Entscheidungsdatum: 16.11.2015
Ein Verein richtet sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 3 GG, wenn er eine Stiftung, die integraler Teil der Hisbollah ist, über einen langen Zeitraum und in beträchtlichem Umfang finanziell unterstützt, ihm die Zugehörigkeit der unterstützten Stiftung zur Hisbollah bekannt ist und er sich mit der Hisbollah einschließlich der von dieser vertretenen, das Existenzrecht Israels negierenden Einstellung und deren bewaffneten Kampf identifiziert.
Der Kläger wurde im Jahre 1997 mit dem Namen "Waisenkinderprojekt Libanon" und dem Sitz in Stuttgart gegründet. In der Folgezeit wurde der Sitz des Vereins zunächst nach Göttingen und später nach Essen verlegt.
Als Vereinszweck nennt § 2 Abs. 1 der Satzung des Klägers in der Fassung vom 20. Juni 2013 "die Unterstützung der Familien und Kinder von Kriegsgefallenen, Verstorbenen und Körperbehinderten, vor allem solcher im Libanon". Als weiterer Zweck ist die "Organisation und Schaffung von Nachhilfemöglichkeiten insbesondere für Schüler mit sogenanntem Migrationshintergrund unabhängig vom jeweils besuchten Schultyp" genannt. Diese Ziele sollen laut Satzung durch Patenschafts-, Medizinische und Behindertenprojekte sowie durch die Förderung von Schülern und Studenten und Nachhilfeunterricht verwirklicht werden.
Das Bundesministerium des Innern stellte ohne vorherige Anhörung des Klägers durch Verfügung vom 2. April 2014 fest, dass der Kläger sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. Der Kläger wurde verboten und aufgelöst. Ferner wurde verboten, Ersatzorganisationen für den Kläger zu bilden oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen sowie das Kennzeichen des Klägers öffentlich zu verwenden und die Internetseite des Klägers zu betreiben. Das Vermögen des Klägers sowie näher bezeichnete Forderungen und Sachen Dritter wurden beschlagnahmt und eingezogen.
Das Bundesministerium des Innern führte zur Begründung aus: Zweck und Tätigkeit des Klägers richteten sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung gemäß Art. 9 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 Alt. 3 Vereinsgesetz. Er habe über einen langen Zeitraum und in beträchtlichem Umfang - in der Zeit von 2007 bis August 2013 mit einem Gesamtbetrag von 3 296 888,25 € - die in Beirut (Libanon) ansässige Shahid Stiftung finanziell unterstützt. Die Shahid Stiftung betreue Waisenkinder sowie Hinterbliebene von Hisbollah-Kämpfern, die u.a. bei Kampfhandlungen gegen die israelischen Streitkräfte gefallen seien. Sie sei integraler Bestandteil der Hisbollah und flankiere durch ihre Rolle als Hinterbliebenenversorgung die gegen Israel gerichteten gewaltsamen Aktivitäten der Hisbollah. Die Hisbollah ihrerseits bestreite das Existenzrecht Israels, trage Gewalt in das Verhältnis zwischen dem israelischen und dem libanesischen Volk und beeinträchtige so das friedliche Zusammenleben dieser Völker. Das Festhalten der Hisbollah an ihren gegen Israel gerichteten Zielsetzungen und kämpferischen Aktivitäten habe dazu geführt, dass der Rat der Europäischen Union zumindest für den militärischen Arm der libanesischen Hisbollah die Eigenschaft als Terrororganisation bestätigt und sie in die Terrorliste aufgenommen habe. Insgesamt unterstütze der Kläger die Shahid Stiftung als Teil der Hisbollah und damit die auf Vernichtung des Staates Israels gerichtete völkerverständigungswidrige Ausrichtung der Hisbollah.
Der Kläger hat gegen die Verbotsverfügung Klage erhoben und trägt zu deren Begründung vor, dass die Verbotsverfügung in formeller und materieller Hinsicht rechtswidrig sei. Die Verbotsverfügung sei formell fehlerhaft, weil sie nicht ohne seine vorherige Anhörung habe ergehen dürfen. Für die Annahme der Beklagten, eine Anhörung hätte den mit dem Verbot gleichzeitig bezweckten Erfolg einer Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens gefährdet, gebe es keine Anknüpfungspunkte im Sinne einer konkreten Gefahr. Der Verstoß gegen die Anhörungspflicht stelle zugleich einen Grundrechtsverstoß dar; der Kläger könne sich als religiös motivierter Verein auf Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen. Die Verbotsverfügung sei auch materiell rechtswidrig, weil der Verbotstatbestand nicht erfüllt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet worden sei. Dabei werde nicht in Abrede gestellt, dass der Kläger die Shahid Stiftung langjährig und umfassend unterstützt habe. Seine Tätigkeit richte sich aber nicht gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Entgegen der Auffassung der Beklagten reiche die Negierung des Existenzrechts Israels seitens der Hisbollah für sich genommen nicht aus, um eine Völkerverständigungswidrigkeit anzunehmen. Es werde bestritten, dass die Hisbollah das Existenzrecht Israels auch mit terroristischen Gewalttaten in Frage stelle. Bei der Hisbollah handele es sich um eine legitime Widerstandsorganisation, die als Reaktion auf den Einmarsch Israels im Juni 1982 in den Libanon gegründet worden sei. Zwar könne nicht bestritten werden, dass die Hisbollah Selbstmordattentate verübt habe. Es sei jedoch historisch belegt, dass sie nur sehr sparsam und sehr gezielt eingesetzt worden seien. Auch werde nicht bestritten, dass die Hisbollah ein System zur Versorgung der Selbstmordattentäter vorhalte. Dieses sowie nahezu alle militärischen Aktionen fänden jedoch auf libanesischem Staatsgebiet statt, richteten sich gegen unrechtmäßige Besatzungsmächte, verfolgten ausschließlich militärische Ziele und stellten daher keine Terroraktionen dar. Zudem handele es sich bei der Shahid Stiftung entgegen der Behauptung der Beklagten nicht um einen integralen Bestandteil der Hisbollah. Es werde bestritten, dass die Shahid Stiftung bewusst und zielgerichtet gewalttätige oder völkerverständigungswidrige Aktivitäten der Hisbollah unterstütze und damit unmittelbar selbst eine Verbindung mit dem "gewaltsamen Widerstand" der Hisbollah gegen Israel aufweise. Es werde ferner bestritten, dass sich der Kläger mit der Hisbollah bzw. den von ihr ausgehenden Gewalttaten identifiziere und dass ihm bewusst gewesen sei, dass durch die Spenden die von der Hisbollah angeblich ausgehende aggressive Gewalt unterstützt werde. Schließlich habe die Beklagte dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ausreichend Rechnung getragen, den Kläger unzulässig in seiner religiös motivierten karitativen Tätigkeit beschnitten und die Voraussetzungen des durch die Verfassung vorgegebenen Verbotstatbestandes zu Unrecht bejaht und hierdurch den Kläger in seinen Grundrechten aus Art. 9 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 19 Abs. 4 GG verletzt. Außerdem seien die von der Beklagten vorgelegten Telefonmitschnitte unter Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 GG zustande gekommen und unterlägen daher einem Beweisverwertungsverbot.
Der Kläger beantragt,
die Verfügung des Bundesministeriums des Innern vom 2. April 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die Verbotsverfügung unter Verweis auf die in den Verwaltungsvorgängen enthaltenen und weitere im Gerichtsverfahren beigebrachten Unterlagen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Streitakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Unterlagen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Verfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sowohl das Verbot und die Auflösung des Klägers (1.) als auch die in der Verfügung getroffenen Nebenentscheidungen (2.) sind nicht zu beanstanden.
1. Rechtsgrundlage für das Verbot und die Auflösung des Klägers ist § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz - VereinsG -) vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593), zum hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) i.V.m. Art. 9 Abs. 2 GG. Danach darf ein Verein erst dann als verboten behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Die Verbotsverfügung ist auf dieser Grundlage in formell (a) und materiell (b) rechtmäßiger Weise ergangen.
a) Formelle Mängel der Verbotsverfügung sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass der Kläger vor Erlass der Verfügung nicht angehört wurde.
