Entscheidungsdatum: 15.10.2015
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind verwaltungsgerichtliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in denen die Beschwerdeführer ihre vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin außerhalb der festgesetzten Kapazität begehrten. Die Beschwerdeführer sehen sich dadurch in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, dass die Universität durch die befristete Besetzung zuvor unbefristet besetzter Stellen wissenschaftlicher Mitarbeiter ihre Aufnahmekapazität verringert habe, ohne ihren Interessen als Studienbewerbern hinreichend Rechnung zu tragen.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unzulässig ist.
1. Sie wird dem Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde nicht gerecht (§ 90 Abs. 2 BVerfGG). Die Beschwerdeführer haben den fachgerichtlichen Rechtsweg nicht erschöpft, da über den geltend gemachten Anspruch bislang in der Hauptsache noch nicht entschieden ist.
a) Der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität erfordert, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>; 77, 381 <401>; 81, 22 <27>; 114, 258 <279>; 115, 81 <91 f.>; 123, 148 <172>; 134, 242 <285>; stRspr). Eine Verfassungsbeschwerde ist daher unzulässig, wenn und soweit in zumutbarer Weise Rechtsschutz durch die Anrufung der Fachgerichte erlangt werden kann.
Nach Durchführung eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist danach die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten, wenn dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Gelegenheit besteht, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn mit der Verfassungsbeschwerde Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich auf die Hauptsache beziehen. In diesem Fall scheidet die Verweisung auf den fachgerichtlichen Rechtsweg nur dann aus, wenn die Durchführung des Hauptsacheverfahrens unzumutbar ist. Letzteres ist der Fall, wenn der Hauptsacherechtsbehelf in der Fachgerichtsbarkeit von vornherein aussichtslos ist, oder wenn die tatsächliche oder einfachrechtliche Lage zur verfassungsrechtlichen Beurteilung ausreichend geklärt ist und die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.>; 78, 290 <301 f.>; 79, 275 <278 f.>; 104, 65 <70 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. August 1997 - 1 BvR 2246/96 -, juris Rn. 2; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2013 - 1 BvR 1278/13 -, juris Rn. 5). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Bundesverfassungsgericht infolge der fachgerichtlichen Vorprüfung der Beschwerdepunkte ein bereits eingehend geprüftes Tatsachenmaterial vorliegen soll und ihm auch die Fallanschauung sowie die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die sachnäheren Fachgerichte vermittelt werden sollen (vgl. BVerfGE 79, 1 <20>; 86, 382 <386 f.>; 114, 258 <279>).
b) Die Grundrechtsrügen der Beschwerdeführer beziehen sich nicht spezifisch auf das fachgerichtliche Eilverfahren, in welchem allein sie den Rechtsweg erschöpft haben. Sie machen keine Verletzung ihrer dort zu beachtenden Verfahrensrechte, die unter anderem schon dort eine Prüfung der kapazitätsbestimmenden Faktoren erfordern können (vgl. hierzu BVerfGK 3, 135 <139 ff.>), geltend. Ihre Rügen beschränken sich vielmehr allein auf Grundrechtsverletzungen, die sich auf die Hauptsache beziehen. Ihrer Art nach können diese daher auch im Hauptsacheverfahren geheilt werden.
c) Die Voraussetzungen, unter denen vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung in der Hauptsache abgesehen werden könnte, liegen nicht vor.
aa) Der Hauptsacherechtsbehelf ist nicht von vornherein sinn- und aussichtslos. Die Aussichtslosigkeit kann nicht schon daraus hergeleitet werden, dass das Ausgangsgericht die Frage, ob die Universität befugt war, zuvor unbefristet besetzte Stellen wissenschaftlicher Mitarbeiter kapazitätsmindernd befristet zu besetzen, im Eilverfahren nicht im Sinne der Beschwerdeführer entschieden hat. Der Möglichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache steht insbesondere keine höchstrichterliche Rechtsprechung der Fachgerichte entgegen (vgl. BVerfGE 104, 65 <71>). Dies belässt den Beschwerdeführern die Möglichkeit, im Hauptsacheverfahren darzulegen, dass die Universität ihr Stellenbewirtschaftungsermessen in Bezug auf die konkret angegriffenen Stellenbesetzungen fehlerhaft ausgeübt hat. Den Beschwerdeführern ist unter diesem Gesichtspunkt zuzumuten, ihre Argumente zunächst im fachgerichtlichen Verfahren vorzutragen.
bb) Eine sofortige Entscheidung vor Erschöpfung des Rechtswegs ist auch nicht nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG veranlasst. Die Verfassungsbeschwerde wirft weder Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung auf noch entsteht den Beschwerdeführern ein schwerer und unabwendbarer Nachteil, wenn sie auf den Rechtsweg in der Hauptsache verwiesen werden.
Inwieweit Erwägungen im Bereich der Stellenbewirtschaftung, hier die Berücksichtigung der Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebs, geeignet sind, hieraus im Ergebnis folgende Kapazitätseinbußen zu rechtfertigen, ist letztlich eine Frage der konkreten Umstände des Einzelfalls und damit nicht spezifisch verfassungsrechtlicher Natur. Fragen von allgemeiner verfassungsrechtlicher Bedeutung stellen sich insoweit nicht.
Durch die Verweisung auf die Hauptsache tritt auch kein schwerer und unabwendbarer Nachteil ein. Eine solche Verweisung ist ungeachtet der zu erwartenden Verfahrensdauer auch in Kapazitätsstreitigkeiten in der Regel zumutbar. Anderes gilt nur dann, wenn ohne die beschleunigte Klärung vorhandene Kapazitäten in erheblichem Umfang für längere Dauer ungenutzt blieben (vgl. BVerfGE 51, 130 <138 ff.>; 54, 173 <190 f.>; 59, 172 <198>; 66, 155 <173>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. August 1997 - 1 BvR 2246/96 -, juris Rn. 5; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 17. September 2013 - 1 BvR 1278/13 -, juris Rn. 9; stRspr). Kapazitäten von erheblichem Umfang stehen aber auch nach den Berechnungen der Beschwerdeführer nicht in Rede. Die Beschwerdeführer haben ferner keine individuellen Besonderheiten dargelegt, welche das Abwarten einer fachgerichtlichen Hauptsacheentscheidung in ihren konkreten Einzelfällen ausnahmsweise als unzumutbar erscheinen lassen könnten.
2. Die Verfassungsbeschwerde genügt auch nicht den Anforderungen an ihre Begründung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG.
Das Oberverwaltungsgericht hat sich in seinen Entscheidungen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestützt, die zwischen strukturellen Änderungen sowie Maßnahmen der Stellenbewirtschaftung unterscheidet und der Hochschulverwaltung bei letzteren ein nur eingeschränkt überprüfbares Dispositionsermessen einräumt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 1987 - 7 C 10.86 -, NVwZ 1989, S. 360 <363 ff.>). Hiermit setzen sich die Beschwerdeführer nicht auseinander.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.