Entscheidungsdatum: 03.09.2018
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
I.
Die Beschwerdeführerin ist von einem Massenentlassungsverfahren betroffen. Ihre Kündigungsschutzklage blieb - soweit hier von Bedeutung - ohne Erfolg. Sie rügt mit der Verfassungsbeschwerde insbesondere eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Bundesarbeitsgericht habe - wie das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in einem parallelen Verfahren - den Gerichtshof der Europäischen Union fragen müssen, wie die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (ABl. Nr. L 225 vom 12. August 1998, S. 16) zu verstehen sei, um im Rahmen des § 17 KSchG entscheiden zu können, welche Auskünfte ein konzernabhängiger Arbeitgeber dem Betriebsrat erteilen und worüber er diesen unterrichten müsse, um eine Beratung über die Vermeidung von Entlassungen oder die Abmilderung der Folgen zu ermöglichen. Desgleichen habe das Bundesarbeitsgericht im Wege der Vorlage nach Art. 267 AEUV klären müssen, wie in arbeitsgerichtlichen Verfahren die Darlegungslasten in einem solchen Streit um Massenentlassungen in einem Konzern verteilt seien.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt sind. Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchst. a, b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Im vorliegenden Verfahren hätte eine Vorlage zur Klärung der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen zu keinem anderen Ergebnis in der Sache geführt, da der Gerichtshof der Europäischen Union in einem Parallelfall, der dasselbe Entlassungsverfahren betraf, bereits abgelehnt hatte, diese Fragen zu beantworten.
1. Der Gerichtshof der Europäischen Union ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach seiner Rechtsprechung muss ein letztinstanzliches nationales Gericht der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nachkommen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, es sei denn, dass die gestellte Frage nicht entscheidungserheblich ist, dass die betreffende unionsrechtliche Bestimmung bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war oder dass die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (näher hierzu zuletzt BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. -, Rn. 138 ff. m.w.N.).
2. Das Bundesarbeitsgericht hat sich als letztinstanzliches deutsches Gericht mit dem Unionsrecht befasst, aber von einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union abgesehen. Es ging davon aus, es hätten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass über die Massenentlassung tatsächlich der Konzern entschieden habe, der dann auch zu weiteren Auskünften an den Betriebsrat verpflichtet sein könne.
Zwar ist bislang nicht geklärt, wie weit das Unionsrecht zum Umfang der Auskunftspflicht in Massenentlassungssachen Vorgaben macht, insbesondere soweit es um Konzernzusammenhänge geht. So verdeutlichen die Schlussanträge der Generalanwältin zur Vorlage des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg in parallelen Fällen, dass umfangreiche Informationen geboten sein können, die auch die betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Gründe für beabsichtigte Massenentlassungen betreffen, um die Ziele der Konsultation des Arbeitgebers mit der Vertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tatsächlich zu erreichen (vgl. Schlussanträge Sharpston vom 21. Juni 2018 - Bichat u.a. -, C-61/17 u.a., ECLI:EU:C:2018:482, Rn. 63 ff.).
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat für den hier konkret in Rede stehenden Sachverhalt auf die Vorlage des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg indes zu erkennen gegeben, dass ein Konzernverbund im Sinne der Richtlinie 98/59/EG nicht vorliege. Er hat auf die Beantwortung der weiter gestellten Fragen zur Informationstiefe und zur Verteilung der Darlegungslast verzichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 7. August 2018 - Bichat u.a. -, C-61/17 u.a., ECLI:EU:C:2018:653, Rn. 28 ff., 46). Im vorliegenden Verfahren ist deshalb davon auszugehen, dass eine Vorlage der gleichgerichteten Fragen durch das Bundesarbeitsgericht zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. Die Beschwerdeführerin kann durch die unterbliebene Vorlage in diesem Fall keinen grundrechtlichen Nachteil erlitten haben.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.