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Vereinsrecht (BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 6 B 40.12 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 60 Rn. 19 ff. m.w.N.) genügt es, dass die Verbotsbehörde unter diesen Gesichtspunkten aufgrund der ihr bekannt gewordenen Tatsachen eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte. Dies wird namentlich in Fällen angenommen, in denen das Unterbleiben einer vorherigen Anhörung damit begründet wurde, dass eine Unterrichtung des betroffenen Vereins über den bevorstehenden Eingriff vermieden und ihm so keine Gelegenheit gegeben werden sollte, sein Vermögen, verbotsrelevante Unterlagen oder dergleichen dem behördlichen Zugriff zu entziehen. Ein derartiges Bestreben, einer Verbotsverfügung größtmögliche Wirksamkeit zu verleihen, rechtfertigt in der Regel das Absehen von einer Anhörung (BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 6 B 40.12 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 60 Rn. 22).
Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt. Das Bundesministerium des Innern hat ausweislich der Begründung der angefochtenen Verfügung von einer Anhörung des Klägers deshalb abgesehen, weil es die mit einer solchen Maßnahme verbundene Unterrichtung des Klägers über den Eingriff vermeiden und ihm so keine Gelegenheit bieten wollte, das Vereinsvermögen und weitere verbotsrelevante Gegenstände dem behördlichen Zugriff zu entziehen und den Verbotserfolg zu vereiteln. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Soweit der Kläger für die Annahme einer Gefahr im Verzug das Vorliegen einer konkreten Gefahr sowie Anhaltspunkte dafür verlangt, dass der Betroffene bei vorheriger Unterrichtung Vereinsvermögen tatsächlich beseitigen wird, überspannt er die in § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG genannten Voraussetzungen. Bei der Beurteilung, ob Gefahr im Verzug im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, ist von einer ex-ante-Sicht auszugehen, d.h. maßgeblich ist, wie sich die Situation im Zeitpunkt der Entscheidung für die für die Entscheidung zuständigen Amtsträger darstellt. Der objektiven Notwendigkeit steht demgemäß nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur sogenannten Anscheinsgefahr der Fall gleich, dass die Behörde aufgrund der gegebenen Umstände ein sofortiges Handeln für geboten halten durfte (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 28 Rn. 53). Der Kläger dringt auch nicht mit seinem Vorbringen durch, schon wegen der Ermittlungsverfahren, die in der Vergangenheit gegen einige seiner Vorstandsmitglieder geführt und dann eingestellt worden waren, habe von einer Anhörung kein weitergehender Ankündigungs- oder Warneffekt ausgehen können. Neben dem Zeitablauf zwischen der Einstellung der Ermittlungsverfahren und der Verbotsverfügung vernachlässigt dieses Vorbringen insbesondere die Zielrichtung der Ermittlungsverfahren, die sich von dem präventiven Vereinsverbot unterscheidet, und den konkreten Tatvorwurf, der diesen Ermittlungen zugrunde lag. Entgegen der Auffassung des Klägers lassen sich auch aus Art. 9 Abs. 1 GG keine weitergehenden Anhörungsgebote ableiten als sie in § 28 VwVfG normiert sind. Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit wird nicht dadurch gefährdet, dass ein Verein unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG ohne vorherige Anhörung mit einem Verbotsausspruch belegt werden kann. Denn dem Verein steht der Rechtsweg offen, der effektiven Rechtsschutz gegen eine rechtswidrige oder zu Unrecht für sofort vollziehbar erklärte Verbotsverfügung bietet (BVerwG, Beschluss vom 3. April 1985 - 1 ER 323/84 - juris Rn. 13).
b) Das Verbot und die Auflösung des Klägers erweisen sich auch in der Sache als rechtmäßig. Der Kläger erfüllte zu dem für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung die Voraussetzungen eines Verbotstatbestandes, weil er sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtete.
Nach Art. 9 Abs. 2 Alt. 3 GG sind Vereinigungen dann verboten, wenn sie sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. Ein Verein darf nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG dann als verboten behandelt werden, wenn durch Verfügung das Vorliegen der Voraussetzungen eines Verbotsgrundes im Sinne von Art. 9 Abs. 2 GG festgestellt ist. Die Bestimmung gilt sowohl für aus deutschen Staatsangehörigen bestehende und diesen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 VereinsG gleichgestellte Vereine als auch für Ausländervereine im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG. Für das Vorliegen ihrer Voraussetzungen kommt es also nicht darauf an, ob es sich beim Kläger um einen deutschen Verein, um einen einem solchen Verein gleichgestellten Verein oder um einen Ausländerverein handelt (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 = juris Rn. 15 f.). Da die Vorsitzenden des Klägers deutsche Staatsangehörige bzw. EU-Ausländer sind und auch die Mitglieder des Vereins überwiegend deutsche Staatsangehörige sind, handelt es sich vorliegend indes um einen sogenannten Inländerverein.
Im Falle der Anfechtung einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung beruht die Überzeugungsbildung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO), das gemäß § 86 Abs. 1 VwGO den Sachverhalt von Amts wegen erforscht, der Eigenart der Materie entsprechend regelmäßig und so auch hier in erheblichem Umfang auf der zusammenschauenden Verwertung von Indizien.
aa) Die objektiven Voraussetzungen des Verbotstatbestandes liegen vor.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG Urteile vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 = juris Rn. 18; vom 24. Februar 2010 - 6 A 7.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 53 Rn. 44 und vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 13 ff.) richtet sich eine Vereinigung dann objektiv gegen den Gedanken der Völkerverständigung, wenn ihre Tätigkeit oder ihr Zweck geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung zu beeinträchtigen. Das Verbot, sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu richten, beschränkt sich nicht auf eine vereinsrechtliche Konkretisierung des Verbots nach Art. 26 Abs. 1 GG. Denn der Gedanke der Völkerverständigung reicht weiter als das friedliche Zusammenleben der Völker. Ein Verein richtet sich vielmehr auch dann gegen den Gedanken der Völkerverständigung, wenn sein Zweck oder seine Tätigkeit der friedlichen Überwindung der Interessengegensätze von Völkern zuwiderläuft. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Gewalt in das Verhältnis von Völkern hineingetragen und insbesondere zur Tötung von Menschen aufgefordert wird (BVerwG, Gerichtsbescheid vom 8. August 2005 - 6 A 1.04 - juris Rn. 26 und Urteil vom 25. Januar 2006 - 6 A 6.05 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 44 Rn. 15). In einem solchen Fall ist es für die Erfüllung des objektiven Verbotstatbestandes nicht erforderlich, dass der Verein selbst Gewalt ausübt. Der objektive Tatbestand kann auch dann erfüllt sein, wenn ein Verein eine Gruppierung unterstützt, die ihrerseits durch Ausübung von Gewalt das friedliche Miteinander der Völker beeinträchtigt (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 = juris Rn. 18) bzw. das Existenzrecht eines Staates vor dem Hintergrund eines Konflikts zwischen zwei Völkern in der Weise verneint, dass er zu dessen gewaltsamer Beseitigung aufruft (BVerwG, Gerichtsbescheid vom 8. August 2005 - 6 A 1.04 - juris Rn. 26) und hierdurch mittelbar zu der gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichteten Zwecksetzung oder Tätigkeit beiträgt.
