Entscheidungsdatum: 20.02.2019
1. Eine besondere Härte im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG muss in Einbeziehungsverfahren in aller Regel zum Zeitpunkt der Einreise des Familienangehörigen in die Bundesrepublik Deutschland vorliegen.
2. Zieht ein Familienangehöriger ohne Einbeziehung und Vorliegen eines Härtefallgrunds zu einer im Wege des Aufnahmeverfahrens in das Bundesgebiet übergesiedelten Bezugsperson nach, begründen später eintretende Gründe keine atypischen Umstände, die eine Ausnahme von der Obliegenheit, die Erteilung eines Einbeziehungsbescheides im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, rechtfertigen können.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Einbeziehung ihres Ehemannes in den ihr erteilten Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG).
Der im Jahr 1940 in der ehemaligen Sowjetunion, heutigen Russischen Föderation geborenen Klägerin wurde auf ihren Antrag vom 3. September 2004 unter dem 19. Januar 2006 ein Aufnahmebescheid als Spätaussiedlerin erteilt. Im Übersendungsschreiben vom gleichen Tage teilte ihr das Bundesverwaltungsamt mit, dass die beantragte Einbeziehung des ebenfalls im Jahr 1940 geborenen Ehemannes noch nicht möglich sei. Hierzu sei der Nachweis von Grundkenntnissen der deutschen Sprache erforderlich. Sie wurde zudem darauf hingewiesen, dass eine Einbeziehung in ihren Aufnahmebescheid nur möglich sei, solange sie noch nicht in die Bundesrepublik Deutschland ausgesiedelt sei. In der Folgezeit legte die Klägerin eine Teilnahmebescheinigung des Goethe-Instituts, Sprachlernzentrum N., vom 20. Dezember 2006 für ihren Ehemann vor, nach der dieser die Prüfung "Start Deutsch 1" nicht bestanden hat. Auch wurde unter Vorlage eines Auszuges aus der Patientenakte des Zentralen Krankenhauses der Stadt I. vom 30. November 2007 für den Ehemann geltend gemacht, er sei aus gesundheitlichen Gründen am Spracherwerb gehindert. Das Bundesverwaltungsamt reagierte hierauf mit dem Hinweis, dass die vorgelegte Bescheinigung zum Beleg der gesundheitsbedingten Unfähigkeit zum minimalen Spracherwerb (Grundkenntnisse) nicht ausreiche. Auf den anwaltlich erhobenen Widerspruch wies das Bundesverwaltungsamt auf die Voraussetzungen für ein Absehen vom Spracherfordernis hin. Nach Vorlage weiterer ärztlicher Bescheinigungen für den Ehemann der Klägerin teilte das Bundesverwaltungsamt im Oktober 2009 mit, dass diese für eine Befreiung vom Sprachnachweis nicht ausreichten und das Einbeziehungsverfahren für den Ehemann bis zum Nachweis des Spracherwerbs oder der Vorlage eines aussagekräftigen ärztlichen Attests ruhe.
Am 16. Februar 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Auf Aufforderung des Verwaltungsgerichts wurden weitere ärztliche Atteste für den Ehemann der Klägerin vorgelegt, nach denen er an einer organischen Gehirnerkrankung mit verminderten kognitiven Fähigkeiten leidet, er mit der Bewältigung des Alltages ohne regelmäßige Hilfe überfordert und ein Leben ohne Unterstützung durch die Klägerin nicht möglich ist.
