Entscheidungsdatum: 25.04.2017
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 25. Januar 2016 werden verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Mit Urteil vom 9. Juli 2013 hatte das Landgericht den Angeklagten und zwei Mitangeklagte jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 69 Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und zudem den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 30.000 Euro angeordnet. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat der Senat in einem ersten Revisionsverfahren die Verurteilung des Angeklagten im Strafausspruch und im Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (Urteil und Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14). Der Schuldspruch wurde rechtskräftig.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen dieser Taten am 25. Januar 2016 (und nicht wie im Rubrum des angefochtenen Urteils angegeben am 29. Januar 2016) erneut zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Daneben hat es gegen ihn den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 20.000 Euro angeordnet. Zudem hat es festgestellt, dass im Zeitraum vom 29. Mai 2015 bis zum 17. November 2015 eine konventionswidrige Verfahrensverzögerung eingetreten ist.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte rügt mit seinem unbeschränkten Rechtsmittel allgemein die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und ebenfalls auf die Sachrüge gestützten Revision den Strafausspruch. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe den „Milderungsumständen“ einseitig zu hohes Gewicht beigemessen und insgesamt nicht mehr tat- und schuldangemessen niedrige Strafen verhängt. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
I.
Dem rechtskräftigen Schuldspruch gegen den Angeklagten wegen Beihilfe zur Hinterziehung von Energiesteuer durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 30 Abs. 2 Satz 4 EnergieStG sowie § 23 Abs. 6 Satz 3 EnergieStG, § 27 Abs. 1 StGB) in 69 Fällen liegt im Wesentlichen folgender, im Urteil des Senats vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14 näher ausgeführter, Sachverhalt zugrunde:
Die von den gesondert verfolgten G. und Ga. betriebene Firma Sy. Sp. (im Folgenden: Firma Sy. ) stellte aus mit behördlicher Erlaubnis steuerfrei bezogenem Dieselkraftstoff sowie Basisöl angeblich „Formenöl“ her. Das durch einfaches Vermischen von einem hohen Anteil an Dieselkraftstoff und einem geringen Anteil an Basisöl entstandene Gemisch war jedoch weiterhin als Kraftstoff verwendbar und somit Gasöl im Sinne der Kombinierten Nomenklatur (Verordnung [EG] Nr. 948/2009 der Kommission vom 30. September 2009 zur Änderung von Anhang I der Verordnung [EWG] Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, ABl. EU Nr. L 287 vom 31. Oktober 2009, S. 1). Das im Gegensatz zu „Formenöl“ der Energiesteuer unterliegende Mischprodukt wurde gezielt zur Verwendung als Kraftstoff hergestellt, worauf sich die behördliche Erlaubnis aber nicht erstreckte. Zum Nachweis der Eignung dieses „Formenöls“ als Kraftstoff für die Abnehmer, zugleich aber zur Verschleierung und eigenen Absicherung, sollten die Produkteigenschaften durch ein für das Prüfgebiet Mineralöl akkreditiertes Labor bestätigt werden.
Die aufgrund der zweckwidrigen Verwendung des steuerfrei bezogenen Dieselkraftstoffs entstandene Energiesteuer wurde weder angemeldet noch entrichtet. Insgesamt wurden im Zeitraum vom 5. August 2010 bis 12. Dezember 2011 in 69 Fällen insgesamt 32.483.922 Liter dieser Mischung ausgeliefert und mangels Abgabe von Steueranmeldungen Energiesteuer im Umfang von 15.280.436,91 Euro verkürzt.
Der Angeklagte war damit beauftragt worden, eine Betriebsstätte ausfindig zu machen und sodann in dem Betrieb als Vertrauensmann und Aufpasser vor Ort zu fungieren. Auf der Grundlage seiner Bemühungen konnte die Firma Sy. ein Biodieselwerk in Gr. als Betriebsstätte anmieten. Bei der Produktion fungierte der Angeklagte dann als Bindeglied zwischen G. und Ga. , die das hergestellte Gemisch als Kraftstoff insbesondere in Tschechien und Polen vermarkten wollten, und dem Mitangeklagten K. in seiner Funktion als Betriebsleiter der Firma Sy. in Gr. . Hierbei übermittelte er betriebsbezogene Informationen - etwa hinsichtlich des anzuwendenden Mischungsverhältnisses - in beide Richtungen. Dem Angeklagten kam zudem die Aufgabe zu, die Daten der Fahrer der Tankfahrzeuge, die das hergestellte Produkt abholten, zu überprüfen und dem Mitangeklagten K. die Freigabe der jeweiligen Lieferung mitzuteilen. Darüber hinaus übernahm er es, Proben zu einem Prüflabor zu bringen und für einen laufenden Bürobetrieb zu sorgen.