Die Erfüllung des Verbotstatbestandes setzt nicht voraus, dass die Unterstützungsleistung unmittelbar den militärischen oder terroristischen Teilen einer Gewalt ausübenden Organisation zugutekommt (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 = juris Rn. 60). Der objektive Verbotstatbestand kann vielmehr auch dann erfüllt sein, wenn die deren Sozialvereinen zugewandten Gelder zweckentsprechend für soziale Zwecke eingesetzt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der soziale Flügel der betroffenen Organisation nicht von dem militärischen (terroristischen) und politischen Bereich der Organisation getrennt werden kann, so dass sich eine Unterstützung der der Organisation zuzuordnenden sozialen Einrichtungen angesichts des Charakters der Organisation als einheitliches Netzwerk auch als Unterstützung ihres militärischen Handelns darstellt. In diesem Fall kann die humanitäre Zwecksetzung der Hilfeleistung nicht isoliert betrachtet werden. Das soziale Engagement ist der betroffenen Organisation zuzurechnen, da es einen Beitrag zur Akzeptanz der Organisation in der Bevölkerung leistet, was wiederum die Rekrutierung von Aktivisten erleichtert, die sich an gewalttätigen Handlungen beteiligen (BVerwG, Urteile vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 = juris Rn. 37 und vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 14). Hinzu kommt, dass die finanziellen Zuwendungen an Sozialvereine die Organisation finanziell entlasten und die so eingesparten Mittel auch dem militärischen Sektor zugutekommen können. Aufgrund dieser Akzeptanz- und Entlastungsvorteile genügt es, wenn die dem Sozialverein zugewandten Gelder zweckentsprechend für soziale Zwecke eingesetzt werden, ohne dass es auf den Nachweis ankommt, ob diese sozialen Zwecken zur Verfügung gestellten Mittel abgezweigt und unmittelbar für militärische Zwecke verwendet worden sind. Findet eine solche Unterstützung über einen langen Zeitraum und in beträchtlichem Umfang statt, liegt darin eine schwerwiegende, ernste und nachhaltige Beeinträchtigung des Gedankens der Völkerverständigung (BVerwG, Urteil vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 14). Von dem Verbotsgrund sind nicht nur die friedlichen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu fremden Völkern, sondern auch der Frieden zwischen fremden Völkern erfasst. Der Verbotstatbestand ist nur erfüllt, wenn der Zweck oder die Tätigkeit des Vereins geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen. Eine aggressiv-kämpferische Vorgehensweise ist daneben und zusätzlich nicht erforderlich (Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 3 VereinsG Rn. 96). Die Völkerverständigungswidrigkeit muss aber, um ein Verbot rechtfertigen zu können, den Charakter des Vereins prägen (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 54).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe erfüllt der Kläger die objektiven Voraussetzungen des Verbotstatbestandes. Er hat über einen langen Zeitraum und in beträchtlichem Umfang die Hisbollah als eine gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtete Organisation dadurch unterstützt, dass er der Shahid Stiftung im Libanon, die integraler Teil der Hisbollah ist, im Zeitraum von 2007 bis August 2013 einen Geldbetrag in Höhe von 3 296 888,25 € zukommen ließ.
aaa) Die Hisbollah ("Partei Gottes", auch: Hizb Allah, Hezbollah, Hizbullah) ist als völkerverständigungswidrige Organisation anzusehen, weil sie das Existenzrecht des Staates Israel offen in Frage stellt und zu dessen gewaltsamer Beseitigung aufruft.
Sie wurde im Sommer 1982 in Folge des Libanon-Krieges auf iranische Initiative hin gegründet und entwickelte sich aus verschiedenen Splittergruppen rasch zu einer militanten und dominanten Sammelbewegung libanesischer Schiiten mit Schwerpunkten im Südlibanon, in den Vororten von Beirut (Libanon) und dem Bekaa-Tal (an der Grenze zu Syrien). Die Hisbollah konnte sich - mit Unterstützung des Iran und Syrien - im Libanon organisatorisch etablieren und ihren Einfluss ausbauen. Bis heute gibt es nachhaltige Verbindungen der Hisbollah zu Iran und Syrien. Mindestens seit 2013 kämpfen Einheiten der Hisbollah in Syrien auf der Seite der Regierungstruppen gegen die Aufständischen. Seit 1992 ist sie als Partei im libanesischen Parlament vertreten. Sie war auch an mehreren Kabinetten der libanesischen Regierung beteiligt. Neben dem öffentlich wahrnehmbaren politischen Flügel unterhält die Hisbollah den bewaffneten Arm "al-Muqawama al-Islamiya" ("Islamischer Widerstand"), der zusammen mit dem Sicherheitsdienst der Organisation sowohl für militärische Auseinandersetzungen mit Israel als auch für die Durchführung von Anschlägen, insbesondere gegen israelische und jüdische Ziele, verantwortlich gemacht wird (vgl. BMI, Verfassungsschutzbericht 2012 S. 273). Der militärische Arm der Hisbollah wurde am 26. Juli 2013 in die EU-Liste terroristischer Vereinigungen aufgenommen. Die Hisbollah bestreitet offen das Existenzrecht Israels. Ihr erklärtes Ziel ist der auch mit terroristischen Mitteln geführte und als "legitimer Widerstand" bezeichnete Kampf gegen Israel als "unrechtmäßigen Besatzer palästinensischen Bodens" (vgl. BMI, Verfassungsschutzbericht 2013 S. 228).
Diese Erkenntnislage ergibt sich nicht nur aus den Verfassungsschutzberichten des Bundes, sondern auch aus zahlreichen, von der Beklagten im Verfahren beigebrachten Dokumenten. Die Negierung des Existenzrechts Israels, die Ablehnung jedweden Kompromisses sowie einer friedlichen Beilegung des Konflikts und die Befürwortung militärischer Gewalt gegen Israel kommt z.B. im "Zweiten Manifest" der Hisbollah vom November 2009 zum Ausdruck (Beweismittel Bd. 2 Nr. 34), das die entsprechende Ausrichtung im Manifest von 1985 (Beweismittel Bd. 2 Nr. 33) fortführt. Hierin wird u.a. in Kapitel III ausgeführt: "Die Geschichte des arabisch-israelischen Konfliktes bezeugt, dass der bewaffnete Kampf und Widerstand die beste Methode zur Beendigung der Besatzung ist. ... Wir weisen kategorisch jeden Kompromiss mit Israel, sowie die Anerkennung seiner Legitimität zurück."
Des Weiteren belegen zahlreiche programmatische Äußerungen des Generalsekretärs der Hisbollah, Hassan Nasrallah, die fortdauernde Feindschaft der Hisbollah gegenüber Israel und das Ziel der Vernichtung des Staates Israel. In seiner auf dem Hisbollah-Sender "al Manar" ausgestrahlten Rede vom 2. August 2013 anlässlich des "al-Quds-Tages" (Internationaler Jerusalemtag nach dem arabischen Namen für Jerusalem) bezeichnete Nasrallah Israel als "Krebsgeschwür", das beseitigt und vernichtet werden müsse, und bekundete den fortdauernden Willen der Hisbollah zum gewaltsamen Kampf gegen Israel sowie die Entschlossenheit, auch die kommenden Generationen in diesem Sinne zu erziehen (Beweismittel C 11). Eine entsprechende Passage findet sich auch im Wahlprogramm der Hisbollah anlässlich der Wahlen zum libanesischen Parlament im Jahr 2009 (Beweismittel C 3). In einer Rede zum Gedenktag der sogenannten "Märtyrer-Anführer" am 18. Februar 2013 pries der Generalsekretär der Hisbollah die Geehrten als Vorbild und Inspiration für den Kampf gegen Israel. Er bezeichnete die Existenz Israels als die größte Bedrohung des Libanon, Palästinas und des ganzen Nahen Ostens. Er bekannte sich nachdrücklich dazu, dass die Hisbollah die Palästinenser in jeder Hinsicht bei dem Kampf gegen Israel unterstützt (Beweismittel C 7 S. 3). Außerdem erklärte er, dass die Hisbollah ihre Waffen nicht schon im Falle eines Rückzugs der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten niederlegen werde, sondern erst dann, wenn man das "gesamte Palästina vom Meer bis zum Fluss" zurückerhalten habe (Beweismittel C 7 S. 11).