Die Klägerin reiste am 25. Juni 2012 in das Bundesgebiet ein. Es wurde ihr eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ausgestellt. Bei der Registrierung und Verteilung am 27. Juni 2012 erklärte die Klägerin, der Ehemann sei im Herkunftsgebiet geblieben. Sie habe sich entschlossen, jetzt nach Deutschland zu übersiedeln, weil sie schon einen Aufnahmebescheid erhalten habe. Ihr Ehemann habe die deutsche Sprache nur schlecht gelernt, und sie habe nicht länger warten wollen. Sie wolle in der Nähe ihrer Tochter in S. leben. Sie habe noch eine Tochter in Russland. Ihr Mann bleibe in Russland, bis er vielleicht auf dem Wege der Familienzusammenführung nachkomme. Auf den Hinweis, dass diese Gründe für die Annahme einer besonderen Härte nach § 27 Abs. 2 BVFG nicht ausreichten, erklärte sie, nicht ins Herkunftsgebiet zurückzukehren, sondern im Bundesgebiet ihren ständigen Wohnsitz zu nehmen.
Am 1. November 2012 reiste der Ehemann der Klägerin auf Grundlage eines Besuchsvisums in das Bundesgebiet ein und beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zur deutschen Ehefrau (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Gegen die Versagung erhob der Ehemann nach erfolglosem Widerspruch Anfang März 2013 Klage und stellte einen Eilantrag. Aufgrund eines im Beschwerdeverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht geschlossenen Vergleichs erteilte die Ausländerbehörde dem Ehemann eine Vorabzustimmung zur Wiedereinreise. Am 12. August 2013 reiste er aus Deutschland aus und nach Erteilung eines Einreisevisums vom Ausland aus am 18. September 2013 wieder nach Deutschland ein. Laut Ausländerzentralregister hat er sich am 18. Oktober 2015 erneut ins Ausland abgemeldet und ist am 26. Oktober 2016 aus dem Ausland wieder nach Deutschland gezogen, wo er sich seitdem aufhält.
Mit Urteil vom 15. Mai 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Einbeziehung des Ehemannes scheitere daran, dass sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann entgegen den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG den Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten vor Erteilung eines Einbeziehungsbescheides aufgegeben hätten. Eine besondere Härte im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG liege insbesondere nicht in der Dauer des Einbeziehungsverfahrens begründet. Eine den Spracherwerb hindernde Erkrankung des Ehemannes könne als wahr unterstellt werden, obwohl die vorgelegten Atteste insoweit nicht hinreichend aussagekräftig seien. Es handele sich um eine Situation, die die Klägerin durch das Verlassen des Aussiedlungsgebietes vor Erteilung des Einbeziehungsbescheides selbst herbeigeführt habe. Sie sei auch nicht dauerhaft an der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft gehindert, weil sich der Ehemann auf aufenthaltsrechtlicher Grundlage bei ihr aufhalte.
Nach Zulassung der Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht Beweis erhoben durch Einholung eines fachärztlichen Gutachtens zur Frage der gesundheitlichen Hinderung des Ehemannes am Spracherwerb. Nach dem hierauf erteilten neurologisch-psychiatrischen Gutachten besteht bei dem Ehemann ein hirnorganisches Psychosyndrom, eine Multiinfarkt-Demenz und eine mittelschwere depressive Störung, wobei davon ausgegangen werden könne, "dass die vorliegenden Einschränkungen und Erkrankungen bereits in Russland aufgefallen waren entsprechend dem vorgelegten Attest über den Sprachkurs vom 20.12.2006 aus N.". Seit diesem Datum besitze der Ehemann nicht mehr die Fähigkeit zum Erlernen von Grundkenntnissen der deutschen Sprache.
Mit Urteil vom 5. März 2018 hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte zur Einbeziehung des Ehemannes in den der Klägerin erteilten Aufnahmebescheid verpflichtet. Da seine Einbeziehung von Beginn an zum Zweck der gemeinsamen Ausreise mitbeantragt gewesen sei, würde die Trennung von der Klägerin zur Durchführung des Verfahrens vom Aussiedlungsgebiet aus eine besondere Härte im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG begründen. Dass die Klägerin den Härtegrund durch die getrennte Ausreise selbst herbeigeführt habe, sei unbeachtlich. Der Ehemann müsse die erforderlichen Sprachkenntnisse nicht nachweisen, weil er schon bei Aussiedlung der Klägerin gesundheitsbedingt am Spracherwerb gehindert gewesen sei.
