestellt werden. Es sei jedoch sachgerecht, die Laufzeit der zutreffenden Sicherheitsrisikofeststellung unterhalb der üblichen Zeitspanne von fünf Jahren festzulegen. Eine andere Maßnahme, etwa eine Entscheidung verbunden mit Auflagen, käme in seinem Fall nicht in Betracht, weil Auflagen nicht geeignet seien, die festgestellte Risikolage positiv zu verändern.

9

Gegen das ihm am 12. Januar 2017 übermittelte Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 27. Januar 2017 "Beschwerde" ein. Zu dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat er persönliche Erklärungen vom 26. April 2017, 16. August 2017, 28. September 2017, 21. November 2017 und 4. Dezember 2017 vorgelegt, in denen er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Es fehle an tatsächlichen Anhaltspunkten im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG, die Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen könnten. Der Vorwurf, unwahre Angaben in der Sicherheitserklärung gemacht zu haben, sei nicht berechtigt. Er sei davon ausgegangen, dass bloße "Kontakte" nicht angabepflichtig gewesen seien. Auch die Ausfüllanweisung zu Ziffer 8.4. der Sicherheitserklärung fordere eindeutig nur die Angabe von Beziehungen. Weder zu Frau Y noch zu Herrn X habe er eine "Beziehung" unterhalten. Nach seinem Begriffsverständnis habe er daher die Sicherheitserklärung richtig ausgefüllt.

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Die Zweifel an seiner Zuverlässigkeit stünden im krassen Widerspruch zur schriftlich belegten Einschätzung aller seiner bisherigen Vorgesetzten in deren Beurteilungen. Er habe sich in seinem gesamten Leben nie irgendetwas zu Schulden kommen lassen. Dies belegten sowohl das Disziplinarbuch als auch sein Führungszeugnis. Er könne im Zusammenhang mit der ihm vorgehaltenen Nähe zu den Ortskräften nicht erkennen, etwas falsch gemacht zu haben. Die Treffen hätten stets im Feldlager stattgefunden. Alle seine Gespräche hätten ausschließlich der Abrundung seines Lagebildes und dem dienstlichen Interesse gedient. Das gelte insbesondere zu seinem Kontakt mit Frau Y, die er zu ... aufgesucht und als Informationsquelle genutzt habe. Eine darüber hinausgehende intime Beziehung zu ihr habe er weder unterhalten noch angestrebt. Als Informantin habe er sie auch seinem Nachfolger in der Deutschen ...führung empfohlen. Den Kontakt habe er aus dienstlichen Gründen im Hinblick auf seine geplante Rückkehr ... weitergeführt und darum auch die Geburtstagspost auf dem Dienstweg zugesandt.

11

Die Dienstpost habe er zwar bei entsprechender Wetterlage auf der Terrasse der Betreuungseinrichtung gesichtet; umfangreichere und kritische Vorgänge habe er jedoch stets im Dienstzimmer bearbeitet. Er bestreite, am 23. April 2015 die Absicht bekundet zu haben, Dienstpost mit der Einstufung NATO SECRET in der Betreuungseinrichtung zu besprechen. Der Vorhalt, er habe im Dienstzimmer geraucht, treffe zwar im Kern zu. Inwieweit hieraus ein Zusammenhang zur Zuverlässigkeit im Umgang mit Verschlusssachen oder ein mangelndes Sicherheitsempfinden abgeleitet werden könne, entziehe sich seinem Verständnis. Auch aus den übrigen Vorhalten, die zwar vom Geheimschutzbeauftragten als nicht weiter sicherheitserheblich betrachtet würden, könne eine mangelnde dienstliche Zuverlässigkeit nicht geschlossen werden.