Darüber hinaus ist die Hisbollah für eine Vielzahl von Anschlägen gegen die israelische Armee verantwortlich. Nach Bekundungen ihres Generalsekretärs Nasrallah vom April 2014 war die Hisbollah beispielsweise für den Bombenanschlag auf eine israelische Militärpatrouille bei Labbouneh (Libanon) im August 2013 und bei den Shebaa Farmen im März sowie Oktober 2014 verantwortlich (Beweismittel C 18, 50, 54 und 56). Hassan Nasrallah führte diese Bombenanschläge explizit als Beleg dafür an, dass die Hisbollah ungeachtet des Kampfes in Syrien weiter für die Konfrontation mit Israel bereit sei und es sich nicht um den letzten derartigen Angriff auf israelische Soldaten gehandelt habe. Ungeachtet ihrer kriegsvölkerrechtlichen Einordnung belegen diese und weitere bewaffnete Aktionen gegen israelische Personen und Einrichtungen, dass sich die Hisbollah nicht darauf beschränkt, das Existenzrecht Israels lediglich politisch zu bestreiten.
bbb) Auch der Eintritt der Hisbollah in den syrischen Bürgerkrieg hatte eine Änderung ihrer völkerverständigungswidrigen Ausrichtung nicht zur Folge. Einheiten der Hisbollah kämpfen seit Anfang 2013 auf der Seite der Assad-Truppen gegen die Aufständischen. Im April 2013 bestätigte der Generalsekretär der Hisbollah in einer Fernsehansprache zum ersten Mal den Einsatz von Hisbollah-Kämpfern im syrischen Bürgerkrieg (Beweismittel C 4). Ungeachtet dieses militärischen Engagements hat sich an der grundsätzlichen Ausrichtung der Hisbollah gegenüber Israel nichts geändert. Auch nach ihrem Eingreifen in den Syrien-Konflikt hat sie offen bekundet, dass sie das Existenzrecht Israels negiert und diesen Staat weiterhin mit Gewalt vernichten will. Hassan Nasrallah hat in seiner Rede zum Gedenktag der Hisbollah-"Märtyrer-Anführer" am 18. Februar 2013 (Beweismittel C 7) Israel damit gedroht, die Raketen der Hisbollah könnten das gesamte Staatsgebiet Israels erreichen und die israelische Infrastruktur zerstören sowie israelische Ortschaften treffen. Er betont, dass der Kampf gegen Israel nicht vorbei sei und lehnt es ausdrücklich ab, als Endziel von einem "umfassenden Friedensvertrag" mit Israel zu sprechen. Vielmehr gehe es darum, "das gesamte Palästina vom Meer bis zum Fluss zurückzuerhalten". Soweit der Kläger geltend macht, die angedeutete militärische Kraft solle nur zur Verteidigung gegen Israel im Rahmen von Widerstandshandlungen eingesetzt werden, wird dies durch die Aussage Nasrallahs widerlegt, dass das gesamte Palästina zurückerobert werden soll. In einer Rede zum "al-Quds-Tag" am 2. August 2013 hat Nasrallah unter Berufung auf Ayatollah Khomeini Israel als "Krebsgeschwür" geschmäht und anstelle von Reisediplomatie und Verhandlungen die Vernichtung Israels im bewaffneten Kampf gefordert (Beweismittel C 11). In seiner Ansprache zum Gedenktag der Hisbollah-"Märtyrer-Anführer" am 16. Februar 2014 pries der Generalsekretär der Hisbollah den Kampf der "Märtyrer" gegen Israel und drohte, die Erfahrungen und Fähigkeiten der Hisbollah würden ungeachtet ihrer Opfer in Syrien ständig wachsen und diese auf größere Auseinandersetzungen mit dem Feind Israel vorbereiten (Beweismittel C 17 S. 5). In einem mehrstündigen Interview vom 14. August 2014 hat Hassan Nasrallah kriegerische und terroristische Aktionen gegen israelische Siedlungen, Städte und Gebiete sowie terroristische Anschläge gegen israelische Politiker, Militärs, Siedler und Reisende ausdrücklich in Betracht gezogen (Beweismittel C 25). In einem weiteren Teil dieses Interviews hat er die Rolle der Hisbollah bei der Verfolgung des Endziels, der Vernichtung Israels, betont und hervorgehoben, dass der Einsatz in Syrien der Hisbollah weitere Kampferfahrung verschafft habe, die ihr im künftigen Kampf gegen Israel zugutekommen werde, und zwar sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung (Beweismittel C 27 S. 5). In einer Rede vom 4. November 2014 hat er nochmals bekräftigt, dass das Engagement der Hisbollah in Syrien die Kampfbereitschaft der Hisbollah im Südlibanon nicht beeinträchtige. Diese sei vielmehr noch mächtiger und entschlossener, gegen den Feind Israel zu kämpfen. Im Falle eines Krieges mit Israel werde es "keinen Ort im ganzen besetzten Palästina geben, den die Raketen der Hisbollah nicht erreichen könnten" (Beweismittel C 33 S. 2).
ccc) Die Hisbollah trägt zudem Gewalt in das Verhältnis zwischen dem israelischen und dem palästinensischen Volk hinein, indem sie mit der Hamas, die nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteile vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 und vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56) ihrerseits als eine völkerverständigungswidrige Organisation anzusehen ist, zusammenarbeitet und diese finanziell und militärisch unterstützt.
Indizien für eine derartige Unterstützung ergeben sich aus einer Rede des Hisbollah-Generalsekretärs Nasrallah zum Gedenktag der Hisbollah-"Märtyrer-Anführer" am 18. Februar 2013. In dieser hat Hassan Nasrallah die Unterstützung der Hamas seitens der Hisbollah dahin näher beschrieben, dass Imad Moghnieh, einer der führenden Hisbollah-Kommandeure, die Erfahrungen der Hisbollah im Kampf gegen Israel an die Hamas weitergegeben hat (Beweismittel C 7 S. 3). Die Unterstützung der Hamas durch die Hisbollah ist auch nicht auf ideologische Unterstützung und Solidaritätsbekundungen beschränkt, sondern schließt militärische Zusammenarbeit ein, wie aus einem Bericht des Nachrichtenportals al Akhbar vom November 2012 (Beweismittel C 39) hervorgeht. Auch in einer durch "alahednews" verbreiteten Rede vom 25. Juli 2014 (Beweismittel C 23 S. 10) hat Nasrallah die Unterstützung des "palästinensischen Widerstands" seitens der Hisbollah eingeräumt. Aus dem durch "alahednews" über diese Rede verfassten Bericht geht klar hervor, dass sich die Äußerungen des Generalsekretärs Nasrallah auf die Hamas beziehen (Beweismittel C 36).
ddd) Ist nach Vorstehendem die Hisbollah bereits deshalb als völkerverständigungswidrige Organisation anzusehen, weil sie das Existenzrecht Israels dadurch in Frage stellt, dass sie zu dessen gewaltsamer Beseitigung aufruft, kann offenbleiben, inwieweit dies auch aus einer Beteiligung an terroristischen Anschlägen und Anschlagsversuchen auf jüdische und israelische Staatsbürger und Einrichtungen im Ausland, für die die Hisbollah verantwortlich gemacht wird (aus neuerer Zeit sind insbesondere ein geplanter Anschlag auf israelische Ziele in Zypern im Jahr 2012
eee) Die von dem Kläger unstreitig finanziell unterstützte Shahid Stiftung ("Märtyrer-Stiftung") ist der Hisbollah auch als deren integraler Teil zuzurechnen. Die Shahid Stiftung (auch Ashahid Stiftung, Al Shahid Stiftung oder Ashahid Association) ist Teil des sozialen Netzwerks der Hisbollah (BMI, Verfassungsschutzbericht 2012 S. 275) und betreut Waisenkinder sowie Hinterbliebene von Hisbollah-Kämpfern, die u.a. bei Kampfhandlungen gegen die israelischen Streitkräfte getötet wurden. Sie ist sowohl nach ihrem eigenen Verständnis als auch dem Selbstverständnis der Hisbollah Teil des untrennbaren Gesamtgefüges dieser Organisation, das neben diesem sozialen einen politischen und einen militärischen Bereich umfasst. Aus den Äußerungen führender Repräsentanten der Organisation geht hervor, dass die Hisbollah nach ihrem Selbstverständnis eine Einheit darstellt, dessen Teile sich nicht voneinander trennen lassen. So hat der für internationale Beziehungen zuständige Funktionär Ammar Musawi in Reaktion auf die Aufnahme des militärischen Flügels der Hisbollah in die EU-Terrorliste erklärt, dass die politischen und militärischen Aufgaben der Hisbollah nicht getrennt werden könnten (Beweismittel C 71). Auch der stellvertretende Generalsekretär der Hisbollah, Naim Qassem, erklärte in einem Interview am 13. April 2009, dass die Hisbollah eine einzige Führung habe; "alle politische, soziale und jihad-Arbeit" sei an die Entscheidungen dieser Führung gebunden (Beweismittel C 72). Nach einem Bericht der libanesischen Zeitung "Daily Star" hat Naim Quassem in einer Rede im Oktober 2012 zudem jeden Versuch zurückgewiesen, zwischen einem politischen Flügel der Hisbollah einerseits und einem militärischen Flügel andererseits zu unterscheiden (Beweismittel C 73).