Zur Begründung der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Beklagte vor, das Oberverwaltungsgericht verletze Bundesrecht mit der Annahme, die Klägerin könne sich auf eine besondere Härte im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BVFG berufen, weil es ihr als anerkannte Spätaussiedlerin und (dadurch) deutsche Staatsangehörige nicht zuzumuten sei, für die Dauer des Einbeziehungsverfahrens mit ihrem Ehemann in das Herkunftsgebiet zurückzukehren. Da der Ehemann mit Unterbrechungen seit 2013 in Deutschland lebe, sei er kein im Sinne von § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG im Aussiedlungsgebiet verbliebener Ehegatte. Damit würde sich seine Rechtsstellung durch eine Rückkehr und Nachholung des Einbeziehungsverfahrens vom Aussiedlungsgebiet aus nicht verbessern und komme es auf die Zumutbarkeit einer zeitweisen Familientrennung für die Klägerin nicht an. Mit Blick auf den verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie begründe es keine besondere Härte, wenn die Bezugsperson die deutsche Staatsangehörigkeit erst mit der Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung erhalten habe und eine Gefährdung des weiteren Aufenthalts des Einzubeziehenden im Bundesgebiet - wie beim Ehemann der Klägerin - nicht ersichtlich sei. Ihre ohne hinreichenden Grund und trotz Belehrung über die Folgen erfolgte vorzeitige Übersiedlung nach Deutschland sei selbst verschuldet und könne schon deshalb keine besondere Härte begründen. Eine besondere Härte bestehe schließlich auch nicht mangels Gefährdung des Zwecks des Aufnahmeverfahrens durch das Verlassen des Aussiedlungsgebietes. Der Zweck des Aufnahmeverfahrens sei nicht in gleichwertiger Weise erfüllt, weil die Klägerin vor dem Abschluss des Einbeziehungsverfahrens für den Ehemann übergesiedelt sei, ohne dass das Bundesverwaltungsamt das Vorliegen der Voraussetzungen habe feststellen können.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses hat erklärt, dass er sich nicht am Verfahren beteiligt.
Die zulässige Revision der Beklagten ist mit dem Ergebnis der Zurückverweisung begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), indem es eine besondere Härte im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG annimmt, weil der Klägerin zur Vermeidung einer zeitweisen Trennung eine Rückkehr zur Nachholung des Einbeziehungsverfahrens für ihren Ehemann nicht zumutbar sei (1.). Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO (2.). In Ermangelung hinreichender tatsächlicher Feststellungen zu dem Vorliegen einer besonderen Härte war der Rechtsstreit an das Oberverwaltungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO (3.).
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des von der Klägerin mit der Verpflichtungsklage verfolgten Anspruchs auf Erteilung eines Aufnahmebescheides ist im Ausgangspunkt § 26 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz - BVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl. I S. 1902), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010). Diese Rechtslage ist allerdings nur insoweit zugrunde zu legen, als nicht Gründe des materiellen Rechts ausnahmsweise eine andere Betrachtung gebieten. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Fall, soweit bei der Anwendung des § 26 i.V.m. § 27 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BVFG zu beurteilen ist, ob eine Person im Sinne der §§ 4 und 6 BVFG Spätaussiedler ist. Letzteres bestimmt sich grundsätzlich nach der Rechtslage im Zeitpunkt der ständigen Aufenthaltnahme im Bundesgebiet (für die Beurteilung der Spätaussiedlereigenschaft einer Person siehe etwa BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2015 - 1 C 29.14 - BVerwGE 152, 283 Rn. 28 und 38 m.w.N.).
Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG werden der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 BVFG vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid in Deutschland aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen.
