Entscheidungsdatum: 19.03.2014
Die Verfassungsbeschwerden werden - unbeschadet des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Verfassungsbeschwerden wenden sich jeweils unmittelbar gegen einen Kostenansatz sowie die auf Erinnerung und Beschwerde hin ergangenen Beschlüsse des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts in einem nach § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kostenpflichtigen Verfahren zur Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrages. Mittelbar greifen die Verfassungsbeschwerden § 197a Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative SGG sowie gesetzliche Regelungen über die Zuständigkeit der Krankenkassen als Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28h Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 28i Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) an.
I.
Gegenstand der sechs Verfassungsbeschwerden ist jeweils einer von insgesamt 24 Kostenansätzen. Die Anzahl der Kostenansätze beruht auf einem Trennungsbeschluss des Sozialgerichts. In allen Verfahren setzte das Sozialgericht den vorläufigen Streitwert nach § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf jeweils 5000 Euro fest. Mit den angegriffenen Kostenansätzen vom 10. Juli 2012 machte die Kostenbeamtin auf dieser Grundlage jeweils Gerichtskosten in Höhe von 363 Euro geltend. Die Erinnerungen gegen die Kostenansätze wies das Sozialgericht zurück. Die dagegen eingelegten Beschwerden wurden vom Landessozialgericht als unzulässig verworfen.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführer Verstöße gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) und gegen das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie eine Verletzung ihrer Ansprüche auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
II.
Die Verfassungsbeschwerden sind - unbeschadet der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie haben weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Dabei kann dahinstehen, ob und inwieweit die Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführer als juristische Personen des öffentlichen Rechts grundrechtsfähig sind, da die Verfassungsbeschwerden aus anderen Gründen keine Aussicht auf Erfolg haben.
1. Soweit die Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Ansprüche auf den gesetzlichen Richter sowie auf rechtliches Gehör behaupten, sind die Verfassungsbeschwerden unzulässig, weil sie nicht entsprechend den Anforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten bzw. ihnen nach § 90 Abs. 1 BVerfGG gleichgestellten Rechten aufzeigen (vgl. BVerfGE 130, 1 <21> m.w.N.).
2. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot durch den Trennungsbeschluss des Sozialgerichts kann nicht festgestellt werden.
a) Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn die Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt mehr vertretbar sind und wenn sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Fehlerhafte Auslegung eines Gesetzes allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich (vgl. BVerfGE 54, 117 <125>; 87, 273 <278 f.> m.w.N.; 96, 189 <203>).
b) Nach diesem Maßstab lässt sich eine Verfassungswidrigkeit des Trennungsbeschlusses nicht feststellen, denn das Sozialgericht hat seine Entscheidung sachlich begründet. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn es darauf abstellt, dass ohne Trennung Schriftsätze und Verwaltungsunterlagen grundsätzlich allen Beteiligten zugänglich gemacht werden müssten, obwohl insbesondere die beklagten Krankenkassen weder rechtlich noch tatsächlich etwas miteinander zu tun hätten, was aus datenschutzrechtlichen Erwägungen problematisch sei. Ebenso wenig ist es sachfremd, darauf abzustellen, dass trotz der zugrunde liegenden einheitlichen Rechtsfrage die Einlassungen der beklagten Krankenkassen stark voneinander abwichen, weshalb der Sach- und Streitstand ohne Trennung nicht übersichtlich und nachvollziehbar dargestellt werden könne.
3. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG sehen die Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführer verletzt, weil ihnen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz faktisch verwehrt werde. Der Trennungsbeschluss habe dazu geführt, dass für die einzelnen Verfahren gesonderte Streitwerte festgesetzt worden seien. In diesem Zusammenhang bewirke die Degressivität der Gerichtskostentabellen eine deutlich höhere Kostenbelastung.
a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass der Gesetzgeber für die Inanspruchnahme der Gerichte Gebühren erheben darf und es grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber die Höhe der Gerichtsgebühren überwiegend an den Streit- oder Geschäftswert knüpft (vgl. BVerfGE 85, 337 <346> m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 1999 - 1 BvR 1431/90 -; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1393/10 -). Mit der Justizgewährungspflicht unvereinbar wäre es allerdings, wenn Gebühren erhoben würden, die außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert stehen, den das gerichtliche Verfahren für einzelne Beteiligte hat. Denn gesetzliche Vorschriften, die den Zugang zu den Gerichten ausgestalten, dürfen ihn weder tatsächlich unmöglich machen noch in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren. Danach kann sich die Beschreitung des Rechtsweges auch dann als praktisch unmöglich darstellen, wenn das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten wirtschaftlichen Erfolg derart außer Verhältnis steht, dass die Anrufung der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint (vgl. BVerfGE 85, 337 <347> m.w.N.). Andererseits kann nicht gefordert werden, dass der Staat bei geringfügigem wirtschaftlichem Interesse des Einzelnen seine Gerichte praktisch kostenlos zur Verfügung stellt (vgl. BVerfGE 85, 337 <348> m.w.N.).
b) Dass die Gerichtskosten vorliegend nach diesen Maßstäben unverhältnismäßig sein könnten, lässt sich nicht feststellen. Allein die Tatsache, dass die Gerichtskosten nach der Trennung höher sind als zuvor, vermag eine solche Unverhältnismäßigkeit nicht zu begründen.
4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.