Die Tätigkeit der Shahid Stiftung zielt darauf ab, durch das Inaussichtstellen sozialer Absicherung der Hinterbliebenen der sogenannten "Märtyrer" (also Hisbollah-Kämpfer, die im Kampf gegen die Gegner der Hisbollah oder als Attentäter ums Leben kamen) die Bereitschaft zu militärischem oder terroristischem Kampf zu wecken und zu stärken. Die Shahid Stiftung will durch ihre den Familien der getöteten Hisbollah-Kämpfer gewährten Hilfen die Bereitschaft zum bewaffneten Kampf erhalten oder steigern. Denn mit Aussicht auf finanzielle Hilfe für die Hinterbliebenen ist es leichter, Kämpfer oder Terroristen zu rekrutieren. Insofern kann die Hilfe für die Hinterbliebenen nicht aus dem Gesamtkontext des Kampfes gegen die "Feinde" der Hisbollah herausgelöst werden. Diese Unterstützung ist vielmehr ein ebenso unverzichtbarer wie integraler Teil einer Gesamtstrategie des bewaffneten Kampfes. Als Teil des Netzwerks der Hisbollah ist die Shahid Stiftung integraler Bestandteil dieser Organisation und flankiert durch ihre Rolle als Hinterbliebenenversorgung die gegen Israel gerichteten gewaltsamen Aktivitäten (BMI, Verfassungsschutzbericht 2013 S. 25).
Ein gewichtiger Hinweis auf eine Identifizierung der Shahid Stiftung mit den Zielen und gewaltsamen Aktivitäten der Hisbollah ist der Umstand, dass die Shahid Stiftung in ihren Selbstdarstellungen und Verlautbarungen auf die Symbole der Hisbollah einschließlich Abbildungen und Reden von führenden Hisbollah-Funktionären rekurriert. Bereits auf der Startseite der Homepage der Shahid Stiftung www.alshahid.org sind an prominenter Stelle drei hochrangige Anführer der Hisbollah - Imad Moghnieh, Abbas Moussawi und Ragheb Harb - abgebildet (Beweismittel C 114). Diese Personen werden von der Hisbollah als bedeutende "Märtyrer" des "Islamischen Widerstands" verehrt. Dementsprechend hat der Generalsekretär der Hisbollah in seiner Rede zum "Resistance and Liberation Day" am 25. Mai 2013 diese drei Personen als die "großen Anführer" herausgestellt (Beweismittel C 9). Imad Moghnieh war bis zu seinem Tod am 12. Februar 2008 führendes Mitglied des Geheimdienstes der Hisbollah und wurde für eine Vielzahl schwerer Terroranschläge verantwortlich gemacht sowie aus diesem Grund bis zu seinem Tod auf der EU-Terrorliste geführt (Verordnung (EG) Nr. 1957/2005 der Kommission vom 29. Dezember 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. L 314 S. 47). Nach einer von der Hisbollah-Nachrichtenagentur "alahednews" veröffentlichten Biographie war er im Jahr 1982 Mitbegründer der Hisbollah sowie Planer und Organisator zahlreicher Operationen gegen israelische, US-amerikanische und französische Militäreinrichtungen sowie ein hochrangiger Hisbollah-Kommandeur, dem nach seinem Tod von Hisbollah-Generalsekretär Nasrallah der Ehrentitel eines "Leader of the Two Victories" verliehen wurde (Beweismittel C 118). Abbas Moussawi war von 1991 bis zu seinem Tod im Februar 1992 Generalsekretär der Hisbollah im Libanon. Seine besondere Verehrung durch die Hisbollah kommt darin zum Ausdruck, dass ihm diese einen eigenen Gedenkstein errichtet hat und dort zur Feier des "Märtyrer-Tages" hochrangige Hisbollah-Funktionäre einen Besuch abstatten (Beweismittel C 119). Besonders deutlich kommt die Identifikation der Shahid Stiftung mit der Hisbollah in einer Selbstdarstellung zum Ausdruck, die in einem von ihr herausgegebenen Ringbuch mit "Informationen für die Vertreter - Praktische Empfehlungen für die verantwortlichen Vertreter der Regionen, die verantwortlichen Vertreter bestimmter Teilregionen/Sektoren, die Freiwilligen Vertreter und ihre Assistenten/Helfer" aus 2010 enthalten ist (Beweismittel C 86 - Übersetzung S. 5 und 6). Hierin betont die Shahid Stiftung die enge Verbindung mit dem "Islamischen Widerstand" (Hisbollah). Auch in einem von ihr herausgegebenen Ringbuch mit dem Titel "Informationen für Vertreter" aus dem Jahre 2013 (Beweismittel C 77) bekundet die Shahid Stiftung, dass sie entsprechend den Anweisungen der Hisbollah gegründet worden sei. Außerdem wird hierin die Zielsetzung der Shahid Stiftung zum Ausdruck gebracht, durch Steigerung der Kampfmoral der Mujahidin den bewaffneten Kampf der Hisbollah zu unterstützen. Die Identifikation der Shahid Stiftung mit dem Hisbollah-"Märtyrer"-Kult und die Billigung auch von seitens der Hisbollah begangenen Selbstmordattentaten wird ferner in besonders deutlicher Weise dadurch belegt, dass die Shahid Stiftung anlässlich des jährlichen "Märtyrer"-Tages im Jahr 2010 ein Festessen für die Väter von Hisbollah-Selbstmordattentätern im Haus des Vaters des Selbstmordattentäters Ahmad Kassir veranstaltete ("alahednews" vom 11. November 2010, Beweismittel C 94). Ahmad Kassir ist der von der Hisbollah gefeierte erste Selbstmordattentäter, der am 11. November 1982 in Tyrus im Südlibanon einen Autobombenanschlag verübte, bei dem hunderte israelische Soldaten getötet oder verletzt wurden (Beweismittel C 121). Die Unterstützung der Hisbollah durch die Shahid Stiftung, die Einbindung der Shahid Stiftung in den "Märtyrer"-Kult der Hisbollah sowie der Wille der Shahid Stiftung zur Indoktrination der Kinder und Jugendlichen im Hass und Kampf gegen Israel werden auch aus der von der Stiftung im Mai 2002 herausgegebenen Broschüre mit dem Titel "Die Kränze der Treue - Ein ganzer Strauß von Briefen an die Märtyrer anlässlich des Sieges" deutlich. Bereits an der Widmung des Buches auf Seite 3 ("Gewidmet den Märtyrern der Hizb Allah") ist erkennbar, dass die Shahid Stiftung das Buch zur Glorifizierung getöteter Kämpfer der Hisbollah herausgegeben hat. In der Broschüre sind 25 Briefe von Kindern verstorbener Kämpfer an ihre toten Väter abgedruckt, die anlässlich eines von der Shahid Stiftung zum "Ersten Jahrestag der Befreiung" veranstalteten Wettbewerbs verfasst und von der Shahid Stiftung zur Veröffentlichung ausgewählt wurden. In den meisten Briefen versprechen die Kinder, den Weg ihrer Väter bis zur Befreiung Palästinas bzw. Jerusalems fortzusetzen. Israel und Zionisten werden als Feinde bezeichnet, der Kampf bis zur Vernichtung Israels gelobt. Ausdrücklich wird der "Islamische Widerstand" unter der Führung des Generalsekretärs Nasrallah gepriesen und ihm Gefolgschaft versprochen (Beweismittel C 124).