1. Das Berufungsgericht hat unter Verstoß gegen Bundesrecht eine besondere Härte bereits in der zeitweiligen Trennung der Eheleute zur Nachholung des Einbeziehungsverfahrens gesehen.
a) Bei der Auslegung des Begriffs der besonderen Härte ist die Funktion des Aufnahmeverfahrens zu berücksichtigen, durch eine vorgängige Prüfung der Spätaussiedlereigenschaft eine Übersiedlung von Personen zu verhindern, die die gesetzlichen Voraussetzungen nach Verlassen des Aussiedlungsgebietes nicht erfüllen. Die Härtefallregelung erfasst vom Regelfall abweichende und damit atypische Fälle, in denen es gerade mit Rücksicht auf den genannten Gesetzeszweck übermäßig hart, nämlich unzumutbar oder in hohem Maße unbillig wäre, den Betroffenen darauf zu verweisen, die Erteilung eines Aufnahmebescheides im Aussiedlungsgebiet abzuwarten. Eine solche besondere Härte kann auch dann vorliegen, wenn die Obliegenheit, die Erteilung des Aufnahmebescheides im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, mit Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht in Einklang stehen würde (BVerwG, Urteile vom 18. November 1999 - 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <103 und 105> und vom 22. Februar 2018 - 1 C 36.16 - ZOV 2018, 115 Rn. 24). Dies gilt auch für die Einbeziehung von Familienangehörigen, wobei hier dahinstehen kann, ob dabei die besondere Härte (nur) in Bezug auf die allein antragsberechtigte Bezugsperson erfüllt sein muss (hierzu BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2001 - 5 C 32.00 - Buchholz 412.3 § 8 BVFG Nr. 1 S. 4) oder (auch) in Bezug auf den einzubeziehenden Familienangehörigen, denn nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich sowohl in Bezug auf die Klägerin als auch in Bezug auf ihren Ehemann kein härtefallbegründender Sachverhalt.
b) Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen einer besonderen Härte ist in Einbeziehungsfällen aus Gründen des materiellen Rechts in aller Regel der Zeitpunkt der Einreise des Familienangehörigen in die Bundesrepublik Deutschland (so bereits für die vom Familienangehörigen geforderten Grundkenntnisse der deutschen Sprache BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2018 - 1 C 36.16 - ZOV 2018, 115 Rn. 14). Denn die Härtefallregelung in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG ermöglicht eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass sowohl das Aufnahme- als auch das Einbeziehungsverfahren von den Aussiedlungsgebieten aus durchzuführen ist und eine Übersiedlung erst nach einer positiven Entscheidung erfolgt, indem sie eine vom Wohnsitzerfordernis abweichende nachträgliche Einbeziehung ermöglicht, wenn es der einzubeziehenden Person nicht zuzumuten ist, für die Durchführung des Einbeziehungsverfahrens in den Aussiedlungsgebieten zu verbleiben. Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen bei Verlassen des Aussiedlungsgebietes ab. Nachträglich eintretende Umstände sind regelmäßig unbeachtlich. Gleiches gilt umgekehrt für den nachträglichen Wegfall eines bei Ausreise vorliegenden Härtefalls. Zieht ein Familienangehöriger ohne Einbeziehung und Vorliegen eines Härtefallgrunds zu einer im Wege des Aufnahmeverfahrens in das Bundesgebiet übergesiedelten Bezugsperson nach, verzichtet er auf ein Verbleiben im Aussiedlungsgebiet und die damit