Entscheidungsdatum: 05.09.2012
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 23. März 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der auf mehrere Verfahrensrügen und auf die Sachrüge gestützten Revision, welche mit der Sachrüge Erfolg hat.
I.
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Bei einem Grillfest geriet der Angeklagte, welcher eine Blutalkoholkonzentration von maximal 2,18 ‰ aufwies, mit dem ebenfalls alkoholisierten, hierdurch aber erheblich stärker beeinträchtigten Geschädigten E. in Streit, wobei er ihm vorwarf, am Nachmittag des Tages versucht zu haben, einen Gast des Angeklagten zu bestehlen. In der Folge erhielt E. mehrere Schläge vom Angeklagten, worauf er versuchte wegzugehen, was ihm aber wegen seiner Alkoholisierung nur schlecht gelang. Der Angeklagte holte währenddessen ein Küchenmesser mit einer 16 cm langen Klinge und schnitt damit dem Opfer vom linken Mundwinkel quer durch die linke Gesichtshälfte bis zum Haaransatz über dem linken Ohr. Während das Opfer, das sich vom Tatort entfernt hatte, unterwegs von Helfern versorgt wurde, ging der Angeklagte mit seiner Frau ebenfalls weg, ohne sich noch um das Opfer zu kümmern. Als die herbeigerufene Polizei ihn in der Nähe anhalten und ansprechen konnte, gab er nur an, mit dem Vorfall nichts zu tun zu haben. Die dem Geschädigten beigefügte Schnittwunde war so tief, dass sie mit mehreren Stichen genäht werden musste, wodurch aber eine dauerhafte Entstellung verhindert werden konnte.
Die Angabe des Angeklagten gegenüber der Polizei unmittelbar nach der Tat hat die Strafkammer als „ein nicht unwesentliches Indiz für die Täterschaft des Angeklagten“ (UA S. 8) angesehen. Erst im Rahmen der Hauptverhandlung hatte er sich auf Notwehr berufen.
Demgegenüber hatte sich der Angeklagte bei einer anderen Auseinandersetzung im Januar 2004 zunächst mit einem Bierkrug verteidigt und war danach zum Gegenangriff übergegangen. Aber im Gegensatz zu der vorliegenden Tat sei er damals am Tatort geblieben und habe sich gegenüber der eintreffenden Polizei sofort auf Notwehr berufen (UA S. 8).
II.
Auf die Verfahrensrügen, welche überwiegend nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO genügen, kommt es nicht an, nachdem bereits die Sachrüge zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils führt.
Der Senat versteht die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil so, dass die Berufung des Angeklagten auf das Vorliegen einer Notwehrsituation deswegen nicht überzeugend gewesen sei, weil er bei einem einige Jahre zurückliegenden Vorfall sich sogleich auf Notwehr berufen, während er hier zunächst eine Tatbeteiligung abgestritten habe. Danach ist zu besorgen, dass der Tatrichter aus dem ursprünglichen, einem Schweigen gleichzusetzenden pauschalen Abstreiten einer Tatbeteiligung durch den Angeklagten einen Schluss zu dessen Nachteil gezogen hat. Solches wäre unzulässig (BGHSt 38, 302, 305, 307; BGH StV 1994, 413, vgl. auch Eschelbach in Graf, StPO, 2. Aufl. 2012, § 261 Rn. 16 mwN). Nichts anderes gilt auch dann, wenn - wie hier - der Angeklagte sich in einem früheren Verfahren von Beginn an auf Notwehr berufen hat.
Selbst wenn die Formulierung „… ist ein nicht unwesentliches Indiz für die Täterschaft …“ darauf hindeutet, dass die Überzeugung der Strafkammer nicht allein auf seinem Aussageverhalten beruht, kann der Senat, dem eine eigene Beweiswürdigung verwehrt ist, nicht ausschließen, dass die Strafkammer ohne Berücksichtigung dieses Umstands zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
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