Der Einwand des Klägers, die Tätigkeit der Shahid Stiftung sei, wie etwa der Betrieb des "Rasul ul Azam"-Krankenhauses in Beirut belege, nicht auf die Versorgung der Hinterbliebenen von Hisbollah-Kämpfern beschränkt, sondern diene der gesundheitlichen Versorgung der Einwohner Beiruts und des gesamten Libanon, ist bereits rechtlich unerheblich. Denn für die Frage, ob der soziale Teil einer völkerverständigungswidrigen Organisation dessen einheitlichem Netzwerk zuzuordnen ist, kommt es nicht darauf an, ob der soziale Flügel neben Aktivitäten, die die Organisation unterstützen, noch weitere soziale Tätigkeiten entfaltet, die anderen Teilen der Bevölkerung zugutekommen. Vielmehr ist entscheidend auf die Akzeptanz- und Entlastungsvorteile abzustellen, die sich für eine völkerverständigungswidrige Organisation daraus ergeben, dass die Tätigkeit des sozialen Bereichs einen Beitrag zur Akzeptanz der Organisation in der Bevölkerung leistet und die finanzielle Entlastung im sozialen Bereich dem militärisch-terroristischen Sektor der Organisation zugutekommt (BVerwG, Urteil vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 14). Darüber hinaus bezieht sich die Zusammenarbeit des Klägers mit der Shahid Stiftung ausweislich der vorgelegten Bescheinigungen über die bestehenden Beziehungen (Beweismittel C 139 und 140) auf die Vermittlung von Patenschaften und Spenden für das Patenschaftsprojekt und nicht auf Spenden für das "Rasul ul Azam"-Krankenhaus.
Auch personelle Verflechtungen können ein bedeutsames, wenn auch nicht notwendiges Indiz für die Zugehörigkeit eines Sozialvereins zu einer völkerverständigungswidrigen Organisation sein (BVerwG, Urteile vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 = juris Rn. 33 und vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 34). Eine solche personelle Verflechtung zwischen der Shahid Stiftung und der Hisbollah lässt sich hier in Bezug auf die Führungsebene feststellen. Die Shahid Stiftung wurde unter Mitwirkung eines Mitgründers und hochrangigen Anführers der Hisbollah gegründet. Auf der Homepage der Shahid Stiftung (Beweismittel Bd. 2 Nr. 22a) wird Ragheb Harb als diejenige Person bezeichnet, die an erster Stelle über die Gründung und Betätigung in der Shahid Stiftung "den Jihad begleiten und die sozialen und humanitären Folgen auffangen" sollte. Auch anderen Selbstdarstellungen der Shahid Stiftung zufolge stand Ragheb Harb an der Spitze derjenigen, die die Stiftung gründeten (Broschüre der Shahid Stiftung aus dem Jahr 2011 - Beweismittel Bd. 2 Nr. 23 S. 2). Der südlibanesische Sheikh Ragheb Harb war einer der Mitbegründer der Hisbollah und wird von dieser als einer ihrer Führer anerkannt und gewürdigt (vgl. "Enzyklopädie des Islams" Beweismittel C 82). Auch der frühere Direktor der Shahid Stiftung, Quassem Aliq, hatte neben dieser Funktion bereits zahlreiche herausgehobene Funktionen für die Hisbollah und die anderen Hisbollah-Organisationen ausgeübt (Beweismittel C 102). Die Vielzahl der von der Beklagten aufgezeigten Fälle von personellen Verflechtungen, die von dem Kläger nicht substantiiert bestritten werden, verdeutlichen zudem, dass die hier dargelegten Verbindungen zwischen der Shahid Stiftung und der Hisbollah nicht die Ausnahme sind.
fff) Der Verbotsgrund des Sich-Richtens gegen den Gedanken der Völkerverständigung erfährt hier nicht deshalb eine Einschränkung, weil sich der Kläger auf den verfassungsrechtlichen Schutz von Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften beruft. Der Kläger ist der Auffassung, dass die angefochtene Verbotsverfügung ihn in seinem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 GG verletze, da die karitative Spendentätigkeit zugunsten von Waisenkindern im Libanon Ausdruck seiner religiösen Überzeugung und seines Glaubensbekenntnisses sei.
Zur Religionsfreiheit gehört auch die religiöse Vereinigungsfreiheit, für deren Gewährleistung sich Art. 4 Abs. 1 und 2 GG auf Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 2 WRV bezieht (BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 1991 - 2 BvR 263/86 - BVerfGE 83, 341 <354 f.>). Die Gewährleistung der religiösen Vereinigungsfreiheit umfasst die Freiheit, aus gemeinsamem Glauben sich zu einer Religionsgemeinschaft zusammenzuschließen und zu organisieren. Mithin greift ein gegen eine Religionsgemeinschaft gerichtetes Betätigungsverbot in den Schutzbereich der religiösen Vereinigungsfreiheit ein. Wegen der in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 7 WRV vorgenommenen Gleichstellung der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gilt Entsprechendes für die zuletzt genannten Vereinigungen (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2006 - 6 A 6.05 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 44 Rn. 10).
Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger die Voraussetzungen einer Religionsgemeinschaft erfüllt, weil der Vereinssatzung des Klägers nicht entnommen werden kann, dass sich der Verein der allseitigen Erfüllung der durch ein gemeinsames Bekenntnis gestellten Aufgaben widmet (vgl. zu dieser Anforderung: BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2006 - 6 A 6.05 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 44 Rn. 11). Zwar steht das Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG auch Vereinigungen zu, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben. Dies gilt ohne Weiteres für organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbundene Vereinigungen. Es gilt aber auch für andere selbstständige oder unselbstständige Vereinigungen, wenn und soweit ihr Zweck die Pflege und Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist (BVerfG, Beschluss vom 16. Oktober 1968 - 1 BvR 241/66 - BVerfGE 24, 236 <246 f.>). Der Kläger hat indes nicht substantiiert dargelegt, dass er in erster Linie religiöse Ziele verfolgt. Die Zielsetzungen des Klägers sind laut § 2 der Vereinssatzung karitativer Natur, auch wenn sie aus Sicht des Klägers religiöse Grundlagen haben. Die Tätigkeit des Klägers ist nicht der Pflege des religiösen Lebens seiner Mitglieder gewidmet; die Wahl des Adressaten der im Inland gesammelten Spenden weist auf eine auch politische Motivation.
Selbst wenn der Kläger als eine Religionsgemeinschaft (oder Weltanschauungsgemeinschaft) anzusehen wäre, würde dies die Anwendung der Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG nicht ausschließen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteile vom 25. Januar 2006 - 6 A 6.05 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 44 Rn. 12 und vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 31) finden die Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG auch auf die verfassungsrechtlich geschützten Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften Anwendung. Der schwerwiegende Eingriff des Verbots einer religiösen Vereinigung ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn er bei der Abwägung mit den Verfassungsgütern, die mit dem Verbot geschützt werden sollen, nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unerlässlich ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2003 - 1 BvR 536/03 - NJW 2004, 47; BVerwG, Urteile vom 25. Januar 2006 - 6 A 6.05 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 44 Rn. 12 und vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.14 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 31 Rn. 31).
