Entscheidungsdatum: 18.11.2018
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versagung von Prozesskostenhilfe für eine verwaltungsgerichtliche Klage auf Erstattung von Fahrtkosten vom Wohnort eines Kindes zum integrativen Kindergarten und zurück als Leistung der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII.
1. Der Beschwerdeführer trug im fachgerichtlichen Verfahren unter anderem vor, die Entfernung zwischen dem Wohnort des Kindes und dem Kindergarten betrage 15 km. Das Oberverwaltungsgericht wies die gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers mit dem Argument zurück, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe, weil es sich bei den Fahrtkosten angesichts einer von dem Gericht mittels eines allgemein zugänglichen Routenplaners ermittelten Entfernung von lediglich 3 km um Kosten der allgemeinen Lebensführung handele.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a BVerfGG). Sie ist insbesondere deshalb unzulässig, weil der Grundsatz der Subsidiarität nicht gewahrt ist. Wenngleich der Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend macht, hätte er gegen die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts zunächst Anhörungsrüge erheben müssen.
a) Der in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass ein Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten ist, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn er im Rahmen der ihm insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollte (vgl. BVerfGE 126, 1 <17 f.>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahrt, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die er sich beschwert fühlt, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfGE 134, 106 <115>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, www.bverfg.de, Rn. 10). Aus Gründen der Subsidiarität muss ein Beschwerdeführer jedenfalls dann eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden (vgl. BVerfGE 134, 106 <115 f.>).
b) Das ist vorliegend der Fall. Die Erhebung einer Anhörungsrüge hätte hier deswegen nahe gelegen, weil der Vortrag des Beschwerdeführers zur Entfernung zwischen dem Wohnort und dem Kindergarten zu keinem Zeitpunkt zwischen den Parteien streitig und für die Prozesskostenhilfeentscheidung des Verwaltungsgerichts auch nicht relevant war. Der Beschwerdeführer hätte sich somit auf den Standpunkt stellen können, dass das Oberverwaltungsgericht, indem es seiner Entscheidung eine Entfernung von 3 km zu Grunde legt, von sich aus eine Tatsache in den Prozess eingeführt hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. September 2016 - 1 BvR 1586/15 -, www.bverfg.de, Rn. 13) oder sich jedenfalls auf einen Gesichtspunkt gestützt hat, mit dem ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem Prozessverlauf nicht rechnen musste (vgl. BVerfGE 84, 188 <190>). Es hätte den Parteien dann zunächst in Form eines Hinweises rechtliches Gehör gewähren müssen. In diesem Fall hätte die Möglichkeit bestanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin seine Entscheidung auch dahingehend überprüft hätte, ob es von einer tatsächlich zutreffenden Anschrift des Kindergartens und dementsprechend von einer korrekten Entfernung zum Wohnort des Beschwerdeführers ausgegangen ist, und eine fehlerhafte Tatsachengrundlage gegebenenfalls dann korrigiert hätte.
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.