12

In dem Überprüfungsverfahren habe der Grundsatz der Unschuldsvermutung nur bedingt Gültigkeit besessen; die gesamte Vorgehensweise und Entscheidungsfindung sei nicht transparent genug und nicht immer an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichtet gewesen. Zudem seien ihm Abweichungen hinsichtlich der Vorhaltungen bei der Protokollversion des Militärischen Abschirmdienstes und dem Begründungsschreiben des Geheimschutzbeauftragten aufgefallen. Darüber hinaus werde durch die Entscheidung seine Reputation und Integrität beschädigt. Sie habe weitreichende berufliche Konsequenzen, weil er ohne positive Sicherheitsüberprüfung für höherwertige Dienstposten nicht in Betracht gezogen werden könne. Zur Widerlegung der gegen ihn gerichteten Vorwürfe rege er die Vernehmung von vier Zeugen (seines Fahrers, seines Adjutanten, des Chefs seines Stabes und des EloKa-Offiziers) an.

13

Der Antragsteller beantragt,

die sicherheitsrechtliche Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Bundesministeriums der Verteidigung vom 11. Januar 2017 einschließlich der Begründung vom 30. März 2017 aufzuheben.

14

Der Bundeswehrdisziplinaranwalt beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

15

Der als Beschwerde bezeichnete Rechtsbehelf vom 27. Januar 2017 sei als Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu werten. Der Antrag sei zulässig, aber offensichtlich unbegründet. Die dem Antragsteller zunächst fernmündlich eröffnete Entscheidung sei aus den in der Begründung vom 30. März 2017 genannten Erwägungen rechtlich nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung einer ergänzenden fachlichen Stellungnahme des Geheimschutzbeauftragten vom 10. Juli 2017 führt das Bundesministerium der Verteidigung im Vorlageschreiben vom 27. Juli 2017 ergänzend aus, die unrichtigen Angaben des Antragstellers zu seinen Beziehungen ... seien vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig erfolgt. Ein vorsätzliches Verhalten werfe sicherheitsrelevante Fragen nach den dafür maßgeblichen Motiven auf. Ein grob fahrlässiges Handeln ziehe die Frage nach der zu erwartenden Sorgfalt bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nach sich. Das Verhalten des Antragstellers biete etwa durch die Pflege freundschaftlicher Beziehungen zu Personen aus Zielstaaten, durch die Nutzung sozialer Netzwerke und anderer privater Verbindungsmöglichkeiten personenbezogene Ansatzpunkte für Einwirkungsmöglichkeiten. Daher sei es nicht möglich, eine positive Prognose abzugeben, die substanzielle Voraussetzung für eine Auflagenentscheidung wäre. Die Vielzahl und die unterschiedliche Art der Vorschriftenverstöße (Kontakte zu Ortskräften, Rauchverbot, Bearbeitung von Dienstpost) sowie die unterlassenen bzw. unwahren Angaben in der Sicherheitserklärung rechtfertigten die Annahme, dass vom Antragsteller auch in absehbarer Zukunft (drei Jahre) nicht hinreichend sicher erwartet werden könne, bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zuverlässig zu arbeiten. Die beruflichen Konsequenzen der Feststellung eines Sicherheitsrisikos seien vom Geheimschutzbeauftragten im Rahmen der Güterabwägung betrachtet und bewertet worden. Die negativen Auswirkungen auf weitere berufliche Förderungen seien bei der Abwägung nicht zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, da er keinen Anspruch auf Verwendungen auf förderliche Dienstposten oder zukünftige Beförderungen habe.

16

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 (1 WDS-VR 6.17) einen Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Es hat in der mündlichen Verhandlung den seinerzeitigen EloKa-Offizier als Zeugen vernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2018 Bezug genommen. Die Verfahrensakten des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, sowie die Gerichtsakte BVerwG 1 WDS-VR 6.17 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

17

Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. Die sicherheitsrechtliche Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Bundesministeriums der Verteidigung vom 11. Januar 2017 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

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1. Die Rechtmäßigkeit des strittigen Bescheides ist nach der im Zeitpunkt der Vorlage durch das Bundesministerium der Verteidigung maßgeblichen Sach- und Rechtslage zu beurteilen (BVerwG, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 Rn. 35 und vom 20. Dezember 2016 - 1 WB 21.16 - juris Rn. 29). Da die Vorlage am 1. August 2017 stattgefunden hat, ist das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes und den Schutz von Verschlusssachen (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) vom 29. April 1994 (BGBl. I S. 867) in der zuletzt durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2732) geänderten Fassung anzuwenden.

