Entscheidungsdatum: 22.08.2013
1. Auf die Revision des Angeklagten S. das Urteil des Landgerichts Hof vom 16. April 2013
a) unter Erstreckung auf den Mitangeklagten P. dahingehend abgeändert, dass die Angeklagten der bewaffneten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen eines verbotenen Gegenstandes schuldig sind,
b) aufgehoben,
aa) soweit es den Angeklagten S. betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den dazu getroffenen Feststellungen,
bb) bezüglich des Angeklagten P. mit den Feststellungen im Strafausspruch und im Ausspruch über den Vorwegvollzug.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten und den nicht revidierenden Angeklagten P. jeweils wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz eines verbotenen Gegenstandes in Tateinheit mit vorsätzlichem Führen eines verbotenen Gegenstandes verurteilt. Den Angeklagten hat es deswegen mit einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten belegt. Gegen den Mitangeklagten hat es eine solche von sieben Jahren verhängt sowie dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) bei Vorwegvollzug der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten angeordnet.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
II.
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 17. Juli 2013 ohne Erfolg.
2. Das Urteil hat allerdings keinen Bestand, soweit der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Insoweit entbehrt der Schuldspruch einer ihn tragenden rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts kam der Angeklagte mit dem Mitangeklagten P. überein, mit dem Pkw des Angeklagten von Erfurt aus nach Cheb (Tschechien) zu fahren, um dort Methamphetamin für den gewinnbringenden Weiterverkauf im Inland zu erwerben. In Umsetzung dieses Plans erstand P. dort 38,38 g Methamphetamin mit einer Wirkstoffmenge von 15,66 g Methamphetaminbase. Er füllte die Drogen in die Kunststoffverpackungen von drei Überraschungseiern, zog darüber jeweils Kondome und führte sich die Verpackungen rektal selbst sein. Dieses Vorgehen von P. war dem Angeklagten bekannt. Bei der Wiedereinreise wurden die Angeklagten kontrolliert und die Drogen entdeckt. Auf dem Asia-Markt hatten beide Angeklagte zudem jeweils einen Schlagring erworben. Die Ringe verwahrten sie während der Rückfahrt im Fahrzeuginneren in einer an der Rückseite des Beifahrersitzes angebrachten Tasche.
b) Seine in den Feststellungen zum Ausdruck kommende Überzeugung, der Angeklagte habe gemeinschaftlich mit dem Mitangeklagten P. Methamphetamin erworben und in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt, um damit gewinnbringend Handel zu treiben, stützt das Tatgericht einerseits auf die desolate wirtschaftliche Situation beider Angeklagter sowie andererseits auf die Preisspanne zwischen dem jeweils näher festgestellten Einkaufspreis des Methamphetamins in Tschechien und dem in Erfurt erzielbaren Verkaufspreis sowie der aus dieser Differenz folgenden Gewinnspanne (UA S. 15 f.). Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend aufgezeigt hat, bieten diese vom Landgericht herangezogenen Indizien keine ausreichende Grundlage für die Feststellung, der Erwerb der Drogen in Tschechien habe für den Angeklagten dem gewinnbringenden Weiterverkauf und damit dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gedient.
Zwar muss das Revisionsgericht die subjektive Überzeugung des Tatrichters von dem Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts grundsätzlich hinnehmen (Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 177 mwN). Ebenso ist es ihm verwehrt, seine eigene Überzeugung an die Stelle der tatgerichtlichen Überzeugung zu setzen (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 20. Juni 2007 - 2 StR 161/07). Allerdings kann und muss vom Revisionsgericht überprüft werden, ob die Überzeugung des Tatrichters in den getroffenen Feststellungen und der ihnen zugrunde liegenden Beweiswürdigung eine ausreichende objektive Grundlage findet (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2008 - 3 StR 486/07). Die entsprechenden Grundlagen müssen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Deshalb müssen die Urteilsgründe des Tatgerichts erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Tatrichter gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2001 - 5 StR 520/01, StV 2002, 235 mwN; siehe auch KMR/Stuckenberg, StPO, § 261 Rn. 26 und 166 jeweils mit zahlr. Nachw.).
Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Tatgerichts im Hinblick auf die für das Vorliegen der Voraussetzungen des Handeltreibens erforderlichen Feststellungen nicht gerecht. Zwar können an sich schlechte wirtschaftliche Verhältnisse des Täters im Zusammenspiel mit der möglichen Gewinnspanne des Vertriebs von Betäubungsmitteln eine tragfähige Grundlage für die Annahme der Bestimmung erworbener Drogen für den gewinnbringenden Weiterverbrauch sein. Vorliegend trägt der vom Tatgericht gezogene Schluss angesichts der sonstigen vom ihm festgestellten Indizien als von einer "verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage" aus gezogen aber nicht. Denn das Tatgericht hat festgestellt, der Mitangeklagte P. konsumiere täglich selbst zwischen 1 bis 1 ½ g Methamphetamin. Dementsprechend hatte P. sich eingelassen, bei der transportierten Drogenmenge von etwas mehr als 38 g Methamphetamin handele es sich um den Monatsbedarf seines Eigenkonsums. Das Urteil ist, wie der Generalbundesanwalt ausgeführt hat, in sich widersprüchlich, wenn einerseits die genannte Tageskonsummenge festgestellt wird, andererseits aber die Einlassung des Mitangeklagten, es handele sich um Drogen für den Eigenkonsum, obwohl die Gesamtmenge gerade der monatlich benötigten Menge entspricht, für nicht glaubhaft gehalten wird (UA S. 16). Dass P. sich die monatlich für den Eigenbedarf benötigten Drogen anderweitig als durch die verfahrensgegenständliche Tat beschafft hat, wurde vom Tatrichter nicht festgestellt.
Vor diesem Hintergrund bildet allein die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis keine tragfähige Grundlage für den Schuldspruch wegen durch den Angeklagten mittäterschaftlich betriebenen Handels mit Betäubungsmitteln. Weitere Beweisanzeichen, die allein oder im Zusammenhang mit anderen tatsächlichen Umständen als objektive Grundlage aus rationalen Gründen den Schluss auf Handeltreiben zulassen würden, finden sich nicht. Die in den Urteilsgründen wiedergegebene Einlassung des Mitangeklagten P. ("Wir haben uns drüben eingedeckt") trägt zwar den Schluss des Tatgerichts auf die Kenntnis des Angeklagten von dem Ankauf und dem Transport der Drogen durch den Mitangeklagten, gibt aber für die Merkmale des Handeltreibens nichts her.
Zudem fehlt es, wie der Generalbundesanwalt ebenfalls zutreffend aufgezeigt hat, an Feststellungen, aus denen tragfähig auf den für das Handeltreiben erforderlichen Eigennutz des Angeklagten geschlossen werden kann.
3. Die im Übrigen auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen über die Kenntnis des Angeklagten von dem Vorhaben des Mitangeklagten P. , Methamphetamin in Cheb zu erwerben und in die Bundesrepublik einzuführen, tragen allerdings einen Schuldspruch wegen (gemeinschaftlicher) bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Senat vermag auszuschließen, dass durch einen neuen Tatrichter noch Feststellungen getroffen werden können, die die Voraussetzungen des Handeltreibens tragen könnten. Er stellt den Schuldspruch daher auf bewaffnete Einfuhr mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge um. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen. Der Angeklagte hätte sich nicht anders als geschehen verteidigen können.
4. Im Hinblick auf die Verurteilung wegen tateinheitlichen Führens und Besitzes eines verbotenen Gegenstandes hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"Der Schuldspruch ist auch hinsichtlich der tateinheitlich verwirklichten Waffendelikte zu korrigieren. Zwar steht das Führen mit Besitz regelmäßig in Tateinheit (vgl. nur Pauckstadt-Maihold in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 180. ErgLfg, WaffG § 52, Rn. 95 m.w.N.). Wird die tatsächliche Gewalt über einen verbotenen Gegenstand aber wie hier nur außerhalb der eigenen Wohnung ausgeübt, kommt nur eine Verurteilung wegen Führens in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2009 – 3 StR 226/09, BGHR WaffG § 52 Konkurrenzen 2). Die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes eines verbotenen Gegenstandes muss daher entfallen."