Auch wenn bei der Bewertung von Zweck und Tätigkeiten des Klägers der Schutz berücksichtigt wird, den die religiöse Vereinigungsfreiheit verleiht, erfüllt der Kläger den Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 2 GG. Denn die Beeinträchtigung des Gedankens der Völkerverständigung erweist sich hier als so gewichtig, dass auch mit Blick auf den besonderen Rang der religiösen und weltanschaulichen Vereinigungsfreiheit die jeweilige Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft verboten werden kann.
bb) Der Kläger hat auch die subjektiven Voraussetzungen des Verbotstatbestandes des § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 3 GG erfüllt. Ihm waren die Umstände bekannt, die wegen seiner finanziellen Zuwendungen an die Shahid Stiftung den Vorwurf der Unterstützung der Hisbollah begründen (aaa). Er hat sich zudem mit der Hisbollah und der von dieser propagierten Negierung des Existenzrechts Israels sowie mit den von ihr ausgehenden Gewalttaten identifiziert (bbb).
aaa) Aufgrund zahlreicher Hinweistatsachen steht fest, dass dem Kläger, in Person seiner leitenden Mitglieder, bekannt war und ist, dass die von ihm finanziell unterstützte Shahid Stiftung Teil des sozialen Netzwerks der Hisbollah ist und durch die für die Shahid Stiftung eingesammelten Gelder die gegen Israel gerichtete Tätigkeit der Hisbollah mittelbar unterstützt wird. Der Kläger bestreitet insoweit lediglich, dass ihm oder dem Vorstand bewusst war, dass durch die Spenden die von der Hisbollah ausgehende aggressive Gewalt unterstützt wird. Er stellt indes nicht in Abrede, von der ideologischen Grundüberzeugung der Hisbollah, deren Aktivitäten er mittelbar über die Unterstützung der Shahid Stiftung gefördert hat, gewusst zu haben. In früheren Selbstdarstellungen hat sich der Kläger explizit als "Mitglied der Ashahid Association" bezeichnet, das es sich zur Aufgabe gemacht habe, die Projekte der "Ashahid Association" in Deutschland bekannt zu machen und zu unterstützen (Beweismittel Bd. 1 Nr. 6). Auf der Homepage des Klägers hieß es (Ausdruck vom 8. August 2000) unter der Abbildung des Logos der Shahid Stiftung, dass der Kläger eng mit der "Ashahid Association" in Beirut zusammenarbeite und der Kläger es sich zur Aufgabe gemacht habe, deren Projekte zu fördern und in Deutschland bekannt zu machen (Beweismittel Bd. 1 Nr. 8). Dass dem Kläger der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Shahid Stiftung und der Tätigkeit der Hisbollah bewusst ist, erhellt sich wiederum daraus, dass ausweislich der in den Vereinsräumlichkeiten des Klägers sichergestellten Tagesordnung zur "Zweite[n] Konferenz der Vertreter des WKP" 2010 in Berlin während der Veranstaltung eine Rede des Hisbollah-Generalsekretärs Nasrallah verteilt wurde (Beweismittel C 145). Die Verbindung des Klägers über die Shahid Stiftung zu der Hisbollah kommt ferner in einer Rede zum Ausdruck, die anlässlich eines schiitischen Gedenktages im Namen der Shahid Stiftung und des Klägers vor Anhängern und Mitgliedern gehalten und deren schriftliche Fassung in der Wohnung des Zweiten Vorsitzenden des Klägers aufgefunden wurde. Hierin wird ausgeführt: "Die Shahid-Stiftung, deren Name mit Shahada und Shuhada verbunden ist, gehört zu den Prüfsteinen der tief empfundenen Liebe der Umma [die muslimische Glaubensgemeinschaft] zu ihrem Shuhada [Zeuge, Blutzeuge, Märtyrer], für ihr Verständnis und ihr Bewusstsein für ihre religiöse Verpflichtung gegenüber den Familien der Märtyrern. ... Die Patenschaft für die Familien der Shuhada und der Dienst an ihnen ist kein nachrangiges Thema, das wir vernachlässigen können, sondern eine religiöse, islamrechtliche und moralische Angelegenheit, zu der die aufrichtigen und aufopfernden Völker verpflichtet sind und ein Anzeichen für einen hochstehenden Fortschritt und Aufstieg. Seine Eminenz Generalsekretär Sayyid Hasan Nasrallah, Gott bewahre ihn, sagte auf einem Treffen mit Vertretern der Stiftung, dass er 'keine politische Bewegung auf der Welt kenne, die so für die Söhne und Familien ihrer Shuhada sorgt und sich ihrer annimmt, wie wir hier im Libanon'. ... Unsere Arbeit im 'Waisenkinderprojekt Libanon e.V.' stellt ein Bindeglied zwischen Euch und den Shuhada dar, indem Ihr eine Patenschaft für ihre Söhne übernehmt und Euch ihrer Familien annehmt" (Beweismittel C 154). Ferner sind in einem durch den Kläger produzierten Tischkalender für das Jahr 2012 auf dem Kalenderblatt für Februar 2012 die Todestage der führenden Hisbollah-"Märtyrer" Imad Mognieh, Ragheb Harb und Abbas Moussawi verzeichnet (Beweismittel C 155). Das Wissen um die Eingliederung der Shahid Stiftung in die Hisbollah und deren Ziele belegen nicht zuletzt auch die Ringbücher "Informationen für Vertreter" aus den Jahren 2010 (Beweismittel C 87) und 2013 (Beweismittel C 77) sowie eine PowerPoint-Präsentation aus dem Jahre 2009 (Beweismittel C 151). Unabhängig hiervon spricht für ein entsprechendes Wissen allein der Umstand, dass die Shahid Stiftung über einen längeren Zeitraum mit beträchtlichen Mitteln unterstützt worden ist; es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass dies ohne jegliche Erkundigung über den Adressaten in auch allgemein zugänglichen Quellen allein deswegen erfolgt sei, weil bei Aufnahme der Tätigkeit ein bargeldloser Transfer von Spenden nur an diese Stiftung gewährleistet gewesen sei.
Ob sich darüber hinaus aus den von der Beklagten vorgelegten Telefonmitschnitten die Kenntnis des Klägers von der Verbindung zur Hisbollah ergibt und ob diese in vorliegendem Verfahren verwertbar sind, kann dahingestellt bleiben. Denn, wie gezeigt, sind die übrigen Beweismittel ausreichend, um zu belegen, dass den leitenden Mitgliedern des Klägers bekannt war und ist, dass die von ihm unterstützte Shahid Stiftung Teil des Sozialnetzwerks der Hisbollah ist.
bbb) Der Senat ist auch davon überzeugt, dass sich der Kläger mit der Hisbollah einschließlich der von ihr vertretenen das Existenzrecht Israels negierenden Einstellung und der durch sie ausgeübten Gewalt identifiziert.