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2. Bei der Entscheidung, ob in der Person eines Soldaten ein Sicherheitsrisiko im Sinne des § 5 Abs. 1 SÜG festzustellen ist, steht dem Geheimschutzbeauftragten ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 2011 - 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 Rn. 24 ff. und vom 4. Juli 2013 - 1 WDS-VR 15.13 - Rn. 24).

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Wegen der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung und wegen des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter liegt ein Sicherheitsrisiko bereits dann vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte - wie hier in Rede stehend - Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG) und/oder eine besondere Gefährdung der betroffenen Person durch mögliche Anbahnungs- oder Werbungsversuche ausländischer Nachrichtendienste begründen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2a SÜG). Dabei hat im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 2 SÜG). Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose über die künftige Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten darstellt, darf sich nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen. Dabei gibt es keine "Beweislast", weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (BVerwG, Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 - 1 WB 54.01 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11 S. 17 und vom 4. Juli 2013 - 1 WDS-VR 15.13 - Rn. 25).

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3. Nach diesen Grundsätzen ist die Feststellung eines Sicherheitsrisikos im Ergebnis rechtmäßig.

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a) Der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung war gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 SÜG in Verbindung mit Nr. 2416 ZDv 2/30 bzw. Nr. 2418 ZDv A-1130/3 für die in Rede stehende Sicherheitsüberprüfung der Stufe Ü 3 zuständig. Die geltend gemachten Verfahrensfehler im Sicherheitsüberprüfungsverfahren liegen nicht vor. Der Antragsteller hatte in zwei Anhörungen hinreichende Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Es verletzt auch nicht das in Art. 6 Abs. 1 EMRK verankerte Prinzip des fairen Verfahrens, dass der Geheimschutzbeauftragte dem Antragsteller nur den ihm vom MAD übermittelten Bericht vorgehalten, aber keine Auskünfte darüber gegeben hat, auf welche Weise der MAD diese Informationen gewonnen hat. Denn es gehört zum Wesen geheimdienstlicher Ermittlungen, dass die Geheimdienste im Interesse künftiger Ermittlungen ihre Strukturen, Informationsquellen und Vorgehensweisen geheim halten. Für die Zwecke der Rechtsverteidigung im Sicherheitsüberprüfungsverfahren genügt es in der Regel, dass dem Betroffenen die Tatsachenbehauptungen bekannt gegeben werden, die Sicherheitsbedenken auslösen. Denn der Betroffene kann sich dann bereits im behördlichen Verfahren dagegen zur Wehr setzen und aus seiner Sicht unzutreffende Tatsachenbehauptungen des MAD bestreiten. Will der Geheimschutzbeauftragte gleichwohl darauf gestützt ein Sicherheitsrisiko feststellen, muss er gegebenenfalls im Prozess die Anknüpfungstatsachen beweisen und vorhandene Beweismittel offenlegen. Damit ist auch ohne Kenntnis der Akten des MAD für eine ausreichende Waffengleichheit im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK gesorgt (vgl. zur Einschränkbarkeit dieses Prinzips bei Sicherheitsüberprüfungen: EGMR, Regner gegen Tschechische Republik, Nr. 35289/11, Entscheidung vom 19. September 2017, Rn. 146-148). Auch im vorliegenden Verfahren ist nicht ersichtlich, dass durch diese Vorgehensweise die Verteidigung des Antragstellers in unzumutbarer Weise erschwert worden wäre.