II.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist - wie auch der Generalbundesanwalt ausgeführt hat - wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
Zwar hat die Beschwerdeführerin beantragt, das Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft, im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben. Die Verfallsanordnung und deren Umfang beanstandet sie jedoch nicht.
Widersprechen sich aber Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung, ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 - 5 StR 545/16, Rn. 10, mwN). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat hier die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den Strafausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel den Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes (§ 73a StGB) auch in der Höhe nicht angreifen will.
2. Der den Angeklagten betreffende Strafausspruch hat Bestand.
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14, NStZ 2015, 466 und vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127 sowie Beschluss vom 13. Juni 2013 - 1 StR 226/13, wistra 2013, 471, jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine "Verletzung des Gesetzes" (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist dagegen ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349).
Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatgericht obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer oder ein besonders schwerer Fall vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts, welches Gewicht es den einzelnen Milderungsgründen im Verhältnis zu den Erschwerungsgründen beimisst; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. für das Vorliegen minder schwerer Fälle: BGH, Urteile vom 19. Januar 2017 - 4 StR 334/16; vom 14. Dezember 2016 - 2 StR 338/16 und vom 29. August 2001 - 2 StR 276/01, StV 2002, 20).
b) Grundlage für die Zumessung der Strafe ist bei einer Steuerhinterziehung - wie bei jeder anderen Straftat - die persönliche Schuld des Täters. Dabei sind auch die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind (§ 46 Abs. 1 StGB). § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB bestimmt, dass bei der Zumessung der Strafe die Umstände gegeneinander abzuwägen sind, die für und gegen den Täter sprechen. Namentlich kommen die in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB genannten Umstände in Betracht.
aa) Bei der Zumessung einer Strafe wegen Steuerhinterziehung hat das von § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB vorgegebene Kriterium der „verschuldeten Auswirkungen der Tat“ im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung besonderes Gewicht. „Auswirkungen der Tat“ sind insbesondere die Folgen für das durch die Strafnorm geschützte Rechtsgut. Das durch § 370 AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d.h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, Rn. 21, BGHSt 53, 71, 80; vom 1. August 2000 - 5 StR 624/99, BGHSt 46, 107, 120 und vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 5; Beschluss vom 23. März 1994 - 5 StR 91/94, BGHSt 40, 109, 111 und Urteil vom 1. Februar 1989 - 3 StR 179/88, BGHSt 36, 100, 102). Deshalb ist die Höhe der verkürzten Steuern ein bestimmender Strafzumessungsumstand i.S.d. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, Rn. 21, BGHSt 53, 71, 80 und Beschluss vom 18. März 1998 - 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270).
Dies gilt nicht nur für die Strafrahmenwahl (vgl. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO), sondern auch für die Strafzumessung innerhalb des vom Tatgericht zugrunde gelegten Strafrahmens. Dass der Hinterziehungsbetrag dann, wenn er hoch ist, ein auch für die konkrete Strafzumessung wichtiger Strafschärfungsgrund ist, zeigt insbesondere die gesetzgeberische Wertung in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO zur Hinterziehung in großem Ausmaß als Regelbeispiel eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, Rn. 22, BGHSt 53, 71, 80). Das Merkmal in großem Ausmaß ist bereits erfüllt, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 Euro übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28). Deshalb kommt bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, Rn. 42, BGHSt 53, 71, 86 und vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, Rn. 29, BGHSt 57, 123, 130 f.). Unerheblich ist dabei, ob dieser Hinterziehungsumfang durch eine einzelne Tat oder durch mehrere Einzeltaten erreicht worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - 1 StR 103/12, wistra 2012, 350).
