Entscheidungsdatum: 09.11.2011
Das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 10. April 2007 - 101 Js 50935/06 - 5 Ns - und der Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 14. Januar 2008 - 1 Ss 249/07 (243) - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes.
Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Mühlhausen zurückverwiesen.
Damit wird der Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 11. Februar 2008 - 1 Ss 249/07 (243) - gegenstandslos.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
...
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Der im Jahre 1924 geborene Beschwerdeführer wendet sich gegen eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, Abs. 5 StGB durch das Verbreiten von Schriften.
I.
1. Am 15. April 2005 besuchte der Beschwerdeführer die Gaststätte "B." in der Gemeinde O. Während des Besuchs wurde in der Gaststätte auf dem Nachrichtenkanal ntv eine Dokumentation über den zweiten Weltkrieg gezeigt. Der Beschwerdeführer ereiferte sich laut über den Krieg, dessen Folgen und die Umstände der Verursachung.
Am 17. April 2005 suchte der Beschwerdeführer die Gaststätte erneut auf. Allein der Gastwirt war zu dem Zeitpunkt in der Gaststube anwesend. Der Beschwerdeführer verwickelte ihn in ein Gespräch über die Geschehnisse in Deutschland während des "Dritten Reichs". Dabei übergab der Beschwerdeführer dem Gastwirt in einer Mappe Informationsmaterial in Form von zwei Redemanuskripten ("Trauermarsch anlässlich des 60. Jahrestages der Bombardierung Magdeburgs" und "Trauermarsch anlässlich des 60. Jahrestages der Zerstörung Würzburgs"), die der Beschwerdeführer in der Vergangenheit öffentlich gehalten hatte, sowie jeweils eine Kopie mehrerer Aufsätze des "Kampfbundes gegen Unterdrückung der Wahrheit in Deutschland", darunter "Die Geschichtslüge des angeblichen Überfalls auf Polen im Jahre 1939" und "Über die verantwortlichen Staatsmänner, die den Zweiten Weltkrieg verursachten und die ihn zu verhindern suchten". Im erstgenannten Aufsatz wird unter anderem im Zusammenhang mit dem Holocaust behauptet, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass es keine Gaskammern für Menschen gegeben habe. Im zweitgenannten Aufsatz wir der Holocaust an den Juden als "Zwecklüge" bezeichnet.
2. Mit Urteil vom 28. Juni 2006 verurteilte das Amtsgericht Sondershausen, Zweigstelle Artern, den Beschwerdeführer aufgrund der Geschehnisse vom 15. und vom 17. April 2005 wegen Volksverhetzung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 40,00 EUR.
3. Auf Berufung des Beschwerdeführers änderte das Landgericht mit angegriffenem Urteil vom 10. April 2007 das Urteil des Amtsgerichts dahingehend ab, dass es den Beschwerdeführer gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, Abs. 5 StGB wegen Volksverhetzung in nur mehr einem Fall (Geschehen vom 17. April 2011) zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 35,00 EUR verurteilte und ihn im Übrigen (Geschehen vom 15. April 2011) aus tatsächlichen Gründen freisprach.
Grundlage der Verurteilung wegen des Geschehens vom 17. April 2005 bildeten - wie auch bereits bei der Verurteilung durch das Amtsgericht - die Aussagen, es sei wissenschaftlich erwiesen, dass es keine Gaskammern für Menschen gegeben habe, und der Holocaust an den Juden sei eine Zwecklüge.