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Zu Unrecht bemängelt der Antragsteller, dass die im Straf- und Disziplinarrecht geltende Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) nicht ausreichend beachtet worden sei. Die Sicherheitsüberprüfung ist weder eine strafrechtliche noch eine disziplinarrechtliche Maßnahme, sondern dient der Abwehr künftiger Gefahren, sodass die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK schon deswegen nicht eingreift (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2016 - 1 WB 35.15 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 30 Rn. 36, 43). Der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung entspricht es, dass für die Annahme eines Sicherheitsrisikos im Sinne des § 5 Abs. 1 SÜG nicht zwingend ein individuelles Fehlverhalten vorliegen muss. Vielmehr lässt das Gesetz für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für eine der in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SÜG beschriebenen Zweifels- oder Gefährdungslagen ausreichen. Mangels vollständigen Tatsachennachweises beinhaltet die Feststellung eines Sicherheitsrisikos auch keinen Schuldvorwurf.

24

b) Bei der materiell-rechtlichen Prüfung des Sicherheitsbescheids ist davon auszugehen, dass der Geheimschutzbeauftragte die Annahme eines Sicherheitsrisikos auf mehrere selbständig tragende Feststellungen gestützt hat. Er hat seiner Entscheidung zum einen die Annahme zugrunde gelegt, dass der Antragsteller objektiv wahrheitswidrig zwei Auslandsbeziehungen in seiner Sicherheitserklärung nicht angegeben habe und dass dies Zweifel an seiner sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit begründe. Davon unabhängig hat er seine Bedenken an der sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit darauf gestützt, dass der Antragsteller bei dem ...-Einsatz im Frühjahr 2015 in unzulässiger Weise verschlusssachenhaltige Dienstpost in der Betreuungseinrichtung gesichtet habe, einmal eine Verschlusssache NATO SECRET vorschriftswidrig in der Betreuungseinrichtung bearbeiten wollte sowie unerlaubter Weise im Dienstzimmer geraucht habe. Dagegen hat er die übrigen, im Rahmen des Überprüfungsverfahrens erhobenen Vorwürfe gegen den Antragsteller als nicht weiter sicherheitserheblich betrachtet bzw. hat diese nicht in die Bewertung für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos mit einfließen lassen.

25

c) Nach der Überzeugung des Gerichts vermögen allerdings die zuletzt angeführten Gründe die Annahme eines Sicherheitsrisikos nicht zu begründen. Der Geheimschutzbeauftragte ist bei dem Vorwurf, der Antragsteller habe am 23. April 2015 Verschlusssachen der Stufe "NATO SECRET" in der Betreuungseinrichtung besprechen wollen und sei davon nur durch den EloKa-Offizier abgehalten worden, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Der Antragsteller hat durchgehend vorgetragen, dass er sich an einen solchen Vorfall nicht erinnern könne. Er halte es schon deswegen für unwahrscheinlich, weil an diesem Tag die Entscheidung für seine ... Abreise gefallen und weil er darum mit vielen anderen Fragen befasst gewesen sei. Die Vernehmung des damaligen EloKa-Offiziers als Zeugen hat ergeben, dass auch er sich an einen derartigen Vorfall während des gesamten Einsatzzeitraumes nicht erinnert. Damit fehlt es insoweit an den gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SÜG erforderlichen tatsächlichen Anhaltspunkten.

