Entscheidungsdatum: 20.11.2012
Ein Soldat ist als Betroffener einer Sicherheitsüberprüfung im Rahmen seiner Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst und im Rahmen seiner Anhörung durch den zuständigen Geheimschutzbeauftragten an die Wahrheitspflicht nach § 13 Abs. 1 SG gebunden.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren BVerwG 1 WB 21.12 gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) und im Verfahren BVerwG 1 WB 22.12 gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in der für ihn durchgeführten einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü 1 - Sabotageschutz).
Der 1964 geborene Antragsteller ist Berufssoldat und gehört seit dem 1. Juli 1991 der Bundeswehr an. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 30. April 2020 enden. Er wurde am 4. April 2003 zum Hauptmann ernannt. Seit dem 1. Januar 2000 wurde er bei der ... in A. auf dem Dienstposten eines Taktik-/System-Offiziers (TSO) verwendet. Seit dem 12. August 2009 ist er nicht mehr in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit eingesetzt. Er wird zurzeit beim Stab des ... als Vertreter des S 3-Offiziers verwendet.
In der Zeit von Januar 2002 bis Juli 2009 nahm der Antragsteller an dreißig Auslandseinsätzen überwiegend im Rahmen des Deutschen Einsatzkontingents ISAF (Termez/Usbekistan bzw. Mazar-e Sharif/Afghanistan) teil.
Am 30. August 2005 schloss der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt für den Antragsteller eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/A 2) ab. Sie war nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - mit der Auflage verbunden, dass der Antragsteller über Veränderungen in seinen derzeitigen Beziehungen zu Personen aus Staaten gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG zu berichten habe. Zudem sollte nach Ablauf von drei Jahren eine Wiederholungsüberprüfung eingeleitet werden. Die Auflagenentscheidung beruhte - wie der Bundesminister der Verteidigung erläutert hat - darauf, dass der Antragsteller während seiner Auslandseinsätze ein russisches Ehepaar kennengelernt hatte, zu dem er regelmäßigen Mail-Kontakt pflegte. Weiterhin hatte er als Dolmetscher umfangreiche Kontakte zu usbekischen Behörden.
Am 19. September 2006 verhängte der Kommodore des Einsatzgeschwaders Termez/Usbekistan gegen den Antragsteller eine Disziplinarbuße von 2 500 €, die seit dem 4. Oktober 2006 unanfechtbar ist. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
"Er hat am 11.09.2006 in Termez/Usbekistan auf dem Parkplatz der Diskothek S. gegen 23:00 Uhr in stark alkoholisiertem Zustand einen einheimischen Taxifahrer tätlich angegriffen, indem er diesen würgte, und hat des Weiteren das Taxischild vom Dach des Taxis gerissen. Nach diesem Vorfall hat er einer hinzukommenden Person fest in den Nacken gegriffen. Als sich dieser als Soldat zu erkennen gab, ließ er von ihm ab. Auf dem Parkplatz befanden sich noch weitere usbekische Personen, die Hauptmann ... als deutschen Soldaten kennen, da er sich sehr oft im Einsatzland in Termez aufhält.
Im Laufe des Abends hat er sich dann noch entgegen des Geschwaderbefehls 06/2005, der Ausgangsbeschränkung ab 23:30 Uhr vorschreibt, in ein nicht erlaubtes Lokal begeben und dort verweilt. Dieses tat er mit einem anderen Offizier bis zum 12.09.2006 morgens gegen 00:30 Uhr."
Der zuständige Sicherheitsbeauftragte teilte diesen Sachverhalt dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) als sicherheitserhebliche Erkenntnis mit. Am 4. November 2008 wurde der MAD mit der Durchführung einer Wiederholungsüberprüfung beauftragt. Nachdem der Antragsteller eine Sicherheitserklärung abgegeben hatte und durch den MAD befragt worden war, teilte ihm der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung mit Anhörungsverfügung vom 4. Juni 2009 mit, dass der der Disziplinarbuße zugrundeliegende Sachverhalt als sicherheitserhebliche Erkenntnis angesehen werde, und gab dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2009 erklärte der Antragsteller, er befinde sich momentan in seinem 30. Auslandseinsatz im Einsatzgeschwader Mazar-e Sharif in Afghanistan. Der mit der Disziplinarbuße geahndete Vorfall stelle ein einmaliges Fehlverhalten dar, das weder seiner soldatischen Grundeinstellung noch seiner professionellen Berufsauffassung entspreche. Das hätten auch seine Vorgesetzten bekräftigt. Nach deren Einschätzung werde er nach einer Phase der Konsolidierung die Voraussetzungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit und des Verantwortungsbewusstseins als Fachgruppenleiter und für den uneingeschränkten Einsatz erfüllen.
Mit dem im Verfahren BVerwG 1 WB 21.12 angefochtenen Bescheid vom 27. Juli 2009 stellte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung fest, dass die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) Umstände ergeben habe, die ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die Entscheidung schließe auch einen Einsatz des Antragstellers in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nach Ü 1 (Verschlusssachenschutz) aus. Der Einsatz in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit werde nach positivem Abschluss einer Wiederholungsüberprüfung frühestens ab 31. Juli 2011 zugelassen. Im Begründungsschreiben vom 27. Juli 2009 führte der Geheimschutzbeauftragte aus, er habe im Rahmen der ihm obliegenden Fachaufsicht und angesichts der Häufung sicherheitserheblicher Erkenntnisse im Zusammenhang mit Einsätzen in Termez die Zuständigkeit für die erweiterten Sicherheitsüberprüfungen an sich gezogen. Die mit der Disziplinarbuße geahndeten Verstöße gegen Befehle und Weisungen dokumentierten ein Verhalten des Antragstellers, das Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und die besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste begründe. Bei Usbekistan handele es sich um einen Staat mit besonderen Sicherheitsrisiken im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG. In diesem Kontext komme den einschlägigen Geschwaderbefehlen und den entsprechenden Befehlen/Weisungen vor Ort besondere Bedeutung zu. Die Bewertung dieses Staates durch die Nationale Sicherheitsbehörde gebe Anlass zu einer stringenten Befolgung der Vorgaben, die der Antragsteller jedoch missachtet habe. Bei der Prognose sei zu berücksichtigen, dass das Fehlverhalten des Antragstellers bisher einmalig sei. Um eine verlässliche Grundlage für die Klärung einer nachhaltigen Persönlichkeitsveränderung zu gewinnen, bedürfe es aber noch einer weiteren Zeit der Nachbewährung. Diese werde - abweichend von der sonst geltenden Wirkungsdauer der Feststellung eines Sicherheitsrisikos - bis zum Ablauf des 31. Juli 2011 begrenzt.