In der Würdigung der Beweisaufnahme führte das Landgericht insbesondere Folgendes aus:
In der mündlichen Verhandlung habe er sich noch daran erinnert, dass der Gastwirt nicht nur sprachlich sehr unbeholfen gewesen sei, sondern auch über keinerlei geschichtliches Wissen, insbesondere über die Zeit des Nationalsozialismus sowie über den Zweiten Weltkrieg und seine Ursachen, verfügt habe; deswegen habe er ihm Informationsmaterial ausgehändigt. Der Gastwirt habe als Zeuge ausgesagt, dass er den Beschwerdeführer an beiden Tagen habe reden lassen und ihm nicht entgegengetreten sei. Der Beschwerdeführer habe ihm die Unterlagen bei einem der beiden Besuche ausgehändigt, damit er sich über die - angeblich - tatsächlich ereigneten historischen Geschehnisse informiere. Er habe die Unterlagen entgegengenommen und sie später auf Anraten seines Bruders der Polizei übergeben und den Vorgang zur Anzeige gebracht, um sich nicht selbst der strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Dass (darüberhinaus) der Beschwerdeführer tatsächlich die Schriftstücke nicht nur dem Gastwirt habe übergeben wollen, um diesen über die angeblich wahren Geschehnisse in der Zeit des Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg aufzuklären, sondern dass er es auch für ernstlich möglich hielt, dass diese Schriftstücke einem Personenkreis weitergegeben würden, folge aus dem konkreten Umstand, dass er sie einem Gastwirt übergeben habe, der Zugang zu einem größeren Publikum, nämlich seinen Gästen, habe. Auch wenn die Gaststätte in den Mittagstunden wenig frequentiert gewesen sei, so sei doch allgemein bekannt, dass Lokale wie die "B." keine reinen Speisewirtschaften seien, sondern auch Bierkneipenfunktion hätten, und daher insbesondere in den Abendstunden von Leuten frequentiert würden, die sich nur unterhalten und etwas trinken wollten. Die Kammer sei daher davon überzeugt, dass der Beschwerdeführer, der auch heute noch ersichtlich ein glühender Verfechter der nationalsozialistischen Ideologie und Geschichtsfälschung sei, mit der Hingabe der Schriftstücke an den Gastwirt habe erreichen wollen, dass dieser sie zum Beispiel durch Auslegen im Gastraum weiteren Personen zugänglich mache und ihnen bei Interesse auch übergebe. Dass der Beschwerdeführer den Gastwirt habe überzeugen wollen, folge daraus, dass er in der Gaststätte sowohl am 15. April 2005 als auch am 17. April 2005 ungefragt seine Meinung zu den Geschehnissen kundgetan habe. Da der Gastwirt den Ausführungen nicht Einhalt geboten habe, sei der Beschwerdeführer ersichtlich davon ausgegangen, dass seine Ausführungen auf fruchtbaren Boden gefallen seien, weshalb er sodann das Informationsmaterial bei seinem nächsten Besuch am 17. April 2005 mitgebracht und dem Gastwirt ausgehändigt habe in der Erwartung, wenn er diesen einmal überzeugt habe, würde er schon für die weitere Verteilung der Unterlagen sorgen.
Rechtlich ging die Kammer davon aus, dass eine Schrift verbreite, wer sie einem größeren Personenkreis zugänglich mache. Entscheidend sei hingegen nicht, aus wie vielen Personen der Kreis bestehe, dem die Schrift tatsächlich übergeben werde, sondern dass der Täter diesen Personenkreis in Bezug auf eine Weitergabe der Schrift nicht kontrollieren könne. Dies sei - vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 23. Juni 2003 - 1 Ws 190/03 -, NStZ 2004, S. 628 ff. - dann der Fall, wenn mit einer Weitergabe einzelner Exemplare an andere Personen zu rechnen sei. Dieser Fall liege hier vor. Dass zu dem Zeitpunkt der Übergabe außer dem Gastwirt keine weiteren Personen in der Gaststube gewesen seien, sei unerheblich. Entscheidend sei nur, dass der Beschwerdeführer dem Gastwirt die Schriften übergeben habe und er es nicht mehr unter Kontrolle gehabt habe, ob und gegebenenfalls an wen der Gastwirt sodann diese Schriften weiterleite. Es komme nicht darauf an, ob die Weitergabe in der Öffentlichkeit oder in einer Versammlung geschehen sei. Der Beschwerdeführer habe eine Verbreitung der übergebenen Schriften mithin zumindest billigend in Kauf genommen. In den verbreiteten Schriften werde auch der Holocaust geleugnet. Dieses Leugnen des Holocaust sei geeignet gewesen, insbesondere ein aufnahmebereites Publikum aufzuhetzen und damit friedensstörend zu wirken, was der Beschwerdeführer in Kenntnis des Inhalts seiner Schriften ebenfalls zumindest billigend in Kauf genommen habe.
4. Die Revision des Beschwerdeführers verwarf das Oberlandesgericht mit angegriffenem Beschluss vom 14. Januar 2008 als unbegründet.
Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Sachverhalt das Tatbestandsmerkmal des Verbreitens gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1a StGB erfülle.
5. Mit weiterem, ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 11. Februar 2008 verwarf das Oberlandesgericht auch die daraufhin erhobene Anhörungsrüge und Gegenvorstellung des Beschwerdeführers.
6. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer - unter anderem - eine Verletzung seiner Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
7. Es wurde dem Justizministerium des Freistaates Thüringen und dem Thüringer Landtag Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Thüringer Landtag verzichtete auf eine Stellungnahme. Das Justizministerium des Freistaates Thüringen nahm insoweit Stellung, als es die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich mittelbar auch gegen § 130 Abs. 3 StGB wendet, für unsubstantiiert erachtet. Ferner wurde der Bundesgerichtshof gebeten, zum Tatbestandsmerkmal des "Verbreitens" aus seiner Sicht Stellung zu nehmen. Er hat von einer über die bekannte Rechtsprechung hinausgehenden Stellungnahme abgesehen.
II.
1. Soweit der Beschwerdeführer rügt, durch das angegriffene Urteil des Landgerichts und den angegriffenen Beschluss des Oberlandesgerichts vom 14. Januar 2008 in seinen Rechten aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt zu sein, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c BVerfGG). Die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen der Reichweite von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bei der strafrechtlichen Beurteilung von Meinungsäußerungen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (vgl. BVerfGE 7, 198 <207 ff.>; 61, 1 <7 ff.>; 90, 1 <14 ff.>; 90, 241 <246 ff.>; 93, 266 <289 ff.>; 124, 300 <320 ff.>).
a) Das Urteil des Landgerichts und der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 14. Januar 2008 verletzen den Beschwerdeführer danach in seiner durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Meinungsfreiheit.
aa) Gegenstand des Schutzbereiches des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sind Meinungen, das heißt durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägte Äußerungen (vgl. BVerfGE 7, 198 <210>; 61, 1 <8>; 90, 241 <247>). Sie fallen stets in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es dabei darauf ankäme, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, ob sie begründet oder grundlos, emotional oder rational sind, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt werden (vgl. BVerfGE 90, 241 <247>; 124, 300 <320>). Dementsprechend fällt selbst die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts als radikale Infragestellung der geltenden Ordnung nicht von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG heraus (vgl. BVerfGE 124, 300 <320 f.>).
Neben Meinungen sind vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG aber auch Tatsachenmitteilungen umfasst, da und soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind beziehungsweise sein können (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>; 90, 241 <247>). Nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen hingegen bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptungen, da sie zu der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können (vgl. BVerfGE 61, 1 <8>; 90, 241 <247>). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Wahrheitspflicht nicht so bemessen werden, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet. Im Einzelfall ist eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile nur zulässig, wenn dadurch der Sinn der Äußerung nicht verfälscht wird. Wo dies nicht möglich ist, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden, weil andernfalls eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtsschutzes drohte (vgl. BVerfGE 61, 1 <9>; 90, 241 <248>).
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet. Nach Art. 5 Abs. 2 GG unterliegt es insbesondere den Schranken, die sich aus den allgemeinen Gesetzen ergeben. Darunter sind alle Gesetze zu verstehen, die nicht eine Meinung als solche verbieten, sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen (vgl. BVerfGE 7, 198 <209>; 93, 266 <291>). Darüberhinaus hat das Bundesverfassungsgericht eine Ausnahme vom Erfordernis der Allgemeinheit meinungsbeschränkender Gesetze für Vorschriften (im konkreten Fall: § 130 Abs. 4 StGB) anerkannt, die auf die Verhinderung einer propagandistischen Affirmation der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft zwischen den Jahren 1933 und 1945 zielen (vgl. BVerfGE 124, 300 <328 ff.>).
Bei Auslegung und Anwendung der die Meinungsfreiheit einschränkenden Vorschriften haben die Gerichte jedoch im Einzelfall ihrerseits wiederum dem eingeschränkten Grundrecht Rechnung zu tragen, damit dessen wertsetzende Bedeutung, die in der freiheitlichen Demokratie zu einer grundsätzlichen Vermutung für die Freiheit der Rede in allen Bereichen führen muss, auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt. Zwischen Grundrechtsschutz und Grundrechtsschranken findet eine Wechselwirkung in dem Sinne statt, dass die Schranken zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Grenzen setzen, ihrerseits aber aus der Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzender Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen (vgl. BVerfGE 7, 198 <208 f.>; BVerfGE 124, 300 <332 u. 342>). Allein die Wertlosigkeit oder auch Gefährlichkeit von Meinungen als solche ist kein Grund, diese zu beschränken. Demgegenüber ist es legitim, Rechtsgutsverletzungen zu unterbinden (vgl. BVerfGE 124, 300 <332 f.>). Verboten werden darf mithin nicht der Inhalt einer Meinung als solcher, sondern nur die Art und Weise der Kommunikation, die bereits den Übergang zur Rechtsgutsverletzung greifbar in sich trägt und damit die Schwelle zu einer sich abzeichnenden Rechtsgutsverletzung überschreitet (vgl. BVerfGE 124, 300 <342>). In diesem Verständnis sind dementsprechend im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG sowohl die Tatbestandsmerkmale einer Strafnorm auszulegen als auch der Lebenssachverhalt unter die Strafnorm zu subsumieren (vgl. zu den Tatbestandsmerkmalen des § 130 Abs. 4 StGB ausdrücklich: BVerfGE 124, 300 <343>).