bb) Auch wenn der Hinterziehungsbetrag ein bestimmender Strafzumessungsgrund für die Steuerhinterziehung ist, der eine an der Höhe der verkürzten Steuern ausgerichtete Differenzierung der Einzelstrafen nahelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 - 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270), kann allein das Ausmaß der Steuerverkürzung nicht in dem Sinne ausschlaggebend für die Strafhöhenbemessung sein, dass die Strafe gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages schematisch und quasi „tarifmäßig“ verhängt wird. Jeder Einzelfall ist vielmehr nach den von § 46 StGB vorgeschriebenen Kriterien zu beurteilen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2012 - 1 StR 423/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 26 sowie die Beispiele für Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründe in BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, Rn. 44 ff., BGHSt 53, 71, 81).
cc) Bei Tatserien ist zudem nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte Verkürzungsumfang maßgeblich für die Bemessung der Einzelstrafe; vielmehr muss auch bei der Zumessung der Einzelstrafen die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamthinterziehungsumfang in den Blick genommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, Rn. 48, BGHSt 53, 221, 232 mwN und Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11, NZWiSt 2012, 112; vgl. auch Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 24). Kommt bei Serienstraftaten in der systematischen Vorgehensweise ein besonderes Maß an krimineller Energie zum Ausdruck, kann auch dieser Gesichtspunkt und nicht der konkrete Verkürzungsumfang bei der Bestimmung der Einzelstrafen im Vordergrund stehen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 - 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270).
dd) In Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist für die Strafrahmenwahl nicht entscheidend, ob sich die Tat des Haupttäters, zu der Beihilfe geleistet wird, als besonders schwerer Fall erweist; zu prüfen ist vielmehr, ob sich die Beihilfe selbst - bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat - als besonders schwerer Fall darstellt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 6. September 2016 - 1 StR 575/15, NZWiSt 2016, 474 mwN und Beschluss vom 23. November 2000 - 3 StR 225/00, wistra 2001, 105). Dies gilt nicht nur in Fällen unbenannter besonders schwerer Fälle, sondern auch dann, wenn im Wege einer Gesamtwürdigung zu klären ist, ob die Indizwirkung eines oder mehrerer Regelbeispiele für besonders schwere Fälle widerlegt ist (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14, Rn. 6, wistra 2015, 235). Dabei kann bei Unterlassungstaten der Umstand, dass eine mangels eigener Erklärungspflicht nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, erheblich strafschärfend zu werten sein (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, Rn. 65, BGHSt 58, 218, 231). In Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls kann der Schuldgehalt (§ 29 StGB) der Beihilfetat sogar größer sein als der der Haupttat und trotz Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB eine Strafe rechtfertigen, die derjenigen für den Haupttäter gleichkommt oder sie sogar übersteigt (vgl. Schünemann in LK-StGB, 12. Aufl., § 27 Rn. 77 mwN).
c) Hieran gemessen haben sowohl die Einzelstrafen als auch der Gesamtstrafausspruch Bestand.
aa) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Einzelstrafen dem gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO) entnommen.
Nach den Urteilsfeststellungen verwirklichte der Angeklagte in allen Fällen das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles der Verkürzung von Verbrauchsteuern als Mitglied einer Bande (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO). Zudem erfüllte er in den Fällen 2 bis 16 sowie 21 bis 68 der Urteilsgründe das Regelbeispiel der Verkürzung von Steuern in großem Ausmaß (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO), weil in diesen Fällen der Hinterziehungsumfang die Schwelle von 50.000 Euro (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28) überstieg (UA S. 8). Der Umstand, dass das Landgericht insoweit trotz Anwendung zutreffender Maßstäbe die Fälle 2, 9 und 21 der Urteilsgründe nicht ausdrücklich genannt hat (UA S. 13), hat sich weder zum Vorteil noch zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.