Gegen diese Entscheidung beantragte der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 7. September 2009 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.
Er machte geltend, es lägen neue Erkenntnisse vor, die er dem Geheimschutzbeauftragten persönlich vortragen wolle. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. November 2009 erklärte er, dass der persönlichkeitsfremde und situationsbezogene alkoholisierte Zustand bei dem Angriff auf den Taxifahrer aus der langen und hohen dienstlichen Belastung im Einsatzgebiet resultiert habe. Seine Sprach- und Bewegungsfähigkeit sei durch den Alkohol nicht eingeschränkt gewesen. Den Taxifahrer habe er nicht gewürgt. Er könne sich auch nicht daran erinnern, das Taxischild vom Dach gerissen zu haben. Das in der Disziplinarbuße beanstandete Lokal habe er zuvor schon einmal besucht, als der Besuch noch erlaubt gewesen sei. Von dieser Erlaubnis sei er weiterhin ausgegangen. Die dort eingetretene Zeitüberschreitung beruhe nicht auf Vorsatz.
Am 12. Januar 2010 fand nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - eine Erörterung des Sachverhalts zwischen dem Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung, dem Antragsteller und dessen Bevollmächtigtem statt. Im Rahmen dieses Gesprächs sei vereinbart worden, dass der Antragsteller bei seiner Einheit beantragen solle, den MAD mit der Durchführung einer einfachen Sicherheitsüberprüfung für den vorbeugenden personellen Sabotageschutz (Ü 1) zu beauftragen. Sofern diese Sicherheitsüberprüfung mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen werde, sei für den Antragsteller die Möglichkeit gegeben, weiterhin Flugzeuge zu steuern, ohne jedoch Staaten im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG anfliegen zu können. Mit dieser Vorgehensweise habe sich der Antragsteller ebenso wie sein Verfahrensbevollmächtigter einverstanden erklärt und gebeten, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung bis zur Entscheidung über die Sabotageschutzprüfung ruhen zu lassen.
Am 20. Januar 2010 wurde die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1 - Sabotageschutz) eingeleitet. Dabei wurde bekannt, dass das Amtsgericht H. den Antragsteller mit Strafbefehl vom 5. August 2009, rechtskräftig seit dem 22. August 2009, wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 20 € verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer eines Monats entzogen hatte. Im Strafbefehl wurde der Antragsteller beschuldigt, am 15. April 2009 in H. mit seinem Kraftfahrzeug (Amtliches Kennzeichen: ...) gegen 11:40 Uhr den ... befahren und in Höhe der dortigen Hausnummer 7 einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, wodurch an dem dort abgestellten Fahrzeug ein Fremdschaden in Höhe von 1 349,67 € entstanden war, und sich anschließend von der Unfallstelle entfernt zu haben, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Im Sicherheitsüberprüfungsverfahren wurden unter anderem die polizeiliche Vernehmung des Geschädigten als Zeuge vom 15. April 2009 und die polizeiliche Vernehmung des Antragstellers als Beschuldigter vom 17. April 2009 herangezogen. Der Vernehmung des Geschädigten waren Kopien von zwei Hinweiszetteln beigefügt, die der Geschädigte am 15. April 2009 mittags an seinem Fahrzeug vorgefunden hatte. Dabei handelt es sich um zwei unlinierte/unkarierte Zettel jeweils mit dem Aufdruck "Holsten". Der erste Zettel enthält den Text "... hat Ihren Wagen beim Ausparken vorne angefahren. Bitte im 'Cafè Fresh' melden. 15.04. ca. 11.40 Uhr"; auf dem zweiten Zettel sind der Name und die Telefonnummer des Zeugen vermerkt. In seiner Vernehmung als Beschuldigter am 17. April 2009 hatte der Antragsteller angegeben, dass er beim Ausparken mit seiner Anhängerkupplung langsam gegen einen parkenden Pkw gestoßen sei. Er habe den leichten Anstoß bemerkt; im selben Augenblick sei er schon von einem Passanten angesprochen und auf die Berührung mit dem anderen Pkw hingewiesen worden. Er selbst habe sich den beschädigten Pkw angeschaut und daran keinen Schaden festgestellt. Trotzdem habe er an dessen Frontscheibe einen Zettel mit seiner Anschrift und seiner Telefonnummer hinterlassen.
Nachdem der Antragsteller vom MAD am 1. September 2010 befragt worden war, teilte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung dem Antragsteller mit Anhörungsverfügung vom 4. November 2010 als sicherheitserhebliche Erkenntnisse mit, dass er am 15. April 2009 einen Verkehrsunfall verursacht und sich von der Unfallstelle entfernt habe, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. In der Befragung durch den MAD habe er fälschlicherweise erklärt, nicht im Besitz eines Bundeswehrführerscheins zu sein. Eine Nachfrage bei der Zentralen Militärkraftfahrstelle der Bundeswehr habe jedoch ergeben, dass er seit 1997 Inhaber eines Bundeswehrführerscheins "Klasse B" sei. Außerdem habe er es entgegen Nr. 405 ZDv 43/2 unterlassen, die Anordnung des Fahrverbotes unverzüglich seinem Disziplinarvorgesetzten zu melden. Damit habe er seine Dienstpflichten verletzt. Ferner habe er in der Befragung durch den MAD erklärt, am Fahrzeug des Geschädigten einen Zettel aus kariertem Papier mit der Angabe seines Namens und seiner Telefonnummer hinterlassen zu haben. Es hätten jedoch nur Zettel eines Zeugen festgestellt werden können. In der persönlichen Anhörung durch den Geheimschutzbeauftragten habe der Antragsteller die Verkehrsunfallflucht verschwiegen.