verbundene Möglichkeit einer vertriebenenrechtlichen Aufnahme und begründen später eintretende Gründe keine atypischen Umstände, die eine Ausnahme von der Obliegenheit, die Erteilung eines Einbeziehungsbescheides im Aussiedlungsgebiet abzuwarten, rechtfertigen können. Auf die Frage, ob es dem die Einbeziehung begehrenden Ehegatten oder beiden zumutbar ist, vorübergehend in das Aussiedlungsgebiet zurückzukehren, kommt es nicht an. Die Rechtsstellung des Familienangehörigen, der sich gemeinsam mit dem Spätaussiedler bereits in Deutschland niedergelassen hat, kann durch eine Rückkehr in das Aussiedlungsgebiet in aller Regel nicht mehr verbessert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2018 - 1 C 36.16 - ZOV 2018, 115 Rn. 26). Denn auch eine gemeinsame Rückkehr der Eheleute ermöglichte keine Nachholung der Einbeziehung zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung nach § 27 Abs. 2 Satz 1 BVFG. Eine "gemeinsame" Aussiedlung ist nicht mehr möglich, wenn die Aussiedlung der volksdeutschen Bezugsperson bereits erfolgreich abgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2018 - 1 C 36.16 - ZOV 2018, 115 Rn. 25). Dass der Antrag auf Einbeziehung bereits vor der Aussiedlung der Bezugsperson zum Zweck der gemeinsamen Ausreise gestellt worden war, ändert daran nichts. Der Familienangehörige könnte sich nach Rückkehr in das Aussiedlungsgebiet auch nicht auf § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG berufen, weil er kein im Aussiedlungsgebiet "verbliebener" Ehegatte wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2016 - 1 C 19.15 - BVerwGE 156, 171 Rn. 11).
c) Hiermit unvereinbar ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, eine besondere Härte liege schon deswegen vor, weil der Klägerin als Spätaussiedlerin deutscher Staatsangehörigkeit nicht zuzumuten sei, für die Dauer des Einbeziehungsverfahrens (mit ihrem Ehemann) in das Aussiedlungsgebiet zurückzukehren, ohne dass entscheidungserheblich sei, dass die Klägerin den Härtefall selbst dadurch herbeigeführt habe, dass sie die Durchführung des Einbeziehungsverfahrens nicht im Aussiedlungsgebiet abgewartet habe. Denn die Rechtsstellung ihres Ehemannes könnte die Klägerin, deren eigene Aussiedlung bereits im Jahr 2012 abgeschlossen war, durch (zeitweilige) Rückkehr und Nachholung des Einbeziehungsverfahrens vom Aussiedlungsgebiet nicht mehr verbessern, nachdem auch dieser in das Bundesgebiet übergesiedelt ist. Da der Ehemann der Klägerin seit 2012 mit Unterbrechungen und ab 2016 durchgehend in Deutschland lebt, wäre er im Falle einer Rückkehr kein im Sinne des § 27 Abs. 2 Satz 3 BVFG im Aussiedlungsgebiet "verbliebener" Ehegatte. Die Wohnsitzfiktion des § 27 Abs. 1 Satz 3 BVFG gilt nur für Spätaussiedlerbewerber und nicht für Familienangehörige. Sie wurde geschaffen, weil es für die Spätaussiedlereigenschaft eines ununterbrochenen Wohnsitzes in den Aussiedlungsgebieten bedarf und Antragsteller aus einer übereilten Ausreise in Bezug auf ihre Spätaussiedlereigenschaft keine Nachteile erleiden sollten.
2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht nach § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar, denn die tatrichterlichen Feststellungen tragen nicht eine revisionsgerichtliche Bewertung, es habe aus anderen Gründen eine besondere Härte vorgelegen.