Im Rahmen der jeweils vorzunehmenden Würdigung, ob ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO) gegeben ist, hat das Landgericht neben dem vertypten Milderungsgrund der Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 AO) in allen Fällen alle für die Wertung der Tat und des Täters wesentlichen Umstände berücksichtigt. Es hat dabei sowohl das „ganz erhebliche Gewicht der Beihilfehandlungen“ des Angeklagten in den Blick genommen als auch den Umstand, dass er „der Führungsebene der Bande zuzurechnen“ war, die sich zur fortgesetzten Hinterziehung von Energiesteuer verbunden hatte (UA S. 14).
bb) Auch im Übrigen hält die Strafzumessung rechtlicher Nachprüfung stand.
(1) Das Landgericht hat die Bemessung der Strafhöhen innerhalb des sich ergebenden Strafrahmens an den Grundsätzen des § 46 StGB ausgerichtet und dabei alle maßgebenden strafmildernden und strafschärfenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen. Die Zumessungserwägungen des Landgerichts sind weder lückenhaft noch verstoßen sie gegen anerkannte Strafzwecke.
Insbesondere hat das Landgericht nicht verkannt, dass die Höhe der Hinterziehungsbeträge in der Mehrzahl der Fälle „sechsstellig“ war (UA S. 16) und durch die Taten insgesamt Energiesteuer in Höhe von 15.280.436,91 Euro verkürzt wurde, der lediglich eine nachträgliche Tilgung der Steuerschuld im Umfang von 1.612.453,18 Euro gegenübersteht. Zu Lasten des Angeklagten hat das Landgericht auch gewertet, dass er gewerbsmäßig handelte und es sich bei den Taten um eine neue Erscheinungsform organisierter Kriminalität handelt, die von vornherein auf die Schädigung des Steueraufkommens in großem Umfang angelegt war und auch im konkreten Fall auf einem gut durchorganisierten und überaus profitablem Geschäftsmodell beruhte (vgl. zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung als Gewerbe: BGH, Urteil vom 29. November 2006 - 5 StR 324/06, wistra 2007, 145). Es hat dabei ebenfalls in den Blick genommen, dass aufgrund der grenzüberschreitenden Warenlieferungen und einer Bandenstruktur, bei der Hintermänner aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union heraus handelten, eine effektive Strafverfolgung deutlich erschwert war. Schließlich hat das Landgericht auch zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er der Führungsebene der Bande angehörte und zudem im laufenden Betrieb der Firma Sy. Beihilfehandlungen von erheblichem Gewicht vornahm.
Zu seinen Gunsten hat das Landgericht rechtsfehlerfrei neben der langen Verfahrensdauer berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war, nach Beendigung der verfahrensgegenständlichen Taten nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und einem Haftungsbescheid des Fiskus in Millionenhöhe ausgesetzt ist, der seine finanzielle Leistungsfähigkeit bei weitem überschreitet.
(2) Die 69 Einzelstrafen von sieben bzw. zehn Monaten Freiheitsstrafe wie auch die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sind zwar gemessen am Unrechts- und Schuldgehalt der Taten sehr milde. Dies stellt jedoch im Hinblick auf den vom Revisionsgericht zu beachtenden Prüfungsmaßstab (s.o.) noch keinen Rechtsfehler dar. Insbesondere lösen sich die verhängten Strafen noch nicht nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 27. Januar 2015 - 1 StR 142/14, NStZ 2015, 466 mwN).
(3) Auch mit ihren Einzelangriffen gegen die Strafzumessung des Landgerichts dringt die Staatsanwaltschaft nicht durch.
(a) Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das Landgericht habe die durch die einzelnen Straftaten verursachten „Steuerschäden“ nicht in den Blick genommen, was darin zum Ausdruck komme, dass es die Einzelstrafen nicht näher abgestuft, sondern pauschal Einzelfreiheitsstrafen von sieben bzw. zehn Monaten verhängt habe. Hiermit zeigt sie jedoch keinen Rechtsfehler bei der Strafzumessung auf.