Mit Schreiben vom 22. November 2010, das sein Bevollmächtigter inhaltlich mit Schriftsatz vom 12. Januar 2011 wiederholte, erklärte der Antragsteller dazu unter anderem, er habe keine Veranlassung für die Meldung des Fahrverbots gesehen, weil er damals "nicht im Besitz einer Ü" gewesen sei. Er habe angegeben, einen Führerscheinlehrgang abgeschlossen zu haben; er habe dann die Auskunft erhalten, dass der von der Kfz-Inspektion der NVA ausgestellte Führerschein der DDR dem Bundeswehrführerschein gleichgestellt sei. Da er nicht Führer von Dienstkraftfahrzeugen sei, sei er nicht der Meldepflicht nach Nr. 405 ZDv 43/2 unterworfen. In der persönlichen Anhörung beim Geheimschutzbeauftragten habe er zu dem Verkehrsunfall nichts gesagt, weil es in diesem Gespräch um die Vorgänge in Termez 2006 und darum gegangen sei, welche Maßnahmen zu ergreifen seien, um ihn schnellstens wieder in den Dienstbetrieb zu integrieren. Auch zu diesem Zeitpunkt sei er "nicht im Besitz einer Ü" gewesen, zu der er nachträglich hätte Angaben machen können.
Mit dem im Verfahren BVerwG 1 WB 22.12 angefochtenen Bescheid vom 16. Februar 2011 stellte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung fest, dass die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) Umstände ergeben habe, die ein Sicherheitsrisiko darstellten. Gegebenenfalls vorher ergangene Sicherheitsbescheide/Mitteilungen über das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung seien hiermit ungültig und mit einem Ungültigkeitsvermerk zu versehen. Ein anschließender oder späterer Einsatz in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit stehe unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten. Im Begründungsschreiben vom 16. Februar 2011 führte der Geheimschutzbeauftragte im Wesentlichen aus, das Verhalten des Antragstellers innerhalb der letzten fünf Jahre (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Nichtmelden des Sachverhalts beim Disziplinarvorgesetzten, unvollständige Angaben während der persönlichen Anhörung durch den Geheimschutzbeauftragten und unwahre Angaben bei der Befragung durch den MAD) begründeten nachhaltige Zweifel an seiner Eignung bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Es entstehe der Eindruck, dass der Antragsteller stets nur negative Fakten zu seiner Person angebe, die bereits bekannt seien, dass er Umstände beschönige oder Unkenntnis vortäusche, um sein Verhalten zu rechtfertigen. Ein Einstehen für Fehler und das uneingeschränkte Ansprechen sicherheitserheblicher Erkenntnisse sei bei ihm nicht festzustellen. Damit zeige der Antragsteller, dass er sein Individualinteresse priorisiere. Dadurch habe er das Vertrauen, das ihm der Dienstherr bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entgegenbringen müsse, nachhaltig beschädigt und gegen die Wahrheitspflicht verstoßen. Die Prognose sei nicht positiv. Denn die vorherige Feststellung eines Sicherheitsrisikos in der erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) habe beim Antragsteller keine Veränderung im Verhalten bewirkt. Zurzeit könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, ob die von ihm nun gezeigte Einsicht situations- oder persönlichkeitsbegründet sei. Deshalb bedürfe es eines längeren Zeitraums, in dem der Antragsteller belegen könne, dass er seinen Verpflichtungen zur Wahrung auch überwiegender Interessen nachkommen werde. Eine Auflagenentscheidung sei nicht mehr möglich. Im Rahmen der Güterabwägung sei deshalb ein Sicherheitsrisiko festzustellen.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15. Juni 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt und zur Begründung auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen.
Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat die Anträge vom 7. September 2009 und vom 15. Juni 2011 mit seiner Stellungnahme vom 25. April 2012 dem Senat vorgelegt.
Der Antragsteller beantragt,
im Verfahren BVerwG 1 WB 21.12:
den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung vom 27. Juli 2009 aufzuheben,
im Verfahren BVerwG 1 WB 22.12:
den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung vom 16. Februar 2011 aufzuheben,
hilfsweise,
ihn, den Antragsteller, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Er hält den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 7. September 2009 für unzulässig. Dem Antragsteller fehle für die Aufhebung des Bescheids vom 27. Juli 2009 nach Erlass des Bescheids vom 16. Februar 2011 die erforderliche Beschwer. Mit dem Abschluss der einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü 1 - Sabotageschutz) seien vorher ergangene Sicherheitsbescheide/Mitteilungen über das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung und damit auch der Bescheid vom 27. Juli 2009 ungültig geworden. In der Sache sei der Antrag unbegründet, weil der Geheimschutzbeauftragte rechts- und ermessensfehlerfrei zu dem Ergebnis habe kommen dürfen, dass das Fehlverhalten des Antragstellers im Jahr 2006 sicherheitserhebliche Zweifel an seiner Zuverlässigkeit offenbare. Mit seinem Verstoß gegen die Ausgangsbestimmungen im seinerzeit gültigen "Geschwaderbefehl Nr. 06/05 zur Organisation des Dienstbetriebes" des Einsatzgeschwaders Termez vom 19. Februar 2005 habe der Antragsteller gezeigt, dass er nicht jederzeit bereit und in der Lage sei, den geltenden Vorschriften nach besten Kräften, vollständig, gewissenhaft und unverzüglich Folge zu leisten und damit seiner Verpflichtung aus § 11 SG nachzukommen. Gerade von einem Geheimnisträger werde ein hohes Maß an Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein, insbesondere die Einhaltung von Regeln und Vorschriften und der genaue Umgang mit Vorgaben zwingend erwartet. Das Fehlverhalten des Antragstellers begründe die Sorge, dass er auch bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit die einschlägigen Sicherheitsbestimmungen nicht hinreichend beachten werde. Die nachrichtendienstliche Gefährdungslage folge daraus, dass es zur Methodik fremder Nachrichtendienste gehöre, Personen anzusprechen, die - wie der Antragsteller - gegen Befehle und Weisungen verstießen, die dem Schutz der Kontingentangehörigen dienen.