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Hinsichtlich des Vorwurfs, der Antragsteller habe Dienstpost in der Betreuungseinrichtung bearbeitet, ist der Geheimschutzbeauftragte zwar von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Denn der Antragsteller hat eingeräumt, dass er dort bei einer Tasse Kaffee auch die übliche Dienstpost bis zur Einstufung Verschlusssachen - Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD) - gesichtet hat. Der Geheimschutzbeauftragte hat jedoch bei der Einschätzung, dass dies verboten gewesen sei, den Rechtsbegriff verkannt. Denn ein hinreichend konkretes Verbot, Dienstpost mit den darin enthaltenen VS-NfD in der Betreuungseinrichtung zu lesen, hat es im Frühjahr 2015 im Feldlager ... nicht gegeben. Es ergibt sich weder hinreichend eindeutig aus der ZDv 2/30 "Sicherheit in der Bundeswehr (Teil B Verschlusssachen)" noch aus der "Weisung für die Erhöhung der Sicherheit im Rahmen von Auslandseinsätzen" vom 1. Juli 2013 (Bl. 125 ff. GA) noch aus dem vorgelegten örtlichen Absicherungskonzept für das Feldlager in ... vom 24. Dezember 2014. Der Antragsteller verweist mit Recht darauf, dass die angeführten Vorschriften für VS-NfD wesentlich weniger strenge Regelungen enthalten als für höher eingestufte Verschlusssachen. So gestattet Anlage C Nr. 6f) der oben genannten Weisung (Bl. 138 GA), dass VS-NfD am Mann geführt werden dürfen. Vor allem ist dafür aber kein bestimmter Bearbeitungsort innerhalb eines militärischen Feldlagers bzw. Dienstgebäudes vorgegeben. Entsprechend konkrete räumliche Einschränkungen innerhalb des Feldlagers sind insbesondere nicht im damals gültigen örtlichen Absicherungskonzept zu finden.

27

Zwar verweist der Geheimschutzbeauftragte mit Recht darauf, dass mit der vom Antragsteller praktizierten Sichtung von Post mit VS-NfD in der Betreuungseinrichtung die Gefahr unbefugter Kenntnisnahme verbunden gewesen sei. Denn in der Betreuungseinrichtung verkehren auch nicht sicherheitsrechtlich überprüfte Soldaten und Ortskräfte, die nach Ziffer 8 der genannten Weisung generell keinen Zugang zu VS-NfD erhalten dürfen. Der Antragsteller wendet jedoch ein, dass er räumlich abgesetzt von allen übrigen Personen gearbeitet und damit eine Einsichtnahme Unbefugter verhindert habe. Dass es gleichwohl zu unbefugter Kenntnisnahme Dritter gekommen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Somit mag die Verhaltensweise des Antragstellers zwar dem zu größerer Vorsicht mahnenden Geist der genannten Vorschriften widersprechen, nicht aber einem konkreten Verbot.

28

Schließlich können auch die vom Antragsteller eingeräumten Verstöße gegen das Rauchverbot in Dienstgebäuden für sich genommen nicht als ausreichender Anhaltspunkt im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG für Zweifel an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit dienen. Denn nicht jede Verletzung einer eher untergeordneten und nicht spezifisch sicherheitsrechtlichen Dienstpflicht lässt Zweifel an der sicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit eines ansonsten unbescholtenen Soldaten aufkommen. Dementsprechend hat auch der Vertreter des Geheimschutzbeauftragten in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass allein die Verstöße gegen das Rauchverbot keine tragfähige Grundlage für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos sein könnten.

29

d) Der Geheimschutzbeauftragte hat jedoch in der angegriffenen Entscheidung selbständig tragend darauf abgestellt, dass der Antragsteller in seiner Sicherheitserklärung objektiv unwahre Angaben gemacht habe. Dieser Vorwurf ist zur Überzeugung des Gerichts in der mündlichen Verhandlung nicht entkräftet worden. Der Geheimschutzbeauftragte ist dabei von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt ausgegangen. Der Antragsteller hat in seiner Sicherheitserklärung bei der Frage nach Auslandsbeziehungen Frau Y und Herrn X nicht angegeben. Er stellt auch nicht in Abrede, dass er die beiden ... kennt und dass er auch nach seinem Auslandseinsatz Verbindung zu Ihnen aufgenommen hat. Er leugnet weder, dass er Frau Y ein Geburtstagsgeschenk mit persönlicher Karte zugeschickt noch dass er Herrn X mit der Reparatur seines Sat-Receivers zweimal nach Abschluss des Auslandseinsatzes beauftragt hat.