Zwar erfordert das Schuldmaßprinzip (§ 46 Abs. 1 Satz 1 StGB) regelmäßig eine differenzierende Zumessung der Einzelstrafen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. November 2002 - 5 StR 361/02, NStZ-RR 2003, 72 und vom 29. Juni 2011 - 1 StR 136/11, wistra 2011, 423), die bei Steuerstraftaten eine an der Höhe der verkürzten Steuern ausgerichtete Differenzierung der Einzelstrafen nahelegt (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 - 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270). Dies schließt jedoch nicht aus, dass bei Steuerstraftaten - wie auch sonst bei Vermögensstraftaten -, denen gleichgelagerte Begehungsformen zugrunde liegen, eine Kategorisierung nach der Schadenshöhe erfolgen kann. Zwar muss diese immer am Maß des der konkreten Tat immanenten Schuldumfangs orientiert sein (BGH aaO NStZ-RR 2003, 72). Allerdings kann bei Tatserien der durch die Einzeltat verursachte Verkürzungsumfang gegenüber der systematischen Vorgehensweise zur Erreichung einer Gesamthinterziehung dergestalt in den Hintergrund treten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 1998 - 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270 sowie Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, Rn. 48, BGHSt 53, 221, 232 und Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11, wistra 2012, 151), dass Schwankungen bei den Verkürzungsbeträgen im Rahmen der fortgesetzten Tatbegehung bei der Bemessung der Einzelstrafen keine erhebliche Bedeutung mehr zukommt. Soweit dies der Fall ist, dürfen auch Taten mit unterschiedlichem Hinterziehungsumfang für die Bemessung der Einzelstrafen zu Gruppen zusammengefasst werden.
So verhält es sich auch hier. Das Landgericht hat erkennbar die systematische Vorgehensweise im Rahmen eines fortgesetzt und bandenmäßig betriebenen Hinterziehungsmodells zur Verkürzung von Steuern in Millionenhöhe, die beim Angeklagten ein besonderes Maß krimineller Energie erkennen lässt, bei der Bemessung der Einzelstrafen in den Vordergrund gestellt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. März 1998 - 5 StR 693/97, wistra 1998, 269, 270). Insbesondere angesichts der fortlaufenden Herstellung des „Formenöls“ im Zeitraum von August 2010 bis Dezember 2011, hinsichtlich deren lediglich die rechtlichen Besonderheiten des Straftatbestands der Steuerhinterziehung durch Unterlassen als Erklärungsdelikt zu insgesamt 69 Einzeltaten führten, ist es rechtlich noch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht für Taten mit Hinterziehungsbeträgen zwischen 13.878 Euro und 84.996 Euro ohne weitere Differenzierung Einzelfreiheitsstrafen von jeweils sieben Monaten und für Steuerverkürzungen mit einem Ausmaß zwischen 110.105 Euro und 413.233 Euro jeweils Freiheitsstrafen von zehn Monaten verhängt hat. Im Hinblick darauf, dass das Landgericht sämtliche Taten als der organisierten Kriminalität zuzurechnen und insgesamt als besonders sozialschädlich gewertet hat, war es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht gehalten, in den Strafhöhen zwischen den Taten vor und denen nach der Beschlagnahme eines Tankfahrzeugs mit „Formenöl“ durch die Zolldirektion Prag (UA S. 9) zu differenzieren.
(b) Soweit die Staatsanwaltschaft rügt, das Landgericht habe (entgegen § 50 StGB) den vertypten Strafmilderungsgrund der Beihilfe (§ 27 Abs. 2 Satz 2 StGB) im Rahmen der konkreten Strafzumessung ein zweites Mal zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, zeigt sie keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf.
Zwar trifft es zu, dass der Angeklagte, der innerhalb der Bande eine Führungsrolle einnahm, nur deshalb nicht als Mittäter, sondern lediglich als Gehilfe zu bestrafen war, weil ihn keine eigene Erklärungspflicht für die entstandene Energiesteuer traf (vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218). Das Landgericht hat jedoch den Umstand, dass der Angeklagte keine täterschaftlichen Tatbeiträge erbracht hat, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht innerhalb des gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmens ein weiteres Mal strafmildernd berücksichtigt. Vielmehr hat es im Gegenteil den Umstand, dass die Tatbeiträge des Angeklagten „von ganz erheblichem Gewicht“ waren, strafschärfend berücksichtigt. Es hat auch nicht, was rechtsfehlerhaft gewesen wäre (vgl. Jäger in Klein, AO, 13. Aufl., § 370 Rn. 61c mwN), den Umstand, dass der Angeklagte nicht in eigener Person zur Abgabe von Steueranmeldungen über die entstandene Energiesteuer verpflichtet war, als besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB angesehen.