Der Antrag gegen den Bescheid vom 16. Februar 2011 sei unbegründet. Die Verkehrsunfallflucht des Antragstellers zeige, dass dieser nicht bereit gewesen sei, sich den unangenehmen Folgen der Verursachung eines Unfalls zu stellen. Sein Verhalten lasse den Schluss zu, dass er nicht immer bereit und in der Lage sei, sich jederzeit rechtstreu zu verhalten. Die Verstöße des Antragstellers gegen die Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben seien ebenfalls sehr schwerwiegend. Er habe fälschlicherweise behauptet, einen karierten Zettel mit seinen Personalien an der Frontscheibe des beschädigten Fahrzeugs hinterlassen zu haben. Im Erörterungstermin mit dem Geheimschutzbeauftragten habe man vom Antragsteller erwarten müssen, dass er alle Umstände offenlegt, die im Zusammenhang mit der möglichen Neueinleitung einer Sicherheitsüberprüfung von Bedeutung sein könnten. Die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers würden dadurch verstärkt, dass er es unter Verstoß gegen Nr. 405 ZDv 43/2 unterlassen habe, seinen Vorgesetzten das verhängte Fahrverbot zu melden. Von einem Entzug der privaten Fahrerlaubnis sei auch die Fahrerlaubnis der Bundeswehr betroffen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - ... und ... und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Die Verfahren BVerwG 1 WB 21.12 und BVerwG 1 WB 22.12 betreffen Sicherheitsüberprüfungen des Antragstellers, die als Wiederholungsüberprüfungen in Erfüllung der Nebenbestimmung zur Mitteilung des Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 30. August 2005 über das Ergebnis einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung (A 2) durchgeführt worden sind. Die dem Verfahren BVerwG 1 WB 22.12 zugrundeliegende einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1 - Sabotageschutz) sollte dazu dienen, dem Antragsteller bei einem positiven Ergebnis zunächst den weiteren (eingeschränkten) fliegerischen Einsatz zu ermöglichen. Die Verfahren werden deshalb gemäß § 23a Abs. 2 WBO in Verbindung mit § 93 Satz 1 VwGO zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung haben keinen Erfolg.
1. a) Der Antrag gegen den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung vom 27. Juli 2009 ist zulässig.
Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 SÜG kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheids angefochten werden (vgl. z.B. Beschlüsse vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 25.00 -
Für den gestellten Aufhebungsantrag hat der Antragsteller kein Rechtsschutzbedürfnis mehr, weil ihn der Bescheid vom 27. Juli 2009 nicht mehr beschwert. Durch den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten vom 16. Februar 2011 sind vorher ergangene Sicherheitsbescheide/Mitteilungen über das Ergebnis einer Sicherheitsüberprüfung ohne Einschränkungen für ungültig erklärt worden. Damit hat sich der Regelungsgegenstand des Bescheids vom 27. Juli 2009 in der Sache erledigt. Der Antragsteller kann sein diesbezügliches Rechtsschutzbegehren deshalb nur mit einem Fortsetzungsfeststellungsantrag weiterführen.
Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO, ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO in der seit dem 1. Februar 2009 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 22. Januar 2009, BGBl I S. 81) verlangt zwar von dem jeweiligen Antragsteller nicht mehr die förmliche Stellung eines Feststellungsantrages (vgl. Beschlüsse vom 17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB 76.08 - und vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 46.08 - Rn. 20
Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich nach der Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Zusätzlich kommt auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht.
Zwar hat der Antragsteller ein derartiges Feststellungsinteresse nicht dargetan. Der Senat geht aber bei der hier gegebenen Sachlage ausnahmsweise davon aus, dass für den Antragsteller ein Rehabilitierungsinteresse zu unterstellen ist, weil er seit dem 12. August 2009 infolge des Bescheids vom 27. Juli 2009 nicht mehr in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit verwendet wird und dies in seiner herausgehobenen Stellung als Fachgruppenleiter TSO einem größeren Kreis von Soldaten bekannt geworden ist.
b) Der danach zulässige Antrag ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten vom 27. Juli 2009 war rechtmäßig und verletzte den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14 Rn. 23 m.w.N.). Dabei obliegt es der zuständigen Stelle, aufgrund einer an diesem Zweck der Sicherheitsüberprüfung orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalls die ihr übermittelten Erkenntnisse im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit zu bewerten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 SÜG).
Der Eintritt des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung in die Zuständigkeit zur Feststellung eines Sicherheitsrisikos der Stufe Ü 2 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG in Verbindung mit Nr. 2416 ZDv 2/30 obliegt die Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko im Hinblick auf die sicherheitsempfindliche Tätigkeit vorliegt, im Bundesministerium der Verteidigung und in den Fällen, in denen eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) erforderlich ist, dem Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung, in den übrigen Fällen der Sicherheitsüberprüfung von Soldaten dem Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt. Der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt ist dem Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung fachlich nachgeordnet (Nr. 2422 ZDv 2/30; vgl. auch Nr. 2705 Abs. 4 ZDv 2/30). Nach diesen Vorschriften wäre im Fall des Antragstellers für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in einer einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) und in einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) grundsätzlich der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt zuständig gewesen. Nach den vom Senat im Beschluss vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 13.10 - (Rn. 17 f) dargestellten Grundsätzen war der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung jedoch befugt, im Rahmen seiner Fachaufsicht in die Zuständigkeit einzutreten. Dies hat er in rechtlich nicht zu beanstandender Weise damit begründet, dass er als übergeordnete Behörde im Rahmen der Fachaufsicht und im Hinblick auf die Häufung sicherheitserheblicher Erkenntnisse im Einsatzgeschwader Termez die Zuständigkeit für die erweiterte Sicherheitsüberprüfung an sich gezogen habe.
Die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten war auch in der Sache rechtmäßig.
Dem Geheimschutzbeauftragten steht bei der Entscheidung, ob in der Person eines Soldaten ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 15. Februar 1989 - BVerwG 6 A 2.87 - BVerwGE 81, 258 <264> = Buchholz 236.1 § 59 SG Nr. 2 und vom 15. Juli 2004 - BVerwG 3 C 33.03 - BVerwGE 121, 257 <262> = Buchholz 442.40 § 29d LuftVG Nr. 1; Beschlüsse vom 11. März 2008 a.a.O. Rn. 24, vom 1. Oktober 2009 - BVerwG 2 VR 6.09 - juris Rn. 15, vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 16.10 - Rn. 30
Wegen der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung und wegen des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter liegt ein Sicherheitsrisiko bereits dann vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte - wie hier in Rede stehend - Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und/oder die besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste begründen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SÜG). Dabei hat im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 2 SÜG). Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose über die künftige Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten darstellt, darf sich nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen. Dabei gibt es keine "Beweislast", weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11 S. 17, vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 - Rn. 22 und vom 22. Juli 2009 - BVerwG 1 WB 53.08 - Rn. 24; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <353>).
