Entscheidungsdatum: 21.01.2010
1. Die Bescheinigung der begrenzten Fortgeltungswirkung gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist kein Verwaltungsakt und dokumentiert nur den bestehenden Rechtszustand.
2. Die Befristung der Geltungsdauer dieser Bescheinigung auf drei Monate ist verhältnismäßig.
I.
Die Kläger sind irakische Staatsangehörige. Ihre nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilten befristeten Aufenthaltserlaubnisse waren von der Beklagten im September 2007 nicht verlängert worden. Über ihre Widersprüche gegen die Ablehnung der Verlängerung ist noch nicht entschieden. Die Widersprüche haben aufgrund behördlicher (Kläger zu 1) bzw. gerichtlicher Entscheidung (Klägerin zu 2) aufschiebende Wirkung. Die Beklagte stellte den Klägern am 23. April 2008 auf ihre Anträge Bescheinigungen nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG aus. Darin heißt es, die Kläger seien aufgrund der Ablehnung der Verlängerung des Aufenthaltstitels ausreisepflichtig. Es werde hiermit bescheinigt, dass der zuletzt erteilte Aufenthaltstitel für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit als fortbestehend gelte. Die Bescheinigung sei gültig bis 22. Juli 2008, längstens jedoch bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der Verfügung der Ausländerbehörde vom September 2007. Erwerbstätigkeit sei gestattet. Der Inhaber/die Inhaberin genüge mit dieser Bescheinigung nicht der Passpflicht.
Die Kläger haben hiergegen Klage erhoben und geltend gemacht, mehrere Festsetzungen der ihnen erteilten Bescheinigungen verstießen gegen § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, insbesondere deren auf drei Monate befristete Geltungsdauer. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, der Verwaltungsgerichtshof die hiergegen eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, für die sie Prozesskostenhilfe beantragt haben, erstreben die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.
II.
Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Die Beschwerde, mit der die Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend machen, ist unbegründet.
Die Beschwerde wendet sich gegen die Befristung der den Klägern nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG erteilten Bescheinigungen sowie die Aufnahme der Textpassage zur Gestattung der Erwerbstätigkeit. Nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gilt der Aufenthaltstitel für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Die Beschwerde sieht in den den Klägern erteilten Bescheinigungen über die begrenzte Fortgeltungswirkung des Aufenthaltstitels nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG - anders als der Verwaltungsgerichtshof - rechtswidrige Verwaltungsakte oder Nebenbestimmungen hierzu und nicht bloße Bescheinigungen ohne Regelungscharakter. Außerdem möchte sie den Text der Bescheinigungen auf den Wortlaut des § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG beschränkt oder entsprechend dem Muster für eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG gestaltet sehen. Sie macht rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf für die Frage geltend,
"inwieweit eine Bescheinigung der begrenzten Fortgeltungs- oder Fortbestandsfiktion des § 84 Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz über den gesetzlichen Inhalt hinaus weiter eingeschränkt und mit weiteren Nebenbestimmungen, Auflagen bzw. Einschränkungen versehen werden kann oder ob nicht eine solche Bescheinigung nach § 84 Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz uneingeschränkt nur mit dem entsprechenden Wortlaut des Gesetzes erteilt werden kann, während der Aufenthalt als solcher nicht auch im Rahmen einer solchen Bescheinigung geregelt werden kann wie in den vorliegenden Fällen, sondern der Aufenthalt als solcher nur möglich ist mit den normalen Aufenthaltsrechten des Aufenthaltsgesetzes, ggf. auch einer Duldung (zusätzlich) bzw. ob ein Anspruch auf Ausstellung einer Fiktionsbescheinigung entsprechend Anlage D 3 zur Aufenthaltsverordnung (vgl. BGBl. 2004 I S. 2975, 2977) besteht." (Beschwerdeschrift S. 1 f.)
und
"inwieweit nicht dann hier § 12 Aufenthaltsgesetz entsprechend anwendbar ist, zumindest insoweit, als es um Einschränkungen des Aufenthalts geht, einschränkende Verwaltungsakte, beginnend von zeitlichen Befristungen über räumliche Beschränkungen oder über einschränkende Bestimmungen zur Erwerbstätigkeit." (Beschwerdeschrift S. 4).