bb) Diesen Maßstäben halten die angegriffenen Entscheidungen nicht stand.
(1) Die Äußerungen, die der Verurteilung zugrunde gelegt wurden, unterfallen noch dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Zwar leugnen sie - wie von den angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen zutreffend erkannt - das historische Gesamtgeschehen des Holocaust. Dieses insbesondere gegen die jüdische Bevölkerung gerichtete Massenvernichtungsunrecht ist aber eine geschichtlich erwiesene Tatsache, deren Leugnen folglich als erwiesen unwahr allein für sich betrachtet nicht dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfällt (vgl. BVerfGE 90, 241 <249>). Im Gesamtkontext der jeweiligen Aufsätze betrachtet sind die den Holocaust leugnenden Äußerungen vorliegend jedoch untrennbar mit Meinungsäußerungen verbunden. Der Aufsatz "Die Geschichtslüge des angeblichen Überfalls auf Polen im Jahre 1939" bestreitet primär die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und stellt insofern die Behauptung auf, dass dies eine Lüge der Nachkriegsgeneration, insbesondere der "BRD-Politiker" sei. Die erste, den Holocaust leugnende Äußerung benutzt der Beschwerdeführer aber lediglich als Teil eines einleitenden Begründungsversuchs, warum die Nachkriegsgeneration Deutschland die alleinige Kriegsschuld zusprach. Auch die zweite, den Holocaust leugnende Äußerung der Aufsätze, steht zu den Grundthesen der fehlenden Kriegsschuld Deutschlands und der diesbezüglichen "Lügen der Nachkriegsgeneration" in unmittelbarem Kontext. Diese Thesen sind ihrerseits aber als wertende Äußerungen vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit umfasst (vgl. BVerfGE 90, 1 <15 f.>; 241 <249>).
(2) Damit wäre aber bei Auslegung und Anwendung des vorliegend von den Strafgerichten für einschlägig erachteten § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, Abs. 5 StGB auch der wertsetzenden Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ausreichend Rechnung zu tragen gewesen.
Der Gesetzgeber hat - ungeachtet der Frage, inwieweit § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, Abs. 5 StGB aus anderen Gründen den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere etwa im Hinblick auf einen verfassungsrechtlich tragfähigen Rechtsgüterschutz, genügt - dieser wertsetzenden Bedeutung jedenfalls insofern Rechnung getragen, als er in dieser Tatbestandsvariante nicht jede Art der Äußerung unter Strafe gestellt hat, sondern nur das Verbreiten. Hierin sieht er folglich die Grenze zur Rechtsgutsverletzung überschritten. Entscheidendes Kriterium, ob ein Verbreiten vorliegt, ist nach hergebrachtem Verständnis stets, dass eine Schrift einem größeren, nicht mehr kontrollierbaren Personenkreis zugänglich gemacht wird (vgl. nur BGHSt 13, 257 <258>; 19, 63 <70 f.> mit jeweiligen Nachweisen aus den Rechtsprechungen des Reichsgerichts). Dass bei Unterstrafestellung der Verbreitung von den Holocaust leugnenden Schriften durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 (BGBl I S. 3186 f.) ein neues, wesentlich anderes Verständnis des Begriffes zugrunde gelegt werden sollte, ist nicht ersichtlich (vgl. BTDrucks 12/4825, S. 4 ff.; 12/6853, S. 23 f.; 12/8588, S. 8). Der Gesetzgeber hat folglich das bloße Austauschen solcher Schriften zwischen zwei Personen - und damit das bloße Äußern der konkreten Meinung als solcher - grundsätzlich von der Strafbarkeit nach § 130 Abs. 2 Nr. 1a StGB ausgenommen. Folgerichtig hat der Zweite Senat des Bundesgerichtshofs in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal "Verbreiten" bei § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, Abs. 4 (jetzt: Abs. 5) StGB konkreter und restriktiver als der vom Landgericht zitierte Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts (a.a.O.), dem derselbe Sachverhalt wie der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, festgestellt, dass zwar schon die Weitergabe eines Exemplars der Schrift ausreiche, wenn dies mit dem Willen geschehe, der Empfänger werde die Schrift durch die körperliche Weitergabe einem größeren Personenkreis zugänglich machen oder wenn der Täter mit der Weitergabe an eine größere, nicht mehr zu kontrollierende Zahl von Personen rechne, dass aber die Weitergabe an einzelne bestimmte Dritte allein das Merkmal des Verbreitens hingegen nicht zu erfüllen vermöge, wenn nicht feststehe, dass der Dritte seinerseits die Schrift an weitere Personen überlassen werde (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2004 - 2 StR 365/04 -, NJW 2005, S. 689 <690>). Auch der dritte Senat des Bundesgerichtshofs hat - wenngleich bezüglich § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB - betont, dass für ein Verbreiten die regelmäßig ohnehin bestehende abstrakte Gefahr der Weitergabe durch einen Dritten nicht genüge (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2009 - 3 StR 174/09 -, juris, Rn. 27).