Die Feststellung im Bescheid vom 27. Juli 2009, dass in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko vorliegt, hält die Grenzen des vorbezeichneten Beurteilungsspielraums ein.
Der Geheimschutzbeauftragte ist nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen.
Er hat den Sachverhalt berücksichtigt, auf dem die bestandskräftige Disziplinarbuße vom 19. September 2006 beruht. Außerdem hat er den Inhalt der Stellungnahme des Antragstellers vom 10. Juli 2009 in seine Erwägungen einbezogen. Auf dieser Basis hat er zutreffend zugrunde gelegt, dass der Antragsteller seine disziplinarrechtlich geahndeten Verstöße gegen Befehle und Weisungen aus dem Geschwaderbefehl eingeräumt hat. Den vom Antragsteller bestrittenen tätlichen Angriff auf den Taxifahrer hat der Geheimschutzbeauftragte nicht als sicherheitserhebliche Erkenntnis verwertet.
Der Geheimschutzbeauftragte war rechtlich nicht gehindert, die Disziplinarmaßnahme für die sicherheitsrechtliche Überprüfung heranzuziehen (vgl. § 8 Abs. 7 WDO). Die Disziplinarbuße war nicht nach § 8 Abs. 2 WDO als tilgungsreif zu qualifizieren, weil die Drei-Jahres-Frist im Zeitpunkt der Feststellung eines Sicherheitsrisikos noch nicht abgelaufen war.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Geheimschutzbeauftragte in den disziplinarrechtlich geahndeten Verfehlungen des Antragstellers hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und für seine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste erkannt hat. Mit dieser Einschätzung hat der Geheimschutzbeauftragte weder den anzuwendenden Begriff noch den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt; er hat insoweit auch nicht allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats können sich tatsächliche Anhaltspunkte, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und damit ein Sicherheitsrisiko begründen, unter anderem daraus ergeben, dass der Betroffene ein Dienstvergehen begangen hat, das auch ohne speziellen Bezug zu Geheimhaltungsbestimmungen wegen seiner Schwere oder seiner Begleitumstände Rückschlüsse auf Umstände erlaubt, die für die sicherheitsrechtliche Prognose von Bedeutung sind (vgl. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 19.05 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 19, vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 17.05 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 20 = NZWehrr 2006, 153 und vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 13.10 - Rn. 29). In Übereinstimmung hiermit nennt Hinweis Nr. 9 zu Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 (Anlage C 18) als Beispiel für entsprechende Anhaltspunkte Verstöße des Betroffenen gegen Dienstpflichten (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2009 - BVerwG 1 WB 53.08 - Rn. 30 m.w.N.). Dabei kommt der Gehorsamspflicht (§ 11 SG) ein besonderes Gewicht für die sicherheitsrechtliche Beurteilung zu.
Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass der Geheimschutzbeauftragte die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers als Geheimnisträger mit den beschriebenen Verstößen gegen die Befehls- und Weisungslage für das Einsatzgeschwader Termez begründet hat. Ohne Rechtsfehler hat der Geheimschutzbeauftragte dem Fehlverhalten des Antragstellers eine erhebliche sicherheitsrechtliche Relevanz beigemessen, obwohl es sich bei dem Vorfall im Juni 2006 um ein erstmaliges Versagen gehandelt hat. Insoweit hat der Geheimschutzbeauftragte zutreffend hervorgehoben, dass den einschlägigen Geschwaderbefehlen und den entsprechenden Befehlen und Weisungen vor Ort in einem Staat mit besonderen Sicherheitsrisiken wie Usbekistan ganz besondere Bedeutung zukommt. Der Antragsteller war als Teilnehmer an zahlreichen Auslandseinsätzen in Termez/Usbekistan und in seiner herausgehobenen Funktion als Vorgesetzter und Fachgruppenleiter TSO eine exponierte Persönlichkeit, die zudem vielen usbekischen Staatsangehörigen bekannt war. Gerade in dieser Funktion war er verpflichtet, stringenten Vorgaben, die insbesondere der Sicherheit des Einsatzgeschwaders dienen sollten, ohne die geringste Einschränkung Folge zu leisten. Diesen speziellen Anforderungen an seine Tätigkeit in Termez hat der Antragsteller mit seinem Fehlverhalten nicht Rechnung getragen. Deshalb ist die - nicht zuletzt durch die gesetzliche Vorrangregelung in § 14 Abs. 3 Satz 2 SÜG gestützte - Einschätzung des Geheimschutzbeauftragten gerechtfertigt, dass der Antragsteller infolge seiner Nachlässigkeit gegenüber verpflichtenden Geschwaderbefehlen auch im Bereich einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nicht hinreichend vertrauenswürdig und nicht hinreichend zuverlässig ist. Nicht nur, aber gerade auch im Umgang mit geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen muss sich die militärische Führung auf die strikte Einhaltung bestehender Befehle, Weisungen und sonstiger Regelungen jederzeit und ohne weitere Nachprüfung verlassen können.
Der Geheimschutzbeauftragte hat seine Entscheidung - außer auf die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers, die bereits für sich genommen zur Feststellung eines Sicherheitsrisikos nötigten - daneben darauf gestützt, dass tatsächliche Anhaltspunkte eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit begründeten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 2 ZDv 2/30). Er hat diese Gefährdung daraus hergeleitet, dass es zur Methodik fremder Nachrichtendienste gehöre, Personen anzusprechen, die durch ihr Verhalten - hier insbesondere durch den Verstoß gegen Befehle und Weisungen, die dem Schutz der Kontingentangehörigen dienten - den Schluss auf ein nicht ausreichend ausgeprägtes Sicherheitsbewusstsein zuließen. Diese Einschätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil der Antragsteller als langjährig in zahlreichen Einsätzen in Termez/Usbekistan tätiger Offizier dort eine bekannte Persönlichkeit geworden ist, die ohne Weiteres im Blickfeld fremder Nachrichtendienste stehen kann.