a) Allein der Umstand, dass die Klägerin im Juni 2012 und in der Folge später auch ihr Ehemann nach Deutschland ausgereist sind, ohne eine positive Entscheidung über den Antrag auf Einbeziehung des Ehemannes in den der Klägerin erteilten Aufnahmebescheid abzuwarten, schafft für sich gesehen keine besondere Härte, der über eine Nachholung der Eintragung begegnet werden müsste. Die durch die Übersiedlung der Klägerin selbst bewirkte Trennung von ihrem Ehemann begründet entgegen der in der Revisionsverhandlung durch ihren Prozessbevollmächtigten geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin keine - gar besondere - Härte. Dass die Klägerin mit der Erteilung eines Aufnahmebescheides zur Einreise in das Bundesgebiet berechtigt war, enthebt sie nicht von der Obliegenheit, die angestrebte Einbeziehung ihres Ehegatten im Aussiedlungsgebiet abzuwarten; Art. 6 GG gebietet bei Eheleuten nicht, in Fällen einer bewussten Nichtbeachtung dieser Obliegenheit wegen der vertriebenenrechtlichen Folgen stets eine "besondere Härte" anzunehmen. Dies wäre mit dem Gesetzeszweck nicht zu vereinbaren. Der Zweck des Aufnahmeverfahrens nach § 27 Abs. 1 BVFG besteht darin, durch eine vorgängige Prüfung der Aussiedlereigenschaft vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes den durch die Veränderungen in den Aussiedlungsgebieten entstandenen erhöhten Zustrom von Aussiedlerbewerbern in geordnete Bahnen zu lenken. Dadurch soll verhindert werden, dass Personen nach Deutschland übersiedeln, die nicht zum schutzbedürftigen Personenkreis gehören, also die dafür maßgebenden Voraussetzungen nicht erfüllen. Gleichzeitig sollen die in solchen Fällen entstehenden Belastungen insbesondere für die Kommunen vermieden werden, wie sie durch die Betreuung nicht berechtigter Personen auftreten (BT-Drs. 11/6937 S. 5 und 6). Das Zuwarten auf die Entscheidung im Aussiedlungsgebiet stellt danach vielmehr den vom Gesetzgeber vorgesehenen Regelfall dar. Es kann offenbleiben, ob etwa das langandauernde Unterlassen einer Entscheidung trotz offenkundigen Vorliegens aller Voraussetzungen eine besondere Härte begründen kann. Ein solcher Fall liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin trotz regelmäßiger Hinweise der Beklagten keine hinreichend aussagekräftigen Atteste zur gesundheitsbedingten Hinderung des Ehemannes am Spracherwerb, geschweige denn zu anderen Hinderungsgründen vorgelegt hat und vor einer Entscheidung über die erhobene Untätigkeitsklage ausgereist ist.
b) Eine besondere Härte folgt auch nicht aus der Dauer des behördlichen Einbeziehungsverfahrens und dem nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon vor der Einreise einem Spracherwerb entgegenstehenden Gesundheitszustand des Ehemannes. Weder haben die Klägerin und ihr Ehemann das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsamt durch Vorlage eines hinreichend aussagekräftigen ärztlichen Attests gefördert noch wurde vor der Ausreise des Ehemannes der Ausgang der von der Klägerin erhobenen (Untätigkeits-)Klage abgewartet. Stattdessen haben die Klägerin und ihr Ehemann - trotz ausdrücklicher Belehrung der Klägerin im Verteilungs- und Registrierungsverfahren - bewusst in Kauf genommen, dass der Ehemann als Familienangehöriger mit einem nicht härtefallbedingten Verlassen der Aussiedlungsgebiete nicht auf vertriebenenrechtlicher, sondern (nur) auf aufenthaltsrechtlicher Grundlage einen (ständigen) Aufenthalt im Bundesgebiet begründen und er damit nicht in den Genuss der vertriebenenrechtlichen Privilegierungen eines in einen Aufnahmebescheid einbezogenen (nichtdeutschen) Familienangehörigen kommen kann. In diesen Fällen begründet auch die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung für die Bezugsperson und der damit kraft Gesetzes verbundene Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit keine besondere, vom Regelfall abweichende und die Nachholung einer Einbeziehung rechtfertigende Härte.
