Bundesverfassungsgericht

Entscheidungsdatum: 13.11.2018


BVerfG 13.11.2018 - 1 BvR 1223/18

Nichtannahmebeschluss: Zur Anwendung des § 67 Abs 5 S 2 SGB III (juris: SGB 3) in Fällen, in denen das angerechnete Elterneinkommen den Unterhaltsanspruch des Kindes übersteigt - Verletzung des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 GG) infolge Nichtanwendung des § 67 Abs 5 S 2 SGB 3 in jenen Fällen nicht hinreichend substantiiert dargelegt - Berücksichtigung des Kriteriums der Gefährdung der Berufsausbildung (§ 68 Abs 1 SGB 3) geboten


Gericht:
Bundesverfassungsgericht
Spruchkörper:
1. Senat 1. Kammer
Entscheidungsdatum:
13.11.2018
Aktenzeichen:
1 BvR 1223/18
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20181113.1bvr122318
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
Vorinstanz:
vorgehend BSG, 6. Februar 2018, Az: B 11 AL 67/17 B, Beschlussvorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 23. März 2017, Az: L 3 AL 282/15, Urteilvorgehend SG Leipzig, 22. Oktober 2015, Az: S 28 AL 36/14, Urteil
Zitierte Gesetze
§§ 56ff SGB 3

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

2

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht den Anforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG entsprechend begründet. Eine diesen Anforderungen genügende Begründung der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird (vgl. BVerfGE 81, 208 <214>; 89, 155 <171>; 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>; 113, 29 <44>).

3

Insbesondere eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG durch das Sozialgericht oder das Landessozialgerichts ist nicht hinreichend dargelegt.

4

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe nach den §§ 56 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) hatte keinen Erfolg, weil nach Ansicht der für die Bewilligung zuständigen Bundesagentur für Arbeit der monatliche Gesamtbedarf der Beschwerdeführerin durch ihre Ausbildungsvergütung und das Erwerbseinkommen ihrer Eltern gedeckt war. Das monatlich anrechenbare Erwerbseinkommen der Eltern überstieg nach Ansicht der Beschwerdeführerin ihren zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern. Insofern verwies die Beschwerdeführerin im fachgerichtlichen Verfahren auf § 67 Abs. 5 Satz 2 SGB III, wonach das Einkommen der Eltern nicht anzurechnen ist, soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht oder dieser verwirkt ist. Die Beschwerdeführerin hielt infolge einer an Art. 3 Abs. 1 GG orientierten Auslegung den Anwendungsbereich des § 67 Abs. 5 Satz 2 SGB III auch dann für eröffnet, wenn das im Rahmen des Anspruchs auf Berufsausbildungsbeihilfe angerechnete Elterneinkommen den zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch übersteigt. Ohne eine entsprechende Auslegung würden nach Ansicht der Beschwerdeführerin Auszubildende ohne einen Unterhaltsanspruch ohne sachlichen Grund gegenüber Auszubildenden mit einem zu geringen Unterhaltsanspruch bevorzugt. Weder das Sozialgericht noch das Landessozialgericht haben sich der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin angeschlossen.

5

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde geht nicht hinreichend auf die einfachgesetzliche Lage ein. Nach § 68 Abs. 1 SGB III wird Berufsausbildungsbeihilfe nach Anhörung der Eltern ohne Anrechnung des Unterhaltsbetrags geleistet, wenn der Auszubildende glaubhaft macht, dass seine Eltern den bei der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe angerechneten Unterhaltsbetrag, der höher liegen kann als der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch, nicht leisten und die Berufsausbildung deshalb gefährdet ist. Die von der Beschwerdeführerin gerügte Ungleichbehandlung findet demnach nur dann statt, wenn die Ausbildung trotz der zu geringen Unterhaltsleistung der Eltern nicht gefährdet ist. Das Kriterium der Gefährdung der Berufsausbildung spricht aber gegen das Vorliegen vergleichbarer Personengruppen im Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG oder stellt zumindest ein die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Grund dar.

6

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

7

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.