Nicht zu beanstanden ist schließlich die vom Geheimschutzbeauftragten getroffene Prognose der künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Antragstellers (zu den Voraussetzungen der Prognose im Einzelnen: Beschlüsse vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 -, vom 27. September 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 7.07 - Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 13 und vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 22.08 - Rn. 29). Er hat aus den Rechtsverstößen des Antragstellers die Besorgnis abgeleitet, dass dieser im Rahmen der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit Sicherheitsbestimmungen ebenfalls nicht hinreichend beachten könnte, und deshalb - auch nach Prüfung eines milderen Mittels - keine positive Prognose für den Antragsteller ausgesprochen. Dem Verhältnismäßigkeitsprinzip als einem allgemeingültigen Wertmaßstab hat der Geheimschutzbeauftragte dadurch Rechnung getragen, dass er eine Verkürzung der Frist für eine Wiederholungsprüfung eingeräumt hat. Grundsätzlich durfte er dem Antragsteller aber noch über eine gewisse Zeit eine Bewährung abverlangen, die belegt, dass eine Verhaltensänderung eingetreten ist, die auch eine nachhaltige Bestätigung finden und von Bestand sein wird (vgl. dazu Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 16.10 - Rn. 40
Verfahrensfehler weist die angefochtene Entscheidung nicht auf. Der Antragsteller hatte gemäß § 14 Abs. 3 Satz 3 und § 6 Abs. 1 SÜG Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
2. Der Antrag gegen den Bescheid des Geheimschutzbeauftragten vom 16. Februar 2011 ist ebenfalls unbegründet.
Auch dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Es besteht auch kein Anspruch auf Neubescheidung.
Für die sachliche Zuständigkeit des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung gelten die oben gemachten Ausführungen entsprechend. Der Geheimschutzbeauftragte hat im Rahmen seiner Fachaufsicht die Entscheidung über die Sicherheitsüberprüfung (Ü 1 - Sabotageschutz) an sich gezogen.
Die Feststellung im Bescheid vom 16. Februar 2011, dass in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko vorliegt, hält die Grenzen des oben dargestellten Beurteilungsspielraumes ein. Auch bei dieser Feststellung ist der Geheimschutzbeauftragte nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen.
Bei der Sachverhaltserfassung hat er die rechtskräftige Verurteilung des Antragstellers wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort durch den Strafbefehl des Amtsgerichts H. vom 5. August 2009 und die Anordnung eines Fahrverbotes für die Dauer eines Monats berücksichtigt. Außerdem hat er die Erklärungen des Antragstellers bei der Befragung durch den MAD am 1. September 2010 und bei der persönlichen Anhörung durch den Geheimschutzbeauftragten am 12. Januar 2010 sowie die Unterlassung einer Anzeige des Fahrverbotes an den Disziplinarvorgesetzten in den Sachverhalt einbezogen. Ferner hat er den Inhalt der Stellungnahmen des Antragstellers und seines Bevollmächtigten vom 22. November 2010 bzw. vom 12. Januar 2011 in seinem Begründungsschreiben vom 16. Februar 2011 aufgegriffen und im Einzelnen gewürdigt. Diesen Erkenntnisquellen hat er aus den unten erläuterten Gründen willkürfrei entnommen, dass der Antragsteller eine Straftat nach § 142 Abs. 1 StGB begangen hat.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Geheimschutzbeauftragte in der strafrechtlich geahndeten Verfehlung des Antragstellers und in seinen unwahren bzw. unvollständigen Angaben gegenüber dem MAD, gegenüber dem Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung und gegenüber dem Disziplinarvorgesetzten hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit erkannt hat. Mit dieser Einschätzung hat der Geheimschutzbeauftragte auch bei dieser Feststellung weder den anzuwendenden Begriff noch den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt; er hat insoweit auch nicht allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.
Tatsächliche Anhaltspunkte, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG in Verbindung mit Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (hier im Sinne des § 1 Abs. 4 SÜG) und damit ein Sicherheitsrisiko begründen, können sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats unter anderem daraus ergeben, dass der Betroffene eine für die sicherheitsrechtliche Prognose relevante Straftat begangen hat (vgl. z.B. Beschluss vom 30. Mai 2012 - BVerwG 1 WB 58.11 - Rn. 35 m.w.N.).
Das Delikt des unerlaubten Entfernens vom Unfallort hat der Geheimschutzbeauftragte aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts H. zugrunde gelegt. Da diesem Strafbefehl eine Bindungswirkung wie etwa dem rechtskräftigem Urteil eines Strafgerichts nicht zukommt (vgl. dazu: Beschluss vom 30. Mai 2012 - BVerwG 1 WB 58.11 - Rn. 36 - 39), hat er in einer eigenständigen Beweiswürdigung in sich schlüssig und widerspruchsfrei ausgeführt, dass der Antragsteller dieses Delikt tatsächlich begangen hat. Er hat dabei insbesondere die Erklärung des Antragstellers gewürdigt, dass dieser in der Befragung zum Unfallhergang gegenüber der Polizei eingeräumt habe, er habe den Unfall verursacht und auch bemerkt. Die Äußerung des Antragstellers, er habe einen karierten Zettel mit seinen persönlichen Daten an der Frontscheibe des geschädigten Fahrzeugs hinterlassen, hat der Geheimschutzbeauftragte schlüssig und nachvollziehbar als unglaubwürdig gewertet, weil der Geschädigte ausgesagt habe, nur die beiden - in Kopie vorliegenden - Zettel eines Zeugen mit dem Namen des Zeugen und dessen Telefonnummer und der Mitteilung des Unfalls vorgefunden zu haben. Ein Zettel aus kariertem Papier mit den Daten des Antragstellers sei hingegen nicht auffindbar gewesen. Deshalb sei der Geschädigte nur aufgrund der Zettel des Zeugen in der Lage gewesen, die Anzeige gegen den Antragsteller zu erstatten. Abgesehen davon wäre auch dann, wenn der Antragsteller die von ihm behauptete Nachricht am geschädigten Fahrzeug hinterlassen hätte, seine Wartepflicht als Unfallverursacher nicht entfallen (vgl. Kammergericht Berlin, Urteil vom 16. Februar 1998 - <3> 1 Ss 153/97 <88/97> - juris Rn. 7).