c) Ein besonderer Härtefall ergibt sich nicht aus verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen, insbesondere zum Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 GG (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18. November 1999 - 5 C 3.99 - BVerwGE 110, 99 <105>). Die vertriebenenrechtliche Einbeziehung im Härtefallwege ist insbesondere nicht erforderlich, um den Fortbestand des auf aufenthaltsrechtlicher Grundlage bewirkten Zusammenlebens der Ehegatten zu ermöglichen. Etwaigen erst nach der Ausreise des Familienangehörigen eintretenden Umständen, die einer Trennung der Familie entgegenstehen, ist auf aufenthaltsrechtlicher Grundlage Rechnung zu tragen. Der Ehemann der Klägerin lebt seit Jahren auf aufenthaltsrechtlicher Grundlage im Bundesgebiet, ohne dass eine Gefährdung des (weiteren) Aufenthalts geltend gemacht oder ersichtlich wäre.
d) Ein besonderer Härtefall lässt sich auch nicht damit begründen, dass der zuvor beschriebene Zweck des Aufnahmeverfahrens durch das Verlassen des Aussiedlungsgebietes ohne Aufnahmebescheid nicht beeinträchtigt wird, wenn die nachträgliche Erteilung des Aufnahmebescheides zu einem Ergebnis führt, das dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielrichtung gleichwertig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2018 - 1 C 36.16 - ZOV 2018, 115 Rn. 29 m.w.N.). Der Zweck des Aufnahmeverfahrens ist nur dann in gleichwertiger Weise erfüllt, wenn dem Bundesverwaltungsamt eine Prüfung der gesetzlichen Aufnahmevoraussetzungen bereits vor dem Verlassen des Aussiedlungsgebietes möglich war und diese mit positivem Ergebnis durch eine deutsche Behörde durchgeführt worden ist (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2018 - 1 C 36.16 - ZOV 2018, 115 Rn. 29 f. m.w.N.). Entsprechendes gilt für die Einbeziehung von Familienangehörigen in einen Aufnahmebescheid.
Da das Bundesverwaltungsamt trotz wiederholter Hinweise mangels Sprachnachweises für den Ehemann und Fehlens aussagekräftiger ärztlicher Atteste für ein Absehen hiervon vor der Ausreise keine abschließende Einbeziehungsentscheidung treffen konnte, wäre die nachträgliche Erteilung eines Aufnahmebescheides mit dem Regelergebnis nicht gleichwertig.
3. Die tatrichterlichen Feststellungen schließen indes das Vorliegen einer "besonderen Härte" aus anderen Gründen auch nicht hinreichend aus, sodass die insoweit fehlende Entscheidungsreife zur Zurückverweisung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO führt.
Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine tatsächlichen Feststellungen zu möglichen Gründen getroffen, die einen Verbleib des Ehemannes im Aussiedlungsgebiet bis zu einer positiven Entscheidung über den Einbeziehungsantrag unzumutbar erscheinen lassen könnten. Zwar ist die von der Klägerin unmittelbar nach ihrer eigenen Einreise abgegebene Erklärung, sie wolle nicht länger warten, sondern bei ihrer Tochter in Deutschland leben, ihr Ehemann bleibe in Russland bei einer weiteren Tochter und komme dann vielleicht später irgendwie auf dem Wege der Familienzusammenführung nach, nicht zur Begründung eines besonderen Härtefalles geeignet. Die erstmals im Revisionsverfahren geltend gemachten alters- und gesundheitsbedingten Gründe lassen unter den gegebenen Umständen einen besonderen Härtefall zum maßgeblichen Ausreisezeitpunkt jedoch nicht ausgeschlossen erscheinen. Die tatrichterliche Würdigung - einschließlich des Umstandes, dass der Ehemann nach seiner Niederlassung in Deutschland offensichtlich freiwillig wieder nach Russland zurückgekehrt ist und sich dort ein Jahr ohne die Klägerin aufgehalten hat - muss dem Tatsachengericht vorbehalten bleiben, an das der Rechtsstreit zurückzuverweisen ist.
4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.