Entscheidungsdatum: 23.09.2011
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil der Kläger nicht durch Vorlage einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unter Beifügung entsprechender Belege nachgewiesen hat, dass er die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 117 und 121 ZPO). Im Übrigen bietet seine Rechtsverfolgung - wie im Folgenden ausgeführt - auch in der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn die Beschwerde, mit der Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sowie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht werden, hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde rügt als Verfahrensmangel die unvollständige, unzureichende, mangel- und lückenhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung zu den angeblichen Unterstützungshandlungen der Islamischen Kulturgemeinschaft (IKG) bzw. des Klägers für die Hisbollah im Libanon; dadurch werde zudem das rechtliche Gehör des Klägers verletzt. Es fehle u.a. eine sachliche und rechtliche Begründung für die Bewertung der Hisbollah als terroristische Vereinigung, den vom Berufungsgericht aus dem Märtyrerkult der Hisbollah gezogenen Schlussfolgerungen sowie dem terroristischen Charakter von Selbstmordattentaten. Des Weiteren gehe aus der angefochtenen Entscheidung nicht mit hinreichender Klarheit hervor, welche konkreten Unterstützungshandlungen der IKG bzw. dem Kläger vorgeworfen würden und warum bei dem Kläger eine gegenwärtige Gefährlichkeit bestehe.
Soweit damit eine Verletzung des § 138 Nr. 6 VwGO geltend gemacht wird, greift diese Rüge nicht durch. Nicht mit Gründen im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO versehen ist eine Entscheidung nur dann, wenn sie so mangelhaft begründet ist, dass die Entscheidungsgründe ihre doppelte Funktion - die Beteiligten über die dem Urteil zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu ermöglichen - nicht mehr erfüllen können. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (vgl. Beschluss vom 5. Juni 1998 - BVerwG 9 B 412.98 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 = NJW 1998, 3290). Hingegen liegt ein Verstoß gegen § 138 Nr. 6 VwGO nicht schon dann vor, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (vgl. Beschlüsse vom 13. Juli 1999 - BVerwG 9 B 419.99 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 35 und vom 9. Juni 2008 - BVerwG 10 B 149.07 - juris Rn. 5). Bei Anwendung dieses Maßstabs ist vorliegend für einen Begründungsmangel gemäß § 138 Nr. 6 VwGO nichts ersichtlich.
In Wahrheit wendet sich die Beschwerde mit ihrem Vorbringen gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Damit vermag sie eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO schon deshalb nicht zu erreichen, da die Grundsätze der Beweiswürdigung revisionsrechtlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind (vgl. nur Beschlüsse vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4 = NVwZ-RR 1995, 310; vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. = NVwZ-RR 1996, 359 und vom 18. April 2008 - BVerwG 8 B 105.07 - ZOV 2008, 168 jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensfehler kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet (Beschlüsse vom 25. Juni 2004 - BVerwG 1 B 249.03 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 284 und vom 16. Juni 2003 - BVerwG 7 B 106.02 - Buchholz 303 § 279 ZPO Nr. 1 = NVwZ 2003, 1132 <1135> jeweils m.w.N.). Ein Verfahrensmangel bei der Beweiswürdigung liegt aber nur dann vor, wenn sich der gerügte Fehler hinreichend eindeutig von der materiellrechtlichen Subsumtion, d.h. der korrekten Anwendung des sachlichen Rechts abgrenzen lässt und der Tatrichter den ihm bei der Tatsachenfeststellung durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffneten Wertungsrahmen verlassen hat. Einen solchen qualifizierten Mangel der Beweiswürdigung hat die Beschwerde nicht aufgezeigt. Entgegen ihrem Vorbringen ist auch nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt hätte - zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen (unbedingten) Beweisantrag gestellt hat - oder wesentliches Beweismaterial nur unvollständig zur Kenntnis genommen oder selektiv ausgewertet hätte. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung verbietet dem Tatrichter auch nicht von vornherein, bei seiner Würdigung u.a. allgemein zugängliche Internet-Quellen zu verwerten und sich bei der Überzeugungsbildung im Wesentlichen auf den Vortrag eines Beteiligten zu stützen; maßgeblich für seine richterliche Beurteilung ist - außerhalb des Anwendungsbereichs von hier nicht eingreifenden Beweisregeln - allein die innere Überzeugungskraft der in Betracht kommenden Bekundungen (vgl. Urteil vom 31. Januar 1989 - BVerwG 9 C 54.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 213). Der Sache nach kritisiert die Beschwerde an vielen Punkten die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung und setzt dieser ihre eigene Würdigung entgegen. Damit lässt sich ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO indes nicht begründen.
Eine Gehörsverletzung des Klägers ist nicht hinreichend dargelegt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und die wesentlichen Gründe für seine Entscheidung anzugeben (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte brauchen sich jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2003 - 2 BvR 624/01 - NVwZ-RR 2004, 3). Gemessen an diesen Anforderungen ergibt sich aus den Darlegungen des Klägers keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Dieses Prozessgrundrecht verpflichtet ein Gericht insbesondere nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1994 - 2 BvR 894/94 - NJW 1995, 2839 m.w.N.).
2. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und sowohl für das Berufungsurteil als auch die angefochtene Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
a) Die Beschwerde entnimmt der angefochtenen Entscheidung den Rechtssatz, "... dass auch in kriegerischen Konflikten a) jede Form von suizidalen Anschlägen gegen den militärischen Gegner, b) zumindest solche, bei denen zivile Opfer in Kauf genommen würden, terroristisch seien" und macht insoweit die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend (Schriftsatz vom 27. Juli 2011 S. 17). Dieses Vorbringen rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Revision, weil weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass diese Frage für das Berufungsurteil entscheidungserheblich war. Der Verwaltungsgerichtshof hat Selbstmordattentate als terroristisch angesehen, in denen "... Adressaten ... nicht aktiv an Feindseligkeiten Beteiligte" sind bzw. bei denen "... notwendigerweise neben Nicht-Kombattanten auch unbeteiligte Zivilisten betroffen sind" (UA S. 28). Dieser Obersatz folgt mit Blick auf die Betroffenheit unbeteiligter Zivilisten einem anderen, nämlich engeren Maßstab als die von der Beschwerde formulierte Grundsatzfrage. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass eine Vereinigung den Terrorismus unterstützt, wenn sie selbst ihre Ziele zumindest auch mit terroristischen Mitteln verfolgt (Urteil vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <130> = Buchholz 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 25). Dabei sind als terroristisch anzusehen jedenfalls der Einsatz gemeingefährlicher Waffen und Angriffe auf das Leben Unbeteiligter zur Durchsetzung politischer Ziele (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 33 = Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 52; Beschluss vom 7. Dezember 2010 - BVerwG 1 B 24.10 - juris Rn. 4 m.w.N.).
b) Auch hinsichtlich der aufgeworfenen Frage, ob "durch bloße - und dazuhin legale - Meinungsäußerungen bzw. religiöse Betätigungen überhaupt Unterstützungshandlungen von terroristischen Aktivitäten im Sinne von § 54 Nr. 5 AufenthG begründet werden können" (Schriftsatz vom 27. Juli 2007 S. 28), fehlt es an einer ausreichenden Darlegung, inwieweit sich diese Rechtsfrage dem Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Feststellungen gestellt hat. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat bei der Subsumtion unter den Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG - anders als die Beschwerde geltend macht (a.a.O. S. 28 Mitte) - dem Kläger keine Unterstützungshandlungen außerhalb einer Mitgliedschaft in einer Vereinigung vorgehalten, sondern an der Mitgliedschaft des Klägers in der IKG und insbesondere deren Vorstand angeknüpft (UA S. 24). Im Übrigen ist die Frage in der Rechtsprechung mit Blick auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bereits im positiven Sinne geklärt. In seinem Urteil vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 26.03 - (a.a.O. S. 129) hat der Senat dazu ausgeführt, dass wegen der tatbestandlichen Weite des Unterstützungsbegriffs bei der Anwendung der Vorschrift darauf zu achten ist, dass nicht unverhältnismäßig namentlich in das auch Ausländern zustehende Recht auf freie Meinungsäußerung jenseits der zumindest mittelbaren Billigung terroristischer Bestrebungen eingegriffen wird. Demzufolge können auch Aktivitäten, die dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfallen, das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 54 Nr. 5 AufenthG erfüllen.
c) Die Beschwerde sieht als grundsätzlich bedeutsam die Frage an, ob
"... im Lichte des Grundrechts der Meinungsäußerungsfreiheit und im Interesse der Sicherung der Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt auch für ausländische Mitbürger zu fordern
Diese Frage stelle sich immer dann, wenn Personen allein aufgrund von Meinungsäußerungen bzw. der Verbreitung von Meinungsäußerungen der Vorwurf gemacht werde, sie unterstützten terroristische Vereinigungen oder Aktivitäten, obwohl die betreffende Vereinigung als solche weder verboten sei noch strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen sie oder ihre Organe liefen (a.a.O. S. 28 unten). Auch insoweit ist die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage weder dargelegt noch ersichtlich, denn das Berufungsgericht hat bei seiner Prüfung der Ausweisung nicht auf Meinungsäußerungen des Klägers als Unterstützung abgestellt (vgl. oben unter b). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat die IKG, deren Mitglied der Kläger ist und deren Vorstand er angehört, die Hisbollah u.a. materiell unterstützt (UA S. 34 f.).
d) Als grundsätzlich bedeutsam formuliert die Beschwerde schließlich die Frage, ob bei der Ausweisung aufgrund der Unterstützung einer auswärtigen Vereinigung
"... im Interesse der Rechtssicherung und Einheitlichkeit der Beurteilung und ggf. bundesweiten Verfolgung der betreffenden Vereinigung zu fordern
Diese Frage rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. In der von der Beschwerde formulierten Variante, die auf die Einleitung eines der Vorschrift des § 129a StGB entsprechenden Verfahrens gegen die ausländische Vereinigung abstellt, ist sie nicht klärungsfähig. Denn eine Vereinigung selbst kann die Straftat der Bildung terroristischer Vereinigungen nicht begehen. Im Übrigen lässt sich die aufgeworfene Frage auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 5 AufenthG, der die Regelungen des durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 (BGBl I S. 361) geänderten § 47 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG 1990 übernommen hat (BTDrucks 15/420 S. 90), dient der effektiven Bekämpfung der Vorfeldunterstützung des internationalen Terrorismus durch Herabsetzung der Eingriffsschwelle (vgl. Urteil vom 15. März 2005 a.a.O. S. 126 ff. m.w.N. auf die Gesetzesmaterialien). Es liegt auf der Hand, dass es sich mit diesem Anliegen des Gesetzgebers als unvereinbar erwiese, wenn eine auf § 54 Nr. 5 AufenthG gestützte Ausweisung immer erst im Anschluss an ein Verbot der (ausländischen) Vereinigung in Betracht käme.