Ohne Rechtsfehler hat der Geheimschutzbeauftragte dieses Verhalten des Antragstellers als ein ernstzunehmendes sicherheitsrelevantes Fehlverhalten gewertet. Entzieht sich ein Soldat nach einem von ihm verursachten Verkehrsunfall durch eine Verkehrsunfallflucht der Verantwortung für den von ihm angerichteten Schaden, lässt er eine charakterliche Einstellung erkennen, aus der sich gewichtige Zweifel an seiner Vertrauenswürdigkeit und an seiner dienstlichen Zuverlässigkeit ergeben. Ein derartiges Verhalten zeigt in aller Regel eine verantwortungslose Haltung des Kraftfahrers, der sich auf diese Weise nicht nur der Feststellung seiner Person und seiner Beteiligung an dem Unfall, sondern auch den berechtigten Ansprüchen des Geschädigten entzieht (vgl. zum Ganzen: Urteil vom 17. Oktober 2006 - BVerwG 2 WD 21.05 - Rn. 28, 30). Die Bereitschaft, sich nach einem Verkehrsunfall sofort der Verantwortung für den verursachten Schaden offen und ohne Ausflüchte zu stellen, weist im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Betroffenen einen ähnlichen Bezug zu geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen auf wie die Pflicht, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG). Diese Pflicht hat nach der Rechtsprechung des Senats ein besonderes Gewicht für die sicherheitsrechtliche Beurteilung. Beim Umgang mit sicherheitsrelevantem Material kommt der Bereitschaft, etwaiges Fehlverhalten umgehend und wahrheitsgemäß offenzulegen und damit zur möglichst schnellen und umfassenden Schadensbegrenzung beizutragen, besondere Bedeutung zu. Zweifel an dieser Bereitschaft begründet, wer versucht, sich durch eine Verkehrsunfallflucht oder durch unwahre Angaben in dienstlichen Angelegenheiten seiner Verantwortung zu entziehen (vgl. dazu im Einzelnen: Beschluss vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 25 jeweils Rn. 41).
Zutreffend hat der Geheimschutzbeauftragte erhebliche sicherheitsrechtliche Bedenken außerdem aus dem Umstand abgeleitet, dass der Antragsteller seinem Disziplinarvorgesetzten nicht die Verhängung eines einmonatigen Fahrverbotes durch das Amtsgericht H. mitgeteilt hat. Ausweislich seiner Personalgrundakte hat der Antragsteller am 30. Mai 1997 den Lehrgang "Kraftfahrer Klasse B (Fortgeschrittene)" erfolgreich abgeschlossen und gleichzeitig die 1. Ausbildungs- und Tätigkeitsbezeichnung "Kraftfahrer FE - KL B" zuerkannt erhalten. Am selben Tag wurde ihm der Führerschein der Bundeswehr (Listen-Nummer der KF-Ausbildungsstelle: 8456) ausgehändigt. Nach Nr. 405 ZDv 43/2 sind Fahrer von Dienstfahrzeugen verpflichtet, unverzüglich dem Disziplinarvorgesetzten oder einem ihm vergleichbaren Vorgesetzten die Anordnung eines Fahrverbotes zu melden. Diese Meldepflicht trifft entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht nur die Soldaten, die aktuell Fahrer bzw. Fahrerin eines Dienstfahrzeugs sind oder auf einem entsprechenden Dienstposten eingesetzt sind, sondern generell die Inhaber und Inhaberinnen einer Dienstfahrerlaubnis der Bundeswehr. Das folgt aus Nr. 201 ZDv 43/2, der zufolge die Dienstfahrerlaubnis der Bundeswehr in der für das Dienstfahrzeug erforderlichen Klasse grundsätzlich zum Fahren von Dienstfahrzeugen berechtigt und die Inhaber bzw. Inhaberinnen einer Dienstfahrerlaubnis oder Fahrberechtigung der Bundeswehr für Dienstfahrzeuge der Klasse B aus dienstlichen Gründen jederzeit durch die anordnungsbefugten Stellen nach Nr. 441 als Fahrer bzw. Fahrerin eines Dienstfahrzeugs der Bundeswehr eingesetzt werden können. Die Meldepflicht nach Nr. 405 ZDv 43/2 erstreckt sich deshalb auf jeden Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Fahrberechtigung der Bundeswehr für Dienstfahrzeuge der Klasse B. Zu diesen gehört der Antragsteller, der seinen Disziplinarvorgesetzten oder einen vergleichbaren Vorgesetzten über das rechtskräftig verhängte Fahrverbot unstreitig nicht in Kenntnis gesetzt hat.
Nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des Geheimschutzbeauftragten, dass der Antragsteller bei seiner Befragung durch den MAD am 1. September 2010 über den Besitz eines Bundeswehrführerscheins und über die Hinterlassung eines Zettels auf kariertem Papier am Fahrzeug des Geschädigten falsche Angaben gemacht bzw. gegenüber dem Geheimschutzbeauftragten bei der persönlichen Anhörung im Januar 2010 die Straftat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verschwiegen hat. Zutreffend hat der Geheimschutzbeauftragte ausgesprochen, dass der Antragsteller durch dieses Verhalten das Vertrauen, welches ihm der Dienstherr bei der Ausübung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entgegenbringen muss, nachhaltig geschädigt hat, indem er seiner Wahrheitspflicht nicht nachgekommen ist.
Ein Soldat ist als Betroffener einer Sicherheitsüberprüfung in seinen Äußerungen im Rahmen der Befragung durch den MAD (§ 3 Abs. 2, § 35 Abs. 3 SÜG in Verbindung mit Nr. 2604 <4> Nr. 1 ZDv 2/30) und im Rahmen seiner Anhörung nach § 6 Abs. 1, Abs. 3 SÜG an die Wahrheitspflicht nach § 13 Abs. 1 SG gebunden.