30

Ohne Rechtsfehler hat der Geheimschutzbeauftragte festgestellt, dass der Antragsteller durch die mangelnde Angabe dieser Auslandsbeziehungen seiner Pflicht, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG), objektiv nicht nachgekommen ist. Nicht nur, aber gerade auch im Umgang mit geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen muss sich die militärische Führung auf die Richtigkeit abgegebener Meldungen, Erklärungen und Aussagen sowie auf die unaufgeforderte Erfüllung von Meldepflichten jederzeit und grundsätzlich ohne weitere Nachprüfung verlassen können. Zu den der Wahrheitspflicht unterliegenden dienstlichen Angelegenheiten im Sinne des § 13 Abs. 1 SG gehört auch die im Überprüfungsverfahren abzugebende Sicherheitserklärung (vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - 1 WB 28.11 - juris Rn. 35 und vom 30. Januar 2014 - 1 WB 32.13 - juris Rn. 36).

31

Entgegen der Ansicht des Antragstellers handelt es sich sowohl bei Frau Y als auch bei Herrn X um meldepflichtige "sonstige Beziehungen" gemäß Nr. 8.4 des Formulars der Sicherheitserklärung. Denn in der "Anleitung zum Ausfüllen der Sicherheitserklärung für die erweiterte Sicherheitsüberprüfung und die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen" (Anlage C 3 A 1130/3) heißt es, dass unter "sonstige Beziehungen" im Sinne der Frage Nr. 8.4. "z.B. geschäftliche, gesellschaftliche, kulturelle, sportliche oder wissenschaftliche" Beziehungen zu Personen in einem in der Staatenliste genannten Staat zu verstehen sind. Auch wenn nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter den Begriff der "Beziehungen" keine einmaligen oder flüchtigen Kontakte fallen, schließt die beispielhafte Aufzählung ein Verständnis der Frage aus, dass es bei mehrfachen erheblichen Kontakten für das Vorliegen einer Beziehung auf eine bestimmte persönliche Vertrautheit oder Intimität der Beziehung ankommt.

32

Demnach hätte der Antragsteller bei der Frage nach Auslandsbeziehungen die persönliche Beziehung zu Frau Y und die geschäftliche Beziehung zu Herrn X angeben müssen. Dass es sich bei Frau Y - wie vom Antragsteller behauptet - nur um einen bedeutungslosen "Kontakt" handelte, wird durch die vom Antragsteller versandte Geburtstagspost vom September 2015 widerlegt. Darin "duzt" der Antragsteller Frau Y, spricht sie mit Vornamen an, macht ihr ein Geschenk und spricht ihr mit einer höchstpersönlichen Nachricht seine Zuneigung aus. Die Einlassung des Antragstellers, sein Kontakt zu Frau Y habe im Einsatzland lediglich der Vervollständigung des eigenen Lagebildes gedient, ist angesichts der in dem Brief verwendeten Formulierung "Ich vermisse Dein Lächeln" durchaus fraglich. Dies spricht eher für eine zumindest freundschaftliche Beziehung. Selbst wenn er die Verbindung zu Frau Y ausschließlich aus dienstlichen Gründen für den Fall eines erneuten Einsatzes gepflegt haben sollte, hätte dies an seiner Verpflichtung, die Pflege dieser Auslandsbeziehung im Rahmen der Sicherheitserklärung zu melden und ihren dienstlich-informatorischen Hintergrund zu erklären, nichts geändert. Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass er zwischen den Einsätzen nicht nur eine Geburtstagskarte geschickt, sondern den Kontakt auch über Email und WhatsApp gehalten hat, sodass in jedem Fall eine über einen nur flüchtigen Kontakt hinausgehende sonstige Beziehung bestanden hat.