(c) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft war das Landgericht trotz der Einbindung des Angeklagten in die Bandenstruktur nicht gehindert, den Umstand, dass der Angeklagte seit Beendigung der verfahrensgegenständlichen Taten im Jahr 2011 nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, strafmildernd zu berücksichtigen. Zwar lässt dieser Umstand die Taten nicht in einem milderen Licht erscheinen; jedoch kommt hierin eine Stabilisierung der Lebensverhältnisse des Angeklagten zum Ausdruck, die das Landgericht unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention innerhalb des Schuldrahmens jedenfalls berücksichtigen durfte (vgl. Eschelbach in SSW-StGB, 3. Aufl., § 46 Rn. 145).
(d) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht auch den Umstand strafmildernd herangezogen, dass gegen den Angeklagten wegen der Beihilfetaten ein Haftungsbescheid über 13.667.389,73 Euro ergangen ist.
Zwar kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die strafmildernde Berücksichtigung einer Heranziehung gemäß § 71 AO nur dann in Betracht, wenn der Betroffene nach den Umständen des Einzelfalls tatsächlich mit seiner Heranziehung rechnen muss und diese für ihn eine besondere Härte darstellen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Strafzumessung 25). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Landgericht aber rechtsfehlerfrei festgestellt. Es hat dabei nicht verkannt, dass die Haftungssumme die finanzielle Leistungsfähigkeit des Angeklagten bei weitem übersteigt. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft ist daher nicht zu besorgen, das Landgericht könnte bei der Strafzumessung verkannt haben, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten einen Ausgleich des Steuerschadens nicht zulassen.
(e) Soweit die Staatsanwaltschaft den Strafausspruch im Hinblick darauf angreift, dass die vom Senat mit der ersten Revisionsentscheidung beanstandeten Strafzumessungserwägungen weggefallen und neue strafmildernde Umstände nicht festgestellt worden seien, deckt sie ebenfalls keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler in der Strafzumessung auf.
Zwar hat im Falle der Zurückverweisung einer Sache das neue Tatgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 358 Abs. 1 StPO). Nach einer Aufhebung des Strafausspruchs ist es jedoch nicht gehindert, die für die Strafzumessung bedeutsamen Umstände anders als das bisherige Tatgericht zu gewichten und sogar dieselben Strafen zu verhängen, sofern es nicht auf die vom Revisionsgericht beanstandeten Strafzumessungserwägungen zurückgreift. Es darf ohne Rückgriff auf neue Umstände lediglich dann nicht zur selben Strafhöhe gelangen, wenn - was hier nicht der Fall war - das Revisionsgericht bei Aufhebung des Strafausspruchs zum Ausdruck gebracht hatte, dass die Urteilsgründe des Tatgerichts nicht die Schuldangemessenheit der Strafe belegten (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1992 - 5 StR 367/92, StV 1993, 26 und Beschluss vom 13. Juli 1993 - 5 StR 396/93, NStZ 1993, 552).
III.
Der Revision des Angeklagten bleibt ebenfalls der Erfolg versagt.
Die Strafzumessung und die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes (§ 73a StGB) weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB stand hier einer Verfallsanordnung nicht entgegen, weil der Angeklagte die erlangten Vermögenswerte nicht aus den Taten, sondern als Entlohnung für seine Tatbeteiligung erhalten hatte (zur Unanwendbarkeit von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB in diesen Fällen siehe BGH, Beschluss vom 13. März 2013 - 2 StR 275/12, wistra 2013, 347, 350 mwN). Aus dem von der Verteidigung angeführten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. Novem-ber 2000 im Verfahren 5 StR 371/00 (BGHR StGB § 73 Verletzter 3) ergibt sich nichts Gegenteiliges.
IV.
Graf |
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Jäger |
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Bellay |
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Radtke |
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Bär |
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