Entscheidungsdatum: 12.10.2017
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. Juni 2016, soweit es ihn betrifft, im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 18 Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiervon hat es wegen überlanger Verfahrensdauer vier Monate für vollstreckt erklärt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf die Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:
„Die Strafkammer hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46b StGB grundsätzlich bejaht, dessen Anwendbarkeit aber wegen des Fehlens einer Katalogtat (§ 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 100a StPO) verneint (UA S. 173). Dabei hat sie lediglich auf § 100a Abs. 2 Nr. 2a StPO abgestellt und § 100a Abs. 2 Nr. 1p StPO übersehen. Nach dieser Norm sind auch Taten der Urkundenfälschung unter den in § 267 Abs. 3 Satz 2 StGB genannten Voraussetzungen Katalogtaten. Hinsichtlich der Taten der Mitangeklagten, zu denen der Angeklagte Aufklärungshilfe geleistet hat, liegen in den Fällen 1 - 9 und 12 - 16 die Voraussetzungen des § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit), hinsichtlich der Taten 2 - 4, 6, 9, 12 - 16 zusätzlich des § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB (Vermögensverlust großen Ausmaßes) vor (UA S. 161).“
Aufgrund dieses Rechtsfehlers hat das Landgericht von dem ihm gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB zustehenden Ermessen, ob es die Strafe des Angeklagten S. mildert, keinen Gebrauch gemacht. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht unter Anwendung des § 46b StGB in den genannten Fällen niedrigere Einzelstrafen und in der Folge eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte.
Auch die Einzelstrafen in den Fällen 10 und 11 sowie 17 bis 20 der Urteilsgründe können keinen Bestand haben. Denn bei dem gesetzlichen Milderungsgrund des freiwilligen Offenbarens gemäß § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB muss es sich bei der Anlasstat nicht um eine Katalogtat i.S.v. § 100a Abs. 2 StPO handeln; es genügt vielmehr, dass diese Tat mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2013 - 2 StR 37/13, wistra 2013, 308). Diese Voraussetzung ist bei den hier in den Fällen 10 und 11 sowie 17 bis 20 der Urteilsgründe vom Angeklagten begangenen Steuerhinterziehungen in einem besonders schweren Fall (§ 370 Abs. 3 AO) jeweils gegeben (UA S. 152). Allerdings muss gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB die offenbarte Tat mit der Anlasstat im Zusammenhang stehen. Hierfür genügt es jedoch, dass die eigene und die offenbarte Tat Teil eines kriminellen Gesamtgeschehens sind, bei dem ein inhaltlicher Bezug zwischen beiden Taten besteht (vgl. BT-Drucks. 17/9695, S. 8). Solches liegt hier auch hinsichtlich der Anlasstaten Nr. 10 und 11 sowie 17 bis 20 der Urteilsgründe im Verhältnis zu den offenbarten Katalogtaten der Mitangeklagten nahe und ist deshalb vom neuen Tatgericht im Einzelnen zu prüfen.
2. Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Wertungsfehler nicht. Das Landgericht darf weitere, mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.
3. Auch die vom Landgericht vorgenommene Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer ist vom Rechtsfehler nicht betroffen und hat daher Bestand.
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