Entscheidungsdatum: 09.07.2015
1. Die Ablehnung der Richterin am Bundesgerichtshof Dr. F. wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision wird als unzulässig verworfen.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 18. September 2014 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Dem Urteil ist eine verfahrensfördernde Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen (UA S. 18). Gegen den Mitangeklagten P. ist das Urteil rechtskräftig.
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
Sein Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I. Die Ablehnung der Richterin am Bundesgerichtshof Dr. F. ist unzulässig (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
1. Mit Schreiben vom 12. April 2015 hat der Angeklagte den "kompletten" Strafsenat wegen Befangenheit abgelehnt, weil er verschiedene Anträge des Angeklagten nicht (sofort) beantwortet und keine Eingangsbestätigung für seine Schreiben erteilt habe. Von der gemäß § 27 Abs. 1 StPO zuständigen Besetzung wurde die Ablehnung dahin interpretiert, dass nicht der gesamte Strafsenat, sondern nur die für den Fall zuständige Spruchgruppe abgelehnt ist. Es wurden dienstliche Äußerungen der abgelehnten Richter eingeholt und dem Angeklagten zugesandt. Nach Erhalt der dienstlichen Äußerungen des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden, aus denen sich ergab, dass die Sache im Senat bereits intensiv bearbeitet wurde, hat der Angeklagte mit Schreiben vom 22. Mai 2015 seinen "Befangenheitseinwand" zurückgezogen.
Nach Erhalt der weiteren drei dienstlichen Äußerungen teilte der Angeklagte durch Schreiben vom 28. Mai 2015 mit, dass er den Befangenheitsantrag erneut stelle, wobei er seine Ablehnung ausdrücklich auf Frau Richterin am Bundesgerichtshof Dr. F. beschränkte. Diese hatte in ihrer dienstlichen Äußerung geschrieben, dass es zutreffend sei, dass sie bislang auf Anträge und Schreiben des Angeklagten nicht geantwortet habe. Der Angeklagte ist der Auffassung, sie habe "lakonisch und gleichgültig nur einen Satz" geschrieben, seine "Korrespondenz ignoriert", es mangle am "Informationsaustausch".
Durch Beschluss vom 24. Juni 2015 wurde von der gemäß § 27 Abs. 1 StPO zuständigen Besetzung festgestellt, dass das Befangenheitsgesuch vom 12. April 2015, welches sich gegen jedes Mitglied der Spruchgruppe richtete, vom Angeklagten mit Schreiben vom 22. Mai 2015 zurückgenommen wurde.
2. Das Schreiben des Angeklagten vom 28. Mai 2015 ist dahin zu verstehen, dass er ausschließlich Richterin am Bundesgerichtshof Dr. F. ablehnt.
Die Ablehnung weiterer Richter wäre ohnehin unzulässig, weil kein Grund zur Ablehnung angegeben wurde (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
Auch die Ablehnung von Richterin am Bundesgerichtshof Dr. F. ist unzulässig.
a) Eine Wiederholung der Ablehnung aus demselben Grund ist unzulässig (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 58. Aufl. 2015, Rn. 3 zu § 26 und Rn. 4b zu § 26a). Der "Grund" der Ablehnung ist inhaltlich derselbe wie in der ersten (zurückgenommenen) Ablehnung. Der Vorwurf ging und geht im Kern dahin, dass seine Schreiben nicht beantwortet wurden. Die dienstliche Äußerung ist danach kein neuer Grund, sondern - aus Sicht des Angeklagten - nur ein Beleg für seine ursprüngliche Behauptung. Inhaltlich wird kein neuer Grund vorgetragen, so dass die erneute Ablehnung schon von daher unzulässig ist.
b) Es kann offen bleiben, ob die Ablehnung auch deshalb unzulässig ist, weil der Angeklagte kein Mittel zur Glaubhaftmachung angegeben hat (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
c) Die Ablehnung ist weiter unzulässig, weil kein Grund zur Ablehnung angegeben wurde (§ 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
Das Vorbringen des Angeklagten war zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet; ein solcher Fall steht dem gänzlichen Fehlen einer Begründung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO gleich (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014 - 3 StR 262/14, NStZ 2014, 725 f.; BGH, Beschluss vom 15. November 2012 - 3 StR 239/12, NStZ-RR 2013, 153; Meyer-Goßner/Schmitt aaO, Rn. 4a zu § 26a m. zahlr. w.N.).