Dies steht fest, weil zahlreiche Indizien zu der Annahme führen, dass der Kläger eine besondere Nähe zu der Hisbollah und deren Grundüberzeugungen aufweist (zu der Anforderung einer Identifizierung mit den völkerverständigungswidrigen Aktivitäten vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 = juris Rn. 69 ff. und vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 68 ff.). So sind auf Vereinsversammlungen des Klägers Reden des Hisbollah-Generalsekretärs Nasrallah abgespielt worden. Dies belegen Fotos, die sich auf dem Laptop des Finanzverantwortlichen des Klägers, Herrn Taer Mohamed Akl, befanden (Beweismittel C 144). Die Fotos zeigen, wie vor den Teilnehmern einer Versammlung des Klägers am 29. April 2012 eine Rede Nasrallahs abgespielt wird. Nasrallah ist auf dem an die Wand projizierten Video zwischen der Hisbollah-Fahne und dem Logo der Shahid Stiftung zu sehen. Auf eine Identifikation des Klägers mit den Zielen der Hisbollah deutet auch hin, dass der Kläger auf einem mit seinem Logo und mit dem Logo der Shahid Stiftung versehenen Bilderrahmen, der offenbar zur Verteilung im Rahmen von "Verpflichtungsfeierlichkeiten" bestimmt ist, ein Zitat Nasrallahs in arabischer und deutscher Schrift widergegeben hat (Beweismittel C 134). Die Nähe der Mitglieder des Klägers zur Hisbollah belegt ferner ein im Vereinsraum des Klägers in Göttingen aufgefundenes Schriftstück mit dem Titel "Schahid bedeutet und ist", das in Übereinstimmung mit den Vorstellungen der Hisbollah den Märtyrerkult glorifiziert, in deutlicher Weise das Existenzrecht Israels negiert und den Willen bekundet, zur Erreichung dieses Ziels auch Blut zu vergießen (Beweismittel C 148). Dass der Kläger die Grundüberzeugungen der Shahid Stiftung, die wiederum integraler Bestandteil der Hisbollah ist, teilt, ergibt sich daraus, dass der Kläger ein Schulungsringbuch der Shahid Stiftung identisch übernommen und lediglich mit dem eigenen Logo versehen hat. Hierin kommt zum Ausdruck, dass der Kläger die sich in dem Ringbuch enthaltene Bekundung der engen Verbindung der Shahid Stiftung zur Hisbollah und deren Charakterisierung als "starke und edle Hisbollah" zu eigen macht (Beweismittel C 86 und C 87). Die Verbindung des Klägers über die Shahid Stiftung zur Hisbollah kommt ferner in einem bereits erwähnten Redetext zum Ausdruck, der anlässlich eines schiitischen Gedenktages im Namen der Shahid Stiftung und des Klägers von Mitgliedern und Anhängern des Klägers erstellt wurde und dessen schriftliche Fassung in der Wohnung des Zweiten Vorsitzenden des Klägers, Naji Ghazi, aufgefunden wurde. Die in der Rede wiedergegebene Aussage des Hisbollah-Generalsekretärs vor Vertretern der Shahid Stiftung, er kenne keine politische Bewegung auf der Welt, die so für die Söhne und Familien ihrer Shuhada sorgt und sich ihrer annimmt, wie wir hier im Libanon, bestätigt zunächst die Bestimmung der Shahid Stiftung, sich um die Hinterbliebenen der Hisbollah-"Märtyrer" zu kümmern. Im weiteren Verlauf der Rede wird dann explizit die Arbeit des Klägers als "Bindeglied" zwischen den Spendern und Paten und den Shuhada hergestellt, was den zuvor erfolgten Äußerungen zufolge die Hisbollah-"Märtyrer" meint (Beweismittel C 154).
Ist hiernach eine Identifikation des Klägers mit der Hisbollah und ihren völkerverständigungswidrigen Zielen durch tragfähige Indizien hinreichend belegt, kann offenbleiben, ob bzw. in welchem Umfang an dem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Erfordernis festzuhalten ist, dass ein objektiv gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtetes Verhalten auch von einem entsprechenden Willen der Vereinigung und einer Identifikation mit den entsprechenden Zielen getragen wird, das Wissen hierum mithin nicht ausreicht. Zumindest gegen eine Überspannung der als Korrektiv auch zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes entwickelten subjektiven Voraussetzungen des Verbotstatbestandes (BVerwG, Urteil vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.25 VereinsG Nr. 56 Rn. 14) spricht die gefahrenabwehrrechtliche Grundausrichtung der Vereinsverbots. Zudem entstünde in Fällen der bewussten Unterstützung einer objektiv erkennbar völkerverständigungswidrigen Organisation wegen Feststellungs- und Nachweisproblemen dann eine Schutzlücke, wenn maßgeblich auf die (innere) Identifizierung gerade mit deren zur Völkerverständigungswidrigkeit führenden Handlungen und Zielen abgestellt und für die Identifikation mehr als ein bedingter Unterstützungsvorsatz gefordert würde (zur Kritik vgl. Roth, in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 3 VereinsG Rn. 114 f.).
cc) Das Verbot des Klägers und seine Auflösung verletzen auch nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteile vom 5. August 2009 - 6 A 3.08 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 50 Rn. 86 f.; vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 75; vom 19. Dezember 2012 - 6 A 6.11 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 59 Rn. 56; vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 70 und Beschluss vom 29. Januar 2013 - 6 B 40.12 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 60 Rn. 34;) ist aufgrund der durch Art. 9 Abs. 2 GG vorgegebenen Regelungsstruktur (vgl. dazu: BVerfG, Beschluss vom 15. Juni 1989 - 2 BvL 4/87 - BVerfGE 80, 244 <253 f.>) den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf der Tatbestandsseite der Norm, das heißt bei der Prüfung Rechnung zu tragen, ob die Voraussetzungen eines Verbotsgrundes vorliegen. Für Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit auf der Rechtsfolgenseite des Verbotstatbestandes des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 GG ist demnach kein Raum mehr.
Es kann auch weiterhin offenbleiben, ob im Einzelfall ausnahmsweise auf der Rechtsfolgenseite Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit anzustellen sind. Denn hier fehlt es an Besonderheiten, die das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles begründen könnten. Ein Ausnahmefall in diesem Sinne läge auch dann nicht vor, wenn - wie der Kläger vorträgt - die Aktivität der Shahid Stiftung sich nicht auf die Versorgung der Hinterbliebenen der Hisbollah-Kämpfer beschränkte, sondern auch andere soziale Tätigkeiten außerhalb der Handlungen für die Hisbollah umfasste. Denn es gibt keinen Grund dafür, einem Verein, der einen Verbotsgrund erfüllt, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Fortexistenz nur deshalb zu gewähren, weil er neben seiner den Verbotsgrund verwirklichenden Tätigkeit noch andere, nicht verbotene Aktivitäten entfaltet. Dies würde dem Verein die Möglichkeit eröffnen, ein Vereinsverbot durch eine Diversifizierung der Vereinstätigkeit zu umgehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2012 - 6 A 2.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 56 Rn. 76).
Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Vereinbarkeit mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot bereits daraus folgt, dass ein Verbotstatbestand im Sinne von Art. 9 Abs. 2 GG erfüllt ist, so dass sich unmittelbar aus der Verfassung ergibt, dass die dahingehende Feststellung der Verbotsbehörde nicht unverhältnismäßig sein kann. Denn auch wenn die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes einer besonderen Prüfung unterzogen wird, erweisen sich das Verbot und die Auflösung als verhältnismäßig. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass die mit dem Verbot und der Auflösung verfolgten Zwecke durch weniger belastende und gleich wirksame Maßnahmen erreicht werden könnten. Auch ein Verbot, der Hisbollah zuzurechnenden Sozialvereinen Spendengelder zuzuweisen, kam nicht als milderes Mittel in Betracht. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich der Kläger mit den Zielen der Hisbollah identifiziert, so dass die schwer beherrschbare Gefahr bestanden hätte, dass er weiterhin die der Hisbollah zuzuordnende Shahid Stiftung oder eine andere in deren Gesamtgefüge stehende Einrichtung finanziell unterstützt.
dd) Art. 11 Abs. 1 EMRK und die dort gewährleistete Vereinigungsfreiheit gebieten keine abweichende Auslegung oder Anwendung des § 3 Abs. 1 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 GG. Es kann hier offenbleiben, ob der Kläger den Schutz des Art. 11 EMRK genießt (vgl. EGMR, Zulässigkeitsentscheidung vom 12. Juni 2012 - Nr. 31098/08 - EuGRZ 2013, 114 Rn. 74 f.) oder ob er dieses Recht zu Zwecken nutzt, die den Werten der Europäischen Menschenrechtskonvention, insbesondere dem Eintreten für eine friedliche Lösung internationaler Konflikte und die Unverletzlichkeit menschlichen Lebens, entgegenstehen. Selbst wenn das Verbot des Klägers ein Eingriff in die Ausübung seines Rechtes auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 11 EMRK darstellen würde, wäre dieser Eingriff nach Vorstehendem hier im Sinne von Art. 11 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2012 - 6 A 6. 11 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 59 Rn. 61).
2. Die in der angefochtenen Verfügung neben dem Vereinsverbot enthaltenen weiteren Entscheidungen zu Lasten des Klägers finden ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 und Satz 2 Nr. 1, 2 und 3, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 und § 10 ff. VereinsG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften knüpfen an das ausgesprochene Vereinsverbot an und sind zu diesem akzessorisch.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.