Diese Fragen lassen sich ohne weiteres beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung des begehrten Revisionsverfahrens bedürfte.
1. Die Frage nach der Rechtsnatur und dem zulässigen Inhalt einer Bescheinigung über die beschränkte Fortgeltungswirkung des Aufenthaltstitels für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist eindeutig dahingehend zu beantworten, dass sie kein Verwaltungsakt ist und in ihr Aufenthaltsrechte nicht geregelt werden dürfen. Denn eine solche Bescheinigung regelt die Rechtslage nicht, sondern dokumentiert nur den bestehenden Rechtszustand. Diese Auslegung stimmt mit der Rechtsauffassung des Senats zur Rechtsnatur einer Fiktionsbescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG 1990 überein (heute: § 81 Abs. 5 AufenthG), wonach es sich bei einem solchen Dokument nicht um einen feststellenden oder rechtsgestaltenden Verwaltungsakt handelt, sondern lediglich um eine Bescheinigung, die nicht hindert, auf die wahre Rechtslage zurückzugreifen (Urteil vom 3. Juni 1997 - BVerwG 1 C 7.96 - Buchholz 402.240 § 18 AuslG 1990 Nr. 1, S. 7). Im Rahmen einer Bescheinigung nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG können aufenthaltsrechtliche Regelungen daher auch nicht in Gestalt von Nebenbestimmungen nach § 12 Abs. 2 AufenthG getroffen werden. Dies hat auch das Berufungsgericht so gesehen (UA S. 7) und überdies ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die den Klägern erteilten Bescheinigungen diesen rechtlichen Vorgaben entsprechen. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nichts anderes. Insbesondere lässt sich ihm auch nicht entnehmen, inwiefern die in den Bescheinigungen enthaltene Aussage "Erwerbstätigkeit gestattet" eine Einschränkung gegenüber der den Klägern durch ihre früheren Aufenthaltstitel ermöglichten Erwerbstätigkeit bedeuten soll.
Soweit die Beschwerde ergänzend die entsprechende Anwendung des § 12 AufenthG für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält, kann dem schon deshalb nicht nachgegangen werden, weil die Beschwerde nicht aufzeigt, welche Regelungslücke die geforderte entsprechende Anwendung gebieten könnte.
Kann also nur die Dokumentation der Rechtslage Gegenstand einer Bescheinigung nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG sein, bestehen für ihre Abfassung keine einer Verfügung mit Regelungscharakter vergleichbaren rechtlichen Vorgaben. Insbesondere war der Gesetz- oder Verordnungsgeber nicht verpflichtet, hierfür Vorschriften zur einheitlichen Rechtsanwendung zu erlassen. Hieraus ergibt sich auch, dass eine Bescheinigung über die Fortgeltungswirkung nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht entsprechend den Vorgaben für eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG gemäß § 58 Satz 1 Nr. 3 Aufenthaltsverordnung nach dem Muster in Anlage D 3 gestaltet werden muss. Für ihre gegenteilige Auffassung bleibt die Beschwerde eine nachvollziehbare Begründung schuldig. Vielmehr erscheint die unterschiedliche Gestaltung zur Vermeidung einer Verwechslung der beiden Bescheinigungen als von der Sache her sinnvoll und entspricht zudem der Vorgabe in Nr. 4.3.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 (GMBl 2009, 878 <915>). Zudem betrifft die von der Beschwerde für ihre Auffassung zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. März 2008 - 11 S 167/08 - (InfAuslR 2008, 335) eine Fallgestaltung, die mit der der Kläger nicht vergleichbar ist (Besonderheit bei grenzüberschreitender Erwerbstätigkeit).
2. Die Befristung der Geltungsdauer der Bescheinigung nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (nicht: der Fortgeltungswirkung nach § 84 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) auf drei Monate war verhältnismäßig. Hiervon ist auch das Berufungsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgegangen, um die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung derartiger Bescheinigungen nach Ablauf der Fortgeltungswirkung einzuschränken (UA S. 10 f.). Im Übrigen sähe auch der Vordruck einer Bescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG gemäß der Anlage D 3 zur Aufenthaltsverordnung (vgl. BGBl 2004 I S. 2945 <2975 - 2977>) eine Befristung der Geltungsdauer der dort geregelten Bescheinigung vor.