Bei der Prüfung, ob die für eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gegebene Begründung in dem genannten Sinne völlig ungeeignet ist, muss allerdings Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in den Blick genommen werden, weil von der richterlichen Beurteilung des Ablehnungsgesuchs als zulässig oder unzulässig die Zusammensetzung der Richterbank abhängt. Die Vorschrift des § 26a StPO ist deshalb eng auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2005 -2 BvR 625/01 und 2 BvR 638/01, NJW 2005, 3410).
Dass ein Beisitzer des Senats mit dem Angeklagten keinen Informationsaustausch führt, ist eine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist die dem Angeklagten ohnehin bekannte Mitteilung, dass Richterin am Bundesgerichtshof Dr. F. bislang auf Anträge und Schreiben nicht geantwortet habe, offensichtlich völlig ungeeignet, ein Ablehnungsgesuch zu rechtfertigen.
Dies gilt hier umso mehr als der Angeklagte bereits über sein Generalkonsulat in Kenntnis gesetzt wurde, wie er in seinem ersten Befangenheitsgesuch vom 12. April 2015 bestätigt, dass der Bundesgerichtshof nicht verpflichtet ist, alle eingehenden Schreiben zu beantworten. Es liegt auf der Hand, dass in der fehlenden Beantwortung eines Schreibens eines Angeklagten nicht impliziert zu sehen ist, dass sein Vorbringen bei der Beratung im Senat nicht gewürdigt wird.
Sein Vorbringen, aus der fehlenden Beantwortung seiner Schreiben sei Befangenheit zu besorgen, ist daher ohne nähere Prüfung und losgelöst von den konkreten Umständen des Einzelfalles zur Begründung der Besorgnis gänzlich ungeeignet.
Es ist noch weniger geeignet, als eine bloße prozessordnungsgemäße Mitwirkung an einer Vorentscheidung oder eine bloße Vorbefassung mit der Sache, die zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet sind (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO, Rn. 4a zu § 26a).
II. Der Wiedereinsetzungsantrag war als unzulässig zu verwerfen.
Der Angeklagte hat weder Tatsachen zur Begründung seines Antrags, weshalb er ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten (§ 44 Satz 1 StPO) vorgetragen noch glaubhaft gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Er hat auch nicht innerhalb der Frist die versäumte Handlung nachgeholt (§ 45 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Soweit der Angeklagte einen Zusammenhang zwischen Wiedereinsetzungsantrag und seinem Protokollberichtigungsantrag sieht, ist darauf hinzuweisen, dass das (hierfür zuständige) Landgericht seinen Antrag auf Protokollberichtigung durch Beschluss vom 19. Februar 2015 abgelehnt hat und auch sein Wiedereinsetzungsgesuch als unzulässig zurückgewiesen hat.
Für die Nachholung von Verfahrensrügen der bereits formgerecht begründeten Revision (hier durch die erhobene Sachrüge), kann dem Angeklagten, der mit seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung anwesend war, Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht bewilligt werden (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 2 StR 396/14, auch die Nachweise zur st. Rspr. bei Meyer-Goßner/Schmitt aaO, Rn. 7 zu § 44). Ein Ausnahmefall liegt hier ersichtlich nicht vor. Ohnehin hat hier der Angeklagte nicht eine § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge nachgeholt bzw. erhoben (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. April 2015 - 4 StR 509/14).
III. Ein extremer Ausnahmefall, wonach bei einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation ein Verfahrenshindernis angenommen werden kann, (vgl. hierzu BVerfG, 2. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - 2 BvR 209/14, 2 BvR 240/14, 2 BvR 262/14), liegt hier nach den getroffenen Feststellungen ersichtlich nicht vor.
IV. Eine § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge ist nicht erhoben und nach den zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 29. Januar 2015, die durch das weitere - urteilsfremde - Vorbringen des Angeklagten nicht entkräftet werden, ohnehin unbegründet.
V. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
1. Die Beweiswürdigung weist keinen Rechtsfehler auf.
Die Feststellungen beruhen auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten, das durch weitere Beweismittel verifiziert wurde, so durch die Angaben des Mitangeklagten und durch die Aussagen zweier polizeilichen Sachbearbeiter (UA S. 11).
Soweit der Angeklagte - insbesondere mit urteilsfremdem Vorbringen -eine eigene Beweiswürdigung vornimmt, kann er damit in der Revisionsinstanz nicht gehört werden.
Eine formgerechte Verfahrensrüge (insbesondere Aufklärungsrüge) hat er nicht erhoben.
2. Die fehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch.
Der Tatrichter durfte in den Fällen und II.3. der Urteilsgründe davon ausgehen, dass mit einer "nicht geringen Menge" Handel getrieben wurde. Das Landgericht hat zwar nicht ausdrücklich angegeben, von welchem Grenzwert der nicht geringen Menge an Fentanyl es ausgegangen ist.