(3) Indem die angegriffenen Entscheidungen entgegen dieser Wertung das Tatbestandsmerkmal "Verbreiten" überdehnt und letztlich den bloßen Austausch von Schriften zwischen zwei Personen unter den Straftatbestand des § 130 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, Abs. 5 StGB subsumiert haben, verkennen sie die Bedeutung der Meinungsfreiheit wesentlich. Sie haben damit in mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbarer Weise nicht erst die Art und Weise der Kommunikation, die bereits den Übergang zur Rechtsgutsverletzung in sich trägt, sondern im Ergebnis schon das schlichte Äußern einer konkreten Meinung unter Strafe gestellt. Insbesondere ist auch die vom Landgericht angenommene friedensstörende Wirkung, wie sie für einen Eingriff in die Meinungsfreiheit erforderlich wäre (vgl. BVerfGE 124, 300 <335>), nicht erkennbar.
Denn nach den gerichtlichen Feststellungen haben der Beschwerdeführer und der Gastwirt als Empfänger der Schriften, übereinstimmend ausgesagt, dass der Beschwerdeführer dem Gastwirt die fraglichen Aufsätze deshalb ausgehändigt habe, damit dieser sich über die sich angeblich tatsächlich ereigneten historischen Geschehnisse informiere. Überreicht worden ist auch jeweils nur ein Exemplar der gegenständlichen Schriften. Sonstige Personen waren beim Austausch der Schriften - soweit festgestellt - nicht anwesend. Der Beschwerdeführer hat den Gastwirt auch nicht aufgefordert, die Schriften in der Gaststätte auszulegen, oder in sonstiger Art und Weise auf die Weiterverbreitung eingewirkt. Für ihn bestanden nach den gerichtlichen Feststellungen keinerlei konkrete Anhaltspunkte, dass der Gastwirt die Schriften den sonstigen Gaststättenbesuchern überlassen würde. Dementsprechend hat dieser die Schriften nicht an Dritte weitergereicht und nach den gerichtlichen Feststellungen dies zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, sondern den Vorfall bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Die vom Landgericht gezogene und vom Oberlandesgericht gebilligte Schlussfolgerung, dass der Beschwerdeführer die Weiterverbreitung der Schriften durch den Zeugen zwingend billigend in Kauf genommen habe, da er sie mit dem Zeugen einem Gastwirt übergeben habe und in dessen Gaststätte zwei Tage vorher anlässlich einer TV-Dokumentation über den Zweiten Weltkrieg in der Gaststätte in nicht näher festgestellter Art und Weise die Kriegsschuld Deutschlands geleugnet habe, kann sich damit auf keine unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Meinungsfreiheit hinreichend tragfähigen tatsächlichen Anhaltspunkte stützen.
b) Das Urteil des Landgerichts und der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 14. Januar 2008 beruhen auch auf der Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Es ist nicht auszuschließen, dass Landgericht und Oberlandesgericht bei Berücksichtigung der grundrechtlichen Anforderungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wären.
2. Das Urteil des Landgerichts und der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 14. Januar 2008 sind demnach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts vom 11. Februar 2008 wird damit gegenstandslos.
3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a BVerfGG).
4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).