Nach dieser Vorschrift ist der Soldat verpflichtet, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen. Der Begriff der "dienstlichen Angelegenheiten" erstreckt sich nicht nur im engeren Sinne auf den eigentlich militärischen Bereich, sondern auch auf alle mit dem Dienst zusammenhängenden Vorgänge (Urteile vom 19. März 1991 - BVerwG 2 WD 50.90 - BVerwGE 93, 52, 54 und vom 27. August 2003 - BVerwG 2 WD 5.03 - BVerwGE 119, 1, 2), die den Bereich der Bundeswehr als Teil der Exekutive berühren (Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Auflage 2010, § 13 Rn. 18; Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 8. Auflage 2008, § 13 Rn. 2). Die Wahrheitspflicht gilt hingegen nicht für Aussagen eines beschuldigten Soldaten im Strafverfahren, im gerichtlichen Disziplinarverfahren, in gerichtlichen Antrags- und Beschwerdeverfahren sowie in Verfahren vor Exekutivorganen, die nicht der Bundeswehr angehören (Walz et al. a.a.O., § 13 Rn. 19 ff.; Scherer et al. a.a.O. § 13 Rn. 3; vgl. auch Urteil vom 11. Juli 1968 - BVerwG 2 WD 13.68 und BVerwG 2 WD 14.68 - BVerwGE 33, 168). § 32 Abs. 4 Satz 4 WDO zieht für das vorgerichtliche Ermittlungsverfahren die Grenze zum Selbstbelastungsverbot in der Weise, dass der Soldat darin zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet ist, wenn er sich nach Belehrung zur Aussage entschließt.
Zu den "dienstlichen Angelegenheiten" gehören - neben den unter Berücksichtigung des § 13 Abs. 5 SÜG abgegebenen Sicherheitserklärungen (vgl. dazu Beschluss vom 28. Februar 2012 - BVerwG 1 WB 28.11 - Rn. 35 m.w.N.) - auch Erklärungen eines Soldaten als betroffene Person im Rahmen der Befragung durch die mitwirkende Behörde (MAD) und im Rahmen der Anhörung nach § 6 Abs. 1, Abs. 3 SÜG, wenn er von der Gelegenheit zur Stellungnahme Gebrauch macht. Diese Äußerungen stehen nicht im Kontext eines "repressiven" Straf- oder gerichtlichen Disziplinarverfahrens, das mit der Verfahrensgarantie des Grundsatzes, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten (Selbstbelastungsfreiheit), ausgestattet ist. Die Sicherheitsüberprüfung verfolgt demgegenüber ausschließlich präventive Ziele zum Schutz der Sicherheitsinteressen der Bundeswehr. Das ergibt sich aus § 1 und § 14 Abs. 3 Satz 2 SÜG und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, der zufolge die Feststellung eines Sicherheitsrisikos eine Maßnahme der vorbeugenden Gefahrenabwehr mit einer prognostischen Risikoeinschätzung darstellt (vgl. z.B. Beschluss vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 58.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 22 Rn. 29). Die Äußerungen des betroffenen Soldaten in diesem Verfahren erfolgen im engsten Sinne im Rahmen einer "dienstlichen Angelegenheit". Denn sie stehen im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die dienstliche Verwendung des betroffenen Soldaten in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit in Betracht kommt (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1, Abs. 3 SÜG und § 35 Abs. 3 SÜG in Verbindung mit Nr. 2604 <4> Nr. 1 ZDv 2/30).
Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, im Erörterungstermin am 12. Januar 2010 habe er die Unfallflucht nicht erwähnen müssen, weil es in diesem Gespräch mit dem Geheimschutzbeauftragten nur um den der Disziplinarbuße zugrundeliegenden Vorfall gegangen sei. Insoweit hat der Geheimschutzbeauftragte - vom Antragsteller nicht bestritten - in seinem Begründungsschreiben vom 16. Februar 2011 im Einzelnen ausgeführt, dass bei der Erörterung des weiteren Vorgehens, insbesondere für die in Erwägung gezogene Sicherheitsüberprüfung Ü 1, ausdrücklich der Hinweis gegeben worden sei, dass keine weiteren sicherheitserheblichen Erkenntnisse hinzukommen dürften, und dass der Antragsteller daraufhin erklärt habe, dass dies nicht passieren werde. Daraus lässt sich entnehmen, dass der Themenkreis im Erörterungstermin beim Geheimschutzbeauftragten die Gesamtsituation bezüglich aller sicherheitserheblichen Erkenntnisse über den Antragsteller betraf und insbesondere auch das Problem umfasste, ob weitere, dem Geheimschutzbeauftragten noch nicht bekannte sicherheitserhebliche Erkenntnisse aufgetreten waren. Deshalb traf den Antragsteller im Rahmen dieses Erörterungstermins eine umfassende Mitteilungspflicht, die seine strafgerichtliche Verurteilung durch das Amtsgericht H. einschloss. Die dem Antragsteller in diesem Gespräch unstreitig angebotene und von ihm akzeptierte Möglichkeit der Einleitung einer Sicherheitsüberprüfung der Stufe Ü 1 konnte bei objektiver Betrachtung nur dann sinnvoll sein und in Betracht kommen, wenn über den Antragsteller keine weiteren sicherheitserheblichen Erkenntnisse vorliegen würden.
Die Rechtsauffassung des Antragstellers, er sei zu (wahrheitsgemäßen) Meldungen und Aussagen nicht verpflichtet, wenn und solange er "nicht im Besitz einer Ü" sei, geht fehl. Der präventive Schutzzweck eines eingeleiteten Sicherheitsüberprüfungsverfahrens und die damit verbundene Bindung des betroffenen Soldaten an die Wahrheitspflicht aus § 13 Abs. 1 SG gilt auch für Soldaten, die (noch) nicht oder nicht mehr über einen positiven Sicherheitsbescheid des zuständigen Geheimschutzbeauftragten verfügen.
Die erforderlichen Prognoseerwägungen des Geheimschutzbeauftragten lassen keine Rechtsfehler erkennen. Insbesondere hat der Geheimschutzbeauftragte zutreffend hervorgehoben, dass eine positive Prognose für den Antragsteller nicht möglich sei, weil er die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in der erweiterten Sicherheitsüberprüfung Ü 2 nicht zum Anlass genommen habe, eine Verhaltensänderung zu bewirken. Der Geheimschutzbeauftragte hat auch die Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips und der allgemeingültigen Wertmaßstäbe bei seiner Entscheidung beachtet, indem er ausdrücklich die Möglichkeit einer (erneuten) Auflagenentscheidung und der Verkürzung der Frist für eine Wiederholungsüberprüfung geprüft, angesichts des Verhaltens des Antragstellers und der fehlenden positiven Prognose jedoch ausgeschlossen hat.
Weitere Einwände gegen die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten wie etwa eine Verletzung von Verfahrensvorschriften sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.