Der Senat hat aber schon in dem Verfahren 1 StR 215/12 durch Beschlussverwerfung nach § 349 Abs. 2 StPO keine Bedenken gegen einen Grenzwert von 75 mg geäußert und hat in seinem Beschluss vom 10. März 2015 (1 StR 64/15) bestätigt, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge an Fentanyl rechtsfehlerfrei auf eine Wirkstoffmenge von 75 mg festgesetzt wurde. Nachdem das Verfahren 1 StR 215/12 ebenfalls vom Landgericht Nürnberg-Fürth kam, ist davon auszugehen, dass dieses sich rechtsfehlerfrei an der Wirkstoffmenge von 75 mg orientiert hat. Da im Falle II.1. der Urteilsgründe mit 126 mg Fentanyl und im Falle II.3. der Urteilsgründe mit 487,2 mg Fentanyl Handel getrieben wurde, war der Grenzwert der nicht geringen Menge jeweils überschritten.
3. Der Strafausspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Das Landgericht hat neben seinem umfassenden Geständnis ausdrücklich zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass "sämtliche Taten polizeilich überwacht wurden und die gegenständlichen Betäubungsmittel vollständig polizeilich sichergestellt werden konnten" (UA S. 13).
"Erheblich zugunsten" des Angeklagten wurde weiter gewertet, dass er zu den Taten durch eine polizeilich geführte Vertrauensperson provoziert wurde.
Das Landgericht durfte ohne Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten würdigen, dass es sich bei Methamphetamin und Fentanyl (vgl. hierzu auch Körner/Patzak/Volkmer BtMG, 7. Aufl., Stoffe Teil 1 Rn. 297, S. 1785) um sehr gefährliche Drogen mit hohem Suchtpotential handelt.
Die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit lassen - worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 29. Januar 2015 zutreffend hinweist -nicht besorgen, dass der Tatrichter übersehen hätte, dass Beihilfe einen vertypten Milderungsgrund darstellt, der bei der Prüfung eines minder schweren Falles heranzuziehen ist. Das maßgebliche Gewicht der Beihilfehandlung drängte auch nicht zur Annahme eines minder schweren Falles, da die Tätigkeit des Angeklagten nahe an einer Mittäterschaft lag.
Die Strafrahmenwahl ist daher rechtlich nicht zu beanstanden. Ohnehin kann bei der verhängten Strafe ausgeschlossen werden, dass es bei Bejahung eines minder schweren Falles statt einer Milderung gemäß §§ 27, 49 StGB zu einer milderen Strafe gekommen wäre.
Weder die verhängten Einzelstrafen noch die gebildete Gesamtstrafe haben sich nach oben von ihrer Bestimmung gelöst, gerechter Schuldausgleich zu sein.
4. Die Ausführungen des Tatrichters zur Nichtanordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
Sachverständig beraten legt das Landgericht dar, weshalb der Angeklagte keinen Hang hat, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.
VI. Im Revisionsverfahren ist die Sache nicht rechtsstaatswidrig (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) verzögert worden.
Der Generalbundesanwalt hat die Sache, die bei ihm im Januar 2015 einging, noch im Januar bearbeitet und dem Senat vorgelegt.
Der Angeklagte selbst hat mit Schreiben vom 3. Februar 2015 um Verlängerung der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO gebeten. Eine Verlängerung der gesetzlichen Frist kam zwar aus Rechtsgründen nicht in Betracht (vgl. Mey-er-Goßner/Schmitt aaO, Rn. 17 zu § 349 StPO mwN), doch wurde zugewartet, dass der Angeklagte zur Niederschrift des Urkundsbeamten beim Amtsgericht Würzburg eine weitere Gegenerklärung abgeben konnte. Für den vorgesehenen Beratungstermin am 15. April 2015 war ein umfangreicher Vermerk des Berichterstatters verteilt worden.
Da der Angeklagte mit Schreiben vom 12. April 2015 die zuständige Spruchgruppe ablehnte, konnte am 15. April 2015 keine Entscheidung in der Sache selbst getroffen werden. Nachdem das Befangenheitsgesuch von der gemäß § 27 Abs. 1 StPO zuständigen Besetzung am 24. Juni 2015 als zurückgenommen festgestellt wurde, ist - auch unter Beachtung des erneuten Ablehnungsantrags - bereits am nächsten Beratungstermin die Sache durch den Senat entschieden worden. Eine noch zügigere Behandlung der Sache hat der Angeklagte selbst durch seine Anträge verhindert.
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