Dem stimmt der Senat zu.
5. Die vorgenommenen Änderungen im Schuldspruch ziehen die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich. Dies bedingt hier gleichfalls die Aufhebung der Feststellungen, die von dem Mangel beeinflusst sind.
6. Die weitergehende Revision des Angeklagten hat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
III.
Die Umstellung des Schuldspruchs ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auch auf den nicht revidierenden Mitangeklagten P. zu erstrecken.
1. Die vorstehend unter II.2. dargelegten rechtlichen Erwägungen, die zu der Schuldspruchänderung und der Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch in Bezug auf den Angeklagten geführt haben, müssen auch bei dem Mitangeklagten zu der entsprechenden Änderung des Schuldspruchs führen (zu diesem Maßstab Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 17; SK-StPO/Wohlers, 38. Lfg., Stand: 2004, § 357 Rn. 34 jeweils mwN). Da ersichtlich auch gegen den Mitangeklagten keine anderweitigen Erkenntnismöglichkeiten vorhanden sind, beruht die Annahme von Handeltreiben auf keiner hinreichend sicheren Tatsachengrundlage.
Die ansonsten rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen aber auch hier die Verurteilung des Mitangeklagten wegen (gemeinschaftlicher) bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Führens eines verbotenen Gegenstandes.
2. Dies bedingt gleichfalls die Aufhebung des Strafausspruchs mit den Feststellungen.
Die Anordnung der Unterbringung des Mitangeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB weist dagegen keinen Rechtsfehler auf. Diese bleibt daher bestehen. Um dem neuen Tatrichter eine auf die neu festzulegende Strafe abgestimmte Anwendung von § 67 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 StGB zu ermöglichen, bedarf es allerdings der Aufhebung der bisherigen Entscheidung über die Dauer des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe vor dem Vollzug der Maßregel gemäß § 64 StGB.
3. Einer Erstreckung gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den Mitangeklagten P. , in Bezug auf den die Gründe des angefochtenen Urteils gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzt sind, steht die Rechtsprechung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs nicht entgegen. Dieser hat zwar in seinem Beschluss vom 25. Juni 2013 (5 StR 276/13) die Auffassung vertreten, eine Erstreckung auf einen nicht revidierenden Angeklagten komme nicht in Betracht, wenn ihn betreffend gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Urteilsgründe verfasst worden sind. Dem lag aber eine andere Sachverhaltskonstellation zugrunde. Abgesehen davon, dass abgekürzte Urteilsgründe bei einem nicht revidierenden Angeklagten gemäß § 267 Abs. 4 StPO stets rechtlich zulässig sind und schon deshalb einer Anwendung von § 357 StPO nicht grundsätzlich entgegenstehen können, weil anderenfalls die Vorschrift in ihrem Anwendungsbereich unangemessen eingeschränkt wäre, ist es ausgeschlossen, dass bezüglich des nicht revidierenden Mitangeklagten Gesichtspunkte denkbar sind, die den Schuldspruch stützen könnten.
IV.
Für die neue Hauptverhandlung gibt der Senat zu bedenken, dass angesichts der vom ersten Tatrichter getroffenen Feststellungen über den eigenen Betäubungsmittelkonsum des Angeklagten eine nähere Beschäftigung mit den Voraussetzungen der Unterbringung gemäß § 64 StGB in Betracht kommen dürfte. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zu Recht ausgeführt hat, lässt sich der vom Tatgericht angenommene, lediglich sporadische Konsum des Angeklagten von THC und Amphetamin nicht ohne Weiteres mit den im Urteil mitgeteilten Ergebnissen der Haaranalyse des Angeklagten in Einklang bringen. Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch die zum Rechtsfolgenausspruch getroffenen Feststellungen aufgehoben, um dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu geben, über den Rechtsfolgenausspruch vollständig neu und ohne Bindung an die bisherigen - partiell widersprüchlichen - Feststellungen zu entscheiden.
Raum Wahl Jäger
Radtke Mosbacher