33

Eine Verkennung von Rechtsbegriffen liegt auch nicht in der Feststellung des Geheimschutzbeauftragten, dass die objektiv wahrheitswidrige Verneinung der Frage nach Auslandsbeziehungen ... dem Antragsteller - subjektiv - als vorsätzliche oder zumindest grob fahrlässige Pflichtverletzung zuzurechnen ist. Mit seiner Unterschrift unter die Sicherheitserklärung hat er bestätigt, dass er die Angaben unter Berücksichtigung der Anleitung zum Ausfüllen der Sicherheitserklärung gemacht hat. Ein durchschnittlicher Soldat - und erst recht ein Offizier - hätte aber bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nach Durchsicht der Anleitung anhand der gegebenen Erläuterungen erkennen können, dass die fortdauernden privaten und geschäftlichen Beziehungen zu Frau Y und Herrn X anzugeben waren. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat der Geheimschutzbeauftragte ausgeführt, dass auch die Annahme einer groben Fahrlässigkeit bei der Ausfüllung der Sicherheitserklärung den Antragsteller nicht entlastet. Denn auch dies kann rechtsfehlerfrei als "tatsächlicher Anhaltspunkt" im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SÜG dafür angesehen werden, dass der Antragsteller einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nicht mit dem nötigen Maß an Zuverlässigkeit nachgegangen ist.

34

f) Ohne Verkennung von Rechtsbegriffen hat der Geheimschutzbeauftragte in dem dargelegten Sachverhalt zudem tatsächliche Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche ausländischer Nachrichtendienste erkannt und deswegen das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG angenommen. Der Geheimschutzbeauftragte hat zum Vorliegen eines diesbezüglichen Sicherheitsrisikos nachvollziehbar ausgeführt, dass der Antragsteller durch seine exponierte Stellung als ... Deutsches Einsatzkontingent ... bereits im Blickfeld fremder Nachrichtendienste stehe. Vieles spricht dafür, dass die Teilnahme des Antragstellers an drei Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der geplante Einsatz 2017 fremden Nachrichtendiensten nicht entgangen sind. Ebenso hat der Geheimschutzbeauftragte schlüssig dargelegt, dass die intensiven (freundschaftlichen) Beziehungen zu Personen aus dem ... und die (verschwiegene) Fortführung der Kontakte außerhalb der Einsatzzeiträume in sicherheitsrechtlicher Hinsicht Schwachstellen bilden, die Ansatzpunkte für einen Angriff fremder Nachrichtendienste darstellen können. Mit der darauf gestützten Einschätzung einer besonderen Gefährdungslage hat der Geheimschutzbeauftragte weder den anzuwendenden Begriff verkannt noch allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.

35

g) Nicht zu beanstanden ist schließlich die vom Geheimschutzbeauftragten getroffene Gefahrenprognose. Auf Grund des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums konnte der Geheimschutzbeauftragte angesichts des festgestellten Sachverhalts davon ausgehen, dass der Antragsteller auch in näherer Zukunft einer besonderen Gefährdungslage unterliegt. Ohne Überschreitung des ihm zustehenden Einschätzungsspielraums konnte er es als zweifelhaft ansehen, dass der Antragsteller künftig seiner Wahrheits- und Offenbarungspflicht hinsichtlich sicherheitsrelevanter Aspekte vollumfänglich nachkommen würde, insbesondere weil er diese an persönliche Abwägungsprozesse zu binden scheine. Soweit der Antragsteller auf seinen tadelfreien Lebenslauf und seine weit überdurchschnittlichen dienstlichen Beurteilungen verweist, hat der Geheimschutzbeauftragte den damit verbundenen positiven prognostischen Elementen erkennbar durch eine Reduzierung der Laufzeit der Sicherheitsbeurteilung auf drei Jahre Rechnung getragen. Zu einer darüber hinausgehenden Berücksichtigung